Reiseberichte


Australien
 
Australien September-Oktober 2010 (Weltreise Tagebuch 116) nächstes Tagebuch
Freitag 24.09. - bei Exmouth
Vor dem Verlassen des Parkes schauten wir uns morgens noch an den anderen Schnorchelstränden um. Am einen war es zu windig, beim anderen muss man weit hinausschwimmen und dann einige Meter tief abtauchen, um ans Riff zu kommen. Das war uns ohne Flossen zu anstrengend, darum ließen wir es sein und fuhren stattdessen zum Leuchtturm, von wo aus man manchmal Wale sehen kann, wie wir erfahren hatten. Mit unserem kleinen Fernglas suchten wir lange die Wasseroberfläche ab und sahen auch hier und da mal einen Blas oder das kurze Auftauchen eines großen schwarzen Rückens. Allerdings ziemlich weit weg... Noch einmal nach Exmouth hinein, Vorräte nachfassen, Internet, tanken und weiter. Vor dem Internetcafe hörte ich auf einmal ein gemütliches „Moin!“: Axel und Frank vom Südostasien-Team der ARD, gerade mit einer Reportage über Westaustralien beauftragt, hatten die Schleswiger Nummernschilder erkannt und fanden es lustig, hier Leute aus Norddeutschland zu treffen. Wir hatten einen netten Klönschnack, der mit einer Einladung (falls wir mal nach Singapur kämen, wo die Beiden stationiert sind) endete, dann mussten wir uns aber sputen, aus dem Freicamp-verbotenen Bereich um Exmouth herum hinauszufahren und einen Übernachtungsplatz zu finden. Als solcher bot sich mal wieder eine, am Wochenende verlassene, Kieskuhle an, wo wir mit ein paar scheuen Schafen allein waren.
Sonnabend 25.09. - Bilyani-River
Nächster touristischer Tagesordnungspunkt auf dem Weg nach Süden: Coral Bay, am unteren Teil des Ningaloo-Reefs gelegener Publikumsmagnet. Nur etwas über 100km mussten wir dorthin fahren bei kaum Wind und einer Temperatur von weit über 30 Grad. Puh, da freute ich mich unterwegs schon auf ein erfrischendes Bad im Meer! Der Ort Coral Bay ist kaum mehr als zwei große Caravanparks mit etwas Infrastruktur drum herum: ein kleiner und sehr teurer Supermarkt, ein Bäcker, Tauchshop, Touranbieter, Post, ein Schnickschnacklädchen, das war es auch schon. Die Caravanparks ebenfalls sehr teuer, so überlegten wir gar nicht lange, ob wir hier bleiben wollten. Aber für´s Schwimmen braucht man nichts zu bezahlen und der Strand ist wirklich schön: weißer Sand, eine breite Flachwasserzone für die lieben Kleinen zum Plantschen und dann geht es ein paar Meter hinunter zu den Korallen. Direkt am Ort sind diese natürlich etwas tourismusgeschädigt, aber bunte Fische gibt es noch und nicht zu knapp! Da es hier keine Strömung hat, konnte ich mir jeden Fisch genau anschauen. Ein handgroßer, schwarz-weiß gestreifter Fisch war ebenso neugierig auf mich, wie ich auf ihn und wir beguckten uns eine ganze Weile. Dann schwebte ich weiter über die Korallen. Ein armlanger silbriger Fisch wollte wohl schneller als ich: er überholte mich ein paar Zentimeter unter meinem Bauch hindurch. Es war wie im Aquarium! Nach ausgiebiger Schnorchelei verließen wir den Strand und besuchten die Bootsrampe, außerhalb des kleinen Ortes. Dort war das Wasser noch viel klarer, man konnte es kaum noch sehen! Ein großer Schwarm kleiner silbrig glänzender Fischchen drängte sich an der Rampe zusammen, gescheucht von einem armlangen Barrakuda. Weiter draußen dümpelten einige Yachten vor Anker. Es sah aus, als würden sie in der Luft schweben, so hell und durchsichtig war das Wasser unter ihnen. Ich nehme den großen Katamaran da drüben, okay? Und dann schippern wir hier ein paar Wochen herum... In Wahrheit schauten wir uns diese Pracht nur ein Weilchen an, dann sagten wir Coral Bay Adieu und fuhren durch die heiße Landschaft weiter Richtung Carnarvon. Dort irgendwo im Nichts strandeten wir wieder mal auf einer Rest Area neben der Straße. Unter einem großen Gumtree fanden wir Schatten und sogar einen Tisch, den wir allerdings nicht so richtig nutzen konnten, weil es hier in der Gegend unglaublich aufdringliche Fliegen gibt, die uns das Draußensitzen verleideten. Sie landen einem mit Vorliebe in den Augenwinkeln oder auf den Lippen, nachdem sie wahrscheinlich vorher gerade an einem, seit Tagen am Straßenrand lliegenden, Känguru genascht haben. Pfui Deifi! Den Generatoren konnten wir leider nicht durch die Flucht ins Zelt entkommen. Also, Prinzip Hoffnung: sie werden sicher um 21 Uhr abgeschaltet werden! Unser Platz lag ganz in der Nähe einer Mülltonne, was dazu führte, dass die ordentlichen Mitcamper immer wieder bei uns vorbeikamen, um leere Bierdosen zu entsorgen (jede Dose einzeln). Und bei solchen Gelegenheiten kommt man an einem Smalltalk nicht vorbei, der hier eigentlich immer nach dem selben Schema verläuft: „ G´dday, mates! Gotta lotta gear on ´em boikes, ey?“ (zu deutsch in etwa: Guten Tag, Kumpels. Ihr habt ja eine Menge Zeug auf euren Motorrädern!) „Did a lotta miles on ´em, I guess?“ (Schätze, ihr habt schon eine Menge Meilen hinter euch?) Das ist dann für mich das Stichwort, kurz über unsere Reiseroute zu berichten. Bei Südamerika bekommen sie immer große Augen, aber dann kommt als Nächstes unweigerlich die Frage: „Where didya start in Australia?“ oder/und „Where have ya been in Australia so far?“ Sie würden sich am liebsten stundenlang davon erzählen lassen, wo wir in ihrem Land, das sie ja zur Genüge kennen, schon gewesen sind - fremde Länder interessieren die allerwenigsten der Aussies, die wir bisher getroffen haben. Und uns wird es manchmal etwas über, immer und immer wieder dasselbe zu erzählen. Trotzdem tun wir es natürlich, denn sie sind ja doch so freundliche Leute und wir wollen sie nicht enttäuschen.
Sonntag 26.09. - südlich von Carnarvon
Prinzip Hoffnung hat sich nicht bewährt. Um Mitternacht brummte die benzingetriebene Stromerzeugung in der Nachbarschaft immer noch und komischerweise lassen sich genau diese Frequenzen nicht durch die Ohrstöpsel herausfiltern. Same procedure as last year, Miss Sophie: ich stand auf, stapfte zum nachbarlichen Wohnwagen, aus dem regelmäßige Schnarchgeräusche tönten und klopfte, erst vorsichtig, dann lauter, an die offene Tür. Keine Reaktion, wie gehabt. Aber ich habe aus meinen Misserfolgen gelernt und gebe mich nicht mehr damit zufrieden, es versucht zu haben. Kurzentschlossen drückte ich auf alle verfügbaren Knöpfe an dem Rüttelkasten, einer davon war der richtige und der Motor stoppte. Gut!! Morgens war gleich wieder ausreichend Geräuschkulisse auf der nahen Straße und auf dem Platz, so kamen wir rechtzeitig in die Puschen und waren um 9 Uhr auf den Motorrädern. Flaches Buschland, mal auf hellem, mal auf tiefrotem Grund. Mal sind die Büsche höher, mal niedriger. Die Schwaden von Verwesungsgestank gingen in dieser Gegend mal wieder hauptsächlich von zahlreichen Känguruleichen aus. Ich hab mal überschlagen: etwa 5-10 Kadaver pro Kilometer liegen hier herum. Wenn ich in diesem Land ein Dingo wäre, würde ich einfach immer nur an der Straße entlang trotten und für meine Mahlzeiten wäre übereichlich gesorgt! Mir verursachen die dauernden warmen Gestankeswellen inzwischen Übelkeit und ich bemühe mich, beim ersten Geruchsmolekül sofort das Atmen auszusetzen, bis die Luft wieder rein ist. Schade um die kleinen Blümchen, die mit ihrem zarten Duft kaum gegen diese Übermacht ankommen. 20km vor Carnarvon bogen wir auf eine Nebenstraße ab, die zur Küste und dort zu sogenannten „Blowholes“ führte. Durch flache Dünenlandschaft mit kräftigem Westwind und plötzlich um 10 Grad abfallenden Temperaturen kamen wir nach 50km zu besagtem Ziel: an der stark zerklüfteten Felsenküste hat sich das Wasser durchs poröse Gestein gebohrt und nun zischen bei jeder größeren Welle, von denen es hier viele gibt, unter lautem Fauchen riesige Fontänen aus den Bohrlöchern. Eindrucksvoll! Wie unterschiedlich diese Küste ist! Gestern das sanfte, türkisfarbene Urlaubsparadies in Coral Bay und hier nun diese windgepeitschte, salzverkrustete Felsenküste, an die aus dunkelblauem Meer gewaltige schäumende Brecher donnern. Ganz in der Nähe der Blowholes, an einer kleinen Lagune abseits der großen Brecher liegt eine richtig typisch australische Feriensiedlung: Wohnwagen, für wochenlangen Aufenthalt aufgebaut, dazwischen jede Menge Shacks, kleine, zusammengeklüterte Hütten, meist aus Wellblech, in denen ganze Familien ihre Ferien verbringen. Fischen gehen, baden, essen, trinken und wieder fischen gehen, das macht den Australiern Spaß! Wir schauten uns interessiert um und fuhren dann nach Carnarvon weiter. Kurz vor dem Ort auf einmal grüne Bananenplantagen und Weinanbaufelder! Nach all den wüstenhaften Trockengebieten kam uns das satte Grün fast unwirklich vor. Ebenfalls hauptsächlich als Urlaubsort von Bedeutung, ist Carnarvon aber immerhin groß genug für etwas Infrastruktur. Wir drehten eine Sightseeing-Runde, kauften ein, tankten und machten uns wieder aus dem Staub. Die Platzsuche gestaltete sich erstmal schwierig, da die Straße südlich der Stadt beidseitig abgezäunt war und es keine Abzweigungen gab. Doch dann, 40km weiter, fand sich eine frisch begradigte Sandstraße zur Küste. Flache Heidelandschaft bis an einem schmalen Mangrovensaum mit vielen kleinen Wegen und Möglichkeiten zum Campen, na prima! Das Wasser ist hier so flach, dass ich über hundert Meter gehen musste, um die Wasserschüssel füllen zu können. Es ging einfach über Knöcheltiefe nicht hinaus!
Montag 27.9. - Hamelin-Pool
So allmählich werden wir müde auf die vielen Kilometer durch flache Landschaft! Die Außentemperatur entspricht in etwa der Wärme eines gesunden menschlichen Körpers, es gibt kaum Gelegenheiten zum Anhalten, außer immer mal wieder einem schattenlosen und fliegenverseuchten Parkplatz. Unser erster Stopp heute: ein kleines Roadhouse, wo wir ein Weilchen im Schatten sitzen. Das Highlight der heutigen Tour: Jolly vollendet die 90000km. Und noch kaum Anzeichen von Verschleiß an dem kleinen Motörchen! Kurz vor dem Abzweiger zur Shark Bay (dort ist der kleine Ort Monkey Mia wegen touristischer Delfinfütterungen bekannt) wachsen aus dem flachen, fast vegetationsfreien Land einige sandige Hügel empor. Die Landschaft hier erinnert mich stark an Patagonien, nur wärmer. Wir haben beschlossen, nicht nach Monkey Mia zu fahren - zu groß ist der Rummel. Das ursprüngliche Erlebnis der Kontakte mit freilebenden Delfinen hat unter diesen Umständen keinen Reiz für uns. Trotzdem biegen wir ab, denn auf dem Weg zur Shark Bay gibt es einen Ort, an dem es noch Stromatolithen gibt. Was das ist? Ohne diese „lebenden Steine“ wären wir wahrscheinlich alle gar nicht hier! Ein kurzer Exkurs: in der Entwicklung der Erde waren Cyanobakterien die ersten Lebewesen, die in der noch sehr sauerstoffarmen Atmosphäre leben konnten. Diese schlossen sich über Millionen von Jahren zu großen Kolonien zusammen, die in der Gezeitenzone der Ur-Ozeane lebten und dort zu felsenartigen Strukturen aushärteten. Beim Stoffwechsel der Cyanobakterien wird Sauerstoff frei und man geht heute davon aus, dass es diese kleinen Wesen waren, die den Sauerstoffgehalt unserer Atmosphäre auf die für uns idealen 20% „erarbeitet“ haben. Weil hier am unteren Rand der Shark Bay das Wasser sehr flach ist und eine vorgelagerte große Sandbank dafür sorgt, dass der Wasseraustausch gering bleibt und das wiederum für einen hohen Salzgehalt des Wassers verantwortlich ist, was die „Cyanos“ toll finden, gibt es hier eine der letzten lebenden Kolonien unserer „Geburtshelfer“ zu besichtigen. Für die Augen haben die rundlichen Steine im flachen Wasser nicht viel zu bieten, aber wenn man genau hinschaut, kann man sie bei der Arbeit beobachten: kleine Luftbläschen steigen hier und da von den Stromatolithen auf. Und wenn man so einem wichtigen Beruf nachgeht, braucht man ja nicht außerdem noch toll auszusehen, oder? Heute Nacht bleiben wir auf dem Campingplatz, der hier vorhanden ist und der außer den Stromatolithen noch mehr, allerdings neuere, Geschichte, zu bieten hat: im 18. und 19.Jh. gab es hier eine Telegraphenstation. Davon gibt es noch Reste zu besichtigen und viele Schautafeln erzählen von damals. Und wem das nicht reicht, kann sich zu guter Letzt noch eine Muschelkiesgrube anschauen. Der gesamte Boden besteht hier aus dichtgepressten und miteinander verklebten kleinen Muschelschalen, die hier in der waldlosen Wüstengegend mangels Bauholz in Blöcke geschnitten und zum Hausbau verwendet wurden. Heute schneidet man nur noch zum Erhalt historischer Bauten neue Blöcke ab, die Abbaugrube ist zur Besichtigung freigegeben. Wir schauen uns alles an und freuen uns, außer über den Schlafplatz auch mal wieder auf eine Dusche und Gelegenheit zum Wäsche waschen.
Dienstag 28.09. - Murchison River
Nachts um zwei wachte ich von einem leisen: " Excuse me..." auf. Als ich meine Augen richtig öffnen konnte, sah ich vor unserem Zelt einen jungen Asiaten hocken, der sich vielmals für die Störung entschuldigte und dringend Benzin brauchte, um seine weibliche Reisebegleitung in die nächste Stadt zum Arzt zu fahren. Er hatte offensichtlich nicht gemerkt, dass der Tankinhalt seines Leihwagens dem Ende zuging und war mit letzter Kraft bis zu unserem Campground gekommen. Seine Freundin hatte Bauchweh und wollte unbedingt irgendwo zum Arzt oder jedenfalls ein Hotelzimmer finden. Ohne Sprit nicht einfach. Und der arme Mann, Andi aus Singapur, hatte schon fast alle (tief im Schlaf gewesenen) Mitcamper erfolglos um Benzin gefragt: die meisten waren mit Dieselfahrzeugen unterwegs.. Wir überlegten gemeinsam, wo er denn da hinfahren könnte, wie viel Sprit er dafür brauchen würde und ob wir auf so viel auch verzichten könnten, ohne selbst zu stranden. Dann leerte er eine Wasserflasche aus und Foster wurde zur Ader gelassen. Mit knapp 5 Litern im Tank fuhren die Beiden dann Richtung Hauptstraße und zum nächsten Roadhouse davon. In der Hoffnung, dort tanken zu können für die weitere Fahrt... (morgens erfuhr ich allerdings, dass das Roadhouse abends um elf die Türe schließt, Was haben sie wohl weiter gemacht? Hoffentlich konnte ihnen geholfen werden!) Um drei versuchten wir, wieder einzuschlafen. Neben unserem Zelt saß ein Nachtvogel (Chiming Wedgebill heißt er, wie ich morgens herausfand oder auf deutsch übersetzt „Läutender Keilschnabel“...) im Busch und sang uns, im Wechsel mit seinem Partner in einiger Entfernung, ein Gutenachtlied. Das war eine schöne Belohnung für uns! Und heute machte auch das Fahren wieder Spaß, denn die Vegetation veränderte sich unterwegs Stück für Stück. Immer mehr Teppiche von bunten Frühlingsblumen leuchteten unter und zwischen den Büschen, gelb blühende Eukalyptusbäume und rot blühende kleinere Büsche steuerten ihre Akzente bei. Ich hätte alle hundert Meter anhalten können! Dann wurden die Bäume allmählich höher, erste Nadelbäume, ewig nicht gesehen, tauchten auf und schließlich fuhren wir sogar durch landwirtschaftlich genutzte Flächen! Kornfelder! Ich hatte fast vergessen, dass es sowas geben kann! Es roch nach trockenem Getreide, hmm, wie schön! Schließlich erreichten wir den noch nicht ganz trockenen Murchison River, an dessen Ufern man campen darf. Die "großer Wohnwagen und Generator-Fraktion“ hatte sich auf der einen Seite versammelt, wir verkrümelten uns zu den anderen ruhebedürftigen Leuten ans andere Ufer. Ein paar schöne schwarze Schwäne glitten auf den stark veralgten übriggebliebenen Tümpeln des Flusses dahin, Reiher suchten den morastigen Boden nach kleinem Getier ab. Wenn es nicht bald regnet, wird dieser Fluss bald ganz trocken sein...
Mittwoch 29.9. - vor Northampton
Von dem deutlich zunehmenden Verkehr auf der Nationalstraße 1 ziehen wir uns auf den Scenic Drive zur Küste und nach Kalbarri, einem weiteren kleinen Ferienort, zurück. Stürmischer Wind von Nordwest, wir fahren durch blühende Heidelandschaft mit vielen bunten Blumen. In den Kalbarri Nationalpark fahren wir nicht hinein - Schluchten haben wir erstmal genug gesehen. Kalbarri liegt an einer geschützten Lagune, sichere Badeplätze für die lieben Kleinen. Den Erwachsenen ist offensichtlich das Wasser hier noch zu kalt, sie liegen lieber auf der Wiese im Schatten. Kleiner Fischereihafen, touristische Lädchen, Unterkünfte von Caravanparks bis zu exklusiven Ferienhäusern. Südllich von Kalbarri kriechen weiße Wolken über die schroffe Kliffkante, das sieht spannend aus. Dann sehen wir in einer Lagune eine merkwürdig rote Wasserfläche. Bei genauerer Untersuchung eine Salzgewinnungsfläche, doch woher die roter Farbe kommt, wissen wir nicht. Nun dreht die Straße wieder inlands ab und wir kalibrieren unsere Augen allmählich auf Schlafplatzsuche. Vor Northampton biegen wir in eine trockene Flussaue ein. Ein Feldweg mit nur wenig Fahrspuren bringt uns zu unserem heutigen Exklusiv-Schlafzimmer: Grünes Gras unter blühenden Bäumen, in denen der Wind rauscht. Fern der Straße, niemand hier, nur wir.
Donnerstag 30.09. - am Strand südlich von Geraldton
Morgens kühl und grau. Richtig dicke Wolken bedecken den Himmel, wir hatten schon fast vergessen, wie sowas aussieht... Es bleibt trocken, wir fahren durch hügelige Felder und Wiesen mit gelbblühenden Bäumen am Straßenrand. Mittags sind wir in Geraldton, einer relativ großen Stadt (35000 Einwohner sind für australische Verhältnisse eine ganze Menge), kaufen ein, schauen uns um und besuchen die Bücherei für einen Mailcheck. Gegenüber der Bücherei eine recht große, aus Sandstein erbaute Kathedrale. Auch so etwas haben wir lange nicht gesehen. Beim anschließenden Tanken stellen wir mit Freude fest, dass der Sprit hier wesentlich billiger ist als dort, wo wir herkommen. Anstatt 1,50-1,60 Dollar/Liter nur noch 1,29! Das ist doch auch mal was! Eine Stunde weiter südlich zweigt vom Highway 1 der "Indian Ocean Drive" ab, der nun fast bis nach Perth ziemlich direkt an der Küste verläuft. Einem Tipp von Karl und Ulla (getroffen im Litchfield Park bei Darwin) folgend, hielten wir hier Ausschau nach freien Campstellen und fuhren auf gut Glück in einen kleinen Sandweg hinein, der nach etwa 100 Metern durch die Dünen direkt zum Strand führte. Der Strand selbst ist hier nichts Dolles, nur ein schmaler Sandstreifen, dick mit Seegras bedeckt, aber wenn man dem Weg parallel zum Wasser folgt, kommt man zu mehreren schönen, einsamen und durch Bäume und Büsche relativ gut windgeschützten Nischen, an denen man prima zelten kann. Die schönste davon ist unsere! Hier muss vor Kurzem eine Familie mit Kindern Urlaub gemacht haben, denn es hängt noch eine Reifenschaukel am Baum. Wir essen heute was Warmes: Kartoffeln mit Zwiebel-Zucchini-Möhrengemüse und ich brate mir etwas Kängurufleisch dazu, damit meine Reißzähne auch mal wieder was zu tun bekommen. Aus einem goldenen Wolkenloch am westlichen Himmel schickt die untergehende Sonne lange Strahlenfinger über das Meer, kleine Wellen plätschern an den Strand...
Freitag 01.10. - noch 100km bis Perth
Morgens saß ich lange mit dem Fernglas am Strand und hoffte auf Delfinbesuch (davon hatten Karl und Ulla auch erzählt), aber außer einem zweimal kurz auftauchenden hellen Rücken in einiger Entfernung gab es nichts delfinartiges zu sehen. Naja, kann nicht immer klappen. Heute scheint die Sonne wieder, vor dem Aufbruch gehe ich kurz schwimmen. So kalt ist das Wasser gar nicht, obwohl wir nun schon so weit südlich sind. Aber es ist hier auch nicht mehr so klar wie weiter "oben". Durch die Maske sieht das Wasser fast aus wie die Ostsee... Wir folgen weiter dem Indian Ocean Drive, durch blühende, buschige Dünenlandschaft, in der uns würziger Honigduft die Nasenflügel weit öffnen lässt. Das ist doch angenehmer als der dauernde Gestank nach Kadaver, mit dem wir in der letzten Zeit umgehen mussten! Aus dem dichten Busch tauchen immer wieder große, schneeweiße Kalksanddünen neben der Straße auf, rechts gibt es hier und da weite Blicke über das blaue Meer, der WInd ist frisch, aber nicht besonders stark heute. Nachmittags erreichen wir die Pinnacles, eine beliebte Touristenattraktion der Gegend. Auf einem mehrere Kilometer großen Wüstengelände mit goldgelbem Sand wachsen Hunderte kleiner und größerer, Steingebilde empor. Manche sehen aus wie Zipfelmützen, andere wie Gnome oder Kirchtürme oder was man sich sonst darunter vorstellen mag. Auf einem 4 km langen Sandweg fährt man zwischen diesen Kerlen herum und kann nach Belieben anhalten, zwischen ihnen herumlaufen und Fotos machen. Ziemlich belebt, dieser Ort. Es ist schwierig, die Landschaft ohne vor den Steinen stehende und grinsende, sich gegenseitig knipsende, Menschen einzufangen. Hintergrundkulisse auch hier das Meer in einiger Entfernung, blauer Himmel, blühende Büsche. Sehr schön! Die Schlafplatzsuche ist heute etwas anspruchsvoller: wir nähern uns der großen Stadt. Doch nach einigen Versuchen ohne Erfolg finden wir ein kleines Versteck im Grünen, mit Ginsterbüschen (ja, auch diese jetzt in mehrfarbiger Blüte) und anderen bunten Blumen. Die Vogelstimmen hört man leider nur, wenn auf der nahen Straße der Wochenendverkehr mal eine Unterbrechung hat, aber das wird sicher am späteren Abend besser.
Sonnabend 02.10. - Perth
Auf der Straße wurde es nun immer voller, die Autos fuhren immer hektischer: wir näherten uns der Großstadt, die alles, was ihr zu nahe kommt, scheinbar ansaugt und verschluckt. Aus einer Telefonzelle rufe ich Bernie und Rhoda an, vor vielen Jahren aus Südafrika hier eingewandert und uns unterwegs begegnet (habe ich davon berichtet? Rhoda hatte uns mit kaltem Joghurt, extra schnell aufgebrühtem Kaffee und anderen netten Leckereien verwöhnt, bei einem zufälligen Treffen auf einem ansonsten leeren Parkplatz im Outback..) Diese netten Leute hatten uns eingeladen, sie zu besuchen, wenn wir nach Perth kämen. Allerdings haben sie dieses Wochenende schon anderweitig Besuch und so mussten wir uns erstmal eine andere Unterkunft besorgen. Dazu fuhren wir erst einmal ins Stadtzentrum (viele Autos, Wolkenkratzer, Baustellen), um uns beim Touristbüro Informationen zu holen. Danach klapperten wir in der Peripherie der Stadt einige Caravanparks ab. Das Preisniveau in Perth ist recht hoch, doch auf einem Platz, der scheinbar auf Zelte gar nicht eingerichtet ist, gab uns der freundliche langhaarige Caretaker John eine einfache Cabin zum Freundschaftspreis von 25 Dollar. Und zwei Dosen kaltes Bier bekam ich gleich noch von ihm dazu! Das ist genau das, was wir heute brauchen können: eine eigene Dusche, in einem Bett schlafen, sogar ein Fernseher ist da, wie herrlich dekadent! Hier können wir einfach die Tür hinter uns zumachen, unsere stinkenden Klamotten in die Waschmaschine werfen und die Vorteile einer Steckdose nutzen. Morgen sehen wir weiter...
Australien September-Oktober 2010 (Weltreise Tagebuch 116) nächstes Tagebuch
copyright Globusbiker