Reiseberichte


Australien
 
Australien Mai/Juni 2010 (Weltreise Tagebuch 103) nächstes Tagebuch
Sonntag, 30.05. - Aufbruch aus Sydney
Morgens schaute die Sonne in unser Zimmerchen, wir sprangen fröhlich aus dem Bett: heute geht es los! Da wir gestern schon fertig gepackt hatten, konnten wir direkt nach dem Frühstück aufbrechen. Mick meinte, es würde ja nun sehr ruhig werden in seiner Wohnung und es klang, als würde er es ein wenig bedauern... Da heute Sonntag ist, war die Stadt relativ ruhig und wir fuhren auf einer Nebenstraße Richtung Norden aus Sydney hinaus. Schon bald waren wir richtig im Grünen, fuhren durch Eukalyptuswälder und kleine Dörfer. Nach einer Stunde erreichten wir Wiseman`s Ferry am Hawkesbury River und setzten mit einem kleinen Fährboot kostenfrei über den ruhig dahinfließenden schlammig braunen Fluss. Auf der anderen Seite begleitete die schmale Straße den sich schlängelnden Fluss Richtung Nordost, zu unserer Linken erhoben sich bewaldete Hügel. Als wir weiter kamen, sahen wir große Mangrovenhaine in den Flussniederungen. Es war so gut, wieder unterwegs zu sein! Die Luft war frisch, die Sonne schien zwischen den Wolken hindurch, es blieb trocken. In Mangrove Mountain, einem kleinen Ort am Weg, fanden standen vor dem Tante-Emma-Laden ein paar Tische und Bänke, prima für eine Mittagspause geeignet. Weiter auf einer noch kleineren, aber geteerten Straße über Bucketty Richtung Singleton. Wenig Autos, saubere Luft, Durchatmen. Nachmittags gegen 16 Uhr kamen wir durch den kleinen Ort Broke, wo wir in einem parkartigen Gelände einige Wohnwagengespanne stehen sahen. Spontan bogen wir ab: es stellte sich heraus, dass wir einen freien Campground gefunden hatten. Wie praktisch! Wir parkten bei einem überdachten Campingtisch und beschlossen, zu bleiben. Mit unseren nächsten Nachbarn, einem etwa gleichaltrigen australischen Paar, David und Sue, unterwegs mit einem Kasten-LKW und dahintergehängtem Wohnwagen, kame wir schnell ins Gespräch. David saß auf einem Hocker etwas abseits und bearbeitete eine Holzarbeit, was mich neugierig machte. In ihrem Truck haben sie eine gut ausgestattete Werkstatt mit einem Stromgenerator für all die mitgeführten Maschinen und leben seit drei Jahren "auf der Straße". David stellt sehr schöne Holzschalen aus den rundlichen Auswüchsen mancher Bäume her, er schleift Sägeketten und repariert Maschinen und beide bleiben auch hier und da für längere Zeit, wenn sich ein Job anbietet. Neben ihrem Wohnwagen stand ein großer Käfig mit zwei Nymphensittichen, die auch mit auf Reise sind. Sehr offene, freundliche Leute! Später, als unsere Kartoffeln kochten, kam David nochmal rüber und schenkte uns ein Stück von einem Gemüsekürbis, das übrig geblieben war. Es ergab mit unseren Kartoffeln ein perfektes Abendessen. Ein Stückchen Butter dazu, etwas Salz... Reisesolidarität. Die erste Nacht wieder im Zelt. Etwas ungewohnte Härte der Matten, außer dem Schimpfen eines schlechtgelaunten Possums war es draußen sehr schön ruhig, wir schliefen gut.
Montag, 31.05. - bei Don und Sue in ...
Während unserer morgendlichen Routine schien noch die Sonne, doch als wir aufbrachen, war der Himmel schon bedeckt, aber es blieb vorläufig trocken. 20km bis nach Singleton. An der Straße ein Schild: Achtung, Känguruhs! Auf den nächsten 10km sahen wir vier überfahrene Tiere am Straßenrand liegen... In Singleton verpassten wir die Abfahrt, die wir suchten. Stattdessen fanden wir uns auf einer kleinen verregneten Landstraße wieder, die durch hügeliges Weideland verlief. Erst noch aus geteert, dann aus Schotter, mit vielen kleinen, mehr oder weniger bewässerten Furten und zahlreichen ungläubig dreinschauenden Rindern, die eben mitten auf der Straße ihr Nickerchen machten und sich nur ungerne von meiner Hupe aufscheuchen ließen. Das leichte Nieseln stabilisierte sich zum Dauerregen, der Schotterweg weichte mehr und mehr auf, es wurde glitschig. Trotzdem waren wir gut gelaunt: die Gegend war schön, gelbe Hügel, Eukalyptusbäume, lärmende Scharen von Rosellasittichen, es war uns trotz des Regens nicht kalt und wir waren unterwegs! Länger als erwartet trieben wir uns auf dieser Straße herum, erreichten die Hauptstraße Richtung Tamsworthy erst kurz nach Mittag. Inzwischen waren wir gut durchfeuchtet, trotz Regensachen. Unsere Stiefel lassen allmählich nach... In dem kleinen Ort Scone stoppten wir für eine Kaffeepause. Während wir uns noch sortierten, kam ich mit einem älteren Farmer ins Gespräch. Don erzählte mir, dass diese Gegend schon seit Generationen eine der wichtigsten Pferdezuchtgebiete weltweit sei. Er selbst sei auch Pferdezüchter und wohne nicht weit entfernt. Als wir mit unserer wärmenden Kürbissuppe fertig waren, hatte er uns eingeladen, bei ihm zu übernachten. Wir sagten gerne zu: es war nett, mit ihm zu quatschen, es regnete und wir fanden die Aussicht auf ein Dach über dem Kopf verlockend. Da er noch in der Stadt zu tun hatte, rief er seine Frau zuhause an, warnte sie vor und schickte uns dann mit einer Wegbeschreibung voraus. Es war erst halb vier Uhr nachmittags, als wir in Scone losfuhren, aber es wird jetzt, kurz vor der Wintersonnenwende, schon sehr früh dunkel in Aqustralien und wir erreichten den Hof in der Dämmerung. Irgendwie hatte Dons herrschaftliches Auftreten in mir ein Bild von seinem Zuhause hervorgerufen, dass den Tatsachen nicht entsprach. Ein kleines altes Holzhaus war es, was wir vorfanden. Sue, Dons Frau, begrüßte uns herzlich und bat uns durch die Hintertür hinein. Sabine, eine junge deutsche Farmhelferin, die seit drei Monaten hier arbeitet, zeigte uns das Gästezimmer und auch die anderen Räumlichkeiten des Hauses. Das schöne neue Bad kontrastiert mit der provisorischen Küche, deren Wände aus grob gezimmerten Brettern bestehen. Sue erklärte uns den Zustand des Hauses: sie hätten gerade eine Renovierung des Hauses angefangen gehabt, als sich eine Gelegenheit zum Erwerb eines zweiten Hofes angeboten hätte. So sei alles Geld erstmal in den Kauf des Neuen geflossen und die Arbeit am Alten sei dadurch auf der Strecke geblieben. Nun leben sie erstmal auf der Dauerbaustelle. Alles entwickelte sich sehr unkompliziert und nett: wir kochten in der improvisierten Küche zusammen ein leckeres Abendessen, tranken Wein, saßen am wärmenden Kamin und hatten uns eine Menge zu erzählen. Wir zeigten einige unserer Bilderclips und ernteten viele Ah`s und Oh`s. Morgen können wir uns die Pferde anschauen und evtl reiten gehen. Mal wieder sind wir hellauf begeistert über die unerwarteten Begegnungen, die uns das Reisen schenkt!
Dienstag, 01.06. - bei Don und Sue in Woolooma
In der Nacht hörte ich nur das leise melodische Klingen eines Röhren-Windspiels draußen auf der Veranda. Ansonsten war es absolut still, tut das gut! Dementsprechend war ich morgens gut ausgeschlafen und stand kurz nach Sonnenaufgang leise auf, um Thomas nicht zu stören. Die Arbeit mit den Pferden fängt früh an und ich wollte gerne zuschauen. Der Morgennebel hing noch auf den Hügeln, doch der Himmel riss mehr und mehr auf: es versprach, ein schöner Tag zu werden! Über den Wiesen flogen kleine Gruppen von bunten Vögeln von Baum zu Baum: pinkfarbene Galahs, bunte Rosellasittiche und andere. Zahlreiche Magpies sangen ihr vielstimmiges Morgenlied, Pferde wieherten, die drei Hundchen waren auch schon wach und sprangen fröhlich um mich herum, als ich mich auf dem Gelände umschaute. Sabine und Lisa, die beiden deutschen Pferdemädels, gingen mit einem Futtereimer die Pferde von der Weide holen und kamen, wie die Rattenfänger, mit der ganzen Herde im Gänsemarsch hinter sich, herunter zum Ausbildungspferch. Dort wurde die Herde in kleine Gruppen aufgeteilt und in einzelne kleine Paddocks getrieben. Die Pferde wirkten sehr ruhig und entspannt und mahlten bald zufrieden an kleinen Heuportionen herum, während Sabine und Lisa mit den ersten Lehrlingen anfingen zu arbeiten. Die Fünfjährigen sollten im Round Pen lernen, kontrolliert im Kreis zu traben, auf Körpersprachkommando zu stoppen und dann dem Menschen in der Mitte frei zu folgen. Die steigende Sonne schien mir warm auf den Rücken, während ich am Pferch stand und zuschaute. Judy, die dunkle Bordercolliehündin, versuchte hin und wieder, mich zum Stöckchenwerfen zu verführen... ach, wie schön kann das Leben sein! Nach den Übungen im Pferch wollten Sabine und Lisa zwei der jungen Pferde im Gelände als Handpferde neben erfahreneren Pferden laufen lassen und Sue bot mir ebenfalls ein Pferd an, auf dem ich die beiden begleiten könnte. Begeistert nahm ich das Angebot an und sattelte mir die "Lebensversicherung" der Herde, genannt "Hero". Hero ist ein älterer Wallach, den Sue immer neuen Leuten gibt, deren Reitkünste sie noch nicht einschätzen kann, weil er so zuverlässig ist. Glücklich ritt ich mit den Mädels los. Über große hügelige Weiden, durch viele Gatter, die wir vom Pferderücken aus auf und zu machen konnten (die Pferde werde von Anfang an daran gewöhnt und sind sehr gut darin, rückwärts oder seitwärts zu rangieren) und vorbei an neugierigen Rindern. Ab und zu sahen wir ein paar Kängurus davonhüpfen oder einige bunte Vögel von Baum zu Baum fliegen. Die Sonne schien durch lockere Wolken, ich schnupperte genussvoll den warmen Duft des Pferdes unter meinem Sattel. Hero war leicht zu reiten und ging gerne vorwärts, lieber im Galopp als im Trab. Als wir durch eine größere Herde junger Rinder ritten, ging plötzlich eine Welle der Aufregung durch die Rinder und sie stoben auseinander. Davon ließ sich Sabines Handpferd anstecken, sie verlor das Seil aus der Hand und hatte Mühe, auf ihrem ebenfalls nervösen Pferd sitzen zu bleiben. Auch Hero nutzte die Gelegenheit und sprang los und ich musste ihn deutlich überzeugen, dass Durchgehen nicht angesagt war. So schnell, wie die Aufregung gekommen war, verschwand sie wieder und wir mussten nun nur noch das freilaufende Handpferd wieder zu fassen bekommen. Das ging leichter als erwartet und wir konnten gesittet weiterreiten. Zurück auf dem Hof war Mittagspause angesagt, danach ging es weiter mit der Pferdearbeit. Beim nachmittäglichen Ausritt war Thomas auch mit dabei. Diesmal saß er auf Hero, während ich mich nun schon etwas "bewährt" hatte und auf das nächste Pferd, einen größeren Wallach namens Sanskrit, umsteigen durfte. Sabine und Lisa hatten andere Auszubildende dabei und führten uns über andere Wiesen. Dann wollte Lisa zurück, aber wir waren noch nicht müde und folgten Sabine auf der Schotterstraße weiter in die Hügel hinein. Es wurde waldiger, die Straße folgte dem kleinen Fluss, der das Tal einstmals gegraben hat. Zweimal durchquerten wir den Fluss auf den Pferden, sicher suchten sie sich ihren Weg durch die Strömung. Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir zurück und nun spürte ich auch mein Sitzfleisch! Als wir absattelten, kam Don dazu und zeigte uns mit dem erfahrenen alten Hero ein kleines Kunststück: er hob dessen linkes Vorderbein an und führte das ganze Pferd daran langsam zu Boden. Hero nutzte gerne die Gelegenheit und wälzte sich ausgiebig im Sand des Pferches. Dann schickten wir die ganze Herde zurück auf die Weide und uns selbst, in O-beinigem Cowboygang, ins Haus zum Abendessen.
Mittwoch, 02.06. - Woolooma
Fahren wir weiter oder noch nicht? Das war morgens die Frage und damit tüddelten wir unentschlossen herum. Irgendwann war der Zeitpunkt verpasst und wir beschlossen, zu bleiben. Auch darum, weil Don und Sue heute nicht zuhause sind und wir daher Gelegenheit hatten, uns mehr mit Sabine zu unterhalten. Auf die Moppeds kamen wir trotzdem, heute mal wieder ohne Gepäck - wir fuhren eine Runde durch die Barrington Tops, ein Gebirgsmassiv in erreichbarer Nähe, was uns mehrfach empfohlen worden war. Bald endete die Teerstraße und es ging auf Schotter weiter. Immer höher hinauf, es wurde kühler. Hoher Eukalyptuswald auf beiden Seiten des Weges, viel Stämme unten verkohlt von vergangenen Waldbränden. Viele Kängurus verschiedener Art und Größe hüpften verschreckt davon, querten meistens direkt vor den Motorrädern die Straße. Passt doch auf! Dicke Wolken hingen kurz über unseren Helmen und nebelten uns schließlich ein. Auch der Weg wurde feuchter und stellenweise recht matschig, was unangenehm war, denn der Schlamm war sehr feinkörnig und darum rutschig wie Seife. Wir hatten ordentlich zu tun, aber ohne Gepäck ist es ja nur halb so schwer. Nördlich der Berge schraubten wir uns wieder hinab und fuhren durch einsames, hügeliges Hochland. Die Straße wurde nun wieder besser, wir fuhren etwas schneller, was aber auch hieß, dass wir noch aufmerksamer auf lebensmüde Hüpfer achten mussten. Einmal hätte es fast gekracht.. Nach 120km Spaßtour mit nur wenig Nieselregen kamen wir vor der Dämmerung zurück. Hungrig, denn wir hatten seit dem Frühstück nichts gegessen. Etwas später begleiteten wir Sabine zu dem gesellschaftlichen Wochen-Highlight der Umgebung: in dem Dorf Gundy, etwa eine halbe Autostunde entfernt, gibt es einen etwas größeren Pub und dort jeden Mittwoch eine sogenannte "Schnitzel-Night". Dort treffen sich viele der auf den Pferdefarmen der Gegend arbeitenden jungen Leute aus verschiedenen Ländern. Man isst, für nur 10 Dollar, panierte Hühnerbrustschnitzel mit Kartoffelbrei und Gemüse, trinkt Bier und tauscht den lokalen Klatsch aus. Wer ist neu? Wo arbeitet er/sie? Weiß schon jemand was Genaueres? Sabine sagte uns, sie fährt nur darum dorthin, weil es die einzige Möglichkeit in erreichbarer Entfernung ist, überhaupt Leute zu treffen, aber die Gerüchteküche gefällt ihr nicht. Für uns war es ganz lustig, so einen Einblick in die spärliche Feierabendkultur der Pferdepfleger auf Zeit zu werfen. Das Essen war gut, einen Billardtisch gab es auch, wo wir zwei ein paar Kugeln schieben konnten, während Sabine ihre Kontakte pflegte. Zurück auf dem Hof saßen wir noch lange zusammen und unterhielten uns, bis Sabine, die ja morgens früh aufstehen muss, müde wurde.
Donnerstag, 03.06. - Nundle
Im Morgengrauen war ich ausgeschlafen und ging eine Runde joggen. Judy, das freundliche Bordercolliemädchen begleitete mich. Die Luft war noch frisch, das Gras nass vom Tau, viele Vogelstimmen erfüllten das Tal, ab und zu ein Schnauben oder Wiehern. Kein Laut, der nicht hierher gehören würde. Wie schön! Heute gab es keinen Zweifel mehr über das Losfahren und wir verabschiedeten uns bald von Sabine und dem schönen Ort.. Um die Hauptstraße, genauer gesagt, den New England-Highway zu vermeiden, fuhren wir lieber wieder auf Schotter, eine kleine kurvige Straße östlich des Highways, auf dem uns, wenn hoch kommt, vier Autos begegneten innerhalb von etwa 100km. Dafür liefen umso mehr Jungkühe auf dem Weg herum, die meistens mit steil aufgestelltem Pinselschwanz davonpreschten, sobald sie uns sahen. Die Landschaft veränderte sich nicht sehr, es blieb bei mal größeren, mal kleineren Hügeln, bewachsen mit gelbem Gras und großen Eukalyptusbäumen. Zur Zeit der fälligen Magenfüllung erreichten wir Nendle, eine kleine verschlafene "Stadt" mit einem General Store von der Größe eines mittleren Wohnzimmers, einer kleinen Werkstatt mit Benzin-Zapfsäule und einem netten ruhigen Campingplatz, der uns aber eigentlich gar nicht interessierte, weil wir noch weiterfahren wollten. In 10km Entfernung wollten wir uns eine "Hanging Rock" genannte Felsformation anschauen, die Don uns ans Herz gelegt hatte, doch auf dem Weg dorthin gab Foster den Geist auf. Ging aus und wollte nicht mehr anspringen. Schnell war klar, dass es an mangelnder Spritzufuhr liegen müsste, doch wieso? Der Tank war nicht leer... Im einsetzenden Nieselregen untersuchte Thomas den Fehler und stellte fest, dass die Benzinpumpe, die gebraucht wird, um auch den Teil des Tankes, der unterhalb des Vergaserniveaus liegt, nutzen zu können, nicht arbeitete. Um erstmal weiter zu kommen, zapften wir einen Liter Benzin aus Jollys Tank ab und fuhren erstmal wieder zurück nach Tundle, wo uns auffiel, dass sowohl Werkstatt als auch Zapfsäule abgeschlossen waren. Nun kam der Campingplatz ins Spiel und für 18 Dollar durften wir dort unser Zelt aufstellen. Direkt neben einem überdachten BBQ-Bereich mit Tischen und Bänken, Licht, einer gut eingerichteten Gemeinschaftküche (für uns allein), Feuerstelle mit Feuerholz und fließend warmem Wasser. Thomas nutzte das restliche Tageslicht wieder mal zum Schrauben, baute die Spritpumpe aus, auseinander und wieder zusammen, fand dabei eine kaputte Membran und schaffte es, sie wieder zum Arbeiten zu bewegen. Währenddessen richtete ich unser Lager ein und kochte uns ein Abendessen: wir hatten noch Kartoffeln, ein paar Möhren und eine kleine Zucchini, etwas Butter und als besonderes Highlight ein Büschel Petersilie, das ich in Sue`s Garten gefunden hatte. Nach dem Essen kam Besuch: ein Campernachbar, Tim aus Perth, 10facher Großvater und ehemaliger Truckfahrer, der uns erzählte, er sei früher auf der 4400km langen Strecke zwischen Perth und Brisbane hin und her gefahren. Von Freitag bis Dienstag sei er immer unterwegs gewesen, dabei sei er 24 Stunden am Stück gefahren, dann habe er 4 Stunden geschlafen und sei wieder 24 Stunden gefahren. Dem hätte ich nicht begegnen mögen! Zu meiner Beruhigung sagte er, heute könnten die Truckfahrer nicht mehr so lange fahren ohne Pause, denn die Kontrollen seien schärfer und es koste hohe Strafen, wenn man seine Ruhezeiten nicht einhalten würde. Hoffen wir´s Beste! Wir standen lange mit ihm Lagerfeuer und tranken süßen Portwein aus seinem 4 Liter Kanister, aus dem er großzügig verteilte. Gefährliches Zeug!
Freitag, 04.06. - Bungarra
Beim Packen bekamen wir wieder Besuch, diesmal von drei Kindern, die mit ihren Eltern campen und die neugierig auf unsere Moppeds waren. Der vierjährige Justin probierte beide Helme auf und ließ sich stolz damit fotografieren, dann setzte ich alle drei nacheinander auf Jolly und jedes durfte mal auf die Hupe drücken. Sie waren lustig und offen, bloß hatte ich Probleme, den Kleinen zu verstehen mit seinem Aussie-Slang. Mit neuem Mut fuhren wir dann weiter, doch, es tut mir leid, dass ich euch nicht mal was Neues erzählen kann, Foster läuft immer noch nicht besser. Allmählich ist auch Thomas am Rand seiner fast unerschöpflichen Schraubergeduld angekommen... Wir blieben heute auf der Teerstraße und fuhren auf dem New England Highway bis Uralla. Das Wetter durchwachsen mit kleinen Schauern, der Autoverkehr erträglich. In Uralla Kaffeepause, dann weiter auf einer kleineren Straße durch offenes Buschland Richtung Inverell. Vor uns türmten sich riesige dunkelgraue Wolkenberge auf, doch als wir in Bungarra ankamen, wo es wieder mal einen freien Campplatz gibt, hatte es dort schon zuende geregnet. Unser Feierabend bestand darin, dass Thomas zum 97. Mal Fosters Vergaser ausbaute, während ich an einem noch brennenden Feuer in einem Grillofen stand und Löcher in die Luft guckte. Ein kühler Wind wehte, nicht so gemütlich. Bei der Kaffeepause hatte uns jemand erzählt, es habe gestern an der Küste. nicht weit von hier, einen Tornado gegeben, der mehrere Häuser zerstört habe... Gegen Abend ließ der Verkehr auf der Straße nach, es wurde still. Nur der Wind war noch zu hören. Und für kurze Zeit ein rhythmisches Quietschen vom benachbarten Wohnmobil.
Sonnabend, 05.06.
Morgens kühler Wind, aber sonnig. Noch war es ruhig auf der nahen Straße. Im Zelt liegend lauschten wir den Vogelstimmen: Magpies, Noisy Miner, aber auch ein verhaltenes melodisches Flöten war zu hören. Am Frühstückstisch sitzend beobachteten wir einen jungen Magpie, der in der Nähe mit einem kleinen Stock spielte. Er stellte sich mit einem Fuß auf das Ende des Stockes und hielt das andere Ende mit dem Schnabel fest. Plötzlich rollte er sich über den Kopf ab und lag auf dem Rücken. Das machte er mehrmals, blieb auch auf dem Rücken liegen und strampelte mit den Beinen in der Luft herum. Sowas Putziges! Während ich unseren Kram zusammenpackte, baute Thomas sein Motorrad zusammen. Inzwischen kann er die nötigen Handgriffe wohl schon im Schlaf verrichten... Nach einer Stunde Fahrt kamen wir nach Inverell, dem wirtschaftlichen Zentrum dieser Gegend. Eigentlich nur eine kleine Stadt mit 12000 Einwohnern, aber mit einem großen Stadtzentrum voller Einkaufsgeschäfte, wo auch richtig was los war. Die anderen kleinen Orte im Umkreis haben offensichtlich kaum Infrastruktur, darum sammelt sich alles hier. Die Sonne blieb uns heute treu, aber auch der antarktische Wind, der es im Schatten richtig kalt machte. Trotzdem viel schöner als im Regen zu fahren. Die recht gleichförmige Landschaft, flache Hügel mit lockerem Eukalyptusbestand über trockenem Gras, wirkt im Sonnenschein viel "australischer", die wärmeren Temperaturen kommen dann schon noch. Mit gefüllter Küche weiter nach Norden. Ashford hieß der nächste Ort, von wo aus eine 25km lange Stichstraße zu einem Stausee führt (Pindari-Damm). Weg von der Zivilisation und hinein in den Busch. Trotzdem Teerstraße, denn am Stausee gibt es eine Recreation-Area mit freien Zeltplatz, Bootsslip und Kinderspielplatz. Wahrscheinlich kommen die Menschen aus der Umgebung im Sommer gern her, denn immerhin gibt es den See zum Baden und Bootfahren. Doch jetzt ist ja Winter und es ist außer uns und ein paar Anglern weit entfernt niemand hier, obwohl Sonnabend ist. Der Zeltplatz ist sehr schön angelegt mit überdachten Campingtischen auf separaten Ebenen auf einem Hügel mit Blick auf See und Sonnenuntergang. Ein paar Kängurus hopsten erschrocken davon, als ich sie auf meinem kleinen Entdeckungsrundgang störte. Bunte Schmetterlinge genossen die Nachmittagssonne ebenso wie wir, der Wind ließ allmählich nach. Nach feurigem Sonnenuntergang ein kräftiges Abendessen und ein kleines Lagerfeuer. Der südliche Sternenhimmel erstrahlte, so weit ab von allen städtischen Lichtern, über uns in seiner ganzen Schönheit
Sonntag, 06.06. - Underhill Waterfall
In der Nacht war es mucksmäuschenstill um uns herum. Das einzige Geräusch, was ich hörte, als ich ein Weilchen wach lag und in die Stille hinein lauschte, war das langsame schwere Stampfen eines vorbeihüpfenden Kängurus. Morgens wolkenloser Himmel, aber noch kühl. Unser Weg führte uns durch die gelben Hügel zurück nach Ashford, von dort nördlich bis zum Highway, der von Texas (wie? ist das nicht in Amerika?) zur Küste führt. Auch dort wenig Verkehr, wir fahren hier manchmal eine halbe Stunde, ohne auch nur ein Auto zu treffen. Wieder runter vom Highway und auf einer schmalen Teerstraße mit Schotterabschnitten Richtung Stanthorpe. Im Sundown-Nationalpark, einem großen bergigen Waldgebiet, wo man wohl gut wandern kann, hielten wir Mittagspause und beobachteten ein paar wenig scheue Kängurus beim Grasen. Den aufgehängten Infotafeln entnahmen wir, dass in diesen Wäldern über 150 verschiedene Vogelarten leben! Auf dem weiteren Weg nach Stanthorpe sank die Temperatur auf 11 Grad, darum wärmten wir uns mangels Alternative im Stanthorper Mc D. an einem heißen Kakao auf. Die folgende Suche nach einem Zeltplatz an einem nahen Stausee verlief erst erfolglos, doch als wir bei einem offiziellen Campingplatz nach kostenfreien Möglichkeiten fragten, beschrieb uns der aus Holland stammende Besitzer den Weg zu einem Wasserfall in einiger Entfernung. Dies sei sein Lieblingsplatz, wenn er mal verschwinden wolle, sagte er. Von der Schönheit des Platzes, weit entfernt von allen Menschen, sahen wir allerdings abends nicht mehr viel, denn wir trafen erst im allerletzten Tageslicht dort ein. Holz gab es dort unter den großen Bäumen genug und am wärmenden Feuer konnten wir den Tag gut ausklingen lassen.
Montag, 07.06. - Rokeby
Als es endlich hell wurde und die Sonne ins Zelt schien, stellte sich heraus, an was für einen schönen Ort der Holländer uns geschickt hatte: der Wasserfall rauschte in vielen kleinen Strömen über einen riesigen Felsen zu Tal, wo die Wasser sich wieder zu einem kleinen Fluss vereinten. Rundherum dichter Wald von erstaunlicher Artenvielfalt. Oberhalb des Wasserfalles folgte ich dem braunen Wasser weiter flussaufwärts, wo es sich gurgelnd zwischen großen ausgewaschenen Felsplatten seinen Weg suchte, bis zu der Stelle, wo der Fluss im dichten Unterholz verschwand und ich ihm nicht mehr folgen konnte. Zurück von meinem Spaziergang fand ich Thomas mal wieder beim Basteln! Sein Benzinhahn war von dem ständigen Auseinanderbauen beschädigt und es sickerte der Sprit heraus. Beim Versuch, die Befestigungsmutter nachzuziehen, brach das Gewinde und der Sprit floss nun richtig heraus. Also mussten wir schnell den Tank ganz abnehmen und Thomas reparierte den Schaden provisorisch. Ein neuer Sprithahn muss nun baldmöglichst her - der Ärger nimmt kein Ende... Auf dem Weg nach Stanthorpe zur Tankstelle war der Tank dann leer: das ausgelaufene Benzin fehlte jetzt. Wir zapften wieder etwas Treibstoff aus Jollys Tank. Von Stanthorpe aus fuhren wir Richtung Warwick. Irgendwo zwischen den beiden Städten hat Thomas` Bruder vor 25 Jahr ein Haus gebaut, das wollten wir suchen. So genau wusste Thomas nicht mehr, wo es war, aber wir hatten Glück und fragten genau den richtigen Menschen, der neben der Straße einen Zaun flickte. Dieser Mann kannte nicht nur das gesuchte Haus, sondern erinnerte sich auch an den Erbauer und war noch dazu dafür zuständig, ab und an mal nach dem verlassenen Haus zu schauen. Er bot uns an, sobald er mit der Reparatur des Zaunes fertig sei, uns den Weg dorthin zu zeigen. So ein Zufall! Er fuhr also vor uns her, erst auf der Straße, dann einen Feldweg entlang und über ein paar Weiden bis zu dem schönen Tal und dem Grundstück, auf dem wir nun das pyramidenförmige Haus erblickten. Leider wohnt niemand mehr in dem Haus, das mit viel Sorgfalt und Energie gebaut wurde und die Possums haben es seit langem übernommen. Eine Tür war unverschlossen und wir konnten uns im Haus die Spuren der Verwüstung anschauen, die unachtsame Mieter und nun die Possums angerichtet haben. Was für ein Jammer um das schöne Haus! Betroffen gingen wir von einem Raum zum anderen und fotografierten die Misere. Einer Eingebung folgend fragten wir unseren Führer, ob es wohl erlaubt sei, wenn wir unser Zelt hier aufschlagen würden für die Nacht. Er überlegte kurz und meinte dann, dem sei wohl nichts im Wege, er selbst müsse nun auch wieder seiner Arbeit nachgehen. Er verabschiedete sich daher und überließ uns unseren Betrachtungen. Wir stellten das Zelt unter ein Vordach und sprachen lange über die Geschichte dieses Hauses und überlegten, wie man es vor dem weiteren Verfall bewahren könnte...
Dienstag, 08.06. - Allora
Das morgendliche Vogelkonzert war heute ganz besonders vielstimmig. Besonders lustig das seltsam schadenfroh klingende Gelächter der Krähen und ein perlendes Glucksen einiger unscheinbarer grauer Vögel, die in kleinen Gruppen durch die Pinien zogen. Immer wieder neue Stimmen... Frühstück in der Sonne, die heute etwas mehr wärmte, weil der kalte Wind ausblieb. Dann stromerten wir noch ein Weilchen auf dem Grundstück herum, scheuchten dabei ein paar Kängurus auf und fuhren schließlich weiter, sehr nachdenklich von dem, was wir gesehen hatten. In 22km Entfernung liegt die kleine Stadt Warwick, 10000 Einwohner und Versorgungsschwerpunkt für 25000, wie uns das Ortsschild verriet. So auch hier viele Geschäfte für alles, was der Landmensch hier so braucht, von Sätteln über Bilderrahmen und Klamotten bis zu Baumaterialien und Autozubehör. Ein netter Ort mit entspannten Menschen, grünen Parks, mehreren Kirchen, einer größeren Highschool und einigen einladenden Cafes. Wir kauften uns ein Eis, setzten uns auf eine Bank im Zentrum und schauten uns eine Weile um. Wie würde es sich wohl anfühlen, hier zu leben? Dann fuhren wir weiter nach Allora, nur ein halbes Fahrstündchen weiter nördlich, wo wir Thomas` Ex-Schwägerin Hülya aufsuchen wollten. Wir konnten uns nicht anmelden, da wir keine Telefonnummer hatten finden können, also fragten wir uns in dem kleinen Ort durch, bis wir die Adresse, die Thomas von einer alten Postkarte zuhause abgeschrieben hatte, gefunden hatten und siehe da, Hülya und ihr jetziger Ehemann Ossy waren zuhause und begrüßten uns sehr herzlich. Wir saßen bei Pfefferminztee aus dem Garten lange zusammen, während Hülya uns ihre Lebensgeschichte erzählte. Als junge Türkin, mit einem Deutschen verheiratet und kaum ein Wort Englisch sprechend, kam sie vor fast 30 Jahren nach Australien und musste durch viele Schwierigkeiten hindurchgehen, bis sie in dem fremden Land ein Zuhause fand. Wir hörten ihr gespannt und ergriffen zu. Da es inzwischen dunkel wurde, nahmen wir die freundliche Einladung zur Übernachtung gerne an und verbrachten einen langen Abend zusammen. Die nächsten Tage werden wohl hauptsächlich im Zeichen der Familienbesuche stehen, denn Hülyas erwachsene Kinder, Thomas` Neffe und Nichte, wohnen ebenfalls in der weiteren Umgebung und wir werden die Gelegenheit nutzen, die Beiden zu besuchen.
Australien Mai/Juni 2010 (Weltreise Tagebuch 103) nächstes Tagebuch
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