Südamerika Reiseberichte

Argentinien
 
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Mittwoch,14.11.   -  immer noch in Azul
Wir hängen einen Tag dran und bleiben noch hier, weil wir uns erstens wohl fühlen und zweitens auf ein Ersatzteil für Fosters Benzinhahn warten, was ein hiesiger Dreher bis morgen für uns herstellen will. Ein etwas schwieriger Auftrag, weil es sich dabei um eine große Mutter mit zwei gegenläufigen M16-Gewinde handelt. Dafür hat der Dreher keinen Gewindebohrer und wird darum versuchen, das Gewinde mit der Drehbank hineinzudrehen. Der Benzinhahn war durch leichte Undichtigkeit unangenehm aufgefallen und dies wäre die eleganteste Lösung des Problems. Wenn das nicht klappt, muss der Sprithahn mit Dichtmasse eingeklebt werden. Wir haben also noch etwas Zeit hier und vertrödeln diese genüsslich mit Schnacken: ein deutscher Radfahrer aus Cuxhaven hat auf seiner letzten Reise hier eine Freundin gefunden und besucht sie jetzt für einige Wochen. Da sie vormittags arbeitet, hat er viel Zeit und hat auf mehreren Jahren Reise mit seinem Rad viel Erzählbares erlebt. Das Wetter ist richtig unangenehm kalt und windig, wir sitzen in der Küche der Posta mit Fleecejacke und Pullover und machen unsere Schreibarbeiten...

Freitag, 16.11.
Seit heute mittag sind wir wieder "on the road". Schwer nur haben wir uns aus der gemütlichen Atmosphäre der Posta losreißen können, aber andererseits hatten wir auch Lust, wieder zu fahren. Der Benzinhahn ist leider immer noch nicht zuverläsig abgedichtet, obwohl der Dreher richtig gute Arbeit gemacht hat und eine erstklassige Schraube gedreht hat. Scheinbar ist noch woanders was undicht, lästige Angelegenheit! Auf den ersten 100 km haben wir den vormittags aufgezogenen Wolkenteppich abgehängt, nun ist es angenehm warm und sonnig. Der Wind bläst wieder kräftig von hinten rechts, daran werden wir uns wohl erstmal gewöhnen müssen, wenn es nun Richtung Patagonien geht. Es scheint auch, als müssten wir unsere ursprüngliche Planung, mit dem Schiff die chilenische Fjordlandschaft hinunterzufahren, aufgeben: die Fahrt ist einfach zu teuer. Es würde ca 900 € kosten, uns und die Motorräder von Puerto Montt nach Puerto Natales zu befördern. Das können wir uns leider nicht leisten, wenn sich nicht ein paar Leute finden, die diese Tour gerne sponsern möchten, um irgendwann tolle Fotos aus der spektakulären Landschaft dort zu sehen ( wir winken hier mal ungezielt mit allen verfügbaren Zaunpfählen und bitten jeden, der sich hier angesprochen fühlt, sich per Mail an uns zu wenden ). Ansonsten werden wir uns nun allmählich mit dem Gedanken anfreunden, ab Peninsula Valdes auf der Ruta 3 ca 2200 km durchs karge Patagonien den Spuren der anderen zu folgen und den ständigen Sturm lieben zu lernen. Heute steht für uns aber erstmal auf dem Programm, die Sierra de la Ventana aufzusuchen. Dabei handelt es sich um ein kleines bergiges Gebiet in der ewig platten Gegend und das soll sehr schön sein. Vor 10 km tauchten die Berge schon aus dem Dunst am Horizont auf - es sind noch ca 50 km dorthin zu fahren, aber schon allein der ferne Anblick von Erhebungen, die deutlich höher sind als alles, was wir in den letzten zwei Wochen gesehen haben, lässt die Herzen höher schlagen. Das verspricht ein paar echte Kurven und evtl einen schönen Wildcampplatz abseits allen Zivilisationslärms.

Sonnabend, 17.11.  -  Rio Colorado
Nun sind wir schon richtig in Patagonien und die letzten 150 km ging es nur noch geradeaus. Nach der kurzen und schönen Erholung in der Sierra de la Ventana, wo es zwar nicht soo viele Kurven gab, aber dafür richtige Berge bis zu 1200 m Höhe und viele gelbblühende, schwer duftende Ginsterbüsche in den kleinen Tälern, müssen wir nun vorläufig von solchen Highlights Abschied nehmen. Auf der Straße fahren wieder viele LKW, die uns auch bei 100 km/h noch überholen, ansonsten um uns herum eingezäunte Pampa bis zum Horizont. Unser wohlverdienter Feierabend findet auf dem öffentlichen Campingplatz der Stadt Rio Colorado statt, direkt am schnell fließenden Fluss und leider nicht weit genug von der Straße entfernt. In deutlich noch hörbarer Entfernung führt die Straße, die hier jetzt R. 22 heißt, mit einer etwas holperigen Brücke über den Fluss. Also klappern alle Lastwagen heftig hinüber. Wir hoffen trotzdem auf eine entspannte Nachtruhe.... Der Fluss in der Abendsonne ist jedenfalls sehr schön anzuschauen. Am gegenüberliegenden Ufer stehen hohe Pappeln und einige Trauerweiden hängen ihre Zweige in das Wasser. Ein freundlicher Hund sagt: "Guten Tag", geht dann aber zu den nächsten Menschen, die 20 m weiter scheinbar grillen wollen. Da ist bestimmt mehr Gewinn zu machen! Kurz vor dem Ziel trafen wir ein Motorradfahrerpärchen mit zwei Bikes auf dem Weg zu einem Treffen. Sie waren morgens um drei aus Buenos Aires losgefahren, hatten schon 1000 km Fahrt hinter sich und noch 150 km vor sich! Für einen Abend Bikertreffen! Und morgen die ganze Strecke wieder zurück! Für argentinische Verhältnisse normal, für uns unfassbar!

Sonntag, 18.11.  -  Las Grutas
Wir sind am Meer! In der Nähe von San Antonio Oeste gibt es einen kleinen Ferienort obigen Namens und ein paar Km ausserhalb einen kleinen Campingplatz, der sich "die Oase" nennt. Etwas übertrieben, finde ich, aber immerhin hat er die besten Sanitäranlagen seit langem. Und, was noch wichtiger ist: er liegt weit draussen vor der Stadt! Das bedeutet evtl. mal richtige Nachtruhe, mit Betonung auf Ruhe! Auf den anderen Plätzen ist es immer laut, mindestens Hundegebell und/oder Verkehrslärm gibt es eigentlich überall. Hier vielleicht nicht... Der Arbeitstag auf den Motorrädern war eigentlich nicht besonders anstrengend, aber sehr ermüdend durch die Eintönigkeit der Landschaft. Kleine Büsche bis zum völlig geraden Horizont unter dem weiten blauen Himmel, ab und zu ein paar vereinzelte Kühe dazwischen. Eventuelle Überholmanöver kann man in aller Ruhe planen, denn man sieht den Gegenverkehr schon etliche Kilometer weit kommen. Hier fahren eigentlich fast nur LKW, die allerdings mit 100 km/h. Die wenigen PKW überholen uns ziemlich schnell und sind schon bald nicht mehr zu sehen. Der Wind bläst weiterhin tüchtig von rechts, was also Westen ist, aber mit gemäßigter Wucht. So lässt es sich gut aushalten. Nach 150 km dann plötzlich Bäume am Horizont: wir erreichen die kleine Stadt General Conesa am Rio Negro und pausieren dort auf dem Campingplatz direkt am Wasser. Nach diesem Ritt durch die trockene Buschlandschaft fühlen wir uns wie im Paradies. Unter grünen Bäumen sitzen und ein Müsli essen - wir sind heute leicht zufriedenzustellen. Und weitere 100 km warteten auf uns für heute. Ich wachte aus meinen Tagträumen auf dem Mopped auf, als ich von einem kleinen Hügel aus das Meer erblickte. Davor eine kleine Stadt mit Hafenanlagen: San Antonio Oeste. An einer Tankstelle trafen wir einen Pulk Motorradfahrer, die von einem Treffen in der Nähe zurück nach Puerto Madryn unterwegs waren. Wie lustig, dass wir dort Miguel kennenlernten, dessen Adresse wir vorgestern von Pollo mit auf den Weg bekamen als Anlaufpunkt! Er bestätigte die Einladung und riet uns zu, Las Grutas für die heutige Übernachtung anzulaufen. Der Ort überschlägt sich gerade im Bauboom, alles noch unfertig und auf teuer-touristisch gemacht. Campingplätze waren zwar in Vielzahl vorhanden, aber staubig und müllig ohne Grün und mittendrin im Getümmel. Da haben wir es hier doch besser! Mit einer freundlichen Hündin mit vielen Zecken im Gesicht konnte ich eben einen kleinen Spaziergang zum Wasser machen. Ein herrlich warmer blauer Atlantik breitet sich hinter ein paar Dünen aus. Da werde ich wohl morgen bei entsprechendem Wetter mal baden gehen. Der Wind machte es mir heute zu frisch dazu. Am Strand sah ich den ersten Pinguin, leider schon etwas länger tot, aber eindeutig ein Pinguin. Die lebendigen seiner Art sehen wir dann wohl in den nächsten Tagen auf Valdes. Kurz vor Sonnenuntergang lernten wir eben noch " Dog on wheels" kennen: ein Freiburger Paar auf Fahrrädern mit einem großen Hund, der einen Teil der täglichen Strecken im Anhänger mitfährt. Unterwegs nach Ushuaia, wir werden uns also noch häufiger treffen.

Montag, 19.11.  -  Sierra Grande
Als wir gegen acht Uhr langsam die Augen aufschlugen, fuhren die Radler schon weiter: der Wind ist morgens nicht so heftig, darum stehen sie lieber früher auf. Das werden wir uns wohl bald auch angewöhnen müssen, wenn der Wind weiter im Süden zunimmt. Noch genießen wir jedoch das gemütliche Frühstück und unsere tägliche Routine vor dem Aufbruch. Die Ebene hatte heute einige Uberraschungen für uns: das Land ist hier nicht ganz so flach, wie es uns glauben machen will, sondern es wellt sich so ganz leicht. Das macht nur wenige Meter Höhenunterschied aus, aber die reichen aus, um uns zu foppen. Plötzlich kommt man über eine Hügelkuppe, die man vorher kaum als solche erkennen konnte und sieht am Horizont ein paar Berge aus der Fläche wachsen. Dann, ein Stück weiter, sind sie wieder verschwunden. Wie vom Erdboden veschluckt - wo man hinschaut, nur Flachland, trocken und öde, ein paar Geier in der Luft, sonst nichts zu sehen. Einige Zeit später sind die Berge wieder da, nun schon größer und deutlicher zu erkennen - bis der Erdboden sie wieder verschluckt. Das Spiel endet erst kurz vor dem Erreichen der tatsächlich vorhandenen Berge, die tatsächlich einfach so aus der Ebene aufsteigen, wie der berühmte Ayer's Rock in Australien, nur nicht so berühmt. Warum eigentlich nicht? Komischerweise haben wir die Radler nirgendwo überholt, ob sie so schnell sind, dass sie immer noch vor uns fahren? Wir machen unsere Mittagspause nun auf der menschenleeren Plaza dieses Ortes, der mit Berg- und Seeattraktionen für sich wirbt. Der Strand ist 30 km entfernt, die Sierra liegt gleich um die Ecke. Nach der Mittagspause geht es dann wahrscheinlich bis zur Halbinsel Valdes, wo wir uns einige Tage mit der Tierwelt befassen wollen. Wir sind sehr gespannt und berichten beim naechstenmal darueber.

Euch allen wünschen wir immer viel Spass beim Lesen und, wie immer: schreibt uns mal ;-)

Eure Globusbiker

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