Norwegen 2004


Norwegen
 
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Legende    
fo : Tageskilometer vom Transalp Tacho (Foster)
Trp/DST : Tageskilometer / Gesamtkilometer
AVS : Durchschnittsgeschwindigkeit (km/h)
STP : Fahrzeit
MAX : Maximale Geschwindigkeit vom Sigma-Tacho
N:xx°xx,xx W:xxx°xx,xx : Position vom GPS 12
Farbwahl:blau : Technik-Infos
grün : Wetter-Infos
Fr, 30.7.2004
Mit 5º nachts doch recht schattig. Der "MountainHarwdare PolarGuard" -Schlafsack mit Baumwoll Inlet kommt langsam an die Grenze. Noch ist die Wohlfühlgrenze nicht unterschritten, viel kälter darf es aber nicht werden.
Kleine und gemeine Mücken hier. Etwa 1mm groß und mindestens so penetrant wie G.W. Bush.
Aber Dschungeöl schafft Abhilfe. Kommt ja auch aus Schweden. Allerdings lassen die großen Mücken nur bedingt abschrecken.

Um 10:00 sind's schon wider 10º. Zeit zum Aufbruch.
Die nächsten 40km bis zum Hauptstraße (217) führen über die besagte Schotterpiste. Gut für 60-70 km/h. Es ist wohl ein Naturschutzpark. Weite Heidelandschaften wechseln sich mit Nadelwäldern ab. Der Untergrund scheint felsig, darauf hat sich eine dünne und fruchtbare Humusschicht gebildet. Hier wachsen meist niedrige Heidepflanzen. Alle Felsen und viele Bäume sind mit pastellgrünen Pilzen bewachsen. Die ganze Landschaft sieht manchmal so aus, als wenn leichtgrüne Schneefelder auf den Hügeln liegen.
Die tiefgrünen Wälder haben etwas von Zauberwäldern. Ich erwarte überall kleine Zwerge und Gnome im Gras.
Ich erreiche eine Hochebene. Die flache Graslandschaft wird von kleinen Seen und Tümpeln unterbrochen.
An einige Stellen haben sich kleine Dörfer oder Siedlungen im typischen, norwegischen Baustiel angesammelt. Menschen sehe ich aber sehr selten.

Ich komme an einen Bergpass. irgendwas riecht nach heißem Plastik. Egal. Hinter mir breitet sich ein geniales Bergpanorama aus. Her mit der Knipse.
Ich öffne den Tankrucksack und mir quillt weißer Rauch entgegen. Tankrucksack -Stecker 'raus und schauen was los ist.
Der Stecker des Handy-Ladekabels ist heiß, der Vergußklebstoff ist flüssig und qualmt. Offenbar ein Kurzschluß im Stecker. Egal. Das Handy arbeitet auch eine Woche ohne laden.
Irgendwann ist auch die Paradiesstrecke zu ende. Die Teerstraße (217) läßt mich mit 80km/h über die polnischen Oberfläche fliegen. Ist ausgeschildert Richtung Røros. Da will ich hin. Also lasse ich mich vom Teer gen Norden schleudern. 100km/h, das schafft Strecke. Allerdings bleibt das Schauen und Wahrnehmen buchstäblich auf der Strecke. Gefällt mir nicht.
(Tanken: 29,96L / 604km / 9,84 NOK/L, 4,96L/100km)
Die NorwederSchwegen fahren gerne mit riesigen Wohnwagen mit ebenso riesigen AmiGeländewagen, natürlich 4WD durch die Landschaft. Manchmal sogar im Konvoi. Fast wie eine wandernde Stadt.

11 Kilometer hinter Røros ist mir das zu viel. Ich biege ab Richtung Glåmos. Laut Karte eine Schotterpiste.
Die NunTeerstraße schlängelt sich direkt an einem Stausee entlang. Rechts grüne Wiesen, links das tiefblaue Wasser.
Ich halte Ausschau nach der Schotterpiste nach Tydal die in meiner Karte eingetragen ist. Laut GPS muß sie hier sein.
Tatsächlich. Sie heißt nun 705 und ist teerig und breit. Meine Karte von 1980 ist wohl doch etwas überholt... Egal, dann eben 80 anstatt 60 km/h.
An der Kreuzung steht ein deutscher Wagen aus Eckernförde (RD-PM). Der Fahrer studiert die Karte. Ich rufe ihm zu "wo soll's den hingehen". Er sieht mich mir großen Augen an und fährt ein Stück vor. Hmm...er dachte wohl, er steht mir im Wege...
Also weiter.
Ab und zu sehe ich noch die alte Schotterstraße. Schade eigentlich.
Während ich so dahinfliege, bleibt mein Blick an einem kleinen Trampelpfad hängen. Da muß ich hin. Flugs gewendet und ab in die Pampa. Einige 100m Offroad und der Pfad endet auf einer grünen Wiese am Bach. Welch eine Einladung zur Übernachtung. Mache ich heute eben schon nach 222km Feierabend.
Kaum habe ich den Motor abgestellt, ist hier Mückenparty. Ich bleib' heut' Abend im Zelt!
Zeltaufbau unter Bäumen. So soll's sein.
Foster hat heute zum sechsten Mal genullt. Prost.
Luft:24°C, fo:60.160, Trp:222km, AVS:64, STP:3:26, MAX:108, DST:1563, N:62°45.610' / E:011°49.799', Höhe:784m

Sa, 31.7.2004

Frühstück im Moskitoschwarm. Ich vertraue mich dem Dschungeloel an.
Trotzdem bekomme ich beim Morgenschiß Pestbeulen an'n Arsch. Hier ist kein Dschungeloel hingekommen.
Übrigens, beim Scheißen in freier Landschaft ist es ein Akt der Rücksichtnahme, das Teil zu vergraben. Genauer gesagt, vorher ein Loch zu graben und es nachher mit Erde oder Moos zu bedecken. Ein Ast oder Stein oben drauf verhindert, daß der Nachfolger braune Finger bekommt. So wird es auch ständig feucht gehalten, was den Abbau beschleunigt. Spezis verbrennen das Toilettenpapier da es sonst das Letzte ist was in trockener Umgebung verrottet.
Ich fand es auf meinen Reisen immer fürchterlich über Freilandtoiletten zu laufen oder umherfliegendes Arschpapier ins Gesicht zu bekommen.
Profis verlassen einen Platz so als wenn sie nie dort gewesen wären.
Auch Mülltüten bekommt man in jedem Supermarkt und man kann sie an jeder Tankstelle entsorgen.
Brotkrumen oder Apfelgehäuse sind ein willkommenes Geschenk für die Insekten. Orangen- oder Bananenschalen nicht.
Noch gibt es das Jedermannsrecht in Schweden und Norwegen. Das kann sich schnell ändern, wenn nicht jeder Einzelne die Sorgfalt für die Natur aufbringt.

So, nach der Pflicht des Tages packe ich schnell die Ausrüstung bevor die Mückenbande mitbekommt, daß das Dschungelöl ungiftig ist.
Gerade als ich auf des Teer zurückkehre fährt ein norwegisches Pärchen auf Transalp und BMW650GS vorbei. Ich schließe mich für eine Meter an.

Das Teerband führt mich bald über eine Hochlandschaft. Hügelig mit Seen durchsetzt, gleitet der Blick ringsherum in die Täler mit kleinen Höfen und Dörfern. Wie auf der Spielzeugeisenbahn. Der Horizont wird eingerahmt durch hohe, schneebedeckte Berge. Ich schwebe wie im Traum über den Concrete.

In Serpentinen gleitet die Straße zum Stuesjøen-See. Der Ort Væktarstua liegt direkt am Strand um die Ostspitze des Sees verteilt. Ich sehe die Straße am anderseitigen Ufer entlang verschwinden. Wie in einem großen, harmonischen Bogen.
Die weitere Strecke bis Tydal schlängelt sich durch grüne Täler und gemütliche Ortschaften. Eigentlich schade, daß jetzt hier (relativ) viel Verkehr ist. Aber die Norwegis fahren sehr gemächlich. Es ist schön, hier mit 70-80 dahinzuschweben.

Foster schnurrt zufrieden. Alle alten Probleme sind vergessen. Irgendwie sind wir wieder ein Team.

Tydal ist als Ort gar nicht zu erkennen. Mehr eine etwas dichtere Ansammlung von Häusern in einem Tal.
Einkauf im Landsupermarkt. Die Norwegis haben keine Hemmung, den Automotor während des Einkaufes laufen zu lassen. Wohl 'ne alte Gewohnheit aus'm Winter.
Noch 113km bis Trondheim. Könnte gerne mehr sein.
Aha, die Großstädter mit HirnDefiziten tauchen auf. Dann kann die Stadt nicht mehr weit sein. Ich frage mich wiederholt, was in so einem letzten Hirnfragment wohl abgeht ??

Plötzlich bin ich in Hell. So fühlt sich das auch an. Hier beginnt die (E6) mit Tollroad. Ich wollte doch in Tømmerdalen auf die Piste abbiegen. Hab' ich im Dahinschweben völlig vergessen.
Nee, so nicht. Keine Lust auf Blechlawine.
Ich kehre um und suche die alte Küstenstraße. Alles ist ausgeschildert nach Trondheim über die (E6). Also gerade dort nicht entlang. Antizyklisch, so zu sagen.
Während die Blechwalze sich in die teuren Tunnel ergießt, genieße ich die fast leere Küstenstraße.
Ich kehre bei einem kleinen Kiosk neben der Shell-Tankstelle ein und bestelle einen Kaffee. Ich bekomme einen Plastikbecher Instantkaffee und ein kleines Stück Kuchen für 40,- NOK, etwa 4.- €. Milch hat er nicht. Aber ich; aus der Packtasche.
Na gut, er muß auch von etwas leben, denke ich.
Er spricht nur wenige Worte Englisch aber eben Norwegisch, Polnisch, Russisch und einen indischen Dialekt. Er kommt aus Afghanistan. Hat 4 Jahre in Norderstedt bei Hamburg als Koch gearbeitet. Leider keine Deutschkenntnisse.
Wir machen Smalltalk mit Händen und Füßen. Er sagt, Norwegen ist sehr kalt im Winter. Aber gestern hatten sie 28º. Dann erklärt er mir den Weg der Küstenstraße nach Trondheim und spendiert noch einen Kaffee.
Eine wirklich nette Begegnung. Ich verspreche ihm, das Foto seines Kiosk auf meine Homepage zu stellen.

Ich cruise weiter auf der Küstenstraße. Die Aufforderung, die (E6) zu benutzen kommt immer dringlicher. Dann kann ich dem mangels Ausweichmöglichkeiten nicht weiter widerstehen.
Also,auf los gehts los.
Plötzlich bin ich in der Stadt. Alle paar Kilometer passiere ich Bezahlstellen. Da kann man kostenfrei vorbeifahren oder auch kostenpflichtig. WasSollAs?
Motorräder kosten übrigens 0.- (null) Kronen.
Ich Fahre Richtung "Sentrum" bis ich an den Hafen stoße. Hier links ab immer an der Küste entlang. Ich will über Trolla nach Flakk zur Fähre, also die Küstenstraße entlang. Kein Problem, geht wie von selbst.
Übrigens haben hier die Felsen Türen. Es sind offenbar alles gut ausgebaute und gepflegte Bunker.
Hat in Deutschland nicht auch jeder Bürger einen Anspruch auf einen Bunkerplatz? Ich habe in D-Land noch nie einen gepflegten Bunker gesehen. Und ich wohne schon lange dort. Auch habe ich von Regierungsseite auch nie irgendeine Information gehört, wo so ein Platz im Kriesenfalle für mich bereitsteht.
Ob D-Land nach den ErsteReihePlätzen in den beiden letzten Weltkriegen so etwas für überflüssig hält?
Oder wird das einfach verdrängt ?
Oder fehlt das Geld? Wenn Tabakbauern in D-Land subventioniert werden und (immer noch?) die Segelflieger in Nordafrika (echt!) und absaufende Schürmannbauten für die Politiker-Belustigung und einen völlig überflüssigen Regierungsumzug nach Berlin und eine Billiarde (!) für den hoffnungslosen "AufbauOst", undUndUnd dann kann ich mir einen Geldmangel für die Sicherheit der steuerzahlenden, deutschen Bevölkerung nicht vorstellen.
Aber es nicht mein Job, die absurden Gedankengänge der Politiker nachzuvollziehen.
Egal. Ich bin hier nicht im Auslaufmodell Deutschland sondern in Norwegen!

Also, in Flakk angekommen nehme ich die Fähre nach Rørvik. Kostet 54,- Kronen (ca. 6,- €) und dauert ca. 20 Minuten.
Auf der Fosen-Halbinsel angekommen wende ich mich nach rechts. Ist immer ausgeschildert nach Rissen, das kann ich auf meiner Karte nicht finden. Gab es 1980 wohl noch nicht.
Also auf die (717) die Küste entlang. Es ist doch merklich windiger hier. Und DumpfDumpfGolfs gibt's auch hier...
Die kurvige Küstenstraße führt über Hasselvik und Fevåg. Enge Kehren durch wunderschöne Landschaft. Tiefgrüne Felder, es riecht nach Tang und Salzwasser. Viele bunte und gepflegte Häuschen. Einige steile Abfahrten durch enge Serpentinen. Gemütliche Straßen und wenig Verkehr.
Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber Norwegen ist nun mal ein schönes Land.
Dann muß ich links abbiegen auf die (715) Richtung Afjord.
An einem See fahre ich spontan rechts ab auf einen kaum zu erkennenden Feldweg. Offroadeinsatz. Die ausgewaschene Spur mit groben Schotter läßt Foster tänzeln. Aber der hat schon ganz anderes geschafft. Als Belohnung bekommen wir einen schönen Wiesenplatz mit Blick auf den Wald. Leider ist die Straße unangenehm laut zuhören.
Und die Gastgeberin bimmelt freundlich mit der Schafglocke.
Ich gehe aber trotzdem von einer ruhigen Nacht aus. Zumal morgen Sonntag ist. Da sollen die Leute schließlich mal ausschlafen!
Nur die vielen Fliegen nerven. Die kriechen auch noch überall 'rein...
Luft:26°C, fo:60.417, Trp:253km, AVS:63, STP:3:59, MAX:114, DST:1817, N:63°47.760' / E:010°14.146', Höhe:80m

So, 01.8.2004
Harleys sind in Norwegen sehr beliebt. Und vor allem laut müssen sie sein, damit so viele Menschen wie möglich aus'm Schlaf gerissen werden.
Alles eine Frage der Effizienz, auch Wirkungsgrad genannt.

Morgens 9:00. Nebel liegt über dem See. Die Oberfläche ist spiegelglatt. Es ist still. 14°C.
Große Wäsche im See. Das Wasser ist frisch aber nicht kalt.
Selbst die Mücken sind verschlafen. Einige sitzen lustlos in der Gegend 'rum. Gelegenheit für's Frühstück.
Die Milch ist über Nacht erstärkt, so zu sagen. Gib's halt saure Sahne in den Kaffee. Macht das Tourenfeeling aus...
Die Gastgeberin mit Nachwuchs hat die ganze Nacht gebimmelt. Irgendwann ist sie bis zum Zelt gekommen und dann ganz schnell wieder weggelaufen.
Im Kaffeegrund hat sich ein braunes Gemenge aus saurer Milch gebildet. Sieht aus wie ein Kefir. Muß man fast kauen.

Der Hochspannungmast neben dem Zelt redet. Ich höre ein schabendes Geräusch mit etwa 2 Hz. Dazu brummen die Holzständer mit 50 Hz, wenn ich das Ohr dranlege. Hab' ich eben Gesellschaft. Nur daß er immer das gleiche erzählt.

10:00, 18°C.Die Sonne bricht durch. Und ich auf...
Die Luft ist angenehm frisch. Die Kurve haben mich wieder. Nach einigen Kilometern führt mich die Straße hinunter an die Küste bei Årnes. Das Tal gibt den Blick auf einen Fjord frei. Kleine Inseln fangen den Blick ein. Überall Landwirtschaft, kleine Bauernhöfe, Wohnhäuser. Alles bunt und nett gepflegt.
Ich bleibe immer auf der wenig befahrenen Hauptstraße (715).
In einer engen Linkskurve kommt mir auf der holprigen Straße ein schwarzer, hochglanzpolierter FurchtbarTeuerMercedes mit Kennzeichen auf rotem Hintergrund mit ca. 130 Sachen entgegengebrettert. In der Kurve verliert der Fahrer die Kontrolle (über sich). Mehr schleudernd und quitschen als fahrend driftet die Bombe in der Kurve direkt auf mich zu. Vollbremsung, ausweichen und alles was mir in der Situation dazu noch einfällt. Das dürre Jüngelchen hinter dem Lenkrad sieht mich mit panik-großen Augen an. Hinter mir höre ich den Mordanschlag weiter um die Kurve quitschen. Die Tatsachen bestätigen es immer wieder: Mercedesfahrer sind Mörder.
Es dauert eine Zeit, bis der Blutdruck wieder Boden gefunden hat. Scheiße ist einfach, wie hilflos man solchen Situationen ausgeliefert ist.
So muß sich ein Kapitän vorkommen, wenn ein Torpedo auf ihn zujagt und er hat gerade noch Zeit für ein Stoßgebet.

Weiter geht's bei 22°C.
Kurz vor der Küste steigt die Straße steil auf 250m an. Oben eröffnet sich ein Hochplateau mit kleinen Seen. Das Thermometer fällt auf 15 °C.
Einige Meter weiter gehts wieder abwärts auf 130m. Direkt in die Wolken hinein. Die enge Straße windet sich um die felsige Märchenlandschaft. Rechts felsig steil hoch, links felsig steil 'runter. Viel aua, wenn man hier nicht aufpaßt.
Die Seen liegen im Nebel, weiße Dunstfahnen tanzen auf den spiegelglatten Oberflächen. Ein See ergießt sich in den nächsten. Alles scheint hier wie eine Einheit, wie aus einem Guß.
Unvermittelt fällt die Straße wieder auf Meeresniveau. Der Blick gleitet buchstäblich ins Uferlose. Das Nordmeer tut sich auf. Dahinter kommt nur noch die Arktis. Brrrr...
Die Landschaft ist eine kuriose Mischung aus kühler, felsiger Nordmeerküste und grün-saftiger Landwirtschaft. Gewagte, einsprurige Brücken führen über die felsige Küste. Die 15°C fühlen sich an wie 5°. Zwei Biker kommen mir mit verfrorenen Gesichtern entgegen.
Unvermittelt wendet sich die Straße landeinwärts. Innerhalb weniger Kilometer steigt die Temperatur wieder auf 25°C. Grüne Felder und Landwirtschaft. Nach weiteren 10km fahre ich durch endlose Wälder, an tausenden Seen vorbei, reißende Flüsse und Wasserfälle. Eine ursprüngliche und unberührte Natur. Wozu nach Kanada. Hier hat man das gleiche viel billiger.
Irgendwann ist auch das zu Ende. Die (17) kreuzt. Ich biege links ab Richtung Namsos. Die Straße gleitet am Lyngen-Fjord entlang durch ein grünes Tal, eingerahmt von hohen Bergen. Hat 'was von den bayerischen Voralpen.
Namsos. Zeit für'n Tass Kaff. Die Zufahrt zur Stadt nur wieder über eine Zollstelle. Motorräder 0,- Kronen, Autos 10,-. Einige Städte darf man offenbar nur bezahlt besuchen.
Die Stadt ist wie ausgestorben. Keine Menschen auf der Straße, einige Autos unterwegs.
Ich fahre die (17) weiter bis Tyldum. Dann rechts ab Richtung Grong. Eigentlich wollte ich nun Richtung Schweden. Da keine Lust auf Hauptstraße habe fahre ich noch ein Stückchen auf der (E6) Richtung Norden um dann auf eine Nebenstrecke einbiegen zu wollen. Wenigstens einige Kilometer Nordkapphauch genießen.
Wieder eine MercedesErfahrung mehr: Ich fahre schon länger so mit 80 hinter einem Norweger. Kommt so ein rotes Monster mit dem Fadenkreuz auf der Motorhaube von hinten angeschossen und verschwindet in meinem Auspuff. Dort klebt er einige Zeit hinter mir.
Ich frage mich, warum der nicht überholt, einige gute Gelegenheiten hat er schon verpaßt. Dann in einer Kurve bei Gegenverkehr knallt er mit heulendem Motor an mir vorbei. Fast hätte er sich an meinem Vorderreifen einen schwarzen Streifen in sein Lack geholt. Eine ähnliche Aktion praktiziert er mit dem Norweger vor mir auch. Ob der wohl so stolz auf seine "4Matic" ist, was immer das sei mag...
Mir kommt der Verdacht, daß einige Menschen glauben, mit einem hohen Kaufpreis sich mehr Rechte erkauft zu haben.
Oder kann es sein, daß einige die Kraft des Automotors mit der eigenen verwechseln?
(Tanken: 25,44L / 546km / 10,67 NOK/L, 4,66L/100km. Damit käme ich mit einer Tankfüllung ca. 750km weit!)

Ich finde die Diagolalstraße zur (707) nicht. Ok. dann eben weiter bis zu (767) nach Røyvik. Fahre ich eben um den Stausee herum.
Die dünne Landstraße führt durch total einsames Gebiet. Hierhin kann man sich wirklich verpissen, wenn man seine Ruhe haben will.
Ich komme an den Stausee und sehe das andere Ufer am Horizont verschwinden. "ach du Scheiße", was hab' ich da wieder eingebrockt. Ist viel weiter, als ich dachte.
Ok, dann los. Die kleine Straße macht es mir leicht. Es gibt viel zu sehen. An einer Stelle komme ich den Bergen mit Schneefeldern so nahe, daß ich mir fast eine handvoll Schnee mitnehmen könnte. Und das bei 24°C!
Die 50 km um den Stausee sind schneller durch als befürchtet. Ist auch 'ne herrliche Strecke, größtenteils auf einer SingleTrack-Straße.
Der Blick auf den spiegelglatten See ist gewaltig. In der Mitte des Sees trohnt eine Insel, höher als die Baumgenze. Sieht aus wie mit einer Tonsur.
Der Himmel und der Horizont spiegeln sich im Wasser.
Sie schwedische Grenze. Ich verlasse Norwegen. Schlagartig wird aus der einspurigen Teerstraße eine einspurige Sandbahn.

Es wird Zeit für'n Campplatz. Und schon einer gefunden auf einer Wiese mit fließend kalt Wasser und weitem Blick in die untergehende Sonne.
Good night.
Luft:25°C, fo:60.769, Trp:347km, AVS:64, STP:5:25, MAX:110, DST:2164, N:64°35.718' / E:013°41.794', Höhe:410m

Mo., 02.8.2004
Ich werde um 5:00 von Maschinengewehr-Rattern geweckt.
Guten Morgen!
Ein sonniger Tag kündigt sich an. Um 10:00 schon 22°C!
Übrigens sind die Bremsen (-Fliegen) ein aussterbendes Volk. Ihnen geht eine Lernfähigkeit fast völlig ab. Die sind furchtbar aufdringlich und auch nachdem sie dreimal einen auf die Platte bekommen haben, baggern sie weiter. Bis sie die finale Konsitenzänderung erfahren.
Bei den Moskitos ist es ähnlich, aber da ist Fleck an der Wand nachher nicht so groß.

Kefir eignet sich auf Tour hervorragend als Milchersatz. Er ist von sich aus schon etwas steifer. So fällt eine spätere Veränderung der Viskosität fast gar nicht auf. Da Kefir an sich schon etwas Alkohol enthält, bekommt es nicht noch mehr den sauren Geschmack.
Der Kaffee erhält dadurch ein sehr eigenes Aroma und es bleibt dieser nette Kaffeesatz zum Kauen übrig.
On the road again.
Sie norwegische Grenze. Ich verlasse Schweden. Schlagartig wird aus der einspurigen Sandbahn eine einspurige Teerstraße.
Abbiegen auf die (765) Richtung Östersund. Wir schweben über den Teer durch die BergWaldSeenLandschaft vorbei an kleinen Ortschaften und idylischen Seen. Die Straße ist neu geteert und tadellos in Ordnung. Allerdings habe die Straßenbauer den neuen Teer Zentimeterweise und nicht meterweise geglättet. Heißt: Schläglöcher gib's nicht mehr, dafür um so mehr Wellengang.
Dann wieder die schwedische Grenze. Aus dem Schweben wird ein mittelschwerer Offroadeinsatz auf polnischer Straße. Manchmal haut mir der Schwedenteer die Luft aus'er Lunge. Im Straßenbau können die Schweden gerne noch zulegen.
Nix gegen Offroad. Aber auf 100km wird doch sehr anstrengend.
Auf einem Rastplatz treffe ich ein deutsches Paar, daß seinen Lebensabend im Wohnmobil erlebt. Zumeist in Norwegen unterwegs mit einem neuen Hymer-Mobil. Wir reden übers Reisen, sind einer Meinung, daß die Touristen gerne etwas sorgfältiger mit der Natur umgehen können und filosofieren (neue deutsche Rechtschreibung?) über Gott und die Welt. Wirklich nett.

Ich lasse mich weiter nach Süden treiben. Bald biege ich ab nach Änge um die Hauptstraße nach Öresund zu umgehen. Hier sind heftige Bauarbeiten zu Gange. Ich bekomme fast eine Staublunge von den LKWs, die vor mir unterwegs sind. Die machen aber eine schöne, neue Straße hier!
Rechts abbiegen auf einen Sandweg, der mich zur (E75) führt. Hierauf ein paar Kilometer nach Westen, dann rechts ab Richtung Svenstavik.
Ab hier geht's auf einer sehr schönen Küstenstraße am Storsjön-See entlang. Kurz hinter Svenstavik biege ich Richtung Rörön ab. Zeit fürs Bett. Noch einige Kilometer auf einem Sandweg, dann schlage ich mich in den Wald und bette mein Zelt auf Moos. Wenn nur diese winzigen, aufdringlichen Mücken nicht wären.
Die zuhause Hinterbliebenen bestellten norwegischen Ziegenkäse bei mir. Hab' heute 300g gefunden. Ich glaube nicht, daß die den Weg bis Deutschland schaffen.
Zelt zu und gute Nacht. Abendliche Schüsse aus'm Wald...
Luft:23°C, fo:61070, Trp:298km, AVS:70, STP:4:12, MAX:100, DST:2462, N:62°43.142' / E:014°31.365', Höhe:438m
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