Reiseberichte


Australien
 
Australien Juni 2010 (Weltreise Tagebuch 105) nächstes Tagebuch
Sonntag 20.06. - Wappa Dam
Wir haben Brisbane und all die netten Menschen hinter uns gelassen und sind wieder unterwegs. Isa nutzte die Chance auf noch eine kleine Moppedtour und begleitete uns ein Stück weit. Dann drehte er bei und wir suchten uns eine kleine Straße, die uns etwas dichter an die Glasshouse-Mountains bringen würde, die wir neulich von Weitem gesehen hatten. EIn paar steil aufragende Felsen mitten im dichten Wald, die wie Zähne in den Himmel ragen. Ohne viel Plan fuhren wir drauflos, froh, wieder auf den Motorrädern zu sitzen und neugierig auf das Kommende. Und schon wurden wir hinterrücks von der Dämmerung überrascht und hatten noch keine Ahnung, wo wir bleiben würden. Ich wusste einen freien Rastplatz, aber der war direkt an der Hauptstraße, also ziemlich laut. Im letzten Tageslicht fanden wir noch eine Alternative: am Wappa Dam gibt es eine "Recreation-Area, einen schön angelegten Erholungspark mit viel Platz. Wir waren ganz allein dort, kein Wunder, denn campen war dort ausdrücklich verboten. Schade... Wir kümmerten uns einfach nicht darum und suchten uns einen versteckten Platz, wo wir gesetzeswidrig das Zelt aufstellten. Kurz darauf war es stockdunkel und es konnte uns eh keiner mehr sehen
Montag 21.06. - Rainbow Beach
Morgens warmer Sonnenschein. Frühstück im T-Shirt. Vorsichtshalber hatten wir das Zelt gleich nach dem Aufstehen abgebaut, weil es ja doch nicht erlaubt war, hier zu campen. Frühstücken war nicht verboten und wir genossen es. Die Strecke, die ich uns ausgeguckt hatte, war nach unserer sehr groben Karte nur schwer zu finden und wir kreuzten einige Zeit etwas uneffektiv durch die Landschaft, aber das machte nichts, denn wir befanden uns in einer sehr grünen und hügeligen Gegend, in der man sicher sehr schön wohnen kann. Das finden wohl die Australier auch: wir fanden etliche neue Wohngebiete, in denen teure Häuser auf riesigen Grundstücken mit tropischen Gärten gerade fertig oder noch im Entstehen sind. Traumhaft! Auf der Suche nach der richtigen Straße kamen wir auch zu einem Lookout, wo dem aus wir über dichte Waldgebiete und bis zur Küste schauen konnten. Dann hatten wir die gesuchte Strecke endlich gefunden und fuhren nordöstlicher Richtung durch sattgrüne Hügel mit etwas Landwirtschaft und viel Wald auf einer wenig befahrenen guten Teerstraße. Als ich unterwegs einmal anhielt, um auf Thomas zu warrten, stoppte neben mir ein kleiner Campervan, aus dem drei freundliche Gesichter schauten. Sie riefen mir irgendetwas zu, was ich wegen meiner Ohrstöpsel nicht verstehen konnte. Ich parkte Jolly am Straßenrand, die freundlichen Gesichter stiegen aus ihrem Auto und erwiesen sich als deutsche Touristen aus Bayern, die unsere deutschen Nummernschilder gesehen hatten und sich darüber wunderten. Wir hatten einen netten „Klönschnack“ und erfuhren bei der Gelegenheit, dass wir am Rainbow Beach, unserem heutigen Ziel, ein Camping-Permit brauchen würden und auch gleich, wo wir dieses bekommen würden. Gut zu wissen! EIne Stunde später waren wir auch schon am Ziel, besorgten uns brav unser Permit, was pro Person 5 Dollar kostete und fuhren bis ans Ende der kleinen Halbinsel, Inskip Point genannt. Dort darf man an vielen Stellen zelten und wir fanden einen schön geschützten Platz unter niedrigen Bäumen, sogar mit Feuerstelle, denn heute ist Sonnenwende und wir brauchen daher ein Lagerfeuer. Nachdem wir uns heimisch gemacht hatten, ging ich kurzbehost und mit Kamera an den Strand, der für seinen bunten Sand berühmt ist. Hmmm, wo ist denn der bunte Sand? Ich fand nur schwarzen und ...eben sandfarbenen... Davon abgesehen war der Strand weitläufig und wenig spektakulär, mit sehr wenig Strandgut, aber mit einem tollen blauen Meer und großen Wellen davor. Ich spazierte immer weiter und musste dann sehr weit zurücklaufen, während die Sonne schon unterging. Dunkle Wolken brauten sich über dem Wasser zusammen und sorgten dafür, dass sich meine Schritte fast von allein beschleunigten. Als ich zurückkam, brannte das Feuer schon. Brandungsrauschen, Abendvogelstimmen, Lagerfeuer - sehr schön!
Dienstag 22.06. - Maryborough
Morgens Regen, erst zarte Nieselschauer, dann richtiger Prasselregen. Wir ließen uns Zeit beim Frühstück und legten uns danach nochmal aufs Ohr, während es sich draußen ausregnete. Irgendwann gab das Wetter den Versuch, uns zu ärgern, auf und es blieb lange genug trocken, um ein trockenes Zelt einzupacken. Der lauwarme kräftige Wind half beim Abtrocknen. Kaum waren wir auf der Straße, beantwortete Foster die stille Unsicherheit bezüglich der Funktion seiner Benzinpumpe und ging einfach aus. Das bedeutet, der Benzinvorrat unterhalb des Vergaserniveaus wird nicht hochgepumpt. Ok, die Pumpe ist fällig! Also, same procedure as last year, Miss Sophie: aus Jollys Tank eine Notration abgelassen, in Fosters Tank gefüllt und im Ort Rainbow Beach ein paar Liter teuren Sprit gekauft. Währenddessen fing es wieder an zu regnen. Unter dem Vordach der Tankstelle ließ es sich gut regenfest anplünnen und ab ging es Richtung Maryborough, ein Stück weiter die Küste hoch. Die Landschaft flach und langweilig, große Kiefernplantagen beidseits der Straße, die Bäume schön in Reih und Glied geplanzt. Offensichtlich gibt es hier wildlebende Pferde (..die in Australien Brumbies genannt und als Futterkonkurrenz zu den Rinderfarmen abgeknallt werden..), also schön aufpassen, was am Straßenrand herumläuft, denn ein Pferd vor dem Vorderrad sitzt man nicht so leicht aus! Hundert Kilometer und einige Regenschauer weiter erreichten wir Maryborough, eine kleine „unbesondere“ Stadt mit den üblichen Läden im Zentrum, einem größeren Supermarkt und ein paar protzigen offiziellen Gebäuden. Während wir unsere Einkäufe verstauten, schüttete es außerhalb der überdachten Parkgarage wieder kräftig, wir saßen diesen Schauer aus und fuhren im Trockenen weiter. Kurze Pause mit heißem Kakao, dann drängte die Zeit und wir verließen die Stadt, um unsere Nachtruhe zu organisieren: einige Kilometer auf einer kleineren Straße, dann schlugen wir uns über einen Sandweg seitlich in den regensatten Busch und fanden eine kleine Grasfläche. Mehr brauchen wir heute nicht. Um halb sechs war es dunkel... was macht man denn bloß mit diesen langen Abenden? Wir spielen Kniffel, lesen, schreiben... draußen rauscht ein sanfter Wind in den Bäumen.
Mittwoch 23.06. - Ruruma Dam
So allmählich kommen wir in dem Australien an, das ich mir vorgestellt hatte: endlose offene Buschlandschaften mit langen trockenen Gräsern unter vereinzelt stehenden Eukalyptusbäumen und hier nun auch schon mal einem großen Flaschenbaum mit dickbauchigem Stamm unter relativ kleiner Krone. Kängurus strecken sichernd ihre kleinen Köpfe mit den großen Ohren aus dem hohen Gras, Schwärme von rosafarbenen Galahs fliegen schreiend über die Ebenen, ein weiter Himmel spannt sich über die ganze Szenerie. Also alles so richtig klassisch. Nur so richtig warm fehlt noch. Vorläufig versuchen wir noch den Wolken zu entfliehen. Vielleicht weiter im Inland? Auf der Karte finden wir einen weiteren kleinen Stausee mit dem Zeichen für einen Rastplatz versehen: einem kleinen Picknicktisch. Um dorthin zu kommen, müssen wir etwa 30km von unserer Route abweichen, aber es lohnt sich oft, für eine angenehme Nachtruhe Umwege zu fahren. Das haben wir inzwischen gelernt und es trifft auch heute wieder zu. Fernab von allen Straßen heißen uns ein paar "Grey Nomads" am kleinen See willkommen, ein überdachter Tisch ist für uns noch frei, eine halbwegs gerade Fläche daneben, fein. Das wird mit einer warmen Mahlzeit gefeiert.
Donnerstag 24.06. - Goovigen
Vielstimmiges Morgenkonzert nach ruhiger Nacht mit etwas Regen. Im Morgengrauen krabbele ich aus dem Schlafsack, mag nicht mehr liegen. Gemütlich vertrödeln wir den Vormittag am Stausee - wollen wir hier einen Ruhetag machen? Wir entscheiden uns dagegen, denn das Wetter will im Moment nicht so, wie wir. Der Himmel ist voller Wolken, es ist kühl und windig, aber es bleibt bei einzelnen kleinen Schauern. Kein Wetter für Hängematte und Spaziergänge. Also weiter. In einem Rutsch 150km durch langweilige, recht flache trockene Landschaft, über der dicke graue Wolken von der Küste her entlangziehen. Mit leicht schmerzenden Hinterteilen kommen wir in Biloela an, einem Einkaufsort, ebenso langweilig wie die Landschaft, aber mit einem großen Einkaufszentrum und einer Zapfstelle für unsere Jungs. Hier haben wir Handyempfang und ich kann eine SMS an meinen Sohn schicken, der heute halben Geburtstag hat (Insiderinfo...). Nach der fälligen Pause fahren wir noch 50km, es fängt an zu nieseln. Auf der Schlafplatzsuche biegen wir vom Highway ab, kommen bald in das Dörfchen Goovigen, wo der Hund begraben ist, wie es scheint. Trotzdem fragt Thomas dem kleinen Hotel am Platz nach Zeltmöglichkeiten und, siehe da, auf dem örtlichen Showground/Sportplatz/Reitplatz ist auch an Camper gedacht worden. Sogar ein Blechdach über unser Zelt, einen Betonboden darunter und eine einfache Dusche gibt es hier. Und Feuerholz und eine transportable Feuerstelle und ein paar nette kleine Jungs, die uns begrüßen. Na, das ist doch genau, was wir heute brauchen! Das Universum sorgt wieder gut für uns.
Freitag 25.06. - Middlemount
Frühmorgens joggte ich einmal um die ganze Stadt, was ungefähr fünf Minuten dauerte. Dann wusste ich, dass der Schlachter sein Geschäft schon länger aufgegeben hat, ebenso der Gemischtwarenhändler und das Kleidergeschäft. Einige der wenigen Häuser stehen zum Verkauf, andere verfallen. Doch es scheint noch einige Menschen zu geben, die hier bleiben wollen und die ihre Häuser und Gärten pflegen. Auch das kleine Kirchlein gegenüber dem Sportplatz ist frisch gestrichen und hat bunte Blumen drumherum. Erstaunlicherweise hat dieses kleine Dorf sogar noch ein zweites Kirchlein... An der Straße selbstgemalte Pappschilder: "Wer Schulen schließt, tötet das dörfliche Leben" und: "Wir wollen unsere Schule behalten". Noch hat die Schließung der kleinen Dirfschule offensichtlich nicht stattgefunden, denn auf dem Schulhof spielen Kinder Ball. Im Pub/Hotel/Post/Touristinfo-Haus liefern wir unsere Spende zum Erhalt des öffentlichen Camp- und Sportplatzes ab und stoßen bei strahlend blauem Himmel weiter ins Innere des Landes vor. Mal hügelig, mal flacher, mal dichter und mal lockerer ist die Buschlandschaft, durch die wir auf einer einspurigen Straße fahren. Lustig sind die "Dips", wannenförmige Vertiefungen der Fahrbahn, die der feuchteren Jahreszeit häufig mit Wasser gefüllt sind und uns jetzt als kleine Achterbahneinlagen Spaß machen. Thomas fragt in einem kleinen Ort nach der weiteren Strecke, die auf unserer Karte als Schotter eingetragen ist. Der ältere Mann sagt: "Ja, das erste Stück ist gut, dann wird es richtig heikel mit starken Auswaschungen ..." . Wir sind gespannt und erwarten Off-Road-Arbeit, doch dann fahren wir die gesamte Strecke auf gutem neuen Teer!? Hat der Mann Thomas falsch verstanden oder hat er die Strecke seit Jahren nicht mehr gesehen, etwa so lange, wie unser Straßenatlas alt ist? Naja, uns soll es recht sein... Mittags müssen wir eine Weile auf den größeren Capricorn-Highway, offenbar einer der Hauptstrecken in West-Ost-Richtung. Viele der berüchtigten Road-Trains, riesig langer Trucks mit bis zu drei Anhängern voller, Rinder, Mineralöl oder anderer Güter, dröhnen uns hier entgegen. In Dingo, einer Tankstelle mit kleinem dörflichen Anhang, versorgen wir uns mit Benzin und Trinkwasser und flüchten auf eine schmalere "Developmental-Road" Richtung Norden. Meditatives Fahren ist nun wieder angesagt. Flache, eintönige Buschgegend ohne besondere Attraktionen, die Straße fast patagonisch geradeaus, die toten Kängurus am Straßenrand kündigen sich schon von Weitem über den Geruchssinn an (es ist warm heute!), eine zusammengerollte Schlange liegt auf der Fahrbahn, 128km bis zum nächsten kleinen Ort. Die bringen wir am Stück hinter uns, denn außer Straße und Busch gibt es nichts und hier am Straßenrand im hohen Gras zu zelten, wo wir etwaige Schlangen nicht sehen können, behagt uns nicht. Abgesehen vom Lärm der großen Trucks, die auch hier verkehren, denn es gibt etliche Kohlenminen in diesem Bereich. Nach 300km Tagesstrecke kommen wir im Minenstädtchen Middlemount an und schalten unsere Rezeptoren auf Zeltplatzsuchmodus. Ein Motocrossplatz/Maschinenpark am Straßenrand mit großen Bäumen über kurzem Gras sieht uns aus, wie das, was wir suchen. Ein freundlicher Arbeiter im Blaumann hat nichts dagegen, dass wir hier übernachten, der Platz scheint häufiger als Campground zu dienen. Der Abstand zur Straße ist ausreichend, Wasser gibt es aus einem großen Bottich, gekauft!
Sonnabend 26.06. - Smalley Beach
Manchmal ist das Gute noch zu toppen: heute morgen machten wir einen Abstecher auf den Hügel, der Middle Mount seinen Namen gegeben hat und fanden dort oben, mit Rundumblick auf die umgebende Flachlandschaft, einen noch viel schöneren Campground unter Bäumen, mit Tischen, Toilettenhäuschen und sogar Stromanschlüssen! Das hätten wir wissen sollen! Denn gestern mussten wir leider feststellen, dass unser Laptoplader für 12V ausgefallen ist. Wir können also, bis wir ein entsprechendes Ersatzteil gekauft und Thomas es eingebaut hat, unseren Rechner nicht mehr laden. Ist nicht so schlimm, wir haben ja zum Schreiben noch den kleinen Jornada, aber hier hätten wir Lademöglichkeit gehabt... Naja... Wir schauen also vom Hügel herab auf den Busch und auf den Grund dafür, warum es hier, 130km entfernt von Allem, überhaupt eine kleine Stadt gibt: in einiger Entfernung sieht man große Abraumhalden einer Fluormine. Der Ort selbst besteht hauptsächlich aus Wohncontainern in verschiedenen Ausstattungen, die der leitenden Angestellten haben sogar einen Garten. Um den Minenarbeiterfamilien das Leben hier im Nirgendwo schmackhaft zu machen, bekamen sie alles, was der Australier so braucht, auch hierher geliefert: ein großes Einkaufszentrum, einen Golfplatz, ein paar Grünanlagen mit Kinderspielplatz, eine kleine Krankenstation. Sieht alles sauber und adrett aus, nur irgendwie fehl am Platz, diese kleine Zivilisationsinsel im Buschland. WIr drehen den Gashahn auf und fahren ohne Pause die Geradeausstraße weiter nach Norden, bis wir auf den nächsten West-Ost-Highway stoßen. Auf diesem erreichen wir am Nachmittag, nachdem wir mal wieder die „Continental Divide“ überquert haben, die Küstenstadt Mackay, Zucker-Hauptstadt von Queensland. Die ganze Ebene östlich der Berge ist mit Zuckerrohr beplanzt und jedes Dorf betreibt seine eigene Zuckerfabrik, deren Schlote dicken weißen Dampf in den Himmel entlässt. In Mackay stellen wir fest, dass der Elektronik-Laden samstags um drei Uhr nachmittags schließt. Es ist halb vier! Na gut, morgen also nochmal in die Stadt. Für heute brauchen wir nun eine Bleibe, wir fahren nach Norden aus der Stadt hinaus und versuchen im Hillsborough-Nationalpark unser Glück. Nein, kein Campground hier, dafür Verbotsschilder. Der zweite Versuch, ein kleiner Camping am Smalley-Beach, mitten im Wald oberhalb des Strandes gelegen. Sehr nett, aber leider ausgebucht (in Queensland haben gerade zweiwöchige Schulferien begonnen...). Ich überrede eine freundlich aussehende Frau, ihren Platz mit uns zu teilen, was etwas kompliziert ist, da es in Queensland ein neues Gesetz gibt, nachdem man alle Zeltplätze der Nationalparks im Voraus online oder per Telefon buchen muss. Unter Angabe der Anzahl der Zelte und Personen. Sie hat Angst vor Ärger, aber ruft dann netterweise den Ranger an. Der drückt ein Auge zu und wir dürfen bleiben. Während ich uns ein Gemüse-Kartoffelsüppchen koche und sie sich eine Hühnersuppe, quatschen wir über die australische Geschichte. Yvette ist mit einem Aboriginal liiert und sehr an der Historie der australischen Ureinwohner interessiert. Als ich später schlafen gehen will (Thomas liegt schon längst im Schlafsack) fällt mir auf, dass der Vollmond auf einmal nicht mehr voll ist. Eine Mondfinsternis!! Wow!!
Sonntag 27.06. - Crediton-Hall
Bei Sonnenaufgang laufe ich mit der Kamera am Strand entlang und mache viele schöne Bilder vom tropischen Wald und dem Strand im Morgenlicht. Weiter geht´s mit unserer Technikpannenserie: gestern Abend hat Thomas festgestellt, dass auch der Jornada nicht mehr funktioniert: die Tastatur lässt sich nicht bedienen. Was soll denn das? Nun können wir gar nicht mehr schreiben (außer auf Papier natürlich, aber das lässt sich so schwer ins Internet stopfen! Den ganzen Vormittag schraubt und misst er an der kaputten Technik herum, ohne große Erfolge. Einige Tasten gehen, andere nicht. Mittags packen wir ein und fahren zurück nach Mackay, wo Thomas immerhin beim zweiten Laden den richtigen Transistor für das Rechnerladegerät kaufen kann. Dann stopfen wir die Koffer voll mit Essen und fahren in den Eungella Nationalpark, 80km von Mackay wieder ins Land hinein in den Bergen, die hier ein hufeisenförmiges Tal (ebenfalls voller Zuckerrohrplantagen) umschließen, aus dem plötzlich eine sehr steile Serpentinenstrecke von Meereshöhe bis auf 680m ansteigt. Da rauf schrauben wir uns und fragen oben beim kleinen General Store in Eungella nach Zeltplätzen. Zum Glück gibt es einen, den man noch nach dem einfachen „Self-Registration“-Prinzip zahlen kann. Allerdings müssen wir ziemlich weit fahren, um ihn zu finden. Eine schmale Schotterstraße kurvt sich dort auf der kühlen Höhe durch die Hügel, bis wir schon denkten, wir hätten uns verfahren. Aber nein, da ist der kleine Zeltplatz. Ein schöner Platz unter Bäumen ist noch frei, Feuerholz gibt es genug, ok. Ein belgisches Pärchen im kleinen Camper gesellt sich später dazu und wir sitzen lange zusammen am Feuer, während der Vollmond durch leichten Nebel verschleiert durch die Bäume scheint.
Montag 28.06. - Finch Hatton Gorge, Platypus Bush Camp
Wir brauchen einen Ruhetag, aber den wollen wir nicht hier oben auf der kühlen Höhe verbringen. Darum packen wir und fahren auf der Piste zurück. Doch bevor wir den Berg wieder hinunterfahren, stoppen wir an einem Fluss, wo man angeblich mit etwas Glück einen Platypus, das eigenartige Schnabeltier, seines Zeichens das einzige Säugetier, das Eier legt und dazu noch einen breiten Entenschnabel im Gesicht herumträgt, antreffen kann. Ich spaziere zur entsprechenden Plattform, wo schon ein paar andere Leute stehen und gespannt ins Wasser schauen. Da, ein paar Luftbläschen steigen auf, irgend etwas wühlt im Schlamm des Grundes herum und dann taucht es auf: etwas über 40cm lang, mit breitem Schwanz und dem richtigen Entenschnabel! Schwimmt quer über das Wasser und verschwindet wieder. Als Pausenfüller für den Star paddeln nun noch einige Schildkröten durch den Fluss und ein schöner blauer Eisvogel sitzt auf einem nahen Ast... Als ich Thomas die Bilder zeigen will, sagt die Kamera, sie habe keine Bilddateien für mich! Ich glaube es nicht: nun stürzt auch noch die Speicherkarte ab? Was ist denn nur los? Alle Bilder der letzten Tage im datentechnischen Nichts verschwunden-arrrgggh!!! Eine halbe Stunde später sind wir im tropischen Tal im Platypus-Bush Camp, einer Empfehlung folgend. Dort ist es schön warm, wir stellen unser Zelt unter die Palmen und anderen tropischen Bäumen (Wazza, der Camphost, erzählt von dem großen Zyklon, der im März hier herübergefegt ist und aus seinem grünen schattigen Platz ein Schlachtfeld gemacht habe. Darum also sind so viele Bäume abgesägt und es sieht hier so nach Bauarbeiten aus!) Thomas baut sein Elektronik-Labor auf und beginnt, unser marodes Equipment zu sanieren, während ich mich umschaue, Wäsche wasche und mit einer jungen Frau aus Melbourne spreche, die hier für ein paar Wochen arbeitet. Als das Ladegerät wieder läuft, kann ich endlich wieder schreiben und habe drei Tage nachzuholen... Danach ist Fosters Batterie so leergelutscht, dass er nicht mehr anspringt. Auch mit Überspielkabel von Jolly kriegen wir ihn nicht in Gang, denn Jolly hat ja sowieso eine Lichtmaschinen-Insuffizienz und spuckt nicht genug Saft aus. Thomas löst das Problem mit dem Austausch einer seiner CDI´s, die offensichtlich unterschiedlich viel Spannung brauchen, um zu arbeiten. Dann gehts wieder.
Dienstag 29.06. - Platypus Bush Camp
Bedeckter Himmel mit einzelnen blauen Flecken, warm, kaum Wind. Unweit des Bush Camps gibt es einen Wanderweg am Finch Hatton River entlang und zu zwei schönen Wasserfällen an demselben. Wir geben unsere Wertsachen zur Aufsicht und fahren zum Startpunkt des Wanderweges (hätten wir gewusst, wie kurz die Anfahrt war, wären wir wohl ganz zu Fuß gegangen..). Der schmale Fußweg führt uns dann tief in den tropischen Wald hinein, immer weiter bergauf, vorbei an großen Bäumen, an denen sich Würgefeigen emporranken, Lianen hängen herunter, große Farne füllen die schattigen Niederungen, auf moderndem Holz bunte Pilze in verschiedenen Formen. Ein Whip-Bird lässt seinen scharfen Ruf hören, dem er seinen Namen „Peitschenvogel“ verdankt: erst ein leises Flöten und dann ein plötzlich schnell ansteigender lauter Schrei, wirklich fast wie das Knallen einer Peitsche (schwer zu beschreiben...). Bis zum oberen Wasserfall sind es etwas über zwei Kilometer Fußmarsch, den wir sehr genießen. So warm und weich ist die Waldluft und so viel gibt es zu sehen. Der Pool des Wasserfalles wäre eigentlich ein schöner Badeteich, aber das Wasser ist lausig kalt, darum lassen wir es beim Hände und Gesicht Erfrischen bewenden, rasten ein Weilchen und spazieren den Weg zurück. Wieder beim Zeltplatz stellen wir fest, dass in der feuchten Luft unsere Wäsche nicht trocknen will und schon anfängt, unangenehm zu riechen. Später beim Lagerfeuer versuchen wir, einiges nachzutrocknen. Der Lagerfeuergeruch überdeckt den anderen etwas...
Mittwoch 30.06. - Midge Point
Morgens wieder blauer Himmel. Ein großer blauer Schmetterling schaukelt über den Zeltplatz, während wir frühstücken, die kleine internationale Runde der letzten Nacht löst sich allmählich auf. Die dänische Familie auf sechs Wochen-Trip, die Holländer mit ihrem kleinen Kind, die in einem Jahr von Holland Richtung Südosten über die Türkei, Iran, Pakistan etc gefahren sind und nun Australien erkunden, die beiden französischen Jungs mit ihrem Mietcamper, alle fahren sie ab. Nur wir trödeln noch herum. Thomas möchte einen neuen Haarschnitt, ich klöne danach mit Nikita, der Melbournerin und mit Wazza, dem alten bärbeißigen Camphost, der hier seit 20 Jahren lebt und diesen urigen Zeltplatz aufgebaut hat. Mit seinem bärtigen Knittergesicht unter dem großen Hut sieht er richtig kernig aus. Ich habe leichte Probleme, ihn zu verstehen, denn Zahnlosigkeit und australischer Slang tun sich zusammen. Dann ist alles verpackt und wir verabschieden uns. Unser heutiges Programm sieht eigentlich nur vor, unseren Futtervorrat etwas aufzufüllen und einen „richtigen“ Campingplatz mit Stromanschluss zu finden, um mal wieder Fotos zu laden und damit ich den längst fälligen Newsletter basteln kann. Nach etwas über 100km Fahrt, erst auf kleiner Straße durch die Zuckerplantagen, dann auf dem Küstenhighway, wo uns sogar die langen Roadtrains überholen, landen wir an der Küste kurz unterhalb der Stadt Proserpine auf einem Caravanpark voller Rentner in ihren Wohnwägen. Sie alle sitzen in Grüppchen vor ihren Wohntrailern und schnötern, was das Zeug hält. Genau wie auf den Campingplätzen an der Eckernförder Bucht oder sonst wo. Auch hier klagt man über die verheerende Wirkung des Zyklons, doch hier sind jedenfalls die meisten Bäume stehengeblieben. Wir pflanzen uns zwischen die Wohnwagen und machen uns abwechselnd an die Arbeit. Thomas hat den Rechner zuerst und ich gehe an den Strand. Das Wasser ist gerade nicht da, dafür kann ich barfuß über einen sehr breiten Sandstrand laufen, auf dem kleine hellblaue Krabben spazieren gehen. Kommt man ihnen zu nahe, buddeln sie sich blitzschnell ein. Als ich endlich am Wasser ankomme, ist es jedenfalls herrlich warm, was der Vorteil eines so flachen Strandes ist. Und nach einem üppigen Nudel-Tomatensoße-Gurkensalat-Abendessen bin ich nun dran mit dem Rechner und schreibe euch diesen Bericht zuende. Dabei sitze ich unter einem beleuchteteten Dach, kleine Geckos „knutschen“ über mir und fangen sich die Insekten weg, die vom Licht angezogen werden. Allmählich wird es still auf dem Platz....
Australien Juni 2010 (Weltreise Tagebuch 105) nächstes Tagebuch
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