Reiseberichte


Neuseeland
 
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Sonntag, 14.02. - Portobello
Nach der langen Nachtarbeit verschlief ich den halben Vormittag. Beim Frühstück beschlossen wir mit Philipp, den Sonntag gemeinsam zu verbringen und erst morgen weiterzufahren. Er bot an, mit uns in seinem 30 Jahre alten Landcruiser nach Dunedin zu fahren und uns die Stadt zu zeigen. Da er ja selbst noch neu hier ist, kennt er auch vieles noch nicht. Prima Idee! Bei grauem Himmel und wieder kräftigem Wind konnten wir also die Moppeds in der Garage stehen lassen. Auf der kurvigen Küstenstraße fuhren wir die 20km zur Stadt, parkten den Wagen im Zentrum und marschierten los. "Dunedin" ist der keltische Name der Stadt Edinburgh, denn die ersten Siedler kamen in der Mitte des 19.Jh. von dort. Sie müssen ziemliches Heimweh gehabt haben, denn sie versuchten, auf der anderen Seite der Welt eine Stadt aufzubauen, die ihrer Heimatstadt möglichst ähnlich war. So bauten sie das städtische Straßennetz nach dem schottischen Vorbild aus. Was nicht ganz unproblematisch war, da die Landschaft hier viel bergiger ist. So kam es dazu, dass einige sehr steile Straßen entstanden... Der überschaubare Stadtkern sieht auch heute noch sehr schottisch aus. Auf unserem Spaziergang liefen wir am zentralen Oktagon-Platz vorbei, besichtigten die alte viktorianische Bahnstation und kamen schließlich zum großen Museum der Stadt, das sich wirklich sehen lassen kann. Schon von draußen konnten wir zwei große Dampflokomotiven sehen, die hinter ebensogroßen Glasscheiben zu bewundern waren. Neugierig geworden gingen wir hinein und fanden eine umfassende Sammlung der technischen Entwicklung Dunedins unter besonderer Berücksichtigung der Mobilität. Uralte Kutschen standen dort, dann die ersten Autos und motorbetriebenen Fahrräder samt kompletter Nachbildung einer damaligen Schmiedewerkstatt. Weiter ging es mit riesigen Buick-Autos, den ersten Wohnanhängern (sehr gemütlich!) und einer netten Sammlung alter Motorräder, incl. der schnellsten Triumph-Rennmaschine Neuseelands, die mehrmals gegen den legendären Burt Monroe und seine "Indian" angetreten ist. Nach der Besichtigung der Mobilitäts-Abteilung ging es weiter mit den Zeugnissen der Besiedlung. Dort ist ein Bereich den deutschen Einwanderern gewidmet, die einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Stadtgeschichte genommen haben. Ein ganzer großer Raum zeigt ausschließlich Fotos der ersten Siedler, die zwischen 1850 und 1863 mit vier Schiffen in Dunedin angekommen waren und sich als Pioniere niederließen. Interessante Gesichter schauten uns da von den Wänden an: raue ältere Männer mit langen Bärten, abenteuerliche Frauengesichter, denen man die Härte ihres Lebens deutlich ansieht, aber auch das unternehmungslustige Glitzern in den Augen kann man auf manchen der alten Schwarzweißaufnahmen erkennen. Es gehörte ja schon einiges dazu, sich auf eine dreimonatige Seereise in engen Kabinen unter Deck eines schwankenden Schiffes zu begeben, um am anderen Ende der Welt ein neues Leben anzufangen! So eine Kabine wurde auch hier im Museum aufgebaut, mit einer an der Decke schaukelnden Tranfunzel und aus Lautsprechern knarrenden Schiffsplanken, sehr eindrucksvoll gemacht! Dazu kann man sich kurze Filme über das Leben an Bord und die Ankunft in der neuen Welt anschauen. Eine weitere Abteilung des Museums zeigt das Leben und die Kultur der Maori, die ja schon einige hundert Jahre vor den Europäern dieses Land entdeckt und in Besitz genommen hatten. Bis heute ist das Verhältnis zwischen den verschiedenen Kulturen schwierig, obwohl das heutige Neuseeland versucht, die Maorikultur zu fördern und den Nachkommen dieses Volkes besondere Rechte einzuräumen. Es ist doch zuviel kaputt gegangen in den letzten 150 Jahren, das sich nicht einfach zurückdrehen lässt. So sollen fast 70 Prozent aller Häftlinge in den Gefängnissen Maori sein, ebenso ein großer Teil der Sozialhilfeempfänger... Wir sehen hier auf der Südinsel nicht so viel von diesen sozialen Problemen, auf der Nordinsel scheint es heftiger zuzugehen. Nach einigen Stunden im Museum ließen wir uns weiter durch die Stadt treiben, schauten in die kleine, aber interessante kreuzförmige Kathedrale hinein, deren hölzerner Dachstuhl und ein großes Rosettenfenster uns gut gefielen und gingen abschließend gemeinsam einkaufen. Wir hatten nämlich vor, abends zusammen zu grillen. Wir sind ja schließlich in Neuseeland und ich esse gerne Lammfleisch! Philipp auch, das passte! Also besorgten wir eine größere Menge an frischen Lammkoteletts für die Raubtiere und für den Vegetarier ein Stück Schafskäse und machten uns auf den Heimweg. Auf der Halbinsel gibt es zwei Straßen: die Küstenstrecke am Wasser und die "Highcliffroad", wie der Name schon sagt, oben auf den Hügeln entlang. Mit tollem Weitblick, mal auf die Bucht zwischen Dunedin und der Halbinsel, mal aufs offene Meer schlägelt sich die schmale Straße über den Bergrücken. Die Ostseite der Peninsula ist, weil Wetterseite, fast unbesiedelt. Dort schaut man über schroffe Kliffs, grüne Schafweiden und kleine Waldstücke aufs blaue, schaumgekrönte Wasser hinaus. In den kleinen Buchten findet man Seelöwen- und Pinguinkolonien. Wenige Menschen haben ihre Häuser auf diese rauere Seite gebaut, während die Hänge der Westseite fast durchgehend bebaut sind. Der gesamte Tourismus findet dort statt, Bed and Breakfast-, Homestay- und Backpackers-Angebote finden sich an allen Ecken, die Preise sind relativ hoch. Auch Philipp hat im Anbau seines jetzt gemieteten Hauses einen Raum, der an Touristen vermietet werden soll. Wir kamen hungrig nach Hause, machten gleich Feuer im Grill und bereiteten unser Sonntagsfestmahl vor. Es regnete etwas, darum saßen wir bei offener Tür in der Küche - manchmal ist es doch ganz schön, dass es Dächer gibt! Und dann schmausten wir gemütlich unsere gegrillten Lammkoteletts/Schafskäse, dazu Bratkartoffeln, in der Glut gegarte Maiskolben und gemischten Salat, war das lecker!! Später zeigten wir Philipp Reisebilder aus Feuerland und Patagonien, was dazu führte, dass der Arme, der morgens um vier Uhr aufsteht und um sechs anfängt zu arbeiten, viel zu spät ins Bett ging und sicher morgens müde war! Wir verabschiedeten uns mitten in der Nacht bis auf Weiteres..
Montag, 15.02. - Tawanui
Im Gegensatz zu Philipp konnten wir ausschlafen und packten in aller Ruhe zusammen, zogen gegen Mittag die Türe hinter uns zu und fuhren weiter nach Süden, die "South Scenic Route" entlang. Leider scheint hier unten meistens ein recht kühler frischer Wind zu wehen, was uns davon abhielt, so viele Stopps einzulegen, wie die Schönheit der Landschaft es eigentlich verlangte. Die Straße verläuft über weite Strecken direkt an der Küste entlang, mit Blick auf blaue Buchten mit schönem Sandstrand hinter schmalem Dünenstreifen, auf dem es verschiedenfarbig blühte. Später biegt man ins Landesinnere ab, fährt dort durch teils waldige, teils beweidete Hügel. Wenig Verkehr, kaum Häuser. Windgeschützte Müslipause auf einem gut gepflegten Picknickplatz zwischen den Hügeln. Gemähter Rasen, kein Müll, kleine Tische unter fruchttragenden Apfelbäumen, sehr schön. Am östlichen Rand des Catlins Conservation Parkes folgten wir einer Schotterpiste, die uns schließlich auf eine große Schafweide mit riesigen Bäumen führte. Kein Mensch weit und breit, viele schöne Zeltmöglichkeiten, hier bleiben wir! Thomas zog mit der Wasserschüssel los und fand hinter einem urwüchsigen Wald einen Fluss mit gutem Wasser. Der Wind legte sich, wir uns auch.
Dienstag, 16.02. - Te Anau
Ein sonniger Morgen. Auf dem Weg zur Straße kamen wir an der versteckten Catlins-Woodstock-Lodge vorbei, wo uns Russell und Veda, die Eigentümer des Platzes, von der Straße pflückten und in ihrem Wohnmobil zu einer Tasse Kaffee einluden. Sie haben hier früher Landwirrtschaft betrieben und vor ein paar Jahren umgesattelt auf Tourismus. Die Lodge besteht aus ein paar schönen Appartements, Campingstellflächen am Flüsschen, mit Kinderspielplatz und kleiner handbetriebener Fähre zum Übersetzen. Alles gut gepflegt und liebevoll gestaltet. Einmal im Jahr gibt es Musikfestival mit verschiedenen Bands. es sei für alle Altersklassen etwas dabei, erzählten sie. Nun kämen sie allmählich in die Jahre, wo sie ans Aufhören dächten und fingen an, sich um Nachfolger zu kümmern, die diesen Platz weiterführen würden. Hmmm, wäre bestimmt einen Gedanken wert... Als wir endlich weiterfuhren, war es schon wieder früher Nachmittag und wir waren noch nicht einmal 10km weit gefahren. Nun aber los! Mit einer Handvoll Tipps für Unterwegs verabschiedeten wir uns von den netten Leuten. Noch über 100 km bis Invercargill. Die nun folgende Strecke hat viele spezielle Highlights zu bieten: von Wasserfällen über besonders schöne Buchten bis hin zum neuseeländischen Regenwald. Ein längeren Halt machten wir am Lake Wilkie, inmitten des Regenwaldes gelegen und mit Informationstafeln zu diesem besonderen Biotop versehen. Ein gewundener Pfad führt durch den Wald zum See hinab, vorbei an den typischen Baumfarnen und riesigen Bäumen, die mit vielen Aufsitzerpflanzen bewachsen sind. Ich zog mit beiden Kameras bewaffnet auf Entdeckungstour und versuchte, etwas von der Atmosphäre des Waldes einzufangen. Auf den Fotos kann man leider die Vogelstimmen und die feuchte Weichheit der Waldluft nicht erleben. Am späten Nachmittag fuhren wir durch die südlichste der neuseelä#ndischen Städte, Invercargill, die auf rieseigem Einzugsgebiet aber scheinbar nur von einer kleinen Anzahl von Menschen bewohnt wird. es hielt uns hier nichts und wir fuhren gleich weiter. Da unsere Wetterinformationen für Mittwoch heftigen Regen auf der gesamten Südinsel vorhergesagt hatten, gaben wir nun etwas mehr Gas, um abends noch bis Te Anau zu kommen. Dort wohnt Toddy, ein Motorradfahrer, mit dem wir über gemeinsame Bekannte in Alaska Kontakt aufgenommen hatten und der uns wertvolle Informationen zur Verschiffung nach NZ geschickt hatte. Dieser Toddy also hatte uns eingeladen, bei ihm ein paar Tage zu wohnen und Ein- oder Zweitagestouren mit Standquartier bei ihm zu unternehmen. Very nice! Der Himmel zog sich zu, wir fuhren unter einer dicken Wolkenplatte hindurch nach Norden, bis wir schließlich in der Abendsonne in das sehr touristische Städtchen Te Anau einfuhren. Dort fragten wir uns nach Toddys Adresse durch und überraschten ihn bei Einbruch der Dunkelheit mit unserem Besuch. Mit einem breiten freundlichen Lächeln zeigte er uns gleich sein Besucherhäuschen im Garten mit Doppelstockbett, Tisch und Zeitschriftenregal voller Bikerzeitungen, wir parkten die Bikes in der großen Garage und bekamen von seiner phillippinischen Freundin im Haus einen heißen Tee. Das tat gut, wir waren doch ziemlich kalt geworden unterwegs!
Mittwoch, 17.02. - bei Toddy
In unserem Häuschen schlief es sich gut und lange, das Frühstück vor der Tür am Picknicktisch dehnte sich ebenfalls in die Länge und schon war es Mittag. Der versprochene heftige Regen, mit dem im Hinterkopf wir uns gestern abend beeilt haben, noch hier anzukommen, fiel aus, der Himmel war nur locker bewölkt. So viel zum Thema Reiseplanung nach dem Wetterbericht... Wir hätten also heute durchaus nach Milford Sound fahren können! Die angeblich sehr schöne hochalpine Strecke an diesen berühmten Fjord ist von hier aus 150km lang, da müssen wir früher losfahren, wenn wir an einem Tag hin und her fahren und dort auch noch Zeit für Besichtigung haben wollen. Na gut, also heute nicht. Stattdessen schraubten wir die Packtaschen von den Moppeds und machten eine kleine Spritztour nach Te Anau. Der kleine Ort gilt als Tor zum neuseeländischen Fjordland und ist dementsprechend gut besucht. Die Angebote reichen von kombinierten Bus- und Schiffstouren zu verschiedenen Fjorden über die hier überall sehr populären "Scenic-Flights" bis zu Besichtigungstouren z.B. eines unterirdischen Wasserkraftwerks oder einer von Glühwürmchen beleuchteten Höhle im Berg (während ich hier in der offenen Tür unseres Hüttchens sitze und schreibe, hüpft übrigens gerade ein bunter Distelfink auf Futtersuche über den Rasen...). In Te Anau ist also für fast jeden was dabei, abgesehen davon, dass es einfach ein relaxter kleiner Ort an einem schönen See mit Blick auf die Berge ist, in dem man auch einfach stundenlang in einem der vielen Cafes sitzen kann. Die Preise sind allerdings für hiesige Verhältnisse recht üppig. Wir parkten die Bikes irgendwo und streunten ziellos durch den Ort, besorgten uns dann ein Stück Kuchen und einen "take away-coffee" und setzten uns strategisch günstig in einen kleinen Park. Plötzlich sahen wir dort vier dreckige Moppeds voller Aufkleber vorbei "öddeln", zweie davon tatsächlich mit deutschen Nummernschildern! Da sie auf den Parkplatz des nahen Supermarktes abbogen, lief ich ihnen nach und begrüßte Conny und Michael aus der Nähe von Frankfurt und die beiden US-Amerikaner (noch ein Michael und Elliot), die sich gerade gestern getroffen haben. Ein kurzer Reisetalk (ich erzählte ihnen von dem Adventure Rider-Treffen am Wochenende, zu dem sie wohl alle kommen werden) und wir verabschiedeten uns für heute. Es gibt sie also doch auch hier in Neuseeland, die Leute, die ihre Moppeds mitbringen! Für die Heimfahrt suchten wir uns eine alternative Strecke über den Nachbarort Manapouri und fuhren dort durch unspektakuläre, aber doch schöne grüne Hügel zurück zu Toddy. Außer Schafen und Rindern weiden hier auch große Rotwildherden auf hoch eingezäunten Wiesen. Wie wir erzählt bekamen, haben sich die hier "eingeschleppten" Hirsche, wie auch Kaninchen, Opossums und viele andere von den Menschen eingeführte Tierarten zu einer rechten Plage entwickelt, der man nun durch Abschuss und Domestikation Herr zu werden versucht. Hirschfleisch aus Neuseeland, schon mal im Supermarkt gesehen? Es gibt hier kein größeres Raubwild, daher vermehren sich die Pflanzenfresser ungehindert ohne natürliche Feinde und fressen natürlich alles kahl. Also muss der Mensch, nachdem er das natürliche Gleichgewicht durcheinander gebracht hat, das Raubtier machen und so roch es auch heute in Toddys Haus lecker nach gebratener Lammkeule, zu der wir herzlich eingeladen waren ("..go inside, there is plenty of food for you..!". Ich grub meine Reißzähne in das zarte Fleisch, Thomas war mit frischen Pellkartoffeln und Salat auch froh.
Donnerstag, 18.02. - bei Toddy
Für heute morgen hatten wir uns den Wecker gestellt, um rechtzeitig nach Milford-Sound aufbrechen zu können. Ein prüfender Blick nach draußen zeigte allerdings tiefhängende Wolken bis in die Täler. Bei dem Wetter loszufahren, machte ja nun überhaupt keinen Sinn, - wir drehten uns nochmal um und wachten erst drei Stunden später bei immer noch nebeligem Wetter wieder auf. Hmmm, na gut, also heute auch nicht... Dazu muss man wissen, dass Milford Sound zu einem der nassesten Orte der Welt gezählt wird und Bergstrecken "just for fun" bei Regen zu fahren, das lohnt für uns nicht. Aber wir haben keine Eile und können immer noch nach dem Wochenende schauen, ob der Wettergott uns wohler gesonnen sein mag. Gegen Mittag riss der Himmel für ein Weilchen auf, um sich später um so entschiedener zu verdunkeln. Den ganzen Nachmittag über goss es, während wir nicht im Gebirge nass wurden, sondern "zuhause" unseren Beschäftigungen nachgingen. Thomas suchte mal wieder nach dem unguten Geräusch, das immer noch aus Fosters Maschine kommt, während ich am Computer saß und Daten sortierte. Das Highlight des Tages war das Abendessen, zu dem Toddy uns ins Haus holte: der Rest der gestrigen Lammkeule war immer noch sehr lecker..
Freitag, 19.02. - Mavora-Lodge
Toddy fuhr morgens zum Einkaufen in den Ort, kam mit Unmengen von Futter und Bier für 20 hungrige Biker zurück. Gegen Mittag fuhren wir ca 25km Piste zu der kleinen einfachen Lodge, die er für das Wochenende angemietet hat. EIn größerer Schlafraum, ein paar kleinere, ein zentraler Gemeinschaftsraum mit Bolleröfchen und verstimmtem Klavier, Küche, einfache Sanitärräume, eine schmale Terrasse unter dem Dachüberhang, von der aus man weit übers Tal schauen kann, das ist unsere Unterkunft für dieses Wochenende. Während Toddy und Ivy eine kleine Spritztour auf seiner KTM unternahm, ging ich einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nach und hackte das mitgebrachte Brennholz für Bollerofen und Grill. Im Laufe des Nachmittags preschten nach und nach die übrigen Besucher des Treffens mit knatternden Geländemoppeds, zumeist KTM, den geschotterten Weg herauf. Helm ab, kurze Begrüßung, Kühlschrank auf, Bier greifen, dann draußen um die Motorräder herum Benzingespräche auf Kiwi-Englisch. Gute Stimmung. Auch die vier Biker, die wir in Te Anau getroffen hatten, tauchten auf und bauten ihre Zelte vor der Lodge auf. Toddys Freundin Ivy bereitete für alle ein gehaltvolles Abendessen auf neuseeländisch/phillippinisch, d.h. es gab gegrillte Würstchen und Frikadellen, einen Hühnereintopf mit viel Ingwer, Reis, Kartoffeln, etwas Gemüse - alle wurden satt und hatten viel Spaß miteinander. Abends liefen auf diversen Laptops diverse Slideshows, man schnackte und trank mehr Bier, das Öfchen machte den Raum gemütlich warm. Es wurden Pläne für verschiedene Bike-Ausflüge in die nähere Umgebung.für morgen geschmiedet:. Lustige Leute, diese Kiwi-Biker!
Sonnabend, 20.02. - Mavora-Lodge
Die ersten schweren Schritte waren morgens um halb neun im Haus zu hören. Die KTM-Gruppe aus Dunedin rüstete zum Aufbruch, Ivy stand schon wieder am Herd und briet pfannenweise Bacon and Eggs. Das ganze Haus roch etwas aufdringlich nach gebratenem Schweinefleisch. Auch für mich morgens nicht so angenehm, für Thomas sicher noch weniger. Allmählich formierten sich verschiedene Ausflugsgrüppchen, je nach Abenteuerlust und Geländeerfahrung zu verschiedenen Zielen. Thomas und ich gesellten uns zu der "gemäßigten" Gruppe, die zu den nahen Mavora-Lakes aufbrach, eine andere Gruppe wollte an Te Anau vorbei und in die Berge fahren. Unser Grüppchen bestand aus sieben Leuten und fuhr erst die breite Schotterstraße zum See, bevor es dann nach und nach immer abenteuerlicher wurde. Erst nur ein welliger Waldweg entwickelte sich der Track bald zu einem stetigen felsig-steilen Auf und Ab mit ungezählten Wasserlöchern, Matschepampe oder auch dicken losen Steinen auf der "Fahrbahn". Allein wären wir wahrscheinlich irgendwann umgedreht, denn es war von vornherein klar, dass wir die gesamte Strecke wieder zurückfahren mussten, aber so in der Gruppe war doch mehr Ehrgeiz und Ansporn vorhanden, bis zum Ende durchzuhalten. An einigen Stellen halfen wir uns gegenseitig, aber meist ging es auch ohne das (wir hatten alle unsere Seitenkoffer abgenommen und waren so erheblich leichter und beweglicher unterwegs! Nach 20km erreichten wir das gesteckte Ziel: eine kleine Übernachtungshütte am Ende des Sees. Dort stiegen wir ab und machten Pause in der Sonne, bevor sich die Gruppe teilte: die Hardcore-Rider wollten dem Track noch ein Stück weiter folgen, wir vier deutschen "chickens" (Weicheier..) fuhren zurück, was uns leicht abenteuerlich genug war. Relativ problemlos meisterten wir die Strecke zurück, holperten über dieselben Berge und durch dieselben Wasserlöcher nun in die andere Richtung und erreichten, schon etwas stolz und erleichtert den Übergang zur "normalen" Gravelroad. Ab nach Hause und unter die Dusche. Später folgten Auswertung und Austausch der unterwegs entstandenen Fotos und Filmclips, wobei wir die schwierigen Parts der Strecke noch einmal von der Couch aus genüsslich nacherleben konnten. Ich muss sagen, dass ich doch ziemlich begeistert bin von den Geländeeigenschaften meines Bikes, wenn es sie mal ohne das schwere Gepäck zeigen darf! Beim abendlichen Zusammensitzen ergab sich ein längeres Gespräch mit Andy (Neuseeländer) und seiner Frau Ellen (aus China eingewandert). Sie fühlten sich durch unsere Bilderclips, die wir gestern abend mal wieder zeigen durften, stark in ihrem Wunsch nach einer großen Reise bekräftigt und befragten uns nach Einzelheiten der Reiseorganisation. Im Laufe des Gespräches luden sie uns ein, auf dem Weg zur Westküste bei ihnen in Wanaka einzukehren, wo wir dann in Ruhe weiterquatschen können. Sehr nette Leute!
Sonntag, 21.02. - wieder bei Toddy
Nach dem Frühstück wurde gepackt und aufgeräumt, um elf waren die meisten Biker schon auf und davon. Wir wollten eine Wanderung auf den Berg hinter der Lodge machen und ließen die Moppeds noch ein Weilchen warten. Gleich hinter dem Haus fängt der Wald an - ein Wald, der fast unberührt wirkt, mit großen alten Laubbäumen, die so alt wirken, dass ich unwillkürlich nach Baumbart Ausschau halten musste. Die einheimische Baumart, die den größten Anteil des Waldes bildet, hat sehr kleine Blätter und ich konnte bisher noch nicht herausfinden, wie diese Bäume heißen. Manch einer nennt sie "Beech", also Buche, was eindeutig nichts mit unseren Buchen zu tun hat, einer anderer sagt "Birch" zu diesen Riesen, wobei es sich ganz bestimmt auch nicht um unsere Vorstellung von einer Birke handelt. Ich muss wohl mal das allwissende Internet befragen. Wir suchten uns einen Weg durch das dichte Unterholz und über dicke weiche Moospolster. Viele umgefallene Bäume lagen kreuz und quer, wir kletterten drüber oder krochen drunter durch. Kleine Vögel kamen neugierig angeflogen und beäugten uns aus kurzer Entfernung. So viele Menschen hatten sie eindeutig noch nicht gesehen in ihrem Wald - sie hatten gar keine Angst. Schöner Wald! Pustend erreichten wir schließlich die Baumgrenze und schauten uns um. Tief unter uns die Mavora Lakes. In einige andere Täler schauten wir hinunter, im Norden konnten wir fast bis zum Lake Wakatipu sehen. Wunderschönes Bergland unter blauem Himmel mit leichten Wolken, je höher wir kamen, desto windiger wurde es allerdings auch. Etappenweise arbeiteten wir uns bis auf den Gipfel des Berges hinauf (hinter dem sich allerdings noch ein weiterer Aufstieg versteckt gehalten hatte, den wir nicht mehr in Angriff nahmen). Fast Rundumblick ist ja auch schon ganz schön… Eine besonders kräftige Böe schnappte sich Thomas´ Käppi und ließ es davon fliegen. Wir brauchten einige Zeit, aber fanden es wieder. Der Abstieg ging, wie immer, schneller als der Aufstieg, doch unten angekommen hatten wir beide ziemliche Gummibeine. Die Lodge lag verlassen da, als wir zurück kamen. Wir gönnten unseren qualmenden Füßen eine kleine Pause, dann schwangen wir uns auf die Bikes und fuhren die 30km zu Toddys Haus. Nach dem Geländeritt von gestern kam uns die Schotterstraße recht luxuriös vor…
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