Mittelamerika Reiseberichte


Panama
 
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Donnerstag, 23.10. - auf der Stahlratte unterwegs nach Panama
Morgens um acht sollten wir am Steg sein. Dort holte Stephan von der Schiffscrew uns und die anderen Gäste ab. Nun hatten wir Zeit, uns das 1904 gebaute 40m lan- ge zweimastige Stahlschiff in Ruhe anzuschauen und in Beschlag zu nehmen. Alle Räume außer Ludwigs Kajüte sind offen und zugänglich, alles darf man anschauen und anfassen. Wenn bei Segelmanövern Hände gebraucht werden, dürfen (bzw. müssen evtl. auch) alle mit anpacken. Nach einigem Geplänkel am Vormittag warf Ludwig, der Käptn der Stahlratte, den 50 Jahre alten 4-Zylinder 60l Dieselmotor an und los ging's in die blaue See. Die lange Hafenausfahrt von Cartagena wurde von den Spaniern im 17.Jh durch eine bis 2,5m unterhalb der Wasseroberfläche emporragende Mauer gesichert. In der Mitte der Mauer ist ein schmaler Durchlass, heute durch Bojen gekennzeichnet, den muss man erwischen, sonst schrammt man sich das Schiff kaputt. Da die Stahlratte einen Tiefgang von 2,8m hat, passiert es leicht, dass sie leichten Kontakt zu der Mauer aufnimmt - so gab es auch heute einen kurzen Rrrummms! Auf dem offenen Meer nahm die Dünung zu, das Schiff schaukelte etwas, es war allerdings kein Segeln möglich, denn der Wind kam direkt von vorn. Also tuckerten wir weiter mit Motorkraft über das tiefblaue Wasser, zeitweise begleitet von drei Del- finen in der Bugwelle. Die heutige Küchencrew produzierte eine leckere Kürbissuppe, die wir am großen Tisch auf dem Oberdeck verköstigten. Die Konsistenz der Suppe ließ den Verdacht aufkommen, die Planer der Mahlzeit wollten es den ersten see- kranken Fischfütterern leicht machen... Da ich zur heutigen Küchencrew gehörte, deren Job natürlich auch der Abwasch war, fand ich mich in der warmen Kombüse zum Abtrocknen wieder. Das bekam mir auf die Dauer nicht so gut, Igor, dem abwaschenden italienischen Backpacker, ebenfalls nicht. Knapp schafften wir unseren Job, dann mussten wir beide erstmal eine Weile an Deck, Horizont gucken und durchatmen. Der Nachmittag verlief sehr chillig, quatschend und sonnenbadend. Weit hinter uns blitzte es - wir hatten gutes Wetter. Ein kleines Vögelchen umkreiste das Schiff auf der Suche nach Land. Irgendwann war es so erschöpft, dass es ohne Rücksicht auf seine Angst vor den Menschen irgendwo landete. Man stellte vorsichtshalber etwas Wasser und ein paar Brotkrumen raus, falls es was davon annehmen würde. Als es schon dunkel war, beschloss der Kapitän, doch mal die Segel zu setzen. Plötzlich war Hektik an Deck, jeder bekam irgendeine Leine in die Hand und ruck- zuck standen die Segel. Viel Vortrieb brachten sie nicht, aber in solchen Fällen stabi- lisieren sie das Schiff und sparen etwas Diesel (im Laufe der Nacht holten wir sie nach und nach wieder ein, als sie zu sehr flatterten). Abends saßen wir im Dunklen an Deck, beobachteten die Blitze und andere Lichter am Horizont. Das Schiff wird durch einen Autopiloten auf Kurs gehalten, es steht also normalerweise niemand am Ruder, darum muss man ein wenig aufpassen, ob Gegenverkehr kommt (in dieser Gegend ist wenig Verkehr, wir sahen bis abends insgesamt 7 Schiffe weit entfernt vorbeifahren). Thomas verschwand relativ früh in der Koje, wo es seinem Magen besser geht. Ich blieb an Deck, bis mir fast die Augen zufielen, konnte dann trotz des Geschaukels erstaunlich problemlos schlafen.
Freitag, 24.10. - auf dem Weg nach San Blas
Um fünf Uhr morgens hörte ich zwei Mädels der Schiffscrew über unserem Bett mit dem Starksegel hantieren und stand auf, um mit anzupacken. Als es gut stand, war schon Zeit, die Kamera für den Sonnenaufgang klarzumachen. Hinter dem Steuer- haus sitzend, genoss ich den sich verändernden Morgenhimmel in seinen glühenden Farben, während es, jetzt aus nördlicher Richtung, immer noch blitzte. Ab sieben gab es Kaffee, später tischte der Küchendienst ein fantastisches Frühs- tück auf mit richtigem Schwarzbrot, vielen Früchten und gutem Kaffee! Danach merkte ich, wie müde ich noch war, haute mich noch mal aufs Ohr und schlief für zwei Stunden fest ein. Die Ankunft im Inselparadies war bei unserer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 Knoten für den späten Nachmittag zu erwarten, dann sollte die Party mit einem gro- ßen Fischessen richtig losgehen, woooh! Mein Magen benimmt sich anständig, nie- mand außer Igor ist so richtig seekrank. Als wir die Inseln erreichten, war der Himmel dunkelgrau, es regnete leicht und war relativ kühl, mich fröstelte etwas. Ludwig schipperte uns sicher durch die Riffe an den richtigen Ankerplatz, kaum war der Anker runtergerasselt, sprangen die ersten Leute ins klare blaue Wasser. Ich auch. Im Wasser wurde mir schnell wieder warm. Wir schwammen zur ca. 100m entfernten kleinen Palmeninsel, wo Schwärme kleiner Fi- sche uns zu den ersten Begeisterungsstürmen hinrissen. Schnell zurück zum Schiff und die Schnorchelausrüstung geholt. Unter Wasser fand ich einige große Schne- ckenhäuser, alle waren von irgendwelchen bunten Rifffischchen (ein Wort mit drei f!) bewohnt, die mehr neugierig als ängstlich aus ihren Behausungen herausschauten. Große Seesterne mit harten Schalen lagen im weißen Korallensand. Mit leuchtenden Augen und hungrig kletterten wir irgendwann an Bord zurück, wo in der Kombüse schon eifrig vorbereitet wurde: zwei selbstgefangene Fische, eine Mak- rele und ein ca. 40cm langer Thunfisch, wurden ausgenommen und filettiert. Bald kamen zwei Indios in einem außenbordgetriebenen Einbaum und brachten einen großen Eimer voller Langostinos und viele kleinere Fische. Wie eine Horde hungriger Wölfe stürzten wir uns bald auf das gute Essen. Die gesamte Situation in diesem Pa- radies euphorisiert uns alle, verständlich, oder? Entsprechend reichlich floss später das Bier: die Jüngeren der Horde verliehen ihrer Freude durch eine schnelle Druck- betankung mittels eines scheinbar sehr lustigen Trinkspieles Ausdruck, es wurde recht laut. Allerdings nicht sehr lange, die Kondition war bald ausgeschöpft und es wurde still auf dem Schiff.
Sonnabend, 25.10. - San Blas
Kurz nach Sonnenaufgang waren die meisten schon wieder an Deck. Nun begann ein tolles Spiel: ein langes Tau, von der Rah herunterhängend, mit dem man sich aus dem Klüvernetz aufs Wasser hinaus schwingen kann und aus einigen Metern Höhe abspringt. Der erste Sprung kostet einige Überwindung, da der Absprungort doch recht hoch über dem Wasser ist, aber danach machte es uns allen riesig Spaß. Ganz ohne Risiko ist dieser Spaß nicht, denn wenn man nicht rechtzeitig loslässt, knallt man gegen die Bordwand... Da aber alle wieder nüchtern waren, passierte nichts dergleichen. Nach dem guten Frühstück - heute hatte Ludwig für alle Crepes gemacht - schnapp- ten wir uns die Schnorchelausrüstung und schwammen zum nahe gelegenen Riff. Und was wir dort sahen, war absolut fantastisch! In Tiefen zwischen 1 und ca. 5 Me- tern tobte dort das bunte Leben zwischen großen Polster-, Gehirn-, Fächer-, Röhren- und anderen Korallen. Bequem an der Oberfläche treibend konnten wir all die Fische beobachten, die man sonst nur aus den vielen Fernsehdokus kennt. Schwarze mit leuchtend blauen Punkten, gelbe mit blauem Rücken und und und... Wir konnten gar nicht genug bekommen und schnorchelten stundenlang dort am Riff entlang, bis wir irgendwann zum Palmenstrand der kleinen Insel schwammen, um uns auszuruhen und auszutauschen über das erlebte Wunder. Davon habe ich im- mer geträumt, seit wir damals in der 13°C kalten Ostsee bei einer Armlänge Sicht das Tauchen lernten! Zurück im Schiff trafen wir einige der anderen, die an einem anderen Riff schnor- cheln waren. Sie hatten nur wenige Fische gesehen, dafür einen großen Hai. Ok, wir waren an der genau richtigen Stelle, scheint mir... Heute mit blauem Himmel und Sonnenschein wirkt die Insellandschaft noch kitschi- ger als gestern bei Regenwolken, es ist unglaublich schön hier! Um die Idylle zu perfektionieren, war für den Abend Barbeque und Lagerfeuer auf der Nachbarinsel angesagt. Kurz vor Sonnenuntergang schwammen bzw. fuhren wir mit dem Beiboot den kurzen Weg und verbrachten den ganzen Abend dort. Das Es- sen war lecker, die Stimmung gut, sogar eine Gitarre war dabei, so ließ es sich leicht bis Mitternacht aushalten (besonders, weil es auf den Inselchen keine Mücken gibt). In mehreren Shuttlegängen tuckerten wir mit dem Zodiac zurück zum Schiff. Die letz- te Nacht an Bord, schnief..
Sonntag, 26.10. - von Carti nach Panama-City
Ich stand früh auf, um noch genug Zeit für einen Besuch am Riff zu haben, aber dar- aus wurde leider nichts. Ludwig hatte sich überlegt, dass wir doch schon früher los- fahren müssten, um rechtzeitig am Ausschiffungsort zu sein, und startete die Ma- schine schon um sieben Uhr. Es reichte grad noch für ein kurzes Abschiedsbad im Meer, dann lichteten wir den Anker und ließen unser Inselparadies hinter uns. Scha- de, hier hätten wir gern noch ein paar Tage länger zugebracht! Nach drei Stunden ruhiger Fahrt durch das Archipel erreichten wir die kleine Insel- siedlung der Kuna, einem indigenen Volk, das in hoher Autonomie den Küstenstrei- fen und die Inseln bewohnt. Dort kam ein Immigration-Officer an Bord, der unsere Pässe stempelte und dann begann das spannende Unternehmen der Verladung un- serer Motorräder auf einen Einbaum, der inzwischen längsseits am Schiff lag. Von der Seilwinde mit ein paar Leuten angehoben, schwebte Jolly fast schwerelos über die Reling und wurde vorsichtig im Einbaum, der recht hohe Bordwände hatte, an die man das Motorrad anlehnen konnte, abgesetzt. Foster folgte, dann das Gepäck. Die anderen sechs Leute, die mit uns an Land wollten, und deren Gepäck passten er- staunlicherweise auch noch in das Boot. Nach kurzem herzlichen Abschied legten wir ab und waren nach einer Viertelstunde durch die Mündung eines Flusses bis zu dem Warteplatz der Jeeptaxis angekommen. Dort standen zwei Geländewagen, die das gesamte Gepäck, auch unsere Koffer, an Bord nahmen (sie wollten für den Transport unserer Alukoffer 25 Dollar haben, was wir zähneknirschend akzeptierten, weil wir so schlimme Geschichten über die nun folgende Piste gehört hatten) und sich mit den anderen unserer Gruppe auf den Weg machten. Wir blieben noch im Kanu und fuhren ein Stück weiter flussaufwärts bis zu einer Furt, die Piste führt dort hindurch. Da es nachts geregnet hatte, war der Fluss gestiegen und darum war die Furt für uns zu tief. Allerdings bestand nun das Problem, die Motorräder ohne Steg aus dem Boot zu heben. Unterwegs erfuhr ich von dem kleinen Kuna, der mit uns fuhr, dass dort niemand wäre, der uns beim Ausladen helfen könnte! Ich schickte also reihenweise Stoßgebete gen Himmel, auf dass der Jeep nicht vor uns an dem Ort sei! Als wir um die letzte Kurve bogen, sahen wir ihn glücklicherweise den letzten mat- schigen Abhang vor der Furt herunterschaukeln. Schnell sprang ich aus dem Kanu und winkte nach Leibeskräften. Dieses Treffen war unsere Rettung, denn wir hätten die Motorräder niemals mit den vier Leutchen, die wir waren, über die hohe Kante aus dem Boot gehoben! Nun waren noch vier kräftige Jungs unserer Schiffstruppe zum Helfen dabei und zu- sammen schafften wir es mit Ach und Krach, erst Jolly, dann den dicken Foster ohne Gepäck aus dem Kanu zu heben. Die anderen fuhren winkend davon, während wir uns sortierten und in Hose und Stie- fel schlüpften. Das nun folgende Pistenstück ließ mir das Herz in die Hose rutschen: tiefer, schlüpfriger Matsch, so weit wir gucken konnten. Das war allerdings nicht weit und hinter der nächsten Kurve kam nur noch eine Schikane, nämlich ein steiler und aufgeweichter Hang. Als wir den überwunden hatten, wurde es wesentlich besser. Wegen der Hitze erlaubte ich mir ausnahmsweise mal, ohne Jacke zu fahren, das war sehr angenehm, erforderte aber auch noch mehr Vorsicht beim Fahren. Die Piste ging über knapp 30km durch den Urwald, dabei supersteil auf und ab, es war eine richtige Achterbahn, in der nur der Loop fehlte. Etwas über eine Stunde später hatten wir den ersten Teer unter den Rädern und bald erreichten wir die Panamericana. Kurz bevor wir Panama-City erreichten, fing es an zu schütten, wir waren in Kürze klitschnass auf der Suche nach dem Flugplatz, wo wir den Zoll für die Moppeds machen sollten. Dort ging allerdings gar nichts, weil Sonntag war... Wir also weiter in die Stadt, ließen uns auf der Umgehungsstraße zweimal Mautgebühr abknöpfen und staunten über die Mengen an Wolkenkratzern, die im Bankenviertel der Stadt bis an die Wasserlinie des Pazifiks reichen. Das empfohlene Hostel "Zuly's" fanden wir schnell, dort war inzwischen schon unser Gepäck abgegeben worden, die anderen der Schiffstruppe empfingen uns ebenfalls. Panama ist selektiv teuer: unser Doppelzimmer ohne eigenes Bad kostete 25 Dollar für eine Nacht. Dafür konnten wir um die Ecke in einem 24 Stunden geöffneten Su- permarkt fast alles kaufen, was das Herz begehrt, und ein paar Häuser weiter in ei- nem Schnellimbiss, ebenfalls 24 Stunden am Tag geöffnet, für 6,74 Dollar zu zweit essen und trinken. Abends ging ich mit den Anderen noch mal in eine nette Kneipe in der Nachbarschaft, wo wir auf einer Terrasse sitzen und für 1,25 Dollar eine Flasche Bier bekommen konnten.
Montag, 27.10. - Panama-City bis Gorgona
Nach den ruhigen Nächten auf See fiel uns der Lärm der Großstadt morgens beson- ders auf (nachts wurde er von dem dringend nötigen Ventilator im Zimmer übertönt). Wir mussten nun herausfinden, wo wir die Zollabfertigung für die Motorräder erledi- gen könnten. Niemand wusste etwas darüber, darum bat ich Zuly um Hilfe. Sie tele- fonierte von Pontius zu Pilatus in der Stadt herum, bis das ca. zehnte Telefonge- spräch endlich mit einer genaueren Wegbeschreibung endete. Inzwischen war es mittags und sowohl Zuly als auch ich war völlig entnervt. Zulys deutscher Ehemann Richie erzählte, so was sei typisch für Panama, wo kaum jemand weiß, wofür sein 10-Jahres-Schreibtischnachbar eigentlich zuständig ist. Nach Packaktion und Moppedcheck machten wir uns auf den Weg zum Zoll, fanden ihn nun mit der Wegbeschreibung recht schnell und regelten dort unsere Papiere. Nicht, dass das nun besonders schnell gegangen wäre, aber Computerabstürze und Unkenntnis des Zuständigen vermischt mit Anleitung einer noch unwissenderen Hilfe will ich hier jetzt nicht weiter ausschmücken. Gegen drei fuhren wir über die große Brücke "Puente de las Americas" über den Pa- namakanal. Ein historischer Augenblick? Ein-zwei Fotos und weiter, der Verkehr ließ keine Stimmung aufkommen und wir wollten nur rasch raus aus der Stadt. Vierspurig führt die Panamericana gen Norden, die Leute hier fahren deutlich langsamer als in Kolumbien. So ist das Fahren etwas entspannter. Der Reichtum des Landes zeigt sich entlang der Straße an riesigen Werbeplakaten, die neben Mobilfunktarifen meist luxuriöse Strandvillen oder Seeblickgrundstücke anpreisen. Als die Straße wieder in Pazifiknähe kam, fragten wir uns nach einer Campingmöglichkeit durch. Der erste Versuch bei einem Hotel war zu teuer, der Chef dort wollte mir einen "guten Preis" machen und bot mir ein Zimmer für 110 USD an, dann ließ er sich auf 60 USD herun- terhandeln, was uns aber immer noch zuviel war. Direkt am Strand fand sich dann eine Cabañavermietung mit großem grünen Platz, einer verspielten jungen Hündin, vier schönen Pferden im Stall und recht sauberem Pool. Dort bot man uns für 20 USD eine Cabaña mit Schlafzimmer, einfacher Küche, ungeputztem Bad und Hängematte vor der Haustür an. Wir schlugen zu und kochten uns zum Feierabend seit langer Zeit mal wieder selbst was Warmes. Der Strand ist recht sauber, allerdings hat das Meer hier einen sehr starken Sog, da bade ich lieber im Pool und spiele mit dem Hund.
Dienstag, 28.10. - von Gorgona nach David
Die Klimaanlage produzierte nur Lärm und etwas Wind, kühler wurde unser Zimmer nicht. Nachdem sie aus war, konnten wir die Stille des Ortes mit dem leisen Donner der Brandung besser hören und schliefen gut. Ein lustiger ca. 50-jähriger Panamese, der in der Nachbarcabaña die Wände streichen sollte, erzählte uns bei einem kleinen Smalltalk, er habe viele Jahre in Montreal, Kanada, gelebt und für eine Leihfirma ge- arbeitet. Dort war es ihm aber auf die Dauer zu kalt und darum ging er zurück nach Panama. Hier lebt er nun zufrieden von der Hand in den Mund, arbeitet, wenn es Ar- beit gibt, schläft am Strand und isst meistens Fisch, den er von den Fischern ge- schenkt bekommt. Bis wir mit Frühstück etc. fertig waren, schien die Sonne schon so heiß, dass ich mir an meinem Topcase beim Packen die Schulter verbrannte! Um zehn saßen wir auf den Motorrädern und fuhren auf der angenehm leeren vierspurigen Straße weiter nach Norden. Zu unserer Rechten sehen wir meistens Berge, mal höher, mal niedri- ger, während die stark geflickte Betonstraße fast nur geradeaus durchs grüne, land- wirtschaftlich genutzte Flachland führt. Beim Tanken stellten wir angenehm über- rascht fest, dass der 91-Oktan-Sprit hier nur ca. 55 Eurocent kostet. Sehr angenehm. Nach der Stadt Santiago, an der man auf der Panamericana nur vorbeifährt, wird die Straße zweispurig, aber da so wenig Verkehr ist, konnten wir trotzdem entspannt fah- ren und uns die Landschaft anschauen. Nun ging es in die Berge hinauf, es wurde etwas kühler, tatsächlich sank die Temperatur auf unter 30 Grad. Kleinere landwirt- schaftliche Flächen, viel Nebelwald. Der Himmel war mehr oder weniger bedeckt, es blieb fast trocken, ideales Fahrwetter. Da es so gut flutschte, beschlossen wir, doch bis nach David zu fahren. Um halb sechs hatten wir 360km Tagesleistung auf dem Tacho und suchten das Hostal "Purple House". Die Stadt David ist recht übersichtlich, wir fanden das durch und durch lila gefärbte Haus mit seinen lila Gardinen, lila Geschirr, lila Bettwäsche und selbst lila Hunde- halsband an der kleinen schwarzen Cocker-Spanielin recht schnell und checkten ein. Unser Zimmer kostet 20 USD, die Moppeds zahlen 1 USD für den Parkplatz im Hof. Von der Stadt selbst sahen wir nun noch nicht so viel, fuhren im Dunklen nur einmal mit dem Taxi ein paar Straßen weiter zum Libanesen, ein paar Falafel essen, aber angeblich gibt's hier eh nicht viel zu sehen. Dafür umso mehr zu hören: es knallt am laufenden Band auf der Straße. Was das Feuerwerk bedeutet, weiß hier niemand - scheinbar ein Ausdruck der Lebensfreude? Ich hoffe, die Nacht bietet weniger Grün- de zum Freuen, wenn sich das hier immer so äußert.
Mittwoch, 29.10. - Einreise nach Costa Rica
Nur noch 55km bis zur nächsten Grenze. Um elf Uhr begannen wir auf der paname- sischen Seite den Papierspießrutenlauf. Es machte mich schon stutzig, dass es hier zum ersten Mal Grenzhelfer gab. Die Ausreise war noch relativ normal, wenn auch etwas unübersichtlich. Richtig lustig wurde es bei der Einreise nach Costa Rica. Um nicht mit den tausend Einzelheiten zu langweilen, nur so viel: wir mussten sieben Stellen anlaufen, bis wir richtig eingereist waren. Es gibt allerdings keinen klaren Plan, sondern man erfährt immer nur den nächsten Schritt, der manchmal, nach dem gesunden Menschenverstand, eher ein Schritt zurück ist. Alles oberwichtig und unef- fektiv bis zum Erbrechen! Vier Leute in einem klimatisierten Büro, einer arbeitet am Rechner, sucht sich im Zweifingersystem die Buchstaben zusammen, die anderen hängen in der Gegend herum, während sich das Publikum vor dem Fensterchen in der Hitze wartend ansammelt. Und man kann nichts tun, als Geduld üben und hoffen, dass der Sachbearbeiter nicht zwischendurch Mittagspause macht und den Schalter für eine Stunde schließt. Heute hat es auch zum ersten Mal Geld gekostet: wir muss- ten eine Haftpflichtversicherung abschließen für 17 USD pro Mopped und die Einrei- se selbst kostete 2,5 USD pro Mopped, weiß der Geier, wofür! Nach dem Grenzstruggle freuen wir uns, weiterfahren zu dürfen, und haben schnell die ersten 90km hinter uns. Dort zweigt die Küstenstraße von der Panamericana ab, wir folgen ihr. Die Gegend erinnert mich an einige Küstenabschnitte im Süden Chiles. Nebelwald bis ans Meer, die Straße ist recht leer und schwingt sich sanft auf und ab, mal mit kurzem Blick auf das nahe Meer, mal komplett in Dschungel gehüllt. Ein kleiner Ameisenbär kreuzt vor uns die Straße, erschrickt sich erst, als ich ab- bremse, um ihn genauer sehen zu können, und verschwindet im Busch. Bevor die Straße im rechten Winkel von der Küste wieder in Richtung Inland abbiegt, liegt ein touristischer Ort namens Dominical, dort fragen wir nach Campingmöglich- keit und, siehe da, wir finden den ersten, im Obergeschoss liegenden Campingplatz unserer Reise. Ein kleines Surferhostel mit ein paar Zimmerchen hat, scheinbar aus Platzmangel, über den Zimmern noch eine offene Etage mit Blechdach aufgestockt. Dort stehen Zelte und hängen Hängematten, vor dem jahreszeitlich bedingten stän- digen Regen geschützt. Wir mieten eins davon für 8USD pro Person, die Motorräder stehen in Sichtweite auf dem Hof. Zwischen Vorder- und Hinterhaus sind mit Palm- blättern überdachte Wege, auf denen man trockenen Fußes herumgehen kann. Da- zwischen wuchern üppige tropische Pflanzen, wohnen gigantisch große Frösche und Spinnen. Ein Spaziergang zum ca. 200m entfernten Strand zeigt uns den Grund für die Touris- ten hier: eine lange Brandungszone bietet den Surfern einen tollen Spielplatz. Wir schauen ihnen beim Wellenreiten zu und bekommen einen glühendroten Sonnenun- tergang um die dicken Wolken herum geboten. Im Süden alles dunkelgrau, mit dich- ten Nebelschwaden, die sich an der Küste stauen, im Westen und Norden orange umkränzte Haufenwolken, die in jeder Minute ihr Aussehen verändern. Wir haben die Kamera nicht mitgenommen... Abends liegen wir in unserer Stoffhülle und sind schon hundemüde, während die ganzen jungen Backpacker um uns herum gerade zu Hochform auflaufen. Da helfen nur die Ohrstöpsel, doch wir schlafen erstaunlich gut ein, während mal wieder der Regen aufs Blechdach trommelt, sehr gemütlich!
Donnerstag, 30.10. - Surferparadies Dominical
Es regnet weiter, wir sind ruhebedürftig: wir bleiben heute hier und relaxen. Kleine Reparaturen sind auch schon wieder fällig, nach über einem Jahr Reise gibt das Equipment allmählich nach, es zeigen sich immer mehr Materialermüdungserschei- nungen. Bei uns im Moment auch. In einer Hängematte baumelnd, lese ich mein aktuelles Buch durch, kann dabei ganz in eine andere Welt eintauchen. Der warme, sanfte Regen fällt auf die großblättrigen Pflanzen im Hof, die dadurch glänzen wie lackiert. Die warme Luft ist gesättigt mit dem süßen Duft der vielen Blumen. Kein Wind weht, das Meer ist ruhig, die Wellenreiter sind darum heute faul und sitzen vor dem Fernseher herum, der unter einem der Palmendächer ständig bunte Bilder ausspuckt. Am Nachmittag spazieren wir in einer Regenpause durch die leicht ver- matschten Sträßchen des Dorfes, bringen uns auf dem Rückweg eine schöne große Ananas mit, die uns das Mittagessen wird. Für morgen haben wir uns vorgenommen, die Küstenstraße weiterzufahren, die ab hier einige Zeit ungeteert ist, aber uns ein großes Stück der Hauptstraße erspart, die im Landesinneren übers Gebirge führt. Dort gibt es einen 3500m hohen Pass, den Cerro de la muerte. Meist ist er in dicken Nebel gehüllt und dieser führt in Gemein- schaftsarbeit mit den vielen Trucks zu einer hohen Unfallrate, daher der Name "Berg des Todes". Da wir in Bolivien ja schon eine Todesstrecke überlebt haben, brauchen wir diesmal das Schicksal nicht unnötig herauszufordern. Und damit Schluss für heute. Die Globusbiker grüßen herzlich aus Costa Rica und wünschen eine schöne Hallo- weenparty. (hier wird kräftig dafür Stimmung gemacht)

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