Norwegen 2006


Norwegen
 
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Donnerstag, 10.08.2006 - An Bord der "Silvia Ana" in Hirtshals
Heute morgen sind wir schon um halb fünf aufgestanden. Es war noch fast dunkel!
Gegen halb sechs machten wir uns auf den knapp 400km langen Weg nach Hirtshals. Bei bewölktem Himmel und ab und zu etwas Regen erreichten wir Hirtshals ungefähr zwei Stunden zu früh: die dänische Autobahn war relativ frei, der Golf konnte mit 120 km/h durchschnurren bis zum Hafen. Da blieb also noch genug Zeit, ein zweites Frühstück zu verspeisen, eine Runde durch den Ort zu schlendern und beim Beladen einer anderen Fähre zuzuschauen. Etwas Benzinschnack mit einem BMW Biker aus Braunschweig half mit, die Wartezeit zu verkürzen, nun geht's los nach Norwegen!
Unterwegs auf dem Wasser leichter Regen, die Wolken hängen tief, das Meer ist ziemlich ruhig. In den engen sogenannten Schlafsesseln hängen wir dösend herum. Überall jaulende Kleinkinder, draußen ab und zu ein Schiff, sonst grau und jede Menge Horizont... Da! Ein schwarzer runder Rücken mit Finne hebt sich aus dem Wasser und verschwindet wieder! Wow, ein kleiner Wal zieht uns entgegen durchs Skagerak! Ein paarmal taucht er auf, dann können wir ihn nicht mehr sehen.
Fahrplanmäßig landen wir um 15 Uhr in Norwegen bei inzwischen viel Sonne am Himmel. Nicht besonders warm, aber immerhin! In der Stadt noch ein paar Wanderkarten eingekauft für teuer Geld (99 NOK) und raus in die Wildnis.
Abends um acht steht unser Zelt (home,sweet home...) am Dåsvatn-See, etwa fünfzig km nördlich von Kristiansand. Eine kleine Ausbuchtung an einem schmalen Pfad versteckt Auto und Zelt vor neugierigen Blicken, reichlicher Nachtisch zum mitgebrachten Abendbrot wächst überall um uns herum an den Blaubeerbüschen. Die Augen sind nach dem langen Tag müde und wollen schlafen.

Freitag, 11.08.2006 - Mittagspause am Satelijörm (?)
Nach einer herrlich ruhigen Nacht mit etwas leichtem Regen gab es heute morgen ein opulentes Frühstück am Lagerfeuer in der Sonne. Lustig ist es, sich beim Pinkeln mit den leckeren Blaubeeren neu zu befüllen. Das Wetter meint es heute gut mit uns: mild und warm, weiße Wolken am sonst blauen Himmel - auf geht's!
Wir lassen das Auto einfach im Gestrüpp stehen und ziehen mit den Rucksäcken ( meine Güte, sind die schwer! ) den kleinen Trampelpfad am Bach entlang. Nach der Karte zu urteilen, müssen wir bald auf einen etwas breiteren Weg treffen...
An einer zusammengefallenen Hütte hört der Weg auf und wir klettern querbeet den steilen Hang hinauf. Grenzwertig mit dem schweren Gepäck! Oben finden wir eine tolle Aussicht und den richtigen Weg: es hat sich gelohnt. Auf einer wilden Wiese steht dort oben ein gemütliches Haus am Bach, mit Veranda und Brennholzhaufen nebendran für den harten Winter. Im offenen Schuppen daneben eine alte Langholzsäge, urig!
Weiter gehen wir auf breitem Schotterweg, der uns an einem kleinen See vorbeiführt. Absolut still ist es hier, etwas Windrauschen in den Kiefern oben auf dem Bergkamm, ein paar Fliegen summen um uns herum, sonst ist kein Geräusch zu hören. Wir entschließen uns zu einer Mittagspause, sitzen hier jetzt zwischen Blaubeerbüschen und Heidekraut mit einigen großen Waldameisen als Gesellschaft. Sie schleppen fleißig die Reste von unserem Müsli davon, kriegen wohl nicht so oft Cornflakes zu essen.. Und weiter geht's..
Abends um acht: schon das zweite Feuer auf dieser Reise wärmt uns am kühler werdenden Abend. Wir haben unser Lager an dem nächsten See aufgeschlagen, mitten im Heidekraut. Bis um vier sind wir gegangen, dann hatten wir nach ca sieben Kilometern unser Tagesziel erreicht. Das Wetter hält sich bislang sehr freundlich, die Sonne schien fast die ganze Zeit, die Lufttemperatur betrug schätzungsweise 20°C - zum Wandern ideal. Auf unserem Weg sahen wir viele Wildspuren: Hirsch, Elch, Rehwild - bisher sahen wir allerdings nur Spuren und Losung, nicht die dazugehörigen Tiere. Stattdessen viele große Libellen und ein paar Raben und Meisen, sonst kaum Vögel.
Das Feuer ist nun fast heruntergebrannt, dann ist es wohl um halb neun schon Bettzeit. Unser Bett liegt heute nur unterm Tarp, unter das wir das Moskitonetz gehängt haben, sieht sehr gemütlich aus! Die vielen Mücken, die es hier auf uns abgesehen haben, bleiben draußen! Leider hat das Tarp ein Loch in der Mitte, welches wir scheinbar irgendwann mal notdürftig geflickt haben - wenn es regnet, wird es nicht lange trocken bleiben darunter...

Sonnabend, 12.08.2006 - Wieder beim Auto
Wir hatten wieder Glück: es regnete nachts nur einmal kurz, wir blieben trocken und brauchten kein Notfallprogramm abzuspulen mitten in der Nacht. Heute morgen schien wieder die Sonne, dazu gab es allerdings mehr Wind als gestern. Nach dem üblichen Morgenablauf warfen wir uns die Rucksäcke auf den Rücken ( komisch, waren die gestern nicht schwerer?) und marschierten zurück durch das Moor, immer schön auf die Wasserlöcher achtend... Da wir beide nicht gerne den schon bekannten Weg wieder zurücklaufen wollten, den wir gestern gekommen sind, suchten wir den auf der Karte eingezeichneten Trampelpfad, der uns quer durchs Gelände führen sollte. Nach einiger Zeit hatten wir ihn auch gefunden und stiegen den Berg hinauf. Oben liefen wir auf großen Felsplatten, verloren dabei natürlich den Pfad und fanden ihn dann nicht mehr wieder. Stattdessen stolperten wir durch hohes Gras und Heidekraut am Berghang, immer unserem Gefühl der richtigen Richtung folgend. Auf einem der nächsten Bergrücken kam uns die Idee, mal den Kompass zu befragen. Die Antwort war erschütternd: wir waren weit von unserem ursprünglichen Kurs abgekommen und befanden uns ganz woanders, als wir gedacht hatten. Was für ein Glück, denn dort fanden wir ein wunderschönes abgelegenes Hochtal mit einem klaren See, in den wir kurzentschlossen hineinhüpften. Buah, das war aber frisch!
Von nun an konnten wir auch den Fahrweg schon sehen, auf dem wir weitergehen wollten und brauchten nur noch einen begehbaren Weg dorthin finden. Wir stiegen dabei neben einem kleinen Wasserfall auf einem verwunschenen Wildpfad bergab und kamen dann wieder auf eine Ebene. Die ganze Gegend hier besteht aus Felsen und Hochmooren: da, wo man nicht auf den Felsen gehen kann, muss man überall aufpassen, dass man nicht in die Sumpflöcher tritt. So war dann auch der direkte Weg zur Straße durch Wasser versperrt, wir mussten noch etwas nach einem Übergang suchen, aber dann standen wir nach ca drei Stunden wieder auf erschlossenem Grund. Auf der gut gepflegten Schotterstraße kamen wir auf eine Felskuppe, von dort genossen wir einen tollen Blick über den See unserer gestrigen Mittagspause. Die Gegend ist wirklich fantastisch schön!
Ca fünf km folgten wir der Straße, bergauf und bergab, an kleinen Teichen vorbei und an dünnen Wasserfällen, bei denen man an den umgebenden Felsen erkennen kann, welche Macht das Wasser zur Schneeschmelze entwickelt. Der Wald mal dichter, mal lockerer, besteht aus Kiefern, einigen Fichten und vielen Birken. Darunter viele Farne, Blaubeeren und Heidekraut. Alles sieht sehr grün und saftig aus.
An einem kleinen Bach befassten wir uns mit den jämmerlichen Resten unseres mitgebrachten Proviantes und kühlten die qualmenden Füße im kalten Wasser, zisch!
Nachmittags um vier erreichten wir die Teerstraße, die uns nach weiteren fünf km zurück zum Auto führte. Ab und zu ein Auto, das stinkend und lärmend vorbeisauste, erinnerte uns an die menschliche Zivilisation...
Als wir unser braves Golfi wiedergefunden hatten, brauten sich am Himmel dunkle Wolken zusammen - kaum hatten wir unser Zelt (was für ein Luxus!) aufgebaut, fing es an zu regnen mit starken Sturmböen. Wir saßen trocken und warm unter der dünnen Zelthaut und tranken einen heißen Tee, den wir vorher noch schnell brühen konnten. Wie gemütlich!
Mit mal mehr, mal weniger Regen ging es dann den Abend und die Nacht über weiter.

Sonntag,13.08.2006 - Regen...
Heute morgen taten uns nach den ca 15km Wandern von gestern doch ganz ordentlich die Gräten weh! Beim Aufstehen musste erst einmal alles durchbewegt werden. Nun hängen wir mit frühstücksvollen Bäuchen im Zelt und warten darauf, dass der Regen aufhört und wir zusammenpacken können. Wir wollen in die nächste kleine Stadt, Evje, fahren und schauen, ob man da am Sonntag irgenwo was zu Futtern einkaufen kann...
Zur Kaffeezeit finden wir uns in dem kleinen Ort Byglandsfjord auf einer Terrasse oberhalb des Otra wieder. Wir haben inzwischen eine Tankstelle mit (teurer) Einkaufsmöglichkeit gefunden und eine Touristinfo mit Gratis-Internetzugang, wo wir unsere Mails checken und nach der Wettervorhersage schauen konnten. Heute scheint der einzige Tag mit höherer Regenwahrscheinlichkeit zu sein: ab morgen sind wieder Sonne und Wolken im Wechsel ohne Regen angesagt. Okay, diesen Tag nehmen wir so und fahren ein bisschen mit dem Auto spazieren. Was für ein Komfort!
Wir fahren Richtung Norden, wo es nicht so "crowded" ist. So sagt der Engländer, der die Touristinfo führt.
Ungefähr 50km weiter den Otra hinauf finden wir unseren heutigen Schlafplatz. Eine kleine Stichstraße führt in den Wald hinein, am Ende ein gemütlicher Platz zwischen Birken und kleinen Fichten. Viel Elchlosung liegt herum - ob wir heute einen Elch zu sehen kriegen?
Leider liegt auf der anderen Seite des Sees die Hauptstraße, auf der bis jetzt noch eine Menge Verkehr ist. Wahrscheinlich fahren dort die ganzen Wochenendausflügler, die sich auf dem Heimweg befinden. Wenn dem so ist, wird es wohl bald ruhiger werden. Unser üppiges Abendessen bestand aus Spaghetti mit Tomatensoße, dazu gab es einen Becher Fencheltee am Lagerfeuer, völlig ausreichend!
Morgen sind wieder die eigenen Beine, die heute sehr unter Muskelkater leiden, für die Fortbewegung zuständig. Wir müssen nur erst in die nächste Stadt, die da heißt Valle, um neue Wanderkarten zu besorgen und die Essensvorräte aufzufüllen. Evtl brauchen wir auch noch irgendwas an Reparaturmitteln fürs Auto: wir mussten heute feststellen, dass der Golf mt Treibstoff kleckert, der anscheinend unten aus der Einspritzpumpe läuft...Mal sehen, was wir da machen können.

Montag, 14.08.2006 - Irgendwo im Fjell
Abgesehen von dem besagten Verkehrslärm verlief die Nacht ruhig, Frühstücksfeuer etc wie gehabt, kein Elch. Wir versuchten, ein Trocknungsgestell für Thomas' Sweat-shirt zu basteln, das aber leider etwas unsicher stand. Bei einer Windböe landete das schöne gelbe frisch gewaschene Shirt im Feuer und war danach total verdreckt, aber immerhin fast trocken. Wer braucht schon saubere Klamotten!
Zur Mittagszeit erreichten wir Valle, wo uns eine freundliche junge Frau im Touristbüro eine Wanderkarte für lächerliche 120 NOK ( 75 NOK sind 10 ) verkaufte. Einkaufen konnten wir dort in der Nähe auch ( nur das Allernötigste für trotzdem fast 40) und dann fuhren wir in die Berge. Sofort wurde es erheblich kühler und windiger, auf knapp 1000 Höhenmetern ließen wir das Auto auf einem Parkplatz stehen und packten unsere Rucksäcke für ca zwei Tage neu. Dabei bekamen wir netten Besuch von einer Schafmutter und ihren zwei halbwüchsigen Lämmern. Sie ließ sich von mir zu einem Möhrchen-snack einladen und fragte dann, was wir noch so alles dabei hätten... Sehr zahm und freundlich.
Gegen halb vier waren wir dann so weit, buckelten unsere Säcke auf und marschierten los, dem markierten Wanderweg nach. Beim Gehen war schnell keine Rede mehr von Kälte, meine Jacke verschwand wieder im Rucksack. Ungefähr fünf km standen heute noch an, die Beine gewöhnten sich schnell wieder an die Bewegung, der Muskelkater hatte keine Chance mehr!
Unser Weg führte uns durch kahles Hochland mit vielen Seen. Einige Schafe bimmelten mit ihren Glocken in der Gegend herum, sonst war außer Windgeräuschen nichts zu hören. Eine norwegische Familie kam uns entgegen, kurz bevor wir an unserem Tagesziel, dem Sandvand-See, ankamen. Man tauschte ein paar englische Sätze und wünschte sich einen guten Weg. Nun war ich ja gespannt, wie so ein "primitive shelter" hier aussieht, wie in der Karte verzeichnet war. Wir mussten erst etwas suchen, bis mir dann ziemich weit oben über dem See ein Felsvorsprung auffiel. Bei näherer Betrachtung erwies er sich als das gesuchte Objekt und wir versuchten, uns mit diesem Unterstand für die Nacht anzufreunden. Etwas eng ist es ja ( etwas über einen Meter breit, mit großen Steinen mittendrin) und etwas ungewohnt. aber dafür mit tollem Blick über See und benachbarte Berge und, mit davor aufgespanntem Tarp, auf jeden Fall ein trockenes Plätzchen. Seitlich haben irgendwelche Vorgänger große Steine als Windschutz aufgestapelt, diesen gedachten Zweck erfüllen sie leider nur teilweise. Immerhin können wir einige Utensilien dort abstellen, auch ganz praktisch. Vor der Höhle ein Feuerchen für die abendliche Trockensuppe und schon ist es wieder gemütlich.

Dienstag,15.08.2006 - Håhelleren
Im Gegensatz zur letzten Nacht haben wir es heute sehr komfortabel: wir sind in einer Wanderhütte eingekehrt und schlafen in einem richtigen Bett! Wir können heute auch etwas Bequemlichkeit vertragen, denn die letzte Nacht war nicht so erholsam: erstens war der Unterstand doch ziemlich eng und wir verknoteten uns bei jeder Bewegung und zweitens regnete es in der Nacht so viel, dass es zu uns durchtropfte und wir unsere Sachen retten mussten. Durch die Felsspalten blies außerdem ein scharfer, kalter Wind, der sehr unangenehm um die Stirn wehte. Wir versuchten, uns in den Schlafsäcken zu verkriechen vor Regen und Wind, fühlten uns aber heute morgen doch etwas unausgeschlafen. Der Himmel war weiterhin grau, draußen war alles noch nass, also gab es auch kein wärmendes Lagerfeuer und keinen Kaffee...
Meine Stimmung wurde erst langsam besser, als wir unsere Säcke auf dem Rücken hatten und losgingen. Nach ein paar Metern fanden wir etwas Brennholz, doch keinen Zunder, so ließ sich kein Feuer hervorlocken, der Versuch wurde erfolglos abgebrochen. Einige Zeit und viele Schritte später unternahmen wir einen zweiten Versuch, diesmal brannte das Holz an und wir kamen doch noch zu unserem Frühstückskaffee. Inzwischen traute sich auch schon mal die Sonne hinter den Wolken hervor: allmählich fing der Tag doch an, Spaß zu machen.
Das Wandern fängt an, zur Gewohnheit zu werden: langsam und stetig, einen Schritt nach dem anderen sorgfältig gegangen, durchqueren wir Hochtäler mit kleinen Seen oder Sümpfen. Blaubeerfelder laden zu einer Handvoll im Vorübergehen gepflückter Beeren ein, ab und zu machen wir eine kleine Pause zum Fotografieren oder für einen Blick auf die Karte. Zeit spielt keine Rolle, der Weg ist tatsächlich das Ziel, im Kopf kehrt Ruhe ein.
Etwa sieben Kilometer gehen wir so durch die kahle und doch schöne Berglandschaft, dann erreichen wir am Nachmittag die Hütte Håhelleren. Sie liegt vor einer Felswand, die einen großen Felsvorsprung hat, unter dem wohl früher die Wanderer gelagert haben. So ein Vorsprung heißt Helleren, habe ich heute gelernt, Håhelleren bedeutet also soviel wie: bei dem Unterstand.
Heute lagern des nachts dort nur noch die vielen Schafe, entsprechend vollgeschissen ist der Boden.
Mit uns bevölkert ein nettes norwegisches Ehepaar, Jostein und Arnhild, die Hütte, er geht fischen und sie liest Zeitung. Von ihnen erfuhren wir, dass man auf einem einfachen Weg in zwanzig Minuten von hier zur Straße kommt... und wir sind den halben Tag gewandert, um hierher zu kommen, irgendwie schon komisch!
Da der Tag noch jung war und wir hungrig zu werden drohten mit akutem Futtermangel in den Rucksäcken, gingen wir noch einmal los, ohne Gepäck, um das Auto zu besagtem nähergelegenen Parkplatz zu verholen. Eine Stunde Fußmarsch bis zur Straße auf markiertem Wanderweg, eine halbe Stunde an der Straße entlang, dann waren wir beim Auto - fünf Minuten später mit dem Auto an dem anderen Platz, von wo aus ein breiterer Weg zur Hütte führt. Bepackt mit Brot, Käse etc kamen wir nach insgesamt etwa zwei Stunden wieder an, mit schmerzenden Füßen, aber in froher Erwartung eines üppigen Abendmahls. Unsere norwegischen Mitbewohner waren inzwischen von ihrem Spaziergang zurück und wir verbrachten einen sehr schönen Abend bei Kerzenschein im Gespräch mit ihnen. Als wir schlafen gingen, war es schon nach 23 Uhr. Ein Fest, sich ins kuschelige Bett zu legen!

Mittwoch, 16.08.2006 - am Abend in Lysebotn
Wieder geht ein interessanter Tag zuende. Das Zelt steht schon fertig mit Matten und Schlafsäcken oberhalb von Lysebotn an einem Wasserfall. Wir haben einen fantastischen Ausblick auf die hohen Berge, von der Abendsonne beschienen. Der Himmel ist fast ganz blau heute abend, das tut gut!
Heute morgen fing es mit etwas Sonnenschein an, bis wir um kurz vor neun endlich aufgestanden waren. Dann trübte sich der Himmel ein und es fing an zu regnen für ein bis zwei Stunden. In der Zeit saßen wir vier gemütlich ( das Wort gibt es im Norwegischen übrigens auch! ) beim Frühstück im Hüttchen und erzählten uns was. Zwei weitere norwegische Wanderer ( scheinbar Vater und Tochter ) kamen auf ein Stündchen zu uns und gaben uns die Gelegenheit, etwas dem norwegischen Sprachklang zuzuhören. Ich höre diese Sprache gern, sie klingt wie ein Ball, der eine Treppe hinabkullert.
Die beiden Besucher waren gestern in Lysebotn und auf dem Kjeråg, von wo aus sie einige Base Jumper springen gesehen und dabei gefilmt hatten. Ihre Erzählungen halfen mit, unseren Entschluss zu festigen, hierher zu fahren.
Gegen Mittag waren wir dann allmählich zum Aufbruch bereit, der Regen hatte aufgehört und wir verabschiedeten uns sehr herzlich von Arnhild und Jostein, die uns ihre Adresse und Telefonnummer gaben mit einer herzlichen Einladung, sie zu besuchen. Mal schauen, vielleicht ergibt es sich, dass wir auf dem Rückweg bei ihnen reinschauen. Wirklich nette Leute, morgen ist ihr 49. Hochzeitstag, alles Gute!
Der Fußmarsch zum Auto war ja schon bekannt und daher nicht sehr interessant, dafür aber umso mehr die Fahrt auf der schmalen Straße quer durchs Fjell: immer neue schöne Perspektiven auf Felsen, Seen, Schafe, Heidekraut, Flechten und Moose, Seen, Schafe, Berge, Heidekraut, und - ach ja: Felsen...und wieder ein See. Tolle Mondlandschaft!
Am höchsten Punkt dann kamen uns schon die Wolken entgegen, tief über die Berge krochen sie, es war ziemlich kalt. Neben dem Parkplatz, auf dem wir anhielten, waren alle Felsen voller Steinmännchen gestellt. Scheinbar hinterlassen hier viele Leute so ein Zeichen, sieht lustig aus in dieser sonst so lebensfeindlich wirkenden Gegend. Es folgte dann eine steile und wunderschöne Serpentinenstrecke hinunter zum Fjord. Auf halber Strecke ein großer Parkplatz als Startpunkt für die Wanderung zum Kjeråg - sehr touristisch mit teurer Parkgebühr: 50 NOK für einen Tag für ein Auto - naja...!
Wir wollten das nicht zahlen und fuhren nach kurzem Aufenthalt ( knips!) ein Stück weiter den Berg hinab. Der nächste Parkplatz war klein und fein und kostenfrei, sehr malerisch an einem Wasserfall gelegen, mit Tischen und Bänken ausgestattet: Zeit fürs Mittagessen, es gibt wieder Käsebrot. Danach weiter bergab, durch einen 1,1 km langen schmalen Tunnel erreichten wir das kleine Örtchen Lysebotn, von wo aus die Schiffe durch den Lysefjord starten. Hier unten ist es um einiges wärmer als auf dem Fjell, sehr angenehm! Leider scheint es keinerlei Einkaufsmöglichkeit zu geben, schade, ich hätte Lust, mal was anderes zu essen als Käsebrot und selbst das ist bald alle. Für morgen planen wir eine irgendwie geartete Schiffstour, mal sehen...
Jetzt ist erstmal Feierabend und Feuer machen angesagt, Thomas hat uns ein paar Himbeeren zum Nachtisch gesammelt, na, wenn das nichts ist!

Donnerstag, 17.08.2006 - Lysebotn am Abend
Fast bin ich schon zu müde zum Schreiben, denn heute war ein anstrengender Tag: wir waren auf den Bergen und haben die große Wandertour zum Kjeråg gelaufen. Nun eiern wir hier herum wie Omma und Oppa, mit schmerzenden Füßen, aber glücklich!
Als wir heute morgen gut ausgeschlafen aus dem Zelt schauten, sahen wir blauen Himmel und Sonnenschein, der gerade anfing, die hohen Berge zu beleuchten. Mit dem obligatorischen Kurzbad im Bergbach fing unser Tagwerk an, dann war die Sonne schon so weit um die Ecke gekommen, dass sie unseren Frühstücksplatz beschien - ein guter Tagesanfang. Da wir neben dem Auto saßen, konnten wir sogar Musik hören zum Frühstück! Wir tüddelten also gemütlich herum, übten nebenbei ein bisschen Salsa tanzen und packten unsere Sachen zusammen wie jeden Morgen. Gegen halb eins war alles so weit fertig und wir kurbelten uns mit dem Auto den Berg rauf, den wir gestern runtergekommen waren: also Tunnel, Serpentinen, toller Ausblick. Wir hatten immer noch keine Lust, die 50NOK Parkgebühr zu zahlen, darum suchten wir uns einen eigenen Parkplatz ein Stück weiter oben am Berg. Dadurch sparten wir auch ein paar Höhenmeter Kletterei, mussten uns aber das erste Stück Weges selbst suchen. Es ging gleich ziemlich steil zur Sache, durch Heidekraut und über sehr schräge Felsplateaus ohne Haltemöglichkeit bergauf, mein Höhenalarm war geweckt, aber ließ sich noch beherrschen. Hinter der ersten Höhe trafen wir auf den Hauptweg, der gut besucht war. Es ging dann wieder recht steil den nächsten Berg hoch und auf der anderen Seite wieder runter ( was für eine Verschwendung von Arbeitskraft!
Erst quält man sich rauf, dann wieder runter, irgendwie unökonomisch...). Da dieser Weg nicht nur von geübten Hochalpinisten begangen wird, sind die steilsten Stellen mit stabilen Ketten gesichert, an denen man sich hochhangeln kann. Es waren auch Familien mit ziemlich jungen Kindern dort unterwegs, alle Achtung!
Der dritten Aufstieg führt dann bis auf 1000m hoch, man läuft lange Zeit über eine große Felsenebene, die etwas schräg zur Steilwand hin abfällt. Dahinter geht es fast 1km gerade hinunter zum Fjord...
Der große Clou dieser Wanderung ist dann der berühmte Kjerågbolzen: ein großer Felsbrocken (ca 2m breit), der in einer Spalte verkeilt ist und nach unten hin frei hängt. Man kann sich draufstellen und fotografieren lassen, mit dem Lysefjord einen Kilometer unter sich... Nix für mich, aber ein interessanter Anblick, wie andere sich draufstellen, mit mehr oder weniger weichen Knien...
Wir erreichten dieses Highlight nach ca zwei Stunden strammen Wanderns bei wechselnder Bewölkung. Eine halbe Stunde Pause oben, etwas aus dem Rucksack in den Magen gefüllt, dann machten wir uns wieder auf den Rückweg. Langsam und mit einigen Pausen, um den Ausblick noch etwas zu geniessen oder die Füße im kalten Wasser der kleinen Teiche etwas abzukühlen.
Kurz vor sieben Uhr abends waren wir wieder am Auto, müde und hungrig, rollerten nur noch den Berg wieder hinab und suchten ein neues Zeltplätzchen, diesmal steht es unten am Fluss, in direkter Nachbarschaft zu anderen Wildcampern.
Eine Feuerstelle war schon vorhanden, es gab Nudeln mit Mais und Schafskäse. Kein kulinarischer Hochgenuss, aber macht satt. Die Knochen verlangten dringend danach, abgelegt zu werden, so hielten wir uns nicht lange auf, sondern krabbelten in die Schlafsäcke. Der Wecker musste noch gestellt werden für den nächsten Morgen, denn wir wollen nach Stavanger fahren und das Schiff geht schon um 7:20 Uhr ab Lysebotn - dann fielen wir in narkoseartigen Schlaf.

Freitag, 18.08.2006 - Ausflug nach Stavanger
Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt! Die Fahrt auf der schnellen Katamaranfähre am frühen Morgen bei strahlend blauem Himmel war fantastisch! In ungefähr zwei Stunden durchpflügte das Boot den gesamten Lysefjord, also etwas über 40km, hielt bei verschiedenen kleinen und kleinsten Ortschaften kurz an und erreichte schließlich die große Stadt Stavanger als totalen Kontrast zu der einsamen und großartigen Berglandschaft.
Vom Schiff aus konnten wir den Kjerågbolzen winzigklein von unten sehen, fuhren am berühmten Preikestolen ( ein viereckig aus dem Massiv der Fjordberge herausstehender Felsen mit einer flachen Oberfläche in ca 600m Höhe, an schönen Tagen wie heute sehr bevölkert) vorbei und sahen sogar ein paar Robben in der Sonne liegen. Es war schweinekalt oben auf Deck, aber ich konnte trotzdem nicht in die warme Kajüte gehen, zu schön war es draußen.
Für die Kälte werden wir jetzt mit warmem Sonnenschein in Stavanger (wir sitzen im Straßencafe in der Altstadt und trinken eine Tasse Kaffee für 25 NOK ) entschädigt. Drei Stunden haben wir hier nun Zeit zum Einkaufen und Stadt anschauen, dann geht das Schiff wieder zurück.
Abends am Lagerfeuer:
Die drei Stunden gingen viel zu schnell vorbei, mit Hafenrundgang incl. kostenloser Internetnutzung im Hafenterminal, einer kleinen Altstadtbesichtigung im warmen Sonnenschein und einem Einkauf beim Discounter. Bepackt mit vollem Rucksack und schweren Einkaufstüten mussten wir dann schon zurück zum Hafen, wo unsere "Fjordlys" gerade einlief. Als ich vom Schiff aus zum Land hinübersah ( Stavanger liegt auf einer Halbinsel dem Land etwas vorgelagert ), sah ich dort viele Quellwolken, während in der Stadt und über dem Meer kein Wölkchen das Blau trübte. Wahrscheinlich ist wegen dem besseren Wetter die Stadt dort einmal gegründet worden?
Auf dem Schiffsdeck war es wegen dem heftigen Fahrtwind (das Boot geht ab wie Schmidts berühmte Katze!) wieder sehr kalt. In alle Pullover und Jacken gemummelt saß ich trotzdem die ganze Rückfahrt über wieder draußen, mit Fernglas und Digitalkamera ausgerüstet, während Thomas im warmen Salon döste und unseren Einkauf hütete. Viel zu schnell waren wir wieder in Lysebotn, wo ich mich am Hafen erstmal in der Sonne auftauen musste. Die Fähre brauste nach kurzem Aufenthalt wieder los, ihr Brummen war noch sicher zwanzig Minuten lang zu hören. Wir setzten uns ins wartende Auto und fuhren den kurzen Weg zu unserem avisierten Schlafplatz, bauten das Zelt wieder auf und hatten nachmittags um vier schon Feierabend, wie schön!
Thomas hatte endlich mal wieder Gelegenheit zum Hängemattenbaumeln und ich ging zurück zum Hafen, wo es mich irgendwie nochmal hin zog. Dort saß ich lange in der Sonne herum und hatte nichts zu tun, wie herrlich! Die "Fjordlys" kam noch ein letztes Mal für heute angebrummt, ein Boot voller englischsprachiger Base Jumper kam vom Kjeråg zurück, alle wirkten total high von ihren Luftsprüngen. Ab und zu hielt ein Auto mit Touristen an, sonst war nichts los. Ich saß glücklich in der Sonne und ließ den Nachmittag passieren.
Als ich dann irgendwann doch zurückkam, hatte Thomas schon Feuer gemacht und es konnte bald gegessen werden: heute mal Reis mit Bohnen...
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