Reiseberichte


Australien
 
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Sonntag 05.12. - Allora
Die Tage laufen vorbei, wir genießen das sesshafte Leben im Haus von Hülya und Ossi. Umso mehr, weil es zur Zeit sehr viel regnet und wir durch die Fenster nach draußen in den Regen schauen können.Die Motorräder stehen trocken unter dem Carport, sind inzwischen ausgiebig gewartet worden und scheinen die Pause ebenfalls zu genießen. Wir verbringen die Tage schreibend oder lesend, essen (zu) gut und freuen uns über die anregende Gesellschaft. Außerdem haben wir für die Organisation der weiteren Reise viele Mails zu schreiben, Verschiffungspreise einzuholen, Flüge zu vergleichen und Zollbestimmungen herauszufinden. Das alles kostet viel Zeit und kann von hier aus prima erledigt werden. Eine sehr günstige Verschiffung haben wir schon herausgefunden und wir haben nun beschlossen, unsere Bikes von Melbourne aus nach Istanbul zu schicken. Der Transport dauert etwa sechs Wochen, die wir sozusagen frei haben. Unser Plan ist, diese Zeit irgendwo zwischen Australien und der Türkei zu verbringen - vielleicht in Thailand?
Sonnabend 11.12. - Brisbane
Der Regen hatte für zwei Tage Pause. Wir packten daher vorgestern unsere Sachen und fuhren gestern nach dem Frühstück aus Allora fort. Um die Hauptstraßen zu meiden, nahmen wir eine kleinere kurvenreiche Straße, die uns vor Toowoomba in die Berge brachte. Sehr schöne und grüne Landschaft dort! Erst durch sanfte Hügel mit immer mehr Baumbestand, dann durch ein tief eingeschnittenes Tal, dem man die starken Regenfälle der letzten Wochen ansah: abgerutschte Hänge, Reste erst kürzlich von der Straße geschobenen Gerölls auf dem Teer, heftig rauschende Bäche. Bei Gatton musste wir für einige Kilometer auf den Freeway Toowoomba-Brisbane, bogen aber schnell wieder auf eine kleinere Landstraße nach Norden ab, die uns an einem großen, jetzt wieder prall gefüllten Stausee vorbei und in den Brisbane National Forest führte. Eine der beliebtesten Motorradstrecken der Gegend, hinauf zum Mount Glorious und auf der Ostseite wieder runter, erwartete uns jetzt. Steile Hänge mit engen Kurven hinauf und in den hohen Regenwald hinein, wo wir unter großen Palmen und mit Schlingpflanzen überwucherten Eukalyptusbäumen durch grünes Dämmerlicht fuhren. Nachdem wir auf der bisherigen Strecke um die 30 Grad Temperatur hatten, wurde es auf der Höhe spürbar kälter. Oben angekommen sahen wir am Straßenrand etliche Motorräder stehen: ein Straßencafe, wie passend! Die zu den Bikes gehörenden Fahrer saßen im Schatten und schauten neugierig auf unsere dreckigen Moppeds. Ein Biker auf einer Enduro-BMW war gerade im Wegfahren, kehrte dann aber um und kam zurück, um sich unsere Beiden genauer zu begucken. Wir wurden freundlich eingeladen, uns mit an den Tisch der lockeren Runde zu setzen und erzählten, so kurz wie möglich, unsere Geschichte. Bevor wir weiterfuhren, halfen uns die Jungs noch mit einer Wegbeschreibung in den Norden der Stadt aus. Eine nette Einladung zur Übernachtung mussten wir leider ausschlagen, da wir ja schon eine Unterkunft haben. Eigentlich fast schade... In Bracken Ridge (Stadtteil von Brisbane, wo Isa, Thomas' Neffe, mit seiner Frau wohnt) fanden wir die uns von unserem ersten Besuch im Juni bekannte Adresse recht schnell wieder. Linda erwartete uns schon, wir packten unsere Sachen wieder aus und bleiben nun die nächste Woche hier. Und heute ist der Regen fahrplanmäßig zurückgekehrt. Morgens sah es noch recht freundlich aus, doch als wir mittags mit den Moppeds zum Shoppingcenter losfuhren, wo wir uns einen Internet-Stick kaufen wollten, hingen dicke graue Wolken über der Stadt. Während wir in der künstlichen, klimatisierten Welt des riesigen Einkaufszentrums umherspazierten und die Internettarife verglichen, öffneten sich draußen die Schleusen des Himmels. Erstmal fiel uns nur auf, dass uns Leute begegneten, die aussahen, als hätten sie gerade geduscht - mit Klamotten! Dann waren wir durch mit unserem Programm und wollten nach Hause fahren und sahen durch die großen Glastüren, dass es mitten am Nachmittag dunkel geworden war, der Parkplatz komplett überschwemmt war und es immer noch wie aus Kübeln goss! Wir setzten uns auf eine Bank und warteten. Es schüttete weiter. Wir warteten. Es hörte nicht auf... Nach einer halben Stunde beschlossen wir, dass es gerade etwas weniger regnete und wir die Gelegenheit nutzen sollten, um nach Hause zu fahren. Durch den immer noch heftigen Regen (warm) gingen wir zu den Motorrädern, verstauten usere Einkäufe und fuhren los. Es fing wieder stärker an zu regnen, Donner grollte über der Stadt. Nach wenigen hundert Metern traf sich das Wasser, das durch die regendichte(!) Goretexjacke hindurch drückte und meinen Rücken hinunterlief mit dem, das den Bauch herablief, im Pobereich, verteilte sich von dort recht gleichmäßig, um die Beine hinab und in die Stiefel zu laufen. Dort vermischte es sich mit dem Spritzwasser, das uns die überholenden Autos beim zügigen Durchfahren knöcheltiefer Pfützen großzügig zuteilten. Als wir wenige Minuten später zuhause ankamen, hatten wir beide keinen trockenen Faden mehr am Körper. Wie schön, dass wir einen Schlüssel für ein Haus in der Tasche hatten, in dem wir uns schnell ausziehen und abtrocknen konnten! Mit dieser Perspektive war die Regenfahrt richtig Fun! So ist es in den Subtropen halt! Wenn es schüttet, dann richtig!
Dienstag 14.12 - Brisbane
Isa hat heute seinen freien Tag (er arbeitet als Koch und ist darum in der Weihnachtszeit an fast allen Tagen sehr beschäftigt). Wir wollen den Tag nutzen, werfen uns alle vier morgens in die Fahrklamotten und fahren bei Sonnenschein Richtung Norden aus der Stadt hinaus. Linda, Isas Frau, hat erst vor Kurzem ihren Moppedführerschein gemacht und fährt nun zum Üben eine kleine Honda CB 250. Zu den Glasshouse Mountains wollen wir, diesen merkwürdigen, in die fast flache Landschaft hineingestellten Felsen. Linda geht gern klettern und will uns den Mt Tibrogargan nahebringen. Wir parken am Fuß des steilen Berges und steigen auf schmalem Pfad mit viel losem Geröll bergauf. Nach etwa 100 Höhenmetern geht es ans echte Klettern. Isa und ich trauen uns nicht weiter: der Fels bietet nicht sehr viele Haltegriffe und es geht fast senkrecht hoch. So wünschen wir Thomas und Linda, unseren Kletter-Helden, viel Spaß und bleiben zufrieden zurück. Schwitzend setzen wir uns in den Schatten, schauen über über ein Tal mit graugrünen Ananasfeldern und bewaldeten Hängen zu den anderen Felsbergen hinüber und unterhalten uns. Andere Kletterer kommen vorbei geschnauft. Manche drehen ebenfalls um, als sie die steile Wand sehen, einige wagen den Aufstieg. Tüchtig! Wir schauen relativ neidlos zu. Eineinhalb Stunden später kommen Thomas und Linda erschöpft und klitschnass geschwitzt, aber in Hochstimmung vom Gipfel zurück. Nach einer kalten Cola im nahegelegenen Straßencafe fahren wir über kleine Straßen, die selbst unsere Locals nicht kennen, wieder zurück. Herrlich grün ist die Gegend hier überall (wat´n Wunder!), die kleinen Sträßchen sind steil und kurvig. Gute Übung für Linda, die wacker mithält. Dicke Regenwolken brauen sich nachmittags zusammen, doch wir schaffen es, sie alle elegant zu umfahren und kommen tatsächlich noch trocken heim. Raus aus den Moppedklamotten und ins Auto: wir wollen den „German Club Brisbane“ zum Dinner aufsuchen. Isa findet den Weg und wir treten in ein altes Gebäude ein, an dem draußen angeschlagen steht: „Deutscher Turnverein Brisbane“. Die Speisekarte in dem recht ungemütlichen Speisesaal enthält Spezialitäten wie Bratwürste, Frikadellen, Schweinshaxe mit Sauerkraut und ähnlich Deftiges, dazu eine reichhaltige Auswahl an deutschen Biersorten. Ich genehmige mir ein Flens :-) Das Essen lässt auf sich warten, länger, als es in irgendeinem australischen Restaurant jemals täte! Dabei ist der Kartoffelbrei letztendlich aus der Tüte und auch sonst finden wir nichts auf unseren Tellern, das so lange Wartezeit auch nur annähernd rechtfertigen würde! Keine gute Reklame für die deutsche Küche. Ein fantastisches, echt italienisches, Gelato versüßt uns den Weg nach Hause an diesem schönen Tag mit Isa und Linda.
Donnerstag 16.12. - Brisbane
Der Tag begann mit großer Hitze. Im Laufe des Vormittags braute sich am südlichen Himmel ein Unwetter zusammen, das gegen Mittag mit geballter Wucht über Brisbane hereinbrach. Wir saßen im Trockenen, zogen die Gardinen in Isas/Lindas Haus zurück, um einen besseren Blick auf die Naturgewalten zu haben, die vor unseren Augen entfesselt wurden. Selten habe ich solche Wolken gesehen! Rosafarben im Vordergrund, in der Höhe fast grün, dann eine riesige schwarze Wand, aus der es in einem fort blitzte. Wir konnten sehen, wie die Sturmzelle ihre Richtung änderte und auf uns zu kreiselte. Dann fing es an zu stürmen, die Bäume in der Nähe schwankten bedrohlich, massive Regenschleier klatschten an die Fenster. Blitze zuckten, Donner grollten. Sollte uns so ein Wetter bloß nicht auf den Bikes erwischen! Wie angenehm kann doch ein Dach über dem Kopf sein! Leider durchkreuzte das Wetter auch unseren Plan, quer durch die Stadt zu Simon zu fahren, einem Freund, dem wir unser Kommen für heute angekündigt hatten. Bis in den Abend hinein zogen schwere Gewitterfronten über die Landschaft auf die Küste zu, unsere schon fertig gepackten Motorräder blieben arbeitslos. Zu angenehm war es, einfach zu bleiben und nicht nass zu werden.Später erfuhren wir in den Fernsehnachrichten, dass wir im Norden der Stadt noch richtig glimpflich davongekommen waren! Wir sahen Bilder von, nein wirklich, ohne Übertreibung, tennisballgroßen Hagelkörnern, die Windschutzscheiben und Dächer durchschlagen hatten, entwurzelte Bäume lagen auf zertrümmerten Autos. Ein Mann sei beim Golf spielen vom Blitz erschlagen worden, erzählte der Nachrichtensprecher, seine beiden Kollegen seien mit Verletzungen davongekommen. Überflutungen durch die sturzflutartigen Regengüsse und stundenlange Stromausfälle, von denen zigtausend Haushalte betroffen waren, waren da noch die geringeren Schäden! Gut, dass wir drinnen geblieben waren... Für die nächsten Tage sagten die Wetterfrösche keine wesentliche Änderung voraus. Unser Plan ist, übermorgen nach Byron Bay zu fahren. Ob das wohl was wird? Von so einem Sturm möchte ich nicht auf dem Motorrad überrascht wrden!
Sonnabend, 18.12. - Ocean Shores bei Byron Bay
Früh morgens fuhren wir aus Brisbane Richtung Süden, um rechtzeitig um 11 Uhr NSW-Zeit, also um 10 Uhr Queensland-Zeit, ans Ziel zu kommen. Zur Zeitersparnis blieben wir auf der M1, dem großen Freeway, der sich die gesamte Küste entlangzieht und alle Städte miteinander verbindet. Dass wir die großen Straßen nicht sonderlich mögen, ist euch sicher schon aufgefallen, doch heute hatten wir andere Prioritäten und nahmen die Autobahn in Kauf. Punkt elf Uhr hatten wir die Adresse, einen Gemeindesaal, gefunden. Mit etwa 20 anderen Leuten verbrachten wir den Tag im Satsang mit Isaac Shapiro. Wer mehr darüber wissen möchte, worum es sich dabei handelt, kann auf der Homepage www.isaacshapiro.de fündig werden. Ein Exkurs hier im Reisetagebuch würde zu weit führen, darum sei hier nur gesagt, dass Thomas und ich in vielen Jahren vor unserer Reise zu Isaac´s Meetings in Hamburg gefahren sind und wir die Gelegenheit, ihn in seinem heimischen Umfeld aufsuchen zu können, nicht entgehen lassen wollten. Abends hatten wir das Glück, dass eine der Teilnehmerinnen uns mit zu sich nach Hause nahm und wir in ihrem Gästezimmer schlafen durften. Naomi wohnt mit ihrem fünfjährigen Sohn Kobe in einem schönen Haus nur etwa 200 Meter vom Meer entfernt. Gemeinsam spazierten wir kurz vor Sonnenuntergang zum Strand. Das Wasser war angenehm warm, ich ging baden. Plötzlich sah ich Thomas mit der Hand aufs Wasser zeigen: als ich mich umschaute, sah ich im goldenen Schein der untergehenden Sonne einige Delfinrücken durch die Wellen gleiten! Was für ein schöner Tagesabschluss!
Sonntag 19.12. - bei Steve nahe Kyogle
Morgens regnete es. Nicht in der hier üblichen stürmischen Variante mit Blitz und Hagel - nein, einfach ganz normaler, aber umso ergiebigerer Landregen. Ein Tag für die Regenpellen! Nach dem Frühstück mit Naomi und ihrem Sohn hielten wir uns nicht mehr lange auf, sondern zogen uns regendicht an und verabschiedeten uns. Auf kleinen Straßen fuhren wir von der Küste weg und in die Berge. Unsere ursprüngliche Idee, uns, bevor wir wieder nach Allora zurückfahren würden, noch ein paar Tage hier durch die schöne Landschaft zu gondeln, hatten wir angesichts der Niederschlagsmengen aufgegeben. Wir wollten unter diesen Umständen die 300 km lieber hinter uns bringen. Schön ist die Gegend auch bei nassem Wetter: kurvige Straßen durch sattgrüne Wiesen und Regenwälder der Küsten-Range, deren nicht sehr hohe Gipfel in den dicken Regenwolken verschwanden. Man kann halt durch das nasse Visier nicht so gut gucken... Nach zwei Stunden erreichten wir die kleine Stadt Kyogle, wo wir im Pub eine Pause vom Regen einlegten. Die Australier lieben ihre Pferdewetten, hier konnten wir dieses Hobby mal aus der Nähe betrachten. Auf großen Bildschirmen sahen wir Pferde rennen, einige Männer schauten gebannt zu, ob sie ihre Einsätze richtig gesetzt hatten, feuerten „ihre“ Pferde lautstark an. Es ging recht feucht-fröhlich zu, wir hielten uns etwas abseits, waren froh, ein Weilchen einfach nur im Trockenen zu sitzen. Dann lernte ich auf dem Weg zum Klo Steve kennen. Er war schon etwas angetrunken, fragte mich, wo wir denn herkämen, so nass, wie wir seien. Als er erfuhr, dass wir mit unseren Moppeds aus Deutschland gekommen seien, geriet er völlig aus dem Häuschen und wollte uns sofort zu sich nach Hause einladen. Dort wollte er für uns ein Dinner kochen und wir könnten dann in einem seiner fünf Schlafzimmer übernachten! Warum nicht? Wir sind ja für neue Ideen immer offen... Er müsse noch ein Rennen abwarten, das in einer Stunde starten würde, danach würde er uns den Weg zu seinem Haus zeigen. Ok, wir sagten ihm zu, dass wir auf ihn warten würden. Nach einer Stunde saß er noch mit den anderen Männern am Tisch, ein Whisky folgte dem anderen. Wir hatten an der angetrunkenen Gesellschaft nicht so viel Spaß, zumal wir die Gags meist nicht mitkriegen konnten, die über den Tisch flogen. Steve merkte, dass wir unruhig wurden und schlug vor, wir könnten schon losfahren, er käme bald nach. Gute Idee! Wir bekamen eine Wegbeschreibung auf einen Bierdeckel gemalt und machten uns im immer noch prasselnden Regen auf den Weg. Nach etwa 25 km hatten wir das Eingangstor zu seinem Grundstück gefunden. Von dort aus seien es noch 2 km unbefestigter Weg den Berg hinauf, hatte er uns gesagt. Dummerweise hatte der Dauerregen den Weg in einen Sturzbach verwandelt, durch den wir uns nun bergauf arbeiteten. Rutschig war der Weg, ausgewaschen und steil. Recht anspruchsvoll! Wir kamen erstaunlicherweise unfallfrei oben an, stellten die Bikes auf ein Stückchen Beton, wo sie nicht einsinken konnten und schälten uns unter dem großen Dach einer großen Terrasse vor dem feudalen Haus aus unseren durchgeweichten Klamotten. Steve lebt allein dort, alle Türen standen offen, der Fernseher lief, wir schauten uns vorsichtig um. Ein schönes Haus, geräumig und geschmackvoll eingerichtet, aber leider etwas heruntergekommen. Wir fanden ein Schlafzimmer mit relativ frisch wirkender Bettwäsche und ließen uns häuslich nieder. Die Klospülung ging nicht, wir suchten einen Eimer zum Nachspülen. Steve hatte gesagt, wir sollten uns aus dem Kühlschrank bedienen, bis er käme: der Kühlschrank enthielt außer etwas überfälligen Essensresten nicht viel... Etwas unbehaglich saßen wir einige Zeit auf der Terrasse, schauten in den Regen hinaus und warteten auf Steve. Er kam nicht. Irgendwann beschlossen wir , mit dem Abendbrot nicht länger zu warten. Das war gut, denn er kam auch später nicht. Als wir zu Bett gingen, war er immer noch nicht da. Wie merkwürdig war das? Wir schliefen in einem Haus, dessen Besitzer wir kaum kannten und der noch nicht einmal dort war...
Montag 20.12. - Allora
Als wir morgens bei Sonnenschein erwachten, waren wir immer noch allein im Haus. Ich beschloss, die beiden hinter dem Haus angebundenen Hunde zu füttern. Sie sahen so hungrig aus... Während ich so beschäftigt war, stand Steve auf einmal vor mir und wünschte mir einen guten Morgen. Er habe es am Abend nicht mehr nach Hause geschafft: zu viel Whisky. So sah er auch aus. Von gemeinsamem Dinner war nicht mehr die Rede, aber immerhin erinnerte er sich an uns und daran, dass er uns sein Haus als Nachtquartier angeboten hatte. Für ein Weilchen saßen wir gemeinsam auf der Terrasse und wir konnten ihm nun bestätigen, dass der Ausblick von seinem Haus tatsächlich etwas ganz Besonderes sei. Von einem weißgestrichenen Zaun eingefasst, liegt das große, flache Haus, mit Swimmingpool vor der Tür, vor einem bewaldeten Berghang mit Blick auf andere steile Hügel, die sich heute, bei leicht bewölktem Himmel, in der Ferne im Dunst verloren. Im Vordergrund eine große sattgrüne Wiese, auf der neben gut genährten Kühen drei Pferde und zwei Alpacas weideten. Um das Haus herum liefen ein paar Hühner und zwei prächtige Pfauenhähne. Das Haus habe er zu Zeiten seiner inzwischen geschiedenen Ehe als Wochenendhaus gebaut, erzählte Steve. Während wir noch beim Packen waren, verabschiedete er sich allerdings schon wieder: er habe zu tun. Und fuhr freundlich winkend davon.. Wir blieben noch ein Weilchen in der Sonne sitzen und stellten uns vor, wie es wohl sein muss, wenn man so ein Haus als Wochenendhaus besitzt - mit 200 Hektar eigenem Land drumherum... Dann fuhren wir den abenteuerlichen Weg wieder hinunter, der allerdings ohne Regen wesentlich unaufregender war als gestern. Die Sturzbäche waren versiegt, die Auswaschungen sahen nicht mehr so gefährlich aus. Am Teer angekommen bogen wir in die "Lions Road" nach Norden ab. Steve hatte uns diesen Umweg empfohlen und er hatte nicht zu viel versprochen! Eine schnuckelige einspurige Teerstraße mit engen Kurven und viel steilem Auf und Ab führte uns mitten durch die Borders Range, die Bergkette auf der Grenze zwischen Queensland und New South Wales. Neben der Straße eine historische Bahnstrecke, die dann in einem großen Loop den Höhensprung auf die Range hinauf meistert. In kleinen Seitentälern sahen wir versteckte Häuser und kleine Höfe, eine herrliche Gegend! Nachdem wir uns durch dichten Regenwald und vorbei an saftig grünen Wiesen bergauf geschraubt hatten, konnten wir von einem Lookout das schöne kuschelige Tal mit dem Sträßchen und den Bahnschienen überblicken. In den Bäumen über uns veranstalteten die Zikaden einen Mordslärm, der in Wellen an- und abschwoll. Auf dem Höhepunkt der Welle war der Lautstärkepegel so gewaltig, dass wir die glockenartigen Rufe der Bellbirds kaum noch hörten und uns die Ohren zuhalten mussten! Auf dem weiteren Weg nach Allora nahmen wir eine, nur als dünne hellbraune Linie auf der Karte verzeichnete, Straße quer hinüber nach Warwick. Ausgeschildert war dort nichts, so folgten wir nur grob der Richtung, in die wir wollten. Die Straße wurde schmaler, ging dann in Schotter über, der nur wenige Reifenspuren aufwies. Ein schlechtes Zeichen: so wenig befahrene Wege enden häufig irgendwo in der Wildnis... Ich fragte einen Bauern am Weg, doch der bestätigte, dass wir auf dem richtigen Weg seien. Nach seiner Beschreibung klang es, als seien wir schon fast wieder am Teer, aber das war eindeutig nicht der Fall. Über viele Km blieben wir auf unbefestigter Straße, zum Teil auch hier sehr ausgewaschen und mit diversen Wasserdurchfahrten, die allerdings meist betoniert waren und daher einfach zu fahren. Doch dann kamen wir an eine tiefere Furt, über die das lehmige Wasser heftiger strömte. Ein paar Meter stromabwärts stand ein Auto schräg im metertiefen Wasser: offensichtlich beim Durchfahren des angeschwollenen Baches von der Strömung erfasst und abgetrieben! Das sah doch etwas beängstigend aus. Beim Durchfahren mit den Moppeds gab es erstaunlicherweise kein Problem mit der Strömung, so groß ist der Wasserwiderstand der Räder nicht. Nun hatten wir bald die kleine Stadt Killarney erreicht, schauten uns auf dem Weg noch die Queen Mary Falls an, von denen man uns begeistert erzählt hatte. Ein kleiner Fluss fällt über 40 Meter über eine Felskante im Wald, bunte Regenbögen schillerten dort, wo das aufstiebende Wasser in den kleinen Felsenpool fiel. Nicht super spektakulär, aber nett anzusehen. Eine Stunde später näherten wir uns dem Haus von Ossi und Hülya über eine Nebenstraße. Erst Schotter, dann wieder Teer. Thomas überholte mich auf dem Schotter, weil ich ihm dort meist zu langsam fahre. Als ich dann über den nächsten Hügel gucken konnte, sah ich Foster platt auf der Seite in einer Pfütze auf der Teerstraße liegen. Was war da denn passiert? Als ich näherkam, rief Thomas mir zu, ich solle lieber anhalten, der Grund der Pfütze sei extrem schlüpfrig. Gemeinsam versuchten wir, den schweren Foster aus seiner unglücklichen Lage aufzuheben, was sich als fast unmöglich erwies, weil wir selbst auf dem lehmig-seifigen Untergrund keinen Halt fanden. Etliche Male hoben wir das Motorrad mit allen Kräften an, rutschten dann mit den Stiefeln weg und landeten selbst im Wasser. Wir lachten uns kaputt, weil es einfach zu lustig war, aber kamen einfach nicht weiter! Schließlich bauten wir die Koffer ab, um weniger Gewicht wuchten zu müssen. Auch das war nicht einfach, weil Foster ja auf dem unteren Koffer lag. Also musste Thomas für einen Moment alleine halten, während ich den verbeulten Koffer abnahm. Nun konnten wir das Gewicht hoch genug anheben, um den Seitenständer auszuklappen und Foster stand wieder aufrecht. Wir waren beide klitschnass und völlig aus der Puste vom Rackern und Lachen: da fahren wir über drei Jahre durch abenteuerliche Straßen und durch tiefe, felsige Furten und dann rutscht man auf der Teerstraße in einer Pfütze aus!! Vorsichtig bugsierten wir Foster aus der glitschigen Pfütze auf sicheren Boden, holten dann Jolly nach. Wie gut für mich, dass Thomas zu ungeuldig gewesen war, um hinter mir zu bleiben: in dem Fall hätten Jolly und ich uns zweifellos in dem Wasserloch abgelegt. Zwei Minuten später erreichten wir unser Ziel und erzählten Ossi und Hülya immer noch lachend von unserem kleinen Abenteuer.
Sonntag 26.12. - Allora
Gerade kehrt, nach dem Trubel des Familienweihnachtsfestes wieder Ruhe im Haus ein. Wir sind gestopft mit gutem Essen und bis obenhin angefüllt mit den vielen Gesprächen und Erlebnissen der letzten Tage. Unglaublich, was Hülya und Ossi aufgefahren haben, um für jeden Geschmack etwas dabei zu haben. Lammbraten, Putenfleisch, einen großen gekochten Schinken, Hähnchen, Garnelen... dazu Kartoffelsalat, andere Salate (u.a. meinen Heringssalat, den ich als Beitrag zum Festessen geschnippelt hab), dann verschiedene Varianten an Nachtisch, wie z.B. den traditionellen australischen Weihnachtspudding, mit viel Liebe von Ossi zubereitet und fünf Stunden lang gekocht, dazu Vanillesoße, Eis, frische Früchte... Und wenn dann alles abgeräumt war und sich keiner mehr rühren konnte, gab es noch vielerlei selbstgemachten Naschkram, wie Karamell, kleine Rumkugeln und Marzipankartoffeln. Stöhn!! Wir passen bald in keine Hose mehr rein! Und während wir drinnen im Haus saßen und aßen, regnete es draußen fast ohne Pause. Kaum, dass wir mal eine kleine Regenpause für einen kleinen Verdauungsspaziergang erwischen konnten. Es regnet und regnet! Wie sind wir dankbar für das Dach über dem Kopf! Aber wir fühlen uns auch etwas eingesperrt und würden uns wirklich freuen, mal wieder die Sonne zu sehen!! Der Wetterbericht macht uns nicht viel Hoffnung: mindestens eine halbe Woche wird es weiterregnen und wir können nichts tun, als uns die Zeit im Haus einigermaßen sinnvoll einzurichten.
Montag 27.12. - Allora
Ohne Pausen schüttet der Himmel weitere Wassereimer über uns aus. Der Weg zur Straße ist ein reißender Fluss geworden, breite Bäche fließen über das gesamte Grundstück. In den Nachrichten erfahren wir, dass viele Straßen der Gegend schon unpassierbar sind. Die letzten Weihnachtsgäste, Isa und Linda, überlegen, ob sie es wagen können, mit ihrem Auto Richtung Brisbane aufzubrechen. Wir sind dankbar, dass wir keine Notwendigkeit haben, das Haus zu verlassen. Die Motorräder stehen trocken unter dem Vordach und schauen in den Regen hinaus, wir haben nette Gesellschaft und zu Essen gibt es noch für Wochen genug in diesem Haus...
Australien Dezember 2010 (Weltreise Tagebuch 121) nächstes Tagebuch
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