Reiseberichte


Australien
 
Australien Juli 2010 (Weltreise Tagebuch 107) nächstes Tagebuch
Sonnabend 10.07. - Ravenshoe
Nach einem morgendlichen Bad im warmen Wasser fuhren wir die 30km zurück nach Ravenshoe, um die fällige Internetsitzung zu erledigen. Die dauerte so lange, dass es sich kaum noch lohnte,weitere Pläne für den heutigen Tag zu machen. Darum blieben wir auf dem lokalen Camping, wo Rolf, der alte Mann aus Dortmund als Camphost arbeitet, wo wir vorgestern schon waren. Diesmal platzierten wir uns direkt neben die kommunale Feuerstelle und den überdachten Campingtisch, wo es sogar eine Steckdose fürs Laptop gibt. Nebenbei gerieten wir so mitten in das soziale Zentrum des Platzes, denn hier treffen sich all die reisenden Rentner zum Klönschnack. Ich mischte mixh unters Volk und lernte alle alten Hasen des Platzes kennen, die meisten aus Tasmanien oder Südaustralien, wo jetzt richtig Winter ist. Sehr interessant! Sie sitzen da stundenlang um das ständig brennende Lagerfeuer, erzählen sich was und köcheln sich nebenher gemeinschaftliche Eintöpfe in der Glut. Und ich konnte zuhören oder auch mal mitschnacken undeinen kleinen Einblick in das Lebensgefühl dieser grauhaarigen Nomaden Australiens gewinnen. Als letztes saß nur noch Glenn mit uns am Feuer, ein etwa 60-jähriger Musiker, der sich sein Herumreisen mit Country-Rock-Gitarrespielen finanziert Es zeigte sich, dass er eine sehr kritische Sicht auf die Entwicklung der Situation auf unserer Erde hat und sich , wie wir, Sorgen um die Zukunft der Menschheit und der Natur macht. Ich fand es erfrischend, hier mit einem nachdenklichen Menschen zu sprechen, denn es erscheint mir manchmal, als ob die Mehrheit der Australier sich keine großen Gedanken macht... Natürlich kann dieser Eindruck täuschen, ich hoffe es, also glaubt mir diesen Eindruck lieber nicht. Anyway, es war nett, mit diesen freundlichen Leuten am Feuer zu sitzen und nichts weiter zu tun. Noch was Tolles: im Internetcafe gab es einen Book-Exchange, wo ich drei interessante Bücher eintauschen bzw kaufen konnte. Auf deutsch! Endlich wieder was zu Lesen für die langen Abende!
Sonntag 11.07. - Ravenshoe
Ich habe nicht gut geschlafen. Nach einem schlechten Traum wachte ich auf und hörte in einiger Entfernung die Kooloo genannten Nachtvögel schreien, deren durchdringende Rufe an Kinderschreie erinnern. Und dann musste ich an das gestorbene Kind hier aus der Nachbarschaft denken, das sich, wie wir inzwischen erfahren haben, in seinem Bett am Moskitonetz stranguliert hat. Die junge Mutter sei, so sagte man mir, mit dem zweiten Kind schwanger. Und da kommt sie morgens in das Kinderzimmer und findet ihr eineinhalbjähriges Kind tot im Bett - was für eine absolut schreckliche Situation! Diese Bilder wurde ich nachts nicht wieder los und die Vogelschreie erschienen mir in diesem Zusammenhang sehr gruselig... Die Dampfeisenbahn fährt heute ihre wöchentliche Runde für interessierte Gäste. Zwei Stunden irgendwo in die Umgebung fährt der kleine Zug und wir wollen mitfahren. Das Wetter ist wieder nicht so toll, etwas Sonne wäre schön... Als der Fahrkartenschalter öffnet, bin ich mit bei den Ersten und bekomme zwei Karten für je 20 Dollar. Unsere Nachbarn hier fahren alle für 15AUS: Seniorenermäßigung, bekommt man hier ab 60 Jahren. Viele Familien mit Kindern trudeln ein, während die schön zurechtgemachte blaue Dampflok die vier Waggons arrangiert und sich dabei ordentlich in Dampf hüllt. Dann dürfen wir alle einsteigen, es geht los. Im Schritttempo tuckern wir auf den schmalen Gleisen durch den Ort und den ersten kleinen Hügel hinauf. Die Lok fängt an zu schnaufen und man denkt schon, sie schafft die Steigung nicht, aber dann geht es wieder geradeaus und sie nimmt etwas Fahrt auf. Wir stehen im ersten Waggon, der mehr einem Viehwagen mit Holzbänken an den Seiten ähnelt und schauen der Dampfmaschine bei der Arbeit zu, während wir durch einen Eukalyptuswald zuckeln, an einem Sägewerk vorbei und über kleine Brücklein, die etwas zerbrechlich wirken, aber doch standhalten. Nach 8km erreichen wir das Ziel der Reise, einen zweiten kleinen Bahnhof im Dorf Tumoulin, der Zug hält an, alle strömen hinaus. Hier kann man Tee und Kaffee, Scones oder Kekse kaufen und sich von den Strapazen der Reise erholen. Leider nieselt es wieder. Während der Pause wird die Lokomotive umgekoppelt, damit sie den kleinen Zug auf derselben Strecke wieder zurückziehen kann und dann heißt es: „alles einsteigen!“ und wir fahren zurück. Außer unserem „Viehwaggon“ gibt es noch zwei richtige Waggons, mit hölzernem Interieur und alten kunstlederbezogenen Sitzen, die einstmals der Armee gehört haben. Antike Ventilatoren hängen von der Decke herab und sollten den Soldaten die Fahrt angenehmer machen. In einer Ecke ist ein kleines Kriegsmuseum eingerichtet mit Zeitungsausschnitten der ersten Kriegstage in Europa, einigen Fotos australischer Soldaten und einer kleinen Vitrine mit zeitgenössischen Utensilien, wie Rasierapparaten, Orden u.ä. Alles mit viel Liebe und Eigeninitiative von der örtlichen Interessengemeinschaft Dampfeisenbahn zusammengetragen und restauriert. Und dann sind wir wieder in Ravenshoe und das kleine Sonntagnachmittag-Abenteuer ist vorbei. Der Rest des Tages verfliegt am qualmenden Lagerfeuer oder im daneben stehenden Shed, je nachdem, ob es nieselt oder grad mal nicht. Es regnet sich allmählich ein. Trotzdem ist es nett, mit den Dauercampern am Feuer zu sitzen und den Geschichten zu lauschen, die sie erzählen. Bruce zum Beispiel: von Beruf „Builder“, wie es hier heißt. Er wohnt „eigentlich“ in Brisbane, ist aber nun schon seit acht Monaten hier auf dem Platz gestrandet. Es gibt immer mal kleine Jobs für ihn, aber nicht genug, um ihm das nötige Geld zum Weiterreisen zu bringen (hinter vorgehaltener Hand sagte er mir, dass er allerdings auch nicht intensiv auf der Suche nach mehr Arbeit sei). So wohnt er kostenfrei auf dem Camping, lebt in einem alten Caravantrailer mit Vorzelt und hilft auf dem Platz als eine Art Hausmeister, mäht Rasen, weist Camper ein etc. Hier und da baut er mal für Leute aus dem Ort eine Küche ein oder verlegt einen Boden, ansonsten ist er einfach da, trinkt Bier mit den Reisenden oder guckt fern. Er spendiert mir eine Dose Bier am Feuer. Bei dem feuchten Wetter löst sich die abendliche Runde frühzeitig auf, wir ziehen uns zurück und gucken im Zelt einen Film (glücklicherweise ist unser Kabel lang genug). Auch in der Nacht tropft es mehr oder weniger dauerhaft auf unser Zelt.
Montag 12.07. - Ravenshoe
Es regnet weiter, wir können uns nicht aufraffen, die schöne Landschaft im Regen hinter uns zu lassen und vertrödeln noch einen Tag in Ravenshoe. Inzwischen kennen wir schon die einzelnen Vögel, die das Gelände auf Nahrung hin patroullieren. Eine kleine Magbie-Larch hat eine dicke Entzündung am Fuß und kann nur noch auf einem Bein stehen. Jeden Tag wird die Schwellung dicker und es tut ihr eindeutig weh, aber wir können ihr nicht helfen. Als Trostpreis bekommt sie einige Brotkrumen. Glenn, der reisende Musiker, versorgt uns mit Reisetipps, während er morgens das Dauerfeuer wieder anheizt. Einige Motorhomes reisen ab, andere bleiben, neue kommen dazu, ein stetiger Wechsel. Wir lesen, schreiben, reparieren und gucken genervt in den Nieselregen, der uns mit seinem feuchten Atem bei böigem Wind auch unter dem kleinen Shed erreicht .
Dienstag 13.07. - Tolga
Das Warten hat nicht geholfen: mehr Regen heute und auch mehr Wind... Wir packen uns in Regenklamotten, verabschieden uns von den Nachbarn und los geht´s. Die Table Lands haben viel zu bieten, wir starten mit der Besichtigung eines tiefen vulkanischen Kraters am Mt Hypipamee. Ein kleiner Pfad führt durch den Regenwald zu einer gut abgesicherten Plattform, von der aus man auf eine gegenüberliegende zerklüftete Felswand und eine über 50m tiefer liegende Wasserfläche schaut. Eine Infotafel zeigt, wie dieser Krater durch eine Explosion entstanden ist. Unter der stillen Oberfläche liegen mindestens 80 Meter Wasser, tiefer ist man noch nicht gewesen...Eindrucksvoll! Auf dem Parkplatz lernen wir Gottfried kennen, ein deutscher Globetrotter, der seit vielen Jahren in Australien lebt und uns zu seiner Farm im Norden von New South Wales einlädt. Wwir verabreden uns mit ihm für Januar.. Die nächsten Stationen sind der berühmte Curtain Fig Tree und die beiden Kraterseen Lake Eacham und Lake Barrine. Der Curtain Fig Tree ist ein riesiges Gebilde aus senkrechten Wurzeln, die eine Würgfeige von dem Baum, den sie sich zum Wirt ausgesucht hat, zum Waldboden geschickt hat. Der Wirtsbaum ist gestorben und zur Seite gekippt, die Feige hat sich ausgebreitet und dieses gewaltige Bauwerk ausgebildet. Die Seen sind nicht weit davon sehr schön mitten im Wald gelegen, mit klarem Wasser herrlich zum Baden geeignet. Nur heute macht das nicht so viel Spaß, wir sind sowieso schon nass. In dieser sehr touristischen Gegend sind nur wenig freie Zeltplätze zu finden, darum fahren wir die Straße zurück bis Atherton und erreichen kurz vor der Dunkelheit ein „War Memorial“ mit angeschlossenem Frei-Camp. Viele Camper mit den unvermeidlich rödelnden Generatoren stehen schon da, wir bauen uns im Regen dazwischen. Für eine Nacht werden wir es wohl aushalten.
Mittwoch 14.07. - Goldsborough NP
Sonnenschein am Morgen, wie schön! Wir trocknen alles Nasse und fahren gut gelaunt weiter. Ein Stück der Straße zurück, dann abbiegen zum Stausee Lake Tinaroo, um den herum eine Schotterstraße führt, die uns wieder zum Gillies Highway Richtung Cairns bringt. Etwas matschig ist es da von dem vielen Regen der letzten Tage, aber sehr schön durch dichten Wald, niemand außer uns ist dort unterwegs. Nach 30km sind wir wieder auf Teer und fahren den Gillies Highway bergab. Diese Strecke, sagte man uns, wäre bei den Motorradfahrern sehr beliebt, wegen der vielen Kurven. Ich habe mal überschlagen: auf 20 km Kurvenstrecke so ungefähr 400 Kurven! Das hat doch was! Und zum Glück nur sehr wenig Verkehr heute, da macht das Kurvenfahren gleich nochmal so viel Spaß. In manchen Kurven gibt es einen Weitblick in das grüne Tal, in das wir hinabfahren, dann geht es wieder durch dichten Wald. Unten angekommen suchen wir einen Rastplatz für die Mittagspause und biegen, einem Hinweisschild folgend, von der Straße ab. Aber wo ist der Platz? Wir fahren durch ein zauberhaftes kleines Nebental, überkreuzen einen Fluss zweimal, dann kommen wir in einen regenwaldigen Nationalpark mit Campingplatz. Der Himmel ist blau, es ist richtig warm und wir müssen nirgendwo hin, also bleiben wir und genießen die Stille des Waldes. Im Fluss kann man baden (recht frisch...), ein Wanderpfad (sehr schön) führt in den Wald hinauf und zu einem Wasserfall (naja..). Thomas bleibt beim Zelt, ich spaziere durch den Wald und störe ein kleines Wildschweinchen bei der Wühlarbeit. Grunzend prescht es durchs Unterholz davon. Am Weg stehen Infotafeln, die über die Nutzpflanzen der hier heimischen Aboriginals und ihre Verwendung berichten. Die Sonne wirft kleine Spotlights durch die Baumwipfel bis ins Unterholz. Einzelne grüne Blätter leuchten in den Sonnenstrahlen auf. Ein Whip-Bird lässt seinen peitschenknallenden Ruf hören, Zikaden und das Rauschen des Bergbaches bilden den Geräuschteppich für die Vogelstimmen. Nach dem Spaziergang ein Bad im Fluss, Dann Nudeln mit Tomatensoße und ein schlecht brennendes Lagerfeuer - das Holz ist zu nass... Wir sitzen mit kurzer Hose draußen und es ist nicht zu kalt, keine Mücken überfallen uns, über uns ein klarer Sternenteppich zwischen den schwarzen Baumsilhouetten, Froschkonzert. Thomas trifft auf der Suche nach Brennholz im Dunkeln einen faustgroßen knallgelben Frosch, der, vom Taschenlampenlicht irritiert, auf ihn zu hüpft. Hinter dem Zelt rumort ein unbekanntes, etwa kaninchengroßes, gedrungenes Beuteltier mit großen Nachtaugen.
Donnerstag 15.07. - Cairns
Morgens wieder Regen, dann klart es teilweise auf. Wir packen nass ein und fahren durch das schöne Tal zurück zur Hauptstraße. Sind dann in einer halben Stunde in Cairns, finden ein Shopping-Center und stopfen uns die Packtaschen mit Schwarzbrot voll. Für heute haben wir einiges vor: Thomas sucht und findet die Hauptpost, wo er einen Brief abholen muss und dann klappern wir die Motorradläden nach Reifen ab. Beim dritten Moppedladen werden wir fündig, Thomas versorgt sich mit zwei, ich mich mit einem neuen Reifen für die langen Strecken, die nun auf uns zukommen. Es ist richtig warm hier an der Küste, zwischen den leichten Nieselschauern scheint die Sonne und treibt uns den Schweiß aus den Poren. Als wir unser Pensum abgearbeitet haben, sind wir fix und alle, wovon bloß? Nun brauchen wir noch einen Campingplatz, auf dem wir die neuen Reifen montieren können. Der erste Platz ist super luxuriös, aber soll 32 AUS kosten, beim dritten sind wir mit 20 AUS dabei und quetschen das Zelt auf einen winzigen Platz. Hier wird jeder Zentimeter genutzt! Bis zur Dunkelheit haben wir beide einen neuen Hinterreifen auf der Felge und unsere muffelige Wäsche ist frisch gewaschen und trocken. Das war dringend nötig...
Freitag 16.07. - Mareeba
Eine miese Nacht! Irgendwo in der Nachbarschaft feierte eine Horde alkoholisierter Frauen eine Party mit albernem Gelächter und Geschrei bis spät. Städte sind nicht gut für die Menschen, ich sag´s ja immer... Trotzdem standen wir um halb acht auf, denn Thomas hatte noch einen Vorderreifen zu wechseln und um 10 Uhr ist hier Check-out. Irgendwie schafften wir es, pünktlich fertig zu werden und wir wechselten zum Internet Cafe. Etwa zwei Stunden später war auch das geschafft und wir fuhren aus der Stadt hinaus. Wieder über die Berge, diesmal nach Mareeba, etwa 65km westlich. Was wir da wollen? Unsere Bekanntschaften aus Ravenshoe hatten uns erzählt, dass an diesem Wochenende dort ein großes Rodeo, angeblich das größte von ganz Queensland, stattfinden würde. Und wir haben beide noch nie ein Rodeo miterlebt! Das werden wir jetzt nachholen. Mareeba liegt auf ca 470m Höhe, eine Bergkette hinter der Küste und wirbt mit 300 Sonnentagen im Jahr. Heute ist keiner davon. Wir finden das Rodeogelände außerhalb des Städtchens, wo schon Hunderte von Campern auf der grünen Wiese stehen und verhandeln mit den Verantwortlichen für einen persönlichenTarif. Komischerweise ist es nicht vorgesehen, dass man eine Nacht und einen Tag hier verbringt. Aber es wird für uns möglich gemacht und wir bekommen von einem netten ehemaligen Holländer einen Zeltplatz zwischen den Caravans zugewiesen. Nun sind wir gespannt, was sich hier ab morgen früh so tut!!
Sonnabend 17.07. - Mareeba
Kurz nach sieben die ersten Lautsprecherdurchsagen - wir springen aus den Schlafsäcken. Die Sonne scheint, na prima! Als eine der Ersten sitze ich auf den hohen Metalltribünen, die um den großen Rodeoring aufgebaut sind. „Rope and Tie“ heißt die erste Disziplin, bei der ein Kalb aus der Box geflitzt kommt, das der Cowboy vom Pferd aus mit dem Lasso einfängt. Dann springt er vom Pferd und versucht, in möglichst kurzer Zeit, das Kalb auf die Seite zu werfen und an den Beinen zu fesseln. Währenddessen hat das Pferd den Job, durch eigenständiges Rückwärtstreten das Lasso, das am Sattelknauf befestigt ist, stramm zu halten. Gute Teamarbeit! Ehe sich es die kleinen Kälber versehen, liegen sie gebunden im Sand, doch nach einigen Sekunden werden sie wieder befreit und trotten, von den berittenen Helfern im Ring, zu ihrem Ausgang geleitet, aus der Arena. Erstaunlich freundlich wird hier mit Pferd und Rind umgegangen, kaum ein Reiter trägt Sporen, die Pferde sind gut ausgebildet, die Reiter sitzen fest im Sattel und verstehen ihr Handwerk. Ein Wettkampf nach dem anderen: Breakaway Roping - eine Disziplin für die Jüngeren. Dabei geht es nur um den Lassowurf um den Hals des Kalbes, das dann mit dem Seil hinter sich herschleifend weiterlaufen darf. Erstaunlich, wie gut die Jugendlichen beiderlei Geschlechtes mit dem Seil umgehen können! Dann Steer-Wrestling: zwei Cowboys galoppieren mit einem Jungstier zwischen ihren Pferden durch den Ring, dann springt einer dem Stier ins Genick und versucht ihn, zu Boden zu zwingen. Das gelingt bei Weitem nicht immer. Einer der Stiere widersetzt sich erfolgreich und schlitzt statt zu Boden zu gehen, seinem Kontrahenten das Hemd auf. Dann trabt er erhobenen Hauptes davon, während der Cowboy am Boden sitzt. Ein anderer, älterer Cowboy fällt ungünstig und bleibt erstmal im Sand liegen, bis ihm aufgeholfen wird. Er hat sich anscheinend wehgetan. So vergeht der Tag am Ring, während drumherum für Verpflegung und Unterhaltung gesorgt wird. Ein großer Jahrmarkt mit allerhand Verkaufsbuden und ein paar modernen Foltergeräten für die Jugend bietet für jeden etwas. Wir schauen schaudernd zu, wie sich die Gondeln mit den vor Vergnügen (?) schreienden Kids hoch über uns in allen Dimensionen verdrehen. Eine Fahrt kostet 10 Dollar. Nee, ohne uns. Wir können uns auch selbst zum Spucken bringen, wenns denn sein soll... Dann gibt es auf einem kleinen abgezäunten Areal einen Wood-Chopping-Wettbewerb, bei dem breitschultrige Männer mit superscharfen Äxten um die Wette auf Baumstämme einschlagen oder zu zweit an langen Sägen ziehen. Sie hacken einen Stamm von ca 50cm Dicke in einer Minute einfach durch, nicht schlecht. Im Laufe des Tages füllt sich der Platz mehr und mehr. Touristen, Einheimische Weiße, etliche Aboriginalfamilien, sehr bunt gemischtes Publikum. Am späteren Nachmittag die größte Attraktion, das Bullenreiten. Große, kräftige Stiere bocken nach besten Kräften durch die Arena, um das Seil, das man ihnen stramm um die Lenden gebunden hat, abzuschütteln. Die Cowboys müssen sich acht Sekunden oben halten und dürfen sich nur mit einer Hand festhalten. Auch das gelingt natürlich nicht allen Teilnehmern und es kommt zu einigen heiklen Situationen, wenn der Cowboy fällt und der Stier sich, hoch ausschlagend, weiter im Kreis dreht. Die sogenannten „Protection-Clowns“ lenken den Stier ab und bringen den Cowboy aus der Gefahrenzone. Die Tribünen sind gut gefüllt, die Leute klatschen, die Sonne scheint. Ein sehr gelungener Tag! Thomas verbrennt sich leider ordentlich den Nacken, denn durch den kühlenden Wind spürt man die Kraft der Sonne nicht so sehr. Abends sind wir randvoll mit Eindrücken und alle Speicherkarten der Kamera sind voller Bilder (wie dumm, dass die Videokamera noch in Deutschland zur Reparatur unterwegs ist. Die hätten wir hier gut brauchen können!). Als wir uns abends ins Zelt zurückziehen, geht die Party erst richtig los. Viel Schlaf bekommen wir in dieser Nacht nicht. Die Livemusik dröhnt bis 2 Uhr morgens, danach müssen ein paar Heißsporne unbedingt ihre getunten Autos nochmal jaulen lassen, andere ziehen johlend durch die Gassen der Campingwiesen... Das gehört wohl dazu. Interessant ist allerdings, dass auf dem Festgelände nur an einer, streng abgezäunten Stelle, Alkohol verkauft und auch nur dort verzehrt werden darf. Nur über 18-jährige kommen dort hinein. Ich bin sicher, irgendwie kommen die Kids sicher hier auch an ihren Stoff, aber man macht es ihnen nicht leicht.
Sonntag 18.07. - nahe Mossman
Schön war´s, aber nun haben wir auch genug vom Rodeo und fahren weiter. Die gleiche Strecke zurück über die Kuranda Range, heute erheblich weniger Verkehr, macht gleich viel mehr Spaß. Beim großen Shopping-Center Vorräte auffüllen und dann auf nach Norden. Die Küstenstraße zwischen Cairns und Port Douglas führt meist direkt am Meer entlang. Dort sind überall kleine Strände, an denen man nicht baden kann, wegen besagter Gefahren im Wasser. Wir freuen uns über die schönen Ausblicke, halten uns aber nicht lange auf. Port Douglas wird in den Reiseführern als schönes Städtchen angepriesen. Wir fahren einmal durch den Ort, der zwischen dem Meer und einem Inlet liegt und uns zu touristisch aussieht. Lauter schnieke Ressorts und Hotels, Sushi-Restaurants, eine große Marina mit teuren Yachten, das volle Programm. Wir füllen die Tanks mit Sprit, der hier auch teurer ist als in Cairns und lassen die Stadt hinter uns. Wir wollen heute auf keinen Fall auf einen Campingplatz, darum machen wir uns auf die Suche nach einem ruhigen Platz in der Wildnis. Nach einigen „Naja“-Plätzen zu dicht an der Straße biegen wir in eine nichtssagende Nebenstraße ab, die uns bald in ein ruhiges grünes Tal mit vereinzelten Häusern bringt. An den Feldwegen stehen Schilder: „Alle Besucher auf diesem Gelände müssen sich beim Besitzer melden“. Wir suchen also den Besitzer und stoppen bei einem freundlich aussehenden Haus mit zwei Pferden auf der Koppel und drei kleinen freundlichen Jack Russel-Terriern. Jemand im Haus? Hallo? Keine Antwort, aber vom Nachbarhaus ein einiger Entfernung hören wir Kinderlachen, wir fahren rüber und geraten in einen Kindergeburtstag. Viele kleine Kinder und eine entsprechende Anzahl junger Eltern begrüßen uns und lassen sich erzählen, wer wir sind und was wir wollen. Der Hausbesitzer, Vater des 6-jährigen Geburtstagskindes stellt uns seiner Mutter vor, einer handfesten Krankenschwester, der das Nachbarhaus gehört und die uns herzlich einlädt, auf ihrem Grundstück zu campen. Sie stopft uns in ihr Auto, ich halte ihren Whisky, den sie sich eben eingeschenkt hatte und sie fährt mit uns zum Bach runter. Ein paradiesisches Plätzchen unter großen Bäumen am plätschernden Wasser. Wir sind begeistert und bauen, gerade noch rechtzeitig, bevor ein abendlicher warmer Regen fällt, unser Haus auf, bevor wir der Einladung auf einen Drink bei der Geburtstagsgesellschaft nachgehen. Sehr nette Leute! Die junge Familie hat offenbar eine Firma für Erdbewegung und wohnt in einem Teil des neuen offenen Hallengebäudes. Die große Betonfläche unter dem hohen Blechdach ist ein idealer Spielplatz für die vielen fröhlichen Kinder, die dort ihre kleinen Bagger herumschieben, mit Dreirädern oder Skateboards im Kreis fahren oder Basketball spielen. Alle wirken sehr entspannt und gehen freundlich miteinander um. Ich bekomme ein kaltes Bier, ein Brötchen mit gegrilltem Lammfleisch und „Gravy“ (Bratensoße, kann man fertig kaufen) und sitze mit Beryll, der etwa 50-55jährigen Mutter und Oma, auf dem Boden zum Klönen. Sie liest in unserem Flyer und ist ganz begeistert von unserer Reise. Sie sagt jedem, der vorbeikommt, so etwas wären ihre Pläne für ihr nächstes Leben! Angesichts des Regens lädt sie uns ein, doch lieber im Haus zu schlafen, doch wir sind zufrieden mit unserem Platz am Bach und lehnen dankend ab. Morgen früh sei sie zur Arbeit (sie arbeitet drei Tage/Woche in dem kleinen Krankenhaus in Mossman, nicht weit von hier und ist mit zuständig für die Versorgung der Aboriginal-Communities der Gegend), aber wir sollen doch unbedingt wieder hereinschauen, wenn wir von Cooktown zurückkommen. Dann sei auch bestimmt ihr Mann Dick, der letzten Freitag einen Reitunfall hatte und mit gebrochenem Bein in der Klinik liegt, wieder da und wir könnten auf ihren Pferden einen schönen Ausritt machen. Sie überlegt kurz, dann grinst sie verschwörerisch: „Ja, da zeigen wir euch was Schönes. Bitte, kommt wieder her!“ Wir sagen dies gerne zu und sind jetzt schon ganz gespannt, was sie sich für uns ausgedacht hat. Als die Kinder müde werden, verabschieden wir uns und stapfen im Dunklen zu unserem Zelt zurück.
Montag 19.07. - nahe Mossman
Bei Sonnenaufgang ging ich mit der Kamera auf Bilderjagd. Unbekannte Vogelstimmen sangen ihre Morgenlieder die Sonne ging eben hinter den tropischen Bäumen auf, die Luft weich und lau. Ein kleines braunes Waldhuhn scharrte im Laub, die ersten Schmetterlinge suchten die Wärme der kleinen Sonnenflecken am Boden, der hier bedeckt ist mit kirschgroßen, leuchtend blauen Beeren, die von einem großen Baum fallen. Ob man die essen kann? Ich muss mal jemanden fragen. Der Bach ist erfrischend kühl, genau richtig für ein morgendliches Bad. Niemand da, wir plantschen nackig herum (Beryll hat uns versichert, es seien keine Crocs in der Nähe, zu weit entfernt vom Meer!). Wir freuen uns darauf, wieder her zu kommen, aber nun gehts erstmal weiter.
Australien Juli 2010 (Weltreise Tagebuch 107) nächstes Tagebuch
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