Reiseberichte


Australien
 
Australien Januar 2011 (Weltreise Tagebuch 123) nächstes Tagebuch
Sonnabend 01.01.2011 - Brisbane
Das neue Jahr fängt an mit ... Regen. Es tut mir leid, dass ich mich wiederhole, aber so ist es nun mal. Was soll man da machen? Wir vertrödeln den Tag im Haus. Nein, wir kurieren keinen Silvesterkater aus, denn wir haben nur ein halbes Glas Wein getrunken.
Sonntag 02.01. - Brisbane
Ein kleiner Ausflug an den wenig besuchten, weil nicht besonders schönen Strand in Sandgate, nur zehn Minuten Autofahrt von uns entfernt, ist das größte Abenteuer des Tages. Genau genommen ist es auch mehr ein Abenteuer für Charlie, den pfiffigen kleinen Hund, der seit September bei Isa und Linda wohnt. Dieser uninteressante Strand scheint von vielen Hundebesitzern genutzt zu werden, inoffiziell, denn in Brisbane müssen Hunde eigentlich überall an der Leine gehalten werden, wo nicht ausdrückliches "Off - Leash" - Gebiet ist. Manche Parks haben darum Hundespielplätze: unterschiedlich große Rasenflächen mit einem soliden Zaun drum herum. Ein paar überdachte Sitzgelegenheiten für die Menschen, manchmal einige Spielgeräte, wie kleine Hürden zum Springen oder schräge Wände zum Klettern, für Mensch und Hund gemeinsam und last, but not least, eine Wasserstelle, wo die Hunde nach dem Spielen ihren Durst stillen können. Einige solcher Spielplätze haben wir nun schon kennengelernt, weil Charlie ja soziale Kontakte braucht! Als erklärte Hundeliebhaberin versuche ich in der Zeit, die wir hier verbringen, den beiden Neulingen in Sachen Hundeverstand ihr neues Familienmitglied etwas näher zu bringen. Ich kann es nur schwer mit ansehen, wenn sich Hund und Menschen missverstehen und es zu Ärger und Frust bei den Menschen und zu einem einsamen Dasein im abgezäunten Garten beim Hund führt. Einige Grundideen konnte ich anscheinend vermitteln und in der Folge darf Charlie inzwischen fast den ganzen Tag bei seinem Rudel im Haus sein und wird alle paar Tage mal zum Hundespielplatz gebracht. So viel zum Hundethema...
Montag, 03.01. - Brisbane
Heute soll es nur ein bis zwei Schauer geben, hat die Wetterlady im Fernsehen versprochen. Eine Gelegenheit für uns, bevor Isa übermorgen wieder arbeiten muss, eine letzte gemeinsame Biketour zu machen. Linda leiht ihre 250er Honda an Erik aus, der so auch mit kann. Zu viert fahren wir in den Regenwald hinauf, erst zum Mt Glorious, den wir ja schon kennen. Oben angekommen staunen wir über die endlosen Reihen geparkter Motorräder vor dem "Maiala Cafe": ach ja, richtig, heute ist Feiertag. Es ist warm, wir sitzen im Schatten, trinken Kaffee und schauen dem ständigen Kommen und Gehen der Biker zu. Abenteuerliche Gestalten sind dazwischen: tätowiert, so weit man gucken kann, manche obercool, andere umgänglich, je nach Motorrad... Gestärkt fahren wir weiter, nur einen Kilometer, wo ein Bushwalk zu einem Wasserfall beginnt. Dort lassen wir die Motorräder stehen und wandern auf matschigem Pfad durch die grüne Dämmerung des Regenwaldes. Die Luft ist warm und weich, es riecht nach modernden Blättern und einfach nach Wald. Sehr schön, diese üppige Natur. Vogelstimmen, an- und abschwellendes Konzert der Zikaden, plätschernder und murmelnder Bergbach. Nach einer halben Stunde sind wir am Wasserfall, der in mehreren Stufen über die Felsen zu Tal sprudelt. Die Ausguckplattform dient den vielen Feiertagsbesuchern als Bühne für ihre Familienfotos "Would you mind taking a picture of the two of us?..". Auf der weiteren Fahrt durch die Küstenberge erwischt uns ein heftiger Gewitterschauer. Ehe wir auch nur daran denken können, uns regendicht zu verpacken, sind wir auch schon durchnässt. Es hagelt, blitzt und donnert, der Himmel schüttet Wassereimer über unseren Köpfen aus. Wir halten kurz an, aber das hilft uns auch nicht, also lachen wir über die unerwartete Dusche und fahren weiter durch den Sturzregen. Wieder sammelt sich das Wasser zuletzt in den Stiefeln, jeder Quadratzentimeter Haut ist im Nullkommanix nass. Hefitge Windböen reißen Blätter und kleine Zweige von den Bäumen, die schnell die Straße bedecken, durch das regennasse Visier sehen wir kaum noch etwas. Da, wieder ein Blitz, dann ein Krachen, das in die Musik in meinen Ohren nicht so recht hineinpassen will. Es riecht schwefelig: der war recht nahe dran! Kurz bevor wir unser nächstes Ziel, Mt Koot-Tha, erreichen, lässt der Schauer nach. Angekommen sitzen wir in unseren klitschnassen Klamotten auf einer Steinmauer, trinken heiße Schokolade und schauen über Brisbane hinweg zum Meer, das man im Dunst erkennen kann. Der Himmel vor uns ist blau, die Gewitterwolke haben wir hinter uns gelassen. Zuhause können wir uns endlich aus der nassen Pelle schälen. Isa kocht uns ein leckeres Risotto (hatte ich erwähnt, dass er von Beruf Koch ist und sein Handwerk gut versteht?) und wir gehen unser kleines Abenteuer genüsslich noch einmal durch.
Dienstag, 04.01. - Brisbane
Kein Regen heute? Wir fahren mit dem Bus in die Stadt, um uns dort nochmal ein bisschen zu tummeln. Praktischerweise gibt es eine Bushaltestelle in 200 Metern Entfernung und von dort fährt jede halbe Stunde ein direkter Bus bis ins Stadtzentrum. Eine verbilligte Tageskarte, mit der man nur außerhalb der Hauptverkehrszeit, aber dafür auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln Bus, Bahn und Schiff fahren kann, kostet 9 AUS, der Bus fährt von Bracken Ridge aus etwa 40 Minuten. Als wir uns dem Zentrum nähern, fährt der Bus von der Haupteinfallstraße ab. Es geht nun in ein spezielles Straßen- und Tunnelsystem nur für Busse hinein, das quer durch den CBD (Central Business District) reicht. Wie eine U-Bahn ohne Bahn! Sehr praktisch! Am Cultural Center am Südufer des Brisbane River steigen wir aus und gehen in die Modern Art Gallery, in der wir beim letzten Besuch diese tolle Ausstellung von Ron Mueck mit den über- und unterdimensionierten Menschenskulpturen gesehen hatten. Inzwischen läuft dort eine interaktive Ausstellung zum Thema: "Kunst in der ersten Dekade des 21.Jh.", durch die wir heute stundenlang stromern. Was mir dort am besten gefällt, ist z.B. ein etwa 20 Meter langer Tisch mit Sitzgelegenheiten drum herum, auf dem Mengen von ausschließlich weißen Legosteinen liegen. Überall sitzen Leute und bauen mit Feuereifer fantastische Türme: Eltern mit Kindern, Gruppen von Jugendlichen, aber auch ältere Leute. Jeder in seine Architektur vertieft. Was dort für architektonische Wunder entstehen! Wir schauen fasziniert zu. Es juckt mich in den Fingern, selbst mitzubauen, aber wir sind noch ganz am Anfang der Ausstellung und wenn ich mich nun hier hinsetze, sehe ich nichts mehr von den anderen tollen und nicht so tollen Ausstellungsstücken. Also schlendern wir bald weiter zum nächsten Highlight: einem ganz besonderen Swimming-Pool! Wenn man von oben in das Wasser hineinguckt, sieht man im Wasser Leute stehen, die nach oben schauen und winken: die Wasserschicht ist nur etwa 10cm tief und liegt auf einer dicken Glasscheibe. Unten Im Pool ist eine Türöffnung, durch die man in den blau gestrichenen Pool hineingehen kann. Nette Idee! Wir können uns nicht mit allen Kunstwerken anfreunden, aber vieles ist wirklich sehr interessant! Mehr Infos zu der Ausstellung findet ihr unter folgender Internetadresse: http://qag.qld.gov.au/exhibitions/current/21st_Century Als unsere Aufnahmekapazität erschöpft ist, ist der Nachmittag schon halb rum. Leicht fröstelnd kommen wir aus dem zu gut gekühlten Gebäude in die feuchtwarme Außenwelt zurück und spazieren in der Stadt herum, bis es dämmert und wir mit unserer "Off-Peak"- Fahrkarte für unseren nächsten Tagesordnungspunkt, eine Fahrt auf dem Fluss, zugelassen sind. Flache, schnelle Katamaranfähren fahren auf einer Strecke von sechs km den Brisbane-River auf und ab, stoppen auf dem Weg an vielen Stellen. Neben "normalen" Fahrgästen, die einfach nur von A nach B fahren, wird die Fähre viel von Touristen genutzt, denn man hat unterwegs natürlich einen schönen Blick auf die vorbeigleitende City. Besonders abends! Auf dem wellenfreien Wasser brummt das schnelle, laufruhige Schiff durch die laue Abendluft, die Lichter der Stadt spiegeln sich im Wasser, Fliegende Hunde kreuzen das Blickfeld auf dem Weg zu ihren Futterbäumen, ein unvergessliches Erlebnis! Jenseits des Zentrums wird es dunkler auf dem Fluss, wir fahren bis zur Endstation, der Universität, und wieder zurück in das bunte Lichtermeer der Stadt. Die heute blau angestrahlte Sandsteinfassade des Treasury-Buildings spiegelt sich im dunklen Wasser, als wir das Boot verlassen und uns ins abendliche Treiben der Stadt mischen. Auf der großen Treppe sitzt eine Frau und ruft uns zu, ob wir nicht eine Spende für sie als "homeless person" hätten. Ich setze mich ein Weilchen zu ihr und versuche, etwas über ihre Lebenssituation zu erfahren. Sie will mir ein gedrucktes Heft verkaufen, in der ihre Story steht. Wir quatschen ein Weilchen, doch ich kann mit ihren, für mich ziemlich verschroben wirkenden Ansichten nicht viel anfangen. Muss ich ja auch nicht. Aber ich wünsche ihr viel Glück und verabschiede mich. Sie winkt mir freundlich hinterher. Da wir beide hungrig sind, besorgen wir uns etwas Knoblauchbrot in einem Pizzaladen in der Fußgängerzone und setzen uns auf eine Bank. Eine dickliche ältere Frau kommt und setzt sich in unsere Nähe, setzt die Finger der linken Hand an die Nase und schnäuzt sich ausgiebig auf den Boden. Der Schleim fliegt reichlich, uns bleibt das Knoblauchbrot im Halse stecken... Ich halte ihr meine unbenutzte Serviette hin, die sie mit fragendem Blick höflich entgegennimmt. Dann stellt sie mir eine freundliche Frage, die ich auch bei der dritten Wiederholung nicht verstehe. Aber um sie besser hören zu können, komme ich näher, sie nutzt die Chance und greift sich freudig meine Hand, die ihren Naseputzfingern nicht schnell genug entfleuchen kann. Zum Glück ist Australien ja ein sehr fortschrittliches Land und ich finde nach Beendigung unseres kleinen Intermezzos auf dem Weg zum Bus eine öffentliche Toilette, in der ich meine Hände mit viel Seife.von der schnotterigen Vorstellung reinwaschen kann. Was man auf einem Tagesausflug in die Stadt alles so erleben kann...
Mittwoch, 05.01. - Brisbane
Morgen wollen wir aus Brisbane aufbrechen, aber nun kündigen die Wetterfrösche schon wieder heftige Regenfälle für die nächsten Tage an! Hört das denn nie auf? Wäre ja alles kein Problem, wenn es nicht dabei meistens auch gewittern würde...
Donnerstag,06.01. - Brisbane
Keine Chance auf halbwegs trockenes Losfahren. Den ganzen Vormittag prasselte heftiger Regen auf das Dach, überflutete die Dachrinnen, quoll aus den Gullys und bildete in Kürze reißende Ströme auf der Straße. Optimistisch packten wir die Motorräder fertig für eine schnelle Abfahrt, falls der Regen aufhören würde, was er aber bis jetzt nicht getan hat. Es ist inzwischen zwei Uhr nachmittags und wir haben uns für heute von der Idee verabschiedet, noch irgendwohin zu fahren. Unser Tagesziel sollte heute das Haus eines Reisebekannten sein, den wir vor Monaten in den Tablelands im Norden Queenslands getroffen haben und der in der schönen Gegend um den Mt. Warning im Norden von New South Wales wohnt. Wie er mir am Telefon gestern sagte, hätten wir sein Haus bei den Regenmengen des heutigen Tages wahrscheinlich nicht erreichen können, denn ein Fluss, der schnell ansteigen kann, überschwemmt in solchen Fällen die Brücke, über die man fahren muss, um ihn zu besuchen. Also sagte ich ihm eben ab für heute und er gab zu bedenken, dass er selbst kürzlich für acht Tage von der Außenwelt abgeschnitten war. Das könnte uns ebenfalls passieren, wenn wir ihn besuchen kämen...
Freitag 07.01. - nahe Byron Bay
Wenn wir nun nicht mal losfahren, sitzen wir wahrscheinlich noch Wochen hier fest! Also lassen wir uns nicht weiter irre machen von den morgendlichen Güssen, sondern packen nun endgültig zusammen und fahren in einer Regenpause ab. Isa, Linda und Eric winken uns hinterher. 30 km weiter stoppen wir noch einmal bei Anja und Simon, trinken ein Tässchen Tee und düsen weiter. Raus aus der Stadt und auf der Autobahn nach Süden. Zu Gottfried beim Mt Warning können wir nicht, denn, wie er mir heute am Telefon sagte, ist seine Brücke inzwischen unter einem Meter Wasser verschwunden. Gut, dass wir nicht gestern zu ihm gefahren sind, sonst säßen wir nun dort fest für die nächste Woche oder länger. Bei Einbruch der Dämmerung finden wir nach langem Herumgekurve in den Hügeln endlich einen Platz für die Nacht: ein stillgelegtes Stückchen Straße im Regenwald, über einen kleinen Abhang zu erreichen. Die Teerdecke ist teilweise noch vorhanden und wir stellen das Zelt darauf, so können uns evtl Regenfälle nicht schocken. Niemand kann uns hier sehen, ein feines Plätzchen! Finden die Mücken auch...
Samstag 08.01. - nahe Lismore
Morgens fiel ein ungewohntes Stückchen Tageslicht durch das Dach unseres Zeltes. Bei genauerem Hinsehen mussten wir ein Loch entdecken. Unser gesamtes Equipment gibt allmählich den Geist auf... Heute wollen wir noch einmal zum Meeting mit Isaac Shapiro (siehe vorletzten Newsletter), bevor wir endgültig aus dem Einzugsbereich von Byron Bay verschwinden. Dank unseres obligatorischen Frühstücksgelages kommen wir natürlich zu spät, aber das macht nichts. Wir genießen das Meeting und fahren danach wieder in die Hügel, um uns irgendwo in die Büsche zu schlagen. Leichtsinnigerweise lassen wir den guten Platz von gestern links liegen... Dann fahren wir bei drohendem Regen über den Köpfen lange herum und finden nicht die kleinste Möglichkeit zum Zelten. Die Húgel bieten kaum gerade Flächen, außerdem gehört jede Einfahrt zu einem Haus - freie Flächen sind Mangelware. Nach einem kurzen Stopp springt Jolly nicht mehr an: die Batterie ist leer! Was soll das denn jetzt?? Die vor 40000km ausgetauschte Lichtmaschine lädt offensichtlich nicht mehr! Mit unserem Starterkabel ist das Problem kurzfristig zu lösen, alles Weitere muss dann in den nächsten Tagen untersucht werden. Als wir durch ein weiteres kleines Tal fahren, fängt es endlich wieder an zu schütten. Ich drehe um, habe eben Leute bei ihrem Haus gesehen, die will ich fragen. Bob kommt mir in der Einfahrt entgegen, ich erzähle, wer wir sind und was wir wollen. Kein Problem, natürlich dürfen wir hier zelten! Während wir uns noch bekanntmachen, geht der Regen richtig los, was ihn auf die Idee bringt, wir könnten auch im Schuppen, der gerade zum Wohnhaus umgebaut wird, zelten. Superklassetoll! Wir schieben die Bikes unter ein Vordach und beziehen de Schuppen. Bob und sein Schwiegersohn Lee fegen die Rigipsreste zusammen, die sie heute aus den Wänden gerissen haben. Dann können wir aufbauen. Sogar Klo und Dusche gibt es in "unserem" Schuppen! Und wir können Jolly ans Ladegerät hängen, damit ich morgen wieder fahren kann. Die beiden Männer und auch ihre Frauen, Mutter Karen und Tochter Kylie, die wir später kennenlernen, sind sehr nett, laden uns schließlich sogar noch zu einem leckeren Abendessen ein! Als Gastgeschenk bringen wir unsere Bilderclips auf DVD mit und führen sie einem begeisterten Publikum vor. Auch hier haben wir mal wieder Menschen gefunden, die gerne reisen und sich von unseren Bildern und Geschichten animieren lassen. Ein sehr netter Abend! Später liegen wir gemütlich im Zelt und hören den Regen auf das Blechdach trommeln. Was haben wir es wieder gut!
Sonntag, 09.01. - Wollomombi Falls
Nach dem Frühstück schnell das Zelt wieder abgebaut, denn Bob und Lee wollen weiter arbeiten. In einem Monat soll der Schuppen ein fertiges Wohnhaus für Lee und seine Familie sein, da muss rangeklotzt werden. Wir schauen uns noch etwas auf dem Grundstück um, das sehr kuschelig zwischen den grünen Hügeln liegt. 4 Hektar Land gehören dazu, mit vielen Bäumen und einer großen Wiese, im Tal rauscht ein Bach, der einen kleinen See bildet. Dort seien sogar Platypusse, sagt Karen. Ich sehe keinen, wahrscheinlich bin ich zu spät unterwegs, diese Tiere lieben die frühen Morgenstunden. Dafür laufen ein paar blaue Sumpfhühner herum, auch nicht schlecht. In einem zweiten Blechschuppen hat Karen, die seit zehn Jahren ihre Leidenschaft fürs Töpfern entdeckt hat, ihre Werkstatt. Ich werde neidisch, als sie mir ihr Reich zeigt! Drei große Brennöfen, Regale voller Ton und Glasuren, andere Regale sind gefüllt mit fertigen Arbeiten. Sehr schönes Geschirr, große Schalen in ungewöhnlichem Design, große und kleine Blumentöpfe und Vasen... Sie gibt auch Kurse, lockt sie mich, als sie meine großen Augen sieht. Es juckt mich in den Fingern... Mit frischgeladener Batterie kann es nun weitergehen. Zum Abschied bekommen wir jeder noch einen ofenwarmen Keks, von Kylie und ihren zwei kleinen Kiddies gebacken. Lecker! So gestärkt fahren wir davon, die ganze Familie winkt freundlich, dann sind wir um die Kurve, einer neuer Tag auf der Straße fängt an. Trotz angekündigtem Regen bleibt es fast trocken, nur ein paar kleine, aber heftige Schauer begegnen uns. Stört uns nicht, wir sind gut verpackt. Nach einer halben Stunde sind wir in Lismore, tanken, fahren weiter nach Casino. Lustiger Name für eine Stadt.. Auf kleiner Nebenstraße durch landwirtschaftlich genutzte flache Hügel weiter nach Süden. Bis wir nach Grafton kommen, ist es Mittagszeit. Wir halten an einem überdachten Picknickplatz und essen unser Müsli, ein alter Mann sucht Kontakt, aber leider hat er keine Zähne mehr und ist nur sehr schwer zu verstehen. Nach einem Blick auf die Karte entscheiden wir uns für eine kleine Straße Richtung Armidale, die laut Karte teilweise geschottert ist. Die Karte ist schon ein paar Jahre alt, der Teer bleibt uns erhalten. Die Straße geht in vielen Kurven immer höher hinauf, durch hohen, Regenwald, der hier allerdings schon einen anderen Charakter hat, als weiter im Norden. Wir sind nun nicht mehr in den Subtropen. Große Farnbäume, wie in Neuseeland, hohe Bäume, viele von dunkelgrünen Rankpflanzen bedeckt, grauer Himmel drüber, ab und zu ein kühler Schauer, die Luft wird deutlich kühler. Wir schrauben uns auf den nächsten Hundert Kilometern bis auf 1300m hinauf. An der höchsten Stelle ist der kleine Ort Ebor, die braunen Fluten des gleichnamigen Flusses fallen dort über mehrere Stufen dröhnend ins Tal hinab. Eine halbe Stunde später und einige hundert Höhenmeter tiefer halten wir im Wild Rivers Nationalpark an, wo es einen kleinen stillen Campingplatz im Wald gibt. 3 Dollar pro Person soll die Übernachtung kosten, da kann man ja nicht meckern. Seit Langem sitzen wir hier mal wieder am Lagerfeuer, sehr schön!
Montag, 10.01. - Dungowan
Am nächsten Morgen lag der Wald in leichtem Nebel, durch den vorsichtige Sonnenstrahlen blinzelten. Ein kurzer Spaziergang brachte uns zu einem Ausguck. Vorerst sahen wir nur dicke weiße Watte zu unseren Füßen, doch bald lichteten sich die Nebel und wir sahen hinunter in eine tiefe Schlucht, durch die sich ein kleiner Fluss schlängelte. Grüner Wald an den steilen Hängen, Schmetterlinge spielten in der Luft, die morgendlichen Vogelstimmen des Waldes hallten durch die Stille. Wir standen andächtig und genossen die Stimmung. Wieder auf der Straße hatten wir bald Armidale erreicht, eine relativ große Stadt am New England Highway, dem wir nun 20km weit folgten bis Uralla. Es nieselte wieder, man gewöhnt sich dran... Weg von der Hauptstraße, Richtung Süden, auf einer schmalen Straße durch grünes Weideland, die tiefhängenden grauen Wolken liegen wie eine Decke über dem Land. Bei einer Pause checke ich routinemäßig den Ölstand und stelle fest, dass kein Öl am Peilstab hängt! Oh Schreck, eigentlich sollte so kurz nch dem Ölwechsel noch mehr im Motor sein! Ich fülle aus dem Reserveöl nach: ein ganzer Liter verschwindet im Motor und immer noch kein Öl am Peilstab!! Da stimmt doch irgendwas nicht! Im nächsten Ort kaufe ich einen weiteren Liter Öl und auch der verschwindet im Motor, ohne Spuren am Peilstab zu hinterlassen!!? Da passen doch nur 2L rein, was ist denn da los? Wir fahren weiter, vorsichtig. Ein paar km weiter halte ich an, um ein historisches Ereignis zu begehen: Jolly soll nun die 100 000 km-Marke überspringen. Doch irgendwie ist heute der Wurm drin: der digitale Tacho bleibt bei 99999,9 km stehen und bewegt sich nicht mehr. Auch beide Tages-km-Zähler bleiben stehen. Na toll, hat sich da bei der Entwicklung der Tacho-Software einer gedacht, dass diese Moppeds sowieso nie über diese Hürde kommen und hat schlampig programmiert? Wir biegen bald auf eine nasse Schotterstraße Richtung Tamworth ab, die nach einiger Zeit wieder in Teer übergeht und sich durch kleingliedrige Hügel mit viel Wald schlängelt. Sehr schön! Und nun hört auch der Regen für einige Zeit auf, so dass wir die schöne Gegend richtig genießen können. Auf einer Länge von 5 km geht es dann in engen Windungen bergab in ein grünes Tal, die Temperaturen steigen wieder um einige Grade. In Dungowan, einem kleinen Bauerndorf, prüfe ich wieder den Ölstand: der Motor ist schon wieder leer! Ein Blick unter das Motorrad bestätigt meinen Verdacht - alles nass von Öl, irgendwo habe ich ein erhebliches Leck! Ich nehme die Abdeckhaube des vorderen Kettenritzels ab und auch hier ist alles nass. Aber vor allem sehe ich, dass die Haltemutter des Ritzels schief und nur noch halb auf dem Gewinde sitzt! Das Gewinde der Mutter ist kaputt, stellen wir fest. Wir versuchen, das Leck zu lokalisieren und vermuten, dass der Simmerring der Abtriebswelle undicht ist. Genau können wir es hier am Straßenrand nicht feststellen, also fahren wir erstmal weiter (nachdem ich das restliche Öl eingefüllt habe). Ein paar Meter weiter sehe ich einen Bauern bei seinem Trecker stehen und frage ihn, ob er mir etwas Motoröl verkaufen kann. Freundlich füllt er mir zwei Liter aus einem großen Fass ab, will kein Geld dafür. Von ihm erfahre ich auch, dass es im Dorf einen Sportplatz gibt, auf dem wir campen können, denn viel weiter kommen wir heute nun nicht mehr und wir müssen herausfinden, was mit Jolly los ist. Dann morgen nach Tamworth, etwa 30km entfernt und versuchen, ob wir Ersatzteile bekommen können. In Tamworth wird in ein paar Tagen ein großes Countrymusik-Festival stattfinden, erfahren wir nebenbei... Wir stellen das Zelt unter einem Dachvorsprung auf, parken auch Jolly darunter und schrauben weiter. Nachdem ich das vordere Ritzel abgenommen habe, lassen wir den Motor laufen und da sehe ich das Öl fröhlich durch den Simmerring sprudeln! Ok, da haben wir den Übeltäter. Also brauchen wir morgen einen neuen Ring, hoffentlich gibt es so was in Tamworth!!
Dienstag, 11.01. - Dungowan
Ein weiterer Camper bevölkert mit uns den Sportplatz - er wartet auf das Countrymusik-Fest, dass am Freitag anfängt. Er kam gestern Abend, mit einer Dose Bier in der Hand, zu uns rüber und bot, nachdem er unsere Situation erzählt bekommen hatte, an, uns morgens mit in die Stadt zu nehmen. Er müsse sowieso dorthin fahren. Super! So fuhren wir nach dem Frühstück in seinem komfortablen Wagen nach Tamworth, dem regionalen Zentrum. Zuerst fragten wir im Bikeshop nach dem Dichtring, doch dort war er nicht vorrätig. Zum Glück wussten wir die Maße und so fragten wir als Nächstes in einem Spezialgeschäft für Kugellager und Dichtungen. Und siehe da, dort hatten sie das benötigte Teil im Regal liegen. Top! Zur Sicherheit nahmen wir zwei Stück mit, man weiß ja nie, ob man nicht einen beim Einbau zerschrotet. Ian fuhr uns von A nach B, wartete im Auto, während wir im Laden waren und fuhr uns sogar noch zum Supermarkt, wo wir unseren Futtervorrat ergänzen konnten. Dann erst bekamen wir mit, dass seine Verabredung in der Stadt viel später war und er extra für uns in die Stadt gefahren war. Immerhin 30km! Wie nett war das denn? Und nun brachte er uns wieder zurück nach Dungowan. Die Sonne schien, von warmem Wind bewegte Wolken zauberten Licht und Schattenspiele auf die grüne, hügelige Landschaft und die umgebenden blauen Berge: eine sehr schöne Gegend hier. Normalerweise sei es hier um diese Jahreszeit nicht so grün, aber auch hier spielt das Wetter in diesem Jahr verrückt und es regnet viel mehr als sonst, erzählte Ian. Den Dichtring einzubauen war eine Sache von fünf Minuten, dann ein kleiner Probelauf... kein Öl trat mehr aus! Ian leuchtete mir mit seiner großen Handlampe, während des Testlaufes und fuhr erst wieder los, als wir ihm bestätigen konnten, dass wir wohl keine weiteren Teile brauchen würden. Auch bei einer Probefahrt blieb der Motor trocken unterhalb der Abtriebswelle. Toitoitoi, scheinbar haben wir das Problem im Griff! Also geht es morgen weiter Richtung Sydney. Heute bleiben wir hier, denn inzwischen regnet es wieder und unser Zelt sowie die Motorräder stehen so schön im Trockenen... Eine Horde Galahs vergnügt sich im Regen auf einer Stromleitung. Sie sitzen mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Draht und turnen darauf herum, lassen sich kopfunter hängen und flattern, kreischend vor Vergnügen. Lustige Vögel! Nachmittags nehmen Wind und Regen zu, nun wird es auch unter unserem Vordach ungemütlich. Wir sortieren uns, so gut es geht, weiter ins Trockene. Bei dem Versuch, das Zelt vor dem vorrückenden Wasser zu schützen, entdecke ich die Nützlichkeit meiner Flipflops als Wasserschieber. Erst kurz vor Sonnenuntergang kündigt ein Regenbogen vor schwarzen Wolken eine Regenpause an, die wir für einen Spaziergang durch die regensatte Nachbarschaft nutzen, Auf den Bäumen sägen laut die Frösche, es duftet nach Heu und nasser Erde, ein paar Kühe hören auf zu kauen, als wir an ihnen vorbeispazieren. Sommerabendstimmung...
Mittwoch, 12.01. - Scone
Wir erwachen bei Sonnenschein. Kleine Wolken segeln am Himmel - raus aus dem Schlafsack und los geht's! Wenn die Sonne mal scheint, ist es auch gleich richtig heiß um diese Jahreszeit... Darum wagen wir es und packen die Regensachen vorläufig weg, verabschieden uns von unserem Helfer Ian und machen uns Richtung Nundle aus dem Staub. Auf den ersten Kilometern bin ich noch etwas misstrauisch und schaue oft am Motor hinab, aber es bleibt dabei: die Reparatur war erfolgreich, er kleckert nicht mehr. Fein, dann kann ich mich voll auf die herrliche Landschaft um mich herum konzentrieren!Am Straßenrand gelbe Dolden von wildem Fenchel, dazu kontrastierend große Stauden violett blühender Pflanzen, die sich im warmen Wind wiegen. Grüne Wiesen mit vereinzelten großen Bäumen, bewaldete Hügel, hier und dort ein Haus mit üppigem Garten. Oleander, Bougainvillea und Hibiscus blühen in den Gärten um die Wette. Bald erreichen wir den New England Highway, dem wir hier nur über kleine Schotterpisten entgehen könnten, die zur Zeit meist wegen Úberschwemmung gesperrt sind. Vor einem dörflichen Laden setzen wir uns auf ein Käffchen in den Schatten. Ein Lieferant hat in der Nähe seinen Kleinlaster abgestellt, der Motor läuft, es stinkt nach Dieselabgasen. Als die Wirtin den Kaffee bringt, fragt Thomas, ob es möglich sei, den Motor abzustellen. Sie versteht die Frage erst beim dritten Anlauf, guckt dann immer noch verständnislos und sagt, der Wagen würde sowieso gleich losfahren. Einige Minuten später kommt ihr Mann aus dem Laden und fragt mit ironischer Miene, offensichtlich nach einem Gespräch über unser unerhörtes Ansinnen:" Are you serious?" Nun gucken wir verständnislos. Er verschwindet wieder im Geschäft, weiter passiert nichts. Weitere Minuten verstreichen, bis der Fahrer des Wagens mit seiner Lieferung fertig ist und abfährt... Hat es sich in Australien tatsächlich noch nicht herumgesprochen, dass Dieselabgase gesundheitsschädlich sind, wenn man sie direkt einatmet? Oder dass fossile Energien sparsam zu handhaben sind, weil sie ein endliches Gut sind? Hat Thomas den Mann irgendwie beleidigt mit seiner Bitte? Erstaunliche Dinge passieren auf dieser Welt... Während wir weiter über den Highway fahren, wachsen über uns wieder neue Regenwolken, vorläufig bleibt es jedoch trocken. Bis Scone, wo wir Sabine besuchen wollen, sind es noch 80 km, der Verkehr hält sich in Grenzen und wir freuen uns, auf den Motorrädern durch die arme Luft zu fahren.. Wer nun wieder Sabine ist? Zu Beginn unserer Australienrundfahrt waren wir schon einmal in dieser Gegend und hatten auf einem Pferdehof bei Don und Sue einen Tag Pause gemacht und bekamen dort sogar die Gelegenheit zu einem großen Ausritt geboten. Zu der Zeit arbeitete Sabine dort auf dem Hof als Pferdemädel und wir waren seither in lockerem Kontakt geblieben. Sie hat inzwischen von dem kleinen Familienbetrieb auf ein großes Rennpferde-Gestüt gewechselt und dort wollen wir sie nun aufsuchen. Das Gestüt (www.arrowfield.com.au) ist leicht zu finden, denn es ist riesig. Kilometerweit Paddocks mit und ohne Pferde, braungestrichene Holzzäune, eigene Straßen dazwischen - ohne Ortskenntnis hier jemanden zu finden, ist völlig aussichtslos. Wir finden aber immerhin das Hauptbüro des Gestütes und fragen dort, wo wir Sabine finden können. Mit einer auf Papier gezeichneten Wegbeschreibung fahren wir weiter und erreichen tatsächlich kurz danach den Jährlings-Stall, wo Sabine gerade auf einem Minibagger sitzt und Sägespäne in leere Boxen fährt: die Pferde sind gerade auf einer Verkaufsausstellung. Da wir es nicht geschafft haben, uns anzumelden, ist sie sehr überrascht, uns zu sehen. Nach einer herzlichen Begrüßung führt sie uns in die Gesindewohnung über dem großen Stall und zeigt uns ein zur Zeit leerstehendes Zimmer, in dem wir übernachten können. Dann muss sie erstmal weiter arbeiten. Nach der Arbeit hat sie Zeit für uns und freut sich auf einen gemeinsamen Abend. Sie ist in diesem Job menschlich nicht glücklich und kann sicher etwas Ablenkung gebrauchen. In unseren Emails finden wir eine Nachricht von Hülya, die von den neuen Überschwemmungen in Allora und Toowoomba erzählt. Gegen das, was dort nun los ist, war die letzte Flut nur Kinderkram: sogar bei Hülya und Ossi, die ja hoch am Hang wohnen, steht nun das Wasser unter dem Haus! Zum Glück nur unter und nicht im Haus! Brisbane ist abgeschnitten und selbst der Küsten-Highway ist unpassierbar! Mitten im Central Business District steht meterhohes Wasser und wo wir vor einer Woche noch auf der Uferpromenade spazieren gegangen sind, strömen nun reißende Fluten. Zigtausende Haushalte und Geschäfte sind überflutet oder/und ohne Strom. Wer jetzt in der Gegend ist, kommt nicht so leicht weg. Wie gut, dass wir gerade noch rechtzeitig abgehauen sind! Nach ihrem Feierabend fährt Sabine mit uns herum und zeigt uns die ganze große Farm. Fohlenstall, tierärztliche Abteilung, Futter-Shed, die Paddocks mit den Hengsten, daneben der Deckstell, wo die Stuten, wenn sie nicht mögen, auch mit Lippenbremse gefügig gemacht werden, die Trainingsrennbahn, dann einen Hügel hinauf, von wo aus wir die gesamte, 600 Hektar umfassende, Anlage überblicken können. It's all about money... Sabines Aufgabe ist die Vorbereitung der Jährlinge für den Verkauf. Sie kommen in Schüben von etwa 40 Tieren von den Weiden, wo sie bis dahin ziemlich frei in Gruppen laufen und müssen lernen, am Halfter zu gehen, sich bürsten zu lassen und was man sonst als vielversprechendes Jungpferd noch wissen muss, um einen guten Eindruck zu machen. Dafür haben die, meist als "Work and Travel"-Touristen in Australien befindlichen Mädels aus verschiedenen Ländern, die sich hier über relativ gute Bezahlung und freies Wohnen locken lassen, zweieinhalb Monate Zeit. Dann kommen evtl Käufer und lassen sich die gestriegelten Pferdchen vorführen. Zur Begutachtung müssen sie nach ein paar Führrunden auf einem gepflasterten Weg um den exakt getrimmten Rasen hinter dem Stall in "offener" Stellung, d.h. die Beinpaare versetzt, stehen bleiben. Es werden Fotos und Videos von jedem der vier Geld bringenden Rennerbeine geschossen, Sehnen befühlt - und dann wechseln, wenn das Pferdchen auf erfolgreichen Einsatz im Rennen hoffen lässt, zwischen 50000 und 250000 Dollar den Besitzer. Für einen Jährling, der noch keine Erfolge vorweisen kann! Was später für Summen im Spiel sein würden, lässt sich nur ahnen. Seitdem Asien am großen Weltwirtschaftsspiel mehr und mehr teilnimmt, hat sich auch dort ein neuer Markt für die Rennpferdeindustrie eröffnet. Sabine erzählt, dass die Leidenschaft für Pferderennen z.B. in Japan völlig neue Dimensionen erreicht: dort gibt es, wie sie erfahren hat, Tribünen rund um die Weiden der erfolgreichen Pferde, wo Menschen Eintritt bezahlen, um den Champions beim Grasen zuschauen zu dürfen! Ja, geht's denn noch?? Während also die besten Renner für das ganz große Geld sorgen, geht es den Verlierern ziemlich schnell an den Kragen. Wenn keine Plazierungen erfolgen, die Stute keine Fohlen mehr bekommt oder ein Pferd sich kostspielig verletzt, wird nicht lange gefackelt: Die Verlierer werden schnell um die Ecke gebracht, wenn sie nicht noch gewinnbringend abgestoßen werden können. Die dunkle Kehrseite der allzu gänzenden Medaille. Sabine sagt, das sie, wenn ihre Zeit hier abgelaufen ist, nie wieder in einem solchen Betrieb arbeiten würde. Nach der Führung um die Farm sitzen wir mit ihr und Dennis, einem nach Australien eingewanderten Amerikaner, der sich fürs Reisen auf Motorrädern interessiert, zusammen. Er hat hier den Job des Futtermeisters und ist für Pferdetransporte innerhalb des Geländes zuständig. Im Futtershed steht unter einer Haube seine BMW RT80, die er seit 1985 fährt. Sogar durchs australische Outback ist er mit dem Bike, das eigentlich ein Straßenmotorrad ist, gefahren. Er erzählt von harter Arbeit im tiefen Sand und einem Tag, an dem er, bei 35 Grad im Schatten, in 12 Stunden nur 40 km weit gekommen war... Als er sich schließlich verabschiedet hat, kocht Sabine uns Dreien Pasta mit Pestogemüse, sehr lecker! Weit nach zehn Uhr abends schicken wir sie zu Bett:sie muss schließlich um 5 Uhr aufstehen.
Donnerstag, 13.01. - Yerno-NP
Warm heute! Sabine muss arbeiten, die Boxen der Jährlinge ausmisten und neu mit Sägespänen einstreuen. Wir trödeln in der klimatisierten Wohnung herum und packen unsere Sachen wieder zusammen. In Sabines Mittagspause sitzen wir noch ein Weilche zusammen, dann fahren wir ab: für morgen Nachmittag haben wir uns bei Mick in Sydney angekündigt. Bis dort sind es noch etwa 250 km. Wir wählen eine Strecke, die wir noch nicht kennen und die durch die Berge führt. Sieht auf der Karte interessant aus und erweist sich auch als gute Entscheidung. Am Beginn der Bergstrecke stoppt mich ein Triumphfahrer und erzählt mir begeistert, dies sei eine der schönsten und kurvigsten Motorradstrecken Australiens. Wo wir denn herkämen und ob wir nicht 100 km weiter an der Tankstelle mit ihm was trinken wollen? Nette Idee, aber so weit wollen wir heute gar nicht fahren. so fährt er winkend weiter und wir folgen in unserem gemütlichen Tempo nach. Die Straße windet sich neben einem kleinen Bergbach durch ein felsiges Tal, manche Kurven sind etwas tricky, aber es macht natürlich Spaß, sich auf dem schmalen Teerband von einer Seite auf die andere zu werfen. Andy, der Triumphfahrer, hatte erzählt, dass er vor 15 Jahren schon hier gefahren ist, als die Strecke noch nicht geteert war. Damals auf einem Dirtbike, nun auf seinem Straßenmopped. Wir schalten unsere Augen langsam auf Zeltplatzsuchmodus und landen eine halbe Stunde später auf einem sandigen Waldweg, auf dem schon lange niemand mehr unterwegs war. Darum bauen wir uns auch frech mitten auf dem Weg auf, wo es gerade schön plan ist. Zu beiden Seiten sichern wir den Weg vorsichtshalber mit ein paar dicken Stöckern ab, just in case... Kein Lüftchen bewegt sich, das Konzert der Zikaden erfüllt den Wald, uns läuft der Schweiß in Strömen und ich krame mal wieder meinen in Darwin gekauften Fächer heraus. Kurz vor dem Sunset wandere ich unseren Weg bergauf. Er erweist sich als Serviceweg für die benachbarte Stromtrasse und führt bis hinauf zum Sockel des höchsten Masten. Von dort habe ich einen fantastischen Ausblick über schier endlose bergige Wälder. Ein paar abendliche Vogelstimmen, die Sonne blinzelt durch die Wolken, die ersten Nebel steigen aus dem Wald auf...
Freitag, 14.01. - Sydney
In der Morgendämmerung spazierten wir nochmal, diesmal zu zweit, den Berg hinauf. Leider fand der Sonnenaufgang hinter dem nächsten, etwas höheren Waldberg, statt, aber trotzdem wirkte der nebelverhangene, morgendliche Wald fast mystisch. Auf der Kurvenstrecke fuhren wir bald weiter Richtung Windsor, bogen in einem kleinen Kaff namens Colo auf eine Erdstraße ab, die nach Osten und zu einer kleinen Fähre über den Hawkesbury Fluss führte. An dem einspurigen Weg sehr schöne Grundstücke, versteckt im waldigen Tal. Ziemlich weit weg vom nächsten Lebensmittelladen, aber sonst sehr verlockend... Der Fährmann startet das kleine Boot nur für uns und setzt uns über die braunen Wassermassen. Auch dieser Fluss zur Zeit trägt viel lehmig-braunes Wasser, kein Wunder! Jenseits folgt eine Straße den Windungen des Flusses, viele Campingplätze zeigen, dass wir uns im Ferieneinzugsgebiet der Großstadt befinden. Noch einige Zeit genießen wir die ländliche Gegend, dann stürzen wir uns von Norden in die Großstadt hinein, lassen uns von den lärmenden Automassen auf dem Pacific Highway in das geschäftige Stadtleben spülen. Den Weg zu unserem Freund Mick, der uns heute Nachmittag erwartet, finden die Moppeds fast von allein und dann sind wir wieder in unserem ersten australischen "Zuhause". Mick grinst und sagt: "Make yourselves at home!" Auf seinem riesigen Flachbildfernseher sehen wir nun einige Aufnahmen der großen Flut, der wir entgangen sind. Allmählich geht das Wasser in Queensland zurück - es fließt nun die großen Flüsse entlang Richtung Victoria und South Australia, wo sich die Menschen jetzt auf die zu erwartenden Überschwemmungen vorbereiten, so gut es eben geht. Die Nachrichtensprecher erzählen von erstaunlicher Solidarität der Bevölkerung bei den ersten Aufräumarbeiten, im ganzen Land werden Millionenbeträge gesammelt, um besonders schwer getroffenen Menschen schnell helfen zu können. Im Wesentlichen gehen die Leute sehr gelassen mit der Situation um. Kann man halt nichts machen - die Naturgewalten spielen in diesem Land häufig verrückt... Der Schaden für die Volkswirtschaft wird in Milliarden geschätzt. Fast die gesamte Ernte in Queensland, der Futterkammer des Landes, ist zerstört, viele Minen sind überflutet, dadurch stockt Australiens wichtigstes Exportgeschäft. Unzählige Straßen sind davongeschwemmt worden, Zigtausende Häuser müsssen neu gebaut oder repariert werden... An dieser schlimmsten Flut seit 1974 wird ganz Australien lange zu knabbern haben!
Sonnabend, 15.01. - Sydney
Auch meine geflügelten Freunde sind noch da: mit einem Stückchen Apfel bewaffnet, stand ich morgens keine drei Minuten auf dem Balkon, bis der erste Rainbow-Lorikeet angeflogen kam. Und vermehrt haben sie sich inzwischen auch: eine Stunde später sitzt eine ganze Familie mit zwei Jungvögeln, erkennbar am noch bräunlichen Schnabel und dunklen Augen, während bei den Altvögeln Schnabel und Iris rot gefärbt sind. Sie knabbern noch etwas unerfahren an meinem Apfel herum, quietschen dann ihre Eltern um Futter an. Die Baby-Stimmen klingen nach rostiger Türangel. Ein paar Tage Pause bei Mick, dann geht´s weiter Richtung Melbourne. An Sydney und dem südlichen New South Wales ist der große Regen vorbeigegangen, nach morgendlichem Schauer ist es warm und leicht bewölkt. Wir haben Nachricht von Isa: ihm und Linda geht es gut, ihr Haus ist nicht nass und Eric hat ebenfalls seinen Absprung aus Brisbane rechtzeitig geschafft....
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