Mittelamerika Reiseberichte


Mexiko
 
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Fr.06.03. Cuernavaca
Organisiertag. Nichts Spannendes zum Erzählen. Termin beim Zahnarzt geholt, dort zu hören bekommen, dass ein Implantat ca 11000 Pesos kostet, ohne Krone, und ca drei bis vier Wochen Ausheilungszeit braucht. Die wir dann hier verbringen müssten...
Naja, ein Röntgenbild habe ich prophylaktisch schon mal machen lassen.
DIe Sony-Vertragswerkstatt fanden wir nach langem Umherlaufen, doch konnten die mit unserem Problem des ständig wabernden Bildes bei etwas höheren Temperaturen, nichts anfangen und machten insgesamt auf uns keinen sonderlich vertrauenerweckenden Eindruck.
Wir nahmen die Kamera wieder mit.
Auf dem Rückweg kamen wir, schon im Dunklen, durchs Zentrum. Auf der großen Plaza war viel Trubel, genau, wie ich es in Erinnerung hatte. Ein paar Trommler lockten mit ihren Rhythmen die Leute zu sich, ein schlanker junger Mann, in fließende Tücher gekleidet, schwang brennende Fackeln um sich herum, Mariachi warteten auf Aufträge, überall war was los.
Nach dem heißen Tag wurde es gegen Abend doch so frisch, dass wir in unseren T-shirts anfingen zu frösteln und darum bald die sieben „cuadras“ zum Hostel zurückspazierten. Auf dem Hinweg erschien mir die Strecke irgendwie kürzer..

Sa.07.03. Cuernavaca
Wir standen erst so spät auf, dass wir das gute Frühstück mit vielen Früchten glatt verpassten. So geht das aber nicht! Zum Glück hatten wir ein bisschen Notvorrat eingekauft und mussten nicht hungrig in den Tag starten.
Außer Internetrecherche wegen weiteren Zahnarztmöglichkeiten etc gab es nicht viel zu tun, so vertrödelten wir den halben Tag und gingen am Nachmittag quer durch die ganze Stadt spazieren, suchten den großen Supermarkt auf, wo wir uns mit guten Dingen, wie Vollkornbrot (!!!) und vielen leckeren Früchten und Gemüsen, eindeckten und uns dann mit etlichen Tüten per Taxi zurückchauffieren ließen. Der alte, fast zahnlos vor sich hinmümmelnde Mann, der uns fuhr, erzählte, der Durchschnittsverdienst eines angestellten Taxifahrers läge bei ca 150-200 Pesos pro Tag,nach 10-14 Stunden Dienst. Noch Fragen? Als ehemalige Taxifahrer, die wir beide sind, geben wir ihm ein etwas höheres Trinkgeld.
Aus Neugierde hatten wir uns mal eins der „Nopal“ genanntes Kaktusblätter gekauft. Wollte ich schon länger mal probieren! Nach der Anweisung einer freundlichen älteren Frau, die ich am Gemüsestand nach der Zubereitung der Nopales gefragt hatte, schnippelten und kochten wir es. Es schmeckte etwas säuerlich, aber nicht unangenehm. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich die schleimigen Fäden, die sich von den Stücken auf der Gabel zum Teller zogen... Ich glaube, das wird nicht mein Lieblingsgemüse.

So.08.03. Cuernavaca
Alle sind ausgeflogen, wir haben das Hostel und den schöne Garten ganz für uns allein. Anstatt nun also raus zu gehen und uns lauter Sehenswürdigkeiten anzuschauen, verbringen wir den Tag hier recht zurückgezogen, arbeiten, machen unser Gymnastikprogramm, das wir uns vor kurzem mal wieder als tägliche Übung auferlegt haben und gucken Löcher in die Luft. Beide haben wir etwas Halsschmerzen, vielleicht von der Kälte auf den Höhen neulich, vielleicht von der abgasreichen Luft auf den Straßen?
Da fühlt es sich gut an, den Tag ruhig angehen zu lassen. Zwischendurch schnappe ich mir den Kescher und fische die Wasseroberfläche des Pools ab, kuschel mit der netten weißen Puschelkatze herum oder tue ähnlich wichtige Dinge, mit denen ich euch nicht belästigen will.

Mo.09.03. Cuernavaca
Unsere Koffer fehlen uns hier, sie hängen an den Moppeds und die stehen 20 min Fußweg von hier entfernt. Freundlicherweise findet Rafael, Mädchen für alles hier im Hostel, sich bereit, mit uns kurz rüberzufahren. Unterwegs frage ich ihn, wie sich das mit Führerscheinen hier so verhält. Er erzählt mir, dass man sich, frühestens ab 16 Jahren, von irgend jemandem das Fahren beibringen lassen kann. Auch die Verkehrsregeln kann man autodidaktisch lernen. Man muss nur eine Fahrprüfung ablegen. Das heißt: theoretisch! Praktisch kann man auch diese durch eine entsprechende Zahlung umgehen. So funktioniert Mexiko, sagt er uns. Es hat sich also in den letzten 30 Jahren weniger geändert, als ich gedacht hatte...
Nun haben wir auf jeden Fall endlich unsere Küche und alles andere Wichtige hier. Es dauert ja wohl doch noch, bis wir weiterfahren können.
Um dem hohen Preis für das Implantat eine Alternative entgegenzusetzen, besorge ich mir eine zweite Meinung: eine zahnärztliche Klinik in der Hauptstadt macht kostenlose Beratungsgespräche, ich habe einen Termin am Freitag. Dafür muss ich natürlich mit dem Bus in die Riesenstadt hineinfahen, dort mit der Metro quer durchs Zentrum und das Ganze wieder zurück.
Erschöpft von meiner Erkältung und der Anstrengung des Organisierens all dieser Dinge (joke!) sinke ich aufs Bett und ruhe mich für den Rest des Tages aus.

Di.10.08. Cuernavaca
Als ich heute morgen die nächsten zwei Tage Hostel bezahlen wollte, stellte sich heraus, dass das gute Frühstück, dass wir in den letzten Tagen so genossen haben, doch nicht im Preis für das Zimmer enthalten ist. Schade, es war doch sehr bequem, sich einen Teller leckere Früchte und Rühreier mit Toastbrot servieren zu lassen.
Ab morgen kümmern wir uns lieber selbst darum. „Un poco mas tarde“ schlendern wir in die Stadt und holen unsere Zeltersatzteile von der Post. Überraschung: sie sind tatsächlich da und werden uns ohne Schwierigkeiten ausgehändigt. Nach diesem Erfolgserlebnis brauchen wir erstmal eine Pause im Cafe Los Arcos, dem angenehmsten Cafe der Stadt, weil abseits des Straßenverkehrs auf der Plaza gelegen. Dort sitzen tagsüber die alten Männer der gehobeneren Gesellschaften, abends trifft sich auch die Jugend dort. Meist gibt es irgendeine Livemusik und man kann einfach nett da sitzen und dem „people watching“ frönen.
Unsere anschließenden Kilometer durch die Stadt auf der Suche nach einem Fotoladen, einer Dreherei und Ersatzteilen für mein Mopped sind leider nicht so erfolgreich, dafür lang und anstrengend. Zwischendurch lassen wir uns ein Stück chauffieren, dann gehen wir wieder ein Weilchen. Die Stadt Cuernavaca zeichnet sich durch eine enorme Unübersichtlichkeit aus, die daher kommt, dass sie von mehreren Schluchten durchzogen ist, um die und über die man immer wieder geleitet wird. Früher waren diese grünen Schluchten sehr schön, so mitten in der Stadt gelegen, mit Wasserfällen und plätschernden Bächen. Leider ist davon nicht viel Schönes übrig: die Grünflächen und baumbestandenen Abhänge sind mit Müll übersät, das Wasser riecht streng nach Kloake. Kein Wunder, denn der Fluss kommt aus Mexiko-Stadt, wo ihm schon übel mitgespielt wird und dann gibt man ihm hier in der Stadt mit ungeklärten Abwässern den Rest. Es ist viel von Umweltschutz die Rede, aber vom Reden ist es noch nirgendwo besser geworden..
Beim Suchen nach einer Dreherei kommen wir unter anderem auch an einer Tierhandlung vorbei. Zuerst fallen mir zwei Welpen auf, die in einem Drahtkäfig von ca 60x80cm miteinander spielen. Unter ihrem Käfig ein zweiter mit ebenfalls zwei Welpen, die wohl die Exkremente von oben direkt auf den Kopf bekommen?
In einem anderen kleinen Drahtkäfig sehen wir etwas Buntes: eine Handvoll kleiner Hühnerküken wurde, wahrscheinlich in Vorbereitung auf das baldige Osterfest, mit verschiedenen Farben „verschönert“. Kleine pinke, violette und orange Federbällchen stehen dort auf Draht. Einige von ihnen stehen auf einem pinkfarbenen Kissen, weil ihnen da nicht so die Füße weh tun. Bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass das Kissen ebenfalls ein Küken ist. Es hat sich schon aufgegeben und liegt, halb durch die Drahtmaschen gepresst, am Boden, reagiert gar nicht mehr darauf, dass die anderen auf ihm herumtreten. Atmen tut es noch, das arme Wesen. Kein Wasser im Käfig, nur etwas trockenes Futter, was machen wir Menschen nur mit den Tieren?!
Bedrückt gehen wir weiter durch die quirlige Stadt.
Nächster Tagesordnungspunkt: Suzukiwerkstatt. Ein nervöser Taxifahrer bringt uns hin. Dort finden wir heraus, dass mein Modell nicht in Mexiko eingeführt ist, es also auch keine Teile gibt. Die einzige Möglichkeit ist, die Parts aus USA zu bestellen, was schätzungsweise eine Woche dauern würde. Darüber müssen wir erst nachdenken.
Ein kurzer Exkurs über das Straßenverkehrsverhalten der Stadt: aufgrund des hohen Autoaufkommens sind die Straßen fast ständig überfüllt. Es wird viel gehupt, aber erstaunlich entspannt gefahren. Häufig erleben wir, dass wir als Fußgänger über die Straße gewunken werden oder dass Autofahrer anderen den Vortritt lassen. So geht es relativ reibungslos vorwärts. Wir müssen hier nicht, wie in manchen südamerikanischen Ländern, damit rechnen, platt gefahren zu werden, wenn wir nicht schnell genug über die Straße spurten: hier wird langsamer gefahren und auch gewartet, bis gehbehinderte Menschen oder auch kleine Hunde die Straße überquert haben, ohne Stress. Alle unsere Fragen nach Läden für dies und jenes werden sehr freundlich und geduldig beantwortet, es macht den Eindruck, als freuten sich die Menschen, uns helfen zu können.

Mi.11.03. Cuernavaca
Um elf hatte ich den nächsten Termin beim Zahnarzt, heute beim Spezialisten für die Implantate. Sehr vertrauenerweckend, aber sehr teuer. Schwere Entscheidung.. Sicher eine Stunde nahm er sich für mich Zeit, die er nicht extra berechnet hat.
Also, wenn ich mich gegen sein Angebot entscheide, war es eine Nullrunde für ihn.
Ich warte erstmal noch einen zweiten Termin in einer Zahnklinik in der Hauptstadt ab. Insgesamt geht es nicht so recht vorwärts im Moment..
Do.12.03. Cuernavaca
Ein spannendes Ereignis: heute Mittag waren wir mit Andrea verabredet, einer jungen Frau aus meiner hiesigen Verwandtschaft, die ich noch nie gesehen habe. Wir fuhren mit dem Taxi in eine sehr schöne Wohngegend der Stadt und klingelten an einer der hohen Eisenpforten, wie sie hier üblich sind. Meine leisen Bedenken, es könne vielleicht komisch sein, nur aus Gründen einer entfernten Blutsverwandtschaft jemanden zu treffen, erwiesen sich als haltlos: wir kamen schnell ins Gespräch und auch Thomas konnte mitreden, da Andrea sehr gut englisch spricht. Sie kochte für uns drei ein leckeres Pastagericht mit vegetarischer Sauce, was wir auf ihrem schönen Balkon mit theoretischem Blick auf den Popocatepetl verspeisten. Währenddessen malten wir unsere verwandtschaftliche Beziehung auf ein Stück Papier und unterhielten uns über gemeinsame Bekannte aus der Familie.
Da sie künstlerisch arbeitet und in der nächsten Woche ein „Event“ gestaltet, musste sie bald nach dem Essen nach Mexiko-Stadt fahren, doch wir werden uns nächste Woche sicher nochmal sehen. Wir gingen auf dem Rückweg weiter (erfolglos) auf die Suche nach einem neuen Hinterreifen für Foster und stellten mal wieder fest, dass Cuernavaca keine typisch lateinamerikanische Stadt ist und man sich hier sehr gut verlaufen kann. Der Stadtplan ist ungenau und enthält viel kleine Straßen ohne Namen und ständig kommen einem die Schluchten in die Quere! So laufen wir viele Strecken doppelt und dreifach, bis uns die Füße aus den Schuhen springen wollen. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit, die hier übrigens schon deutlich später übers Land kommt als im äquatorialen Bereich, kamen wir zur Plaza, hier Zocalo genannt, wo wir uns erschöpft auf eine Bank fallen ließen.
Ein Mann kam auf uns zu und fragte, ob wir Englisch sprächen. Als wir bejahten, bat er uns, seinen Sprachschülern, die in einer kleinen Gruppe etwas schüchtern hinter ihm standen, zu erlauben, ein kleines Interview mit uns durchzuführen. Warum nicht? Also schickte er zwei junge Frauen zu uns, die in noch sehr holperigem Englisch einfache Fragen stellten. Als sie bemerkten, dass ich sie auch auf Spanisch verstand, fielen sie der Einfachheit halber öfter in ihre Muttersprache zurück und wir mussten sie daran erinnern, dass sie zum Englischlernen mit uns sprachen.
Das war sehr nett und lustig. Etwas erholt durch die Pause trabten wir nach dem „Interview“ zurück zu Bett und Computer. Morgen müssen wir früh raus, um in die riesige Stadt (die größte Stadt der Welt...) zu fahren.
Doch davon ein andermal!



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