Südamerika Reiseberichte

Argentinien
 
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Dienstag, 06.05. - Alfarcito an der R.51
Die Entscheidung fiel für die Straße nach San Antonio de los Cobres, die R. 51, die durch das Tal des Rio Toro verläuft, gemeinsam mit der Zugstrecke des "tren a las nubes" (Zug in die Wolken), der sehr spektakulär sein soll, aber leider zurzeit nicht in Betrieb ist. Die schmalspurigen Schienen sind meistens von der zum größten Teil geteerten Straße aus zu sehen, wenn sie nicht gerade im Berg verschwinden. Das Tal selbst ist grandios: tief eingeschnitten ist es auf den ersten Kilometern sehr grün, die Hänge sind mit Büschen, Bäumen und Kakteen bewachsen. Weiter oben werden die Berge immer kahler und man sieht wieder bunte Felsen am verwitterten Berghang. Leider war die Sonne am Nachmittag schon hinter den Bergen, sodass wir nur wenige Aufnahmen machten. Bei der obligatorischen Standortbestimmung am Übernachtungsplatz (hinter einer Schutzmauer in der Nähe einiger Häuser) stellten wir erstaunt fest, dass wir schon wieder auf 2850m Höhe sind (Salta liegt auf ca. 1200m). Es war beim Fahren kaum zu merken, dass es so sehr bergauf ging! Passt aber sehr gut in unser Höhengewöhnungsprogramm der nächsten Tage, sozusagen als Einstieg.
Nun sitze ich seit einer Stunde allein im Zelt, denn Thomas musste noch mal ca. 50km zurückfahren. Er hat leider nach einer Pause sein Messer auf dem Pausenplatz liegenlassen und will versuchen, es noch wiederzubekommen, bevor es jemand anderes findet. (Nachtrag: es war noch da... )

Mittwoch, 07.05. - San Antonio de los Cobres
In unserem Höhenprogramm sind wir schon 1000m weiter gekommen: heute schlafen wir auf 3790 m! Mal schauen, wie es uns damit geht.
Morgens war es angenehm warm und windstill, wir frühstückten in der Sonne. Als wir eben losfahren wollten, entdeckte ich, dass die Reifen gespickt waren mit kleinen fiesen Pieksern. Beim Absammeln fand ich auch einen größeren Dorn, der wohl schon seit Cafayate im Vorderreifen steckte. Als ich ihn herauszog, zischte es... Also mal wieder Rad ausbauen und einen neuen Schlauch einziehen. Wir suchten ein paar dicke Steine zum Aufbocken und los ging es. Als der neue Schlauch eingebaut war, mussten wir feststellen, dass er sich nicht aufpumpen ließ. Zuerst fiel der Verdacht auf den Kompressor, aber der arbeitete einwandfrei. Blieb nur noch ein Loch im neuen Schlauch als Erklärung. Tatsächlich war er an zwei gegenüberliegenden Stellen kaputt - Montageschaden?
Also doch Flicken, nun gleich beide Schläuche. Einen wieder eingezogen und endlich konnten wir das Rad wieder einbauen. Inzwischen war ein böiger Wind aufgekommen, der dafür gesorgt hatte, dass alles mit einem feinen Sandfilm überzogen war. Macht sich besondes gut auf der gefetteten Achse des Rades und auf den Simmerringen.
Die Straße war auf den nun folgenden 50km gut zu fahren und führte immer weiter bergauf. Foster fing an zu schnaufen und wollte nicht mehr schneller als 60km/h. Ohne Luftfilter ging es etwas besser. Bald kamen wir auf einen windigen Pass, wo uns ein Schild darauf hinwies, dass wir uns auf 4080 m Höhe befanden. Na, dann ist es kein Wunder, dass Foster so pustet!
Abwärts noch ein paar Kilometer, dann war es wieder vorbei mit der Teerherrlichkeit: fiese Wellblechpiste auf den letzten 30km bis San Antonio de los Cobres, sandig und teilweise sehr weich, richtig eklig zu fahren. Dazu der starke Wind, das erinnerte mich sehr an Patagonien. Jeder LKW, der uns entgegenkam, stellte uns mit seiner Staubwolke ins sandige Nichts, da half nur Anhalten und Kopf runter, bis die Sicht wieder klarer wurde.
In San Antonio angekommen, fuhren wir einmal durch den Ort: ein ärmliches Städtchen zwischen kahlen Bergen, durch die staubigen Straßen bläst der Wind. Keine Bäume, kein Grün, nur der Wind. Wie kann man hier leben?
Am Ortseingang ein neues Hotel, dort konnten wir eine Weile dem Wind entfliehen und teuren Kaffee trinken. Eine alleinreisende Holländerin, Rit mit Namen, kam an unseren Tisch und erzählte von ihrer Leidenschaft für den argentinischen Tango. Doch bald mussten wir das Gespräch unterbrechen, denn es wurde Zeit für die Platzsuche. Ein kurzfristiges Liebäugeln mit der Möglichkeit eines Hotelbettes wurde durch eindeutig überhöhte Preise schnell wieder aufgegeben. Stattdessen fanden wir einen windgeschützten Platz außerhalb des Ortes.

Donnerstag, 08.05. - Von San Antonio zum Fuße des Paso Jama
Die Nacht auf 3800m Höhe war kein Spaß. Wahrscheinlich war der Höhensprung zu groß, was bei mir zu unangenehmem Herzbubbern führte. Thomas hatte keine Probleme in der Nacht, aber ich konnte nur wenig schlafen. Die Temperatur ging auf -5°C runter - mit unserer neuen Wolldecke froren wir nicht. Morgens wurde es bald einigermaßen warm, um 12 Uhr waren wir abmarschfertig. Nur ca. 90km bis zum Treffpunkt mit unserem Bolivienkonvoi, das sollte in vier Stunden wohl zu schaffen sein.
War es auch, aber wir brauchten tatsächlich die ganzen vier Stunden, denn die R. 40 zeigte sich auf diesem, für uns letzten Stück, von ihrer schlimmsten Seite: Weichsand über härtestem Wellblech bei Seitenwind und schnell fahrenden Geländewagen mit dicken Staubwolken im Schlepp, die Durchschnittsgeschwindigkeit sank ins Bodenlose. Nie wieder Schotter!!
Abgekämpft erreichten wir die Kreuzung, wo Erwin, Isa und Guido schon warteten. Nach einem Tässchen Tee im windgeschützten Auto beschlossen wir, noch ein Stück gemeinsam zu fahren, um einen Platz zu suchen. Kurz bevor die Teerstraße nach San Pedro de Atacama auf über 4000 m ansteigt, fanden wir eine Kieskuhle abseits der Straße und bauten dort eine Wagenburg. Nun werden wir die nächste Woche zusammen unterwegs sein, mal schauen, wie das wird!

Freitag, 09.05. - Über den Paso de Jama nach San Pedro de Atacama
Auf 3500 m schliefen wir gut, nur bekam ich mitten in der Nacht wieder Kopfweh. Am Tag macht mir die Höhe nicht viel aus, aber nachts. Gut ausgeruht starteten wir fünf ins Abenteuer Passüberfahrt, etwas über 300 km Strecke bis San Pedro, die größte Höhe unterwegs: 4835m. Und vor allem: die gesamte Strecke ist geteert! Die argentinische Grenze liegt auf 4200m, bis dorthin waren es für uns ca. 150km zu fahren. Es ging langsam, aber stetig bergauf, es wurde windig und kalt. Anhalten, Fleecejacke unterziehen, weiter. Es wurde noch windiger und kälter, an der Grenzstation blies es schon so stark, dass wir die Motorräder kaum abstellen konnten.
Wir holten nach unserer letzten argentinischen Ausreise nun die Klamottenreserven aus den Koffern und rüsteten uns für die zweite Hälfte der Strecke polarmäßig aus. So ging es schon viel besser, mit den Heizgriffen (niemals ohne auf Reise!) blieben sogar die Hände warm.
Da der Wind meist von vorn kam, hatten die Motoren nicht nur mit der Höhe, sondern auch noch mit dem Gegenwind zu kämpfen. Foster mochte an den Steigungen teilweise nur noch 40-50km/h laufen, Jolly schlug sich recht tapfer: nur wenige Male musste ich in den dritten oder vierten Gang zurückschalten, sonst lief er brav mit 70-80 "Sachen" über den Berg.
Die Landschaften auf dem Pass sind beeindruckend. Es gab wieder viele bunte Berge zu sehen. Auf sehr weiträumigen, geschwungenen Hochebenen stehen einzelne verwitterte Felsen, die den Steinfiguren der Osterinsel ähneln und darum Moais genannt werden. Wir kamen an vereisten kleine Lagunen vorbei, auf denen häufig, aber nicht heute, verschiedene Flamingoarten zu sehen sein sollen, kleine Salzseen leuchten weiß und bilden einen schönen Kontrast zu den gelblichen kleinen Hochlandgräsern, die vereinzelt dem harten Klima trotzen. Es wächst sonst nicht viel dort oben, wer weiß, wovon sich die kleinen Vicuña-Herden ernähren. Würden sie sich auf liegen gebliebene LKW-Reifen spezialisieren, hätten sie immer genug zu futtern, denn davon liegen genügend an der Straße.
Gut eine Stunde vor Sonnenuntergang erreichten wir den Anfang der Bergabstrecke nach San Pedro: auf einer Strecke von nur 40 km geht es von 4800 auf 2500m runter.
Unterwegs wurde die Luft spürbar wärmer, die erstarrten Glieder tauten wieder auf.
Nach dem chilenischen Grenzprozedere versammelten wir uns auf einem kleinen teuren Campingplatz, wo wir heiß duschen und den Tag Revue passieren lassen konnten. Dafür nahmen wir die Geräuschkulisse des Ortes gern in Kauf.
San Pedro war früher ein kleines verschlafenes Nest im wüstenhaften chilenischen Outback, bis die Touristen die Gegend entdeckten. Heute ist es sehr aufgebläht, es werden von hier aus Touren auf den Salar de Atacama und den Geysiren von Tatio und auch zum viel größeren Salar de Uyuni in Bolivien angeboten. Alles ist auf Tourismus ausgerichtet und sehr teuer. Allerdings sind die Straßen des Ortes in miserablem Zustand: löcherige, staubige Erdpisten führen in schwer durchschaubarem Einbahnstraßengewirr zwischen den kleinen Häusern hindurch.
Mit etwas Wehmut haben wir nun den argentinischen Teil unserer Reise beendet und schauen gespannt auf das Neue, was uns erwartet.

Davon erzähle ich dann beim nächsten Bericht.


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