Reiseberichte


Australien
 
Australien Januar 2011 (Weltreise Tagebuch 125) nächstes Tagebuch
Sonnabend, 22.01. - Foxground
Aufbruch aus Sydney. Nachdem wir Mick gestern Abend zum Abschieds-Essen eingeladen haben (in einem Thai-Restaurant, sehr lecker!), verabschiedeten wir uns gegen Mittag kurz und schmerzlos. Er meinte noch: nicht, dass wir so besonders laute Gäste seien, aber nun würde es doch wieder sehr ruhig werden in seiner Wohnung... Er klang etwas bedauernd...
Durch die große Stadt ging es ohne Verzögerungen, denn es war ja Samstag. Im Süden der Stadt, im sonst recht ruhigen Royal-NP war allerdings der Wochenend-Bär los und wir mussten die schöne Kurvenstrecke durch den dichten Wald hinter einer langsamen, stinkenden Autokolonne herfahren.
Wir blieben vorläufig an der Küste, wo sich viele Leute an den Stränden tummelten, bogen dann, als eine dicke dunkle Wolke am Himmel mit ergiebigem Regen und Gewitter drohte, ins Inland ab. Eine schmale Straße führte in ein bewaldetes Tal hinein. Nur vereinzelt standen dort Häuser, als wir immer weiter in das Tal hineinkurvten. Schließlich hörten die Zäune neben der Straße auf und wir konnten uns auf einer Wiese mit Meerblick unter eine Baumgruppe verkrümeln. Sehr schön!
Sonntag, 23.01. - Namadgi-NP
Den Sonnenaufgang über dem Meer verschliefen wir. So schön ruhig war unser Traumplatz.
Einige schwarze Jung-Stiere grasten in unserer Nähe und schauten ins Zelt hinein, als wir die Türe öffneten, vergaßen für einen Moment ihre Kautätigkeit, die feuchten Nüstern schnuppernd in unsere Richtung gestreckt.
Später beim Packen schauten uns zwei Pferde zu und auch eine kleine Schafherde bemerkte unsere Anwesenheit.
Hier ein Haus haben... mit dichtem Wald und der felsigen Abbruchkante hinter uns und dem Blick auf das etwa 15km entfernte blaue Meer.. das wär was!
Nur ungern verließen wir den schönen Ort, rollten die kleine Straße zurück zum Highway, dem wir in südlicher Richtung bis Nowra folgten. Dort bogen wir ab in die Berge, laut Karte sollte diese Straße nach Braidwood größtenteils geschottert sein, doch auch hier hat es seit Kartendruck ein Upgrade gegeben und wir hatten nur noch kurz vor Braidwood etwa 30km unbefestigte Straße zu fahren. Der Rest war neu mit glattem Teer belegt.
Bald waren wir auf einer Hochebene, wo offensichtlich nicht so viel Regen ankommt: das Gras war nicht so saftig grün, wie wir es in den letzten Wochen überall bewundert haben.
Auf halbem Weg ein Cafe, vor dem viele Harleys geparkt standen. Drinnen saßen die Fahrer in Sonntagskluft und -laune und aßen Lammkoteletts mit Pommes. Wir genossen draußen unser Müsli und hielten uns die Ohren zu, als die wilde Horde mit laut knatternden Auspüffen davonfuhr. "Small-penis-syndrome!" würde Mick kopfschüttelnd sagen.
Nachmittags kamen wir in die Nähe der Hauptstadt Canberra, aber hatten beide keine Lust, heute noch in die Stadt hineinzufahren. Lieber außerhalb übernachten und morgen Vormittag die Stadt anschauen, beschlossen wir und fuhren stattdessen in den Namadgi National Park südlich der City.
Die Visitor-Info hatte schon geschlossen, als wir in das schöne Tal abseits des Rummels hineinfuhren, die Papierumschläge für die Campinggebühren waren ausgegangen, so hatten wir keine Chance, unseren Obolus abzugeben. Den sehr schön unter großen Eukalyptusbäumen angelegten, "Honeysuckle" genannten, Campground fanden wir nach einigen km kurviger Bergaufstrecke auf sage und schreibe 1200m Höhe! Für Australien ist das schon richtig hoch! Der Grund für die gute Straße hinauf erklärte sich bald: hier oben stand bis vor einigen Jahren eine Tracking-Station aus der Zeit der Apollomissionen. Eine riesige Parabolantenne verfolgte von hier aus den Flug der Mondraketen. Heute sieht man nur noch Betonfundamente und erklärende Hinweistafeln aus dieser Epoche. Außer uns waren nur wenige Leute hier und es wurde ganz still am Abend. So still, dass ich in der Ferne einen Dingo heulen hören konnte.
Montag, 24.01. - Canberra
Der prüfende Blick aus dem Zelt zeigte einen grauen Himmel, kühler Wind wehte. Zwei neugierige Kängurus schauten uns beim Frühstück zu.
Bald brachen wir auf nach Canberra, brauchten dazu nur der Straße Richtung Norden folgen. Als Erstes fiel auf, dass der Verkehr, obwohl Montag Vormittag, sehr gemäßigt war. Selbst als wir in der City ankamen, gab es kein Gedränge auf der Straße.
Den Schildern folgend, befanden wir uns bald im überschaubaren Zentrum der australischen Hauptstadt, die vor etwa 110 Jahren als neutrale Lösung im Gekabbel der großen Städte Melbourne und Sydney aus dem Boden gestampft worden war. Die Stadt liegt an einem kleinen See, auf dessen Nordseite das Geschäftszentrum um einen leicht erhöhten kreisrunden Park, großspurig "City Hill" genannt, herum gebaut wurde.
Man trägt Anzug und Krawatte und verbringt seine Lunchpause in einem der vielen Restaurants. Die offiziellen Gebäude, wie das Parlamentshaus oder die Lodge der Prime Ministerin, Frau Julia Gillard, sind über eine große Brücke erreichbar, auf dem gegenüberliegenden Seeufer zuhause. Dort befinden sich auch die nationale Bibliothek, das Science-Center und andere wichtige Gebäude. Insgesamt, nachdem wir nun Sydney kennen, keine wirkliche Großstadt, aber, da auf dem Reißbrett entstanden, nett angelegt.
Meine Lust auf Stadt bewegt sich im Moment gegen Null, darum suchten wir einen Parkplatz für die Moppeds mit Sitzgelegenheit in der Nähe. So einfach war das nicht zu finden und wir gurkten eine ganze Zeit etwas orientierungslos durch die Straßen, doch schließlich wurden wir auf einem speziellen Motorradparkplatz fündig. Thomas spazierte mit der Kamera davon und ich setzte mich unter einem Baum ins Gras. Es war inzwischen Mittagszeit und die büroarbeitende Gesellschaft der Stadt hatte gerade Ausgang. Überall duftete es nach Mittagessen und mein Magen antwortete darauf mit deutlichem Knurren. "Sei still, du kriegst jetzt nichts!" In meiner Nähe stand die ganze Zeit, die ich dort auf Thomas wartete, eine asiatisch aussehende Frau, die ein handgeschriebenes Schild in den Händen hielt. Irgendwann überwog meine Neugierde und ich ging zu ihr, um in Erfahrung zu bringen, was sie zu sagen hatte. In etwas schwer verständlichem Englisch erklärte sie, dass sie in einem Rechtsstreit von ihrem Anwalt abgezockt worden sei und dass sie auf diesem Weg versuchen wollte, die Öffentlichkeit auf ihren Fall aufmerksam zu machen. Alle ihr bekannten Wege zur Gerechtigkeit habe sie schon erfolglos beschritten und so bliebe ihr nur noch dieser Weg. Aus Schanghai ist sie vor 20 Jahren hierher gekommen, erzählte sie. Auf meine Frage, wie es ihr in einem solchen Fall in ihrer Heimat wohl ergangen sei, erwiderte sie, dort sei es auch nicht besser. Nur sei es dort einfacher, die Presse für solche Fälle zu interessieren. Ich wünschte ihr viel Glück.
Als Thomas von seinem Stadtrundgang zurück kam, fuhren wir in das Regierungsviertel jenseits des Sees, schauten uns dort das alte Parlamentsgebäude an und mussten feststellen, dass die Stadtplaner mehr Augenmerk auf die regelmäßigen Formen der neuen Stadt als auf verkehrstechnische Aspekte gelegt haben. Die großen Straßen sind meist nur von einer Seite aus erreichbar und darum fuhren wir mehrmals erfolglos auf dem "Capital Hill" im Kreis, bis wir schließlich die Nase voll hatten. Sollen die doch ihr tolles neues Parlamentsgebäude und das riesige Flaggenträgergebilde behalten, wenn sie nicht wollen, dass wir es uns anschauen! Wir machten kehrt und fuhren aus der Stadt hinaus, zurück zum National Park. Leider war dieser Tag mit noch mehr Hindernissen gepflastert, denn als wir nach dem Einkauf bei einem Aldi-Markt wieder aufbrechen wollten, sprang Jolly nicht mehr an. Batterie leer! Schon wieder? Und ich hatte gedacht, nachdem wir neulich alle Steckverbindungen überprüft und mit Kontaktspray bearbeitet hatten, sei nun das Thema erstmal durch! Thomas war schon weg, bevor ich mich bemerkbar machen konnte. Natürlich kam er nach ein paar Minuten zurück, um zu schauen, warum ich nicht hinterher kam und gab mir Starthilfe. Eine Viertelstunde später erreichten wir den anvisierten Campingplatz, heute einen anderen, auch sehr netten Platz in der Nähe eines rauschenden Baches. Dort kramte Thomas zum X-ten Male sein Messgerät heraus und versuchte, sich einen Reim aus den Ergebnissen zu machen. Offensichtlich wird die Batterie nun überhaupt nicht mehr geladen. Und noch etwa 700 km bis Melbourne, wo dann hoffentlich das bestellte Ersatzteil aus Deutschland bereit liegt. So bleibt uns nur, Jolly zwischendurch immer wieder bei Foster etwas nachzuladen, denn sonst bleibt irgendwann nicht mehr genug Spannung für den Zündfunken übrig...
Dienstag,25.01. - Orroral Campground
Thomas wollte heute versuchen, mit einer Notoperation die Lichtmaschine zur Arbeit zu bewegen. Darum blieben wir heute, wo wir waren und öffneten Jolly's linken Motorgehäusedeckel, um an die Lichtmaschine heranzukommen. Im ausgebauten Zustand (einige der Wicklungen sahen richtig verschmort aus!) konnte er den Fehler lokalisieren und notdürftig überbrücken. Bei einem Probelauf, Stunden später, arbeitete sie für einen Moment gut, aber dann zeigte sich ein weiterer Kurzschluss. Alles wieder auseinander, zweiter Versuch. Das Problem liegt offensichtlich darin, dass die Kupferdrähte der Wicklungen mit einem farblosen Lack bezogen sind, der den Bedingungen im Motor auf Dauer nicht gewachsen ist. Er wird porös, bröckelt ab und die Drähte berühren sich - Kurzschluss! Eine weitere Wicklung musste also stillgelegt werden, was natürlich bedeutet, dass der Ladestrom geringer sein wird. Aber wenn sie erstmal überhaupt funktioniert, bin ich ja schon zufrieden. Nun heißt es also: Daumen drücken...
Mittwoch, 26.01. - Geehi Rest Area
Heute ist Australia Day. Man feiert die Landung der Weißen auf dem roten Kontinent. Sozusagen ein Trauertag für die Ureinwohner des Landes, für die damit ein Jahrhunderte langer Leidensweg begann...
Für den modernen Australier bedeutet dies einen zusätzlichen freien Tag, an dem man an den Strand fährt oder jedenfalls irgendwo raus aus der Stadt und macht "Aussie-Stuff", wie mir die 10-jährige Tochter unserer Campingnachbarn erzählte. "Aussie-Stuff" bedeutet, man heizt ein Barbie (der lokale Kosename für Barbecue) an, man isst und trinkt und tut möglichst gar nichts. Na gut, es gibt also wenig Gründe, für dieses Event in eine Stadt zu fahren. Wir nehmen darum den südlichen Ausgang aus dem Nationalpark, eine herrliche Schotterstrecke, teilweise aus dem massiven Felsen herausgekratzt und fahren dann weiter durch die australischen Alpen, wo es sehr schöne Motorradstrecken geben soll. Zu den gestrigen Reparaturversuchen mussten wir leider feststellen, dass nach kurzem Erfolg der nächste Kurzschluss Thomas' ganze Mühen des Tages zunichte machte. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als Jolly bis nach Melbourne regelmäßig mit Strom -Transfusionen aus Fosters Batterie am Leben zu erhalten. Dort wartet hoffentlich eine in Deutschland bestellte Ersatzlichtmaschine auf uns. Wie gut, dass wir (mit Foster) ein zweites Aggregat dabei haben! Gegen Mittag erreichten wir in Adaminaby die Teerstraße, die von Cooma nach Tumut quer durch die Berge führt, bogen von dieser nach 40 km Richtung Cabramurra ab, eine schmale Straße, die als "Touristic Drive" bezeichnet Schönes vermuten ließ. Wir schraubten uns nun immer höher in die Great Dividing Range hinauf, in ein Gebiet, das im Jahr 2003 von einem verheerenden Waldbrand heimgesucht worden ist. In den acht Jahren, die inzwischen vergangen sind, ist das Unterholz wieder hochgewachsen, aber es ragen all die großen Bäume, die bei dem Feuer ums Leben gekommen sind, als silbergraue Skelette in den Himmel und verleihen der ganzen Gegend eine mystische, fast unheimliche Atmosfäre. Heute, bei strahlend blauem Himmel mit nur einzelnen weißen Wolken, überwog das Mystische... Australien überrascht uns doch immer wieder mit neuen Landschaften!
Der Höchste der Pässe, die wir nun überquerten, war 1500m hoch, hierzulande eine gewaltige Höhe! Ziemlich windig bei 26 Grad war es dort oben, wir genossen fantastische Weitblicke über blaue Bergketten mit und ohne Wald. Von Cabramurra weiter nach Khancoban, einem kleinen Wintersportort am westlichen Rand der Alpen auf nur noch 400m Höhe. Dort erreichte das Thermometer im Schatten 37 Grad! Noch einmal schraubten wir uns 30km in die Berge hinauf, um für die Nacht zur Geehi Rest Area zu gelangen. Die hatten wir, an einem Flüsschen gelegen, auf der Karte entdeckt und mich verlangte nach einem erfrischenden Sprung ins kalte Wasser. Auf dem Weg kamen wir an einer großen Power Station vorbei: man sah drei dicke weiße Wasserrohre am Berg verlaufen, unten ein großes Gebäude, in dem man 10 Turbinen sehen konnte, die aus dem Gefälle des Wassers Strom erzeugen. In einem riesigen System aus Stauseen und Tunneln im gesamten Kosciuszko NP wird das Schmelzwasser der winterlichen Schneemengen aufgefangen und mehreren Power Stationen zugeführt, die daraus 60% der gesamten im Bundesstaat Victoria benötigten Elektrizitätsmenge generiert. Davon morgen mehr, denn wir wollen uns in dem angeschlossenen Visitor Center informieren lassen. Nun erstmal weiter. Kurz, bevor die Sonne hinter den Bergen verschwand, kamen wir an unserem Schlafplatz an: ein sehr schöner und weitläufiger Platz am Bergfluss. Hier hatten sich schon etliche Camper zur Nacht eingerichtet, aber es war genug Platz für alle da und wir schlugen ebenfalls unser Lager auf. Und dann nichts wie rein ins kühle Nass! Bald leuchteten die Gipfel der höchsten australischen Berge vom Sonnenuntergang angestrahlt, kurz auf und dann versank die schöne Landschaft in der Dämmerung.
Donnerstag, 27.01. - Upper Nariel
Vom Geschrei aus vielen Kehlen schwarzer Cockatoos und Honeyeater wachten wir morgens auf. Innerhalb weniger Minuten löste sich der Morgennebel auf, ein blank geputzter blauer Himmel erschien. Frühstück, ein morgendliches Bad (puh! War das Wasser gestern Abend nicht wärmer?) und weiter, mit frischer Ladung in Jollys gebeutelter Batterie. Erstes Ziel: die Power Station.
In einer Ausstellung mit technischen Modellen, Videovorführung und anderen Medien ließen wir uns dieses gigantische Wasserkraft-System erklären. Um sicherzustellen, dass auch im Winter genügend Schnee aus den Wolken fällt, werden am Westrand des Gebirges mit großen Zerstäubern mikroskopisch kleine Silber- Jodid-Teilchen in die Wolken gepustet, die bei der Entstehung der Schneekristalle helfen sollen. Davon profitieren neben der Stromerzeugung (allein in diesem Kraftwerk können bis zu 950 Megawatt an Strom produziert werden) auch die australischen Wintersportler und die Tiere, die für ihre Winterruhe auf eine genügend dicke Schneedecke angewiesen sind. Was es alles gibt...
40 km weiter stoppten wir in Corryong, dem nächsten Ort mit etwas Infrastruktur, kauften ein und saßen ein Weilchen herum. Es gesellte sich bald Eugen zu uns, ein Hamburger auf Australienzeit, der hier in der Gegend gerade für einige Monate eine Farm hütet. Nach einem Arbeitsunfall in Deutschland gefiel es seinem angeknacksten Rücken im deutschen Winter nicht und so zog es ihn für eine Weile hierher. Arbeit findet man hier immer, besonders, wenn man aus Deutschland kommt, wo immer noch eine andere Arbeitsmoral herrscht als unter Aussies. Sagt Eugen. Wir fuhren erst weiter, als es eigentlich schon bald Zeit wurde, wieder irgendwo anzukommen. Und so kamen wir auch nicht viel weiter, ließen uns nach weiteren 30 km durch die Vorgebirge der Alpen von einer an der Nebenstraße Richtung Omeo liegenden Rest Area gerne zum Anhalten verführen. Wieder ein Flüsschen dabei, in dem man sich den Schweiß des Tages abwaschen kann. Die Strömung war so heftig, dass ich beim Baden fast davongeschwemmt worden wäre! Morgen ist auch noch ein Tag zum Weiterfahren...
Freitag, 28.01. - Bright
Von den nun folgenden 63 km Schotter durch die Berge haben uns gestern die Fahrer zweier sehr staubiger Allradfahrzeuge Schauermärchen erzählt: Wellblech, sehr viel Staub und rücksichtslos rasende Holzlaster hätten wir zu erwarten. Mir war also brav etwas mulmig, als wir losfuhren. Dann stellte sich aber mal wieder heraus, dass jeder eine andere Wahrnehmung hat und man sich nicht darauf verlassen sollte, was andere erzählen. Die Strecke war in sehr gutem Zustand, wenn man mal von einigen zerfahrenen Kurven absieht, führte durch hohen Eukalyptus-Bergwald hinauf in kühle Höhen und wieder hinunter in enge Täler mit kleinen Bächen. In den vielen Kurven immer schön vorsichtig am linken Straßenrand entlang, wegen der Holzlaster, von denen wir letztendlich auf der ganzen Strecke nur einen Einzigen trafen. Auch der Staub hielt sich in Grenzen, da wir auf solchen Straßen mit weitem Abstand fahren. Kaum ein Auto begegnete uns, die Sonne schien, die Luft duftete würzig nach den ätherischen Ölen der Bäume, so macht das Fahren Spaß! Zwei Stunden später hatten wir wieder Teer unter den Rädern und fuhren nun über eine recht trockene Hochebene mit wenig Bäumen und viel gelbem Gras. Hungrig kamen wir in dem kleinen Wintertourismusort Omeo an, führten uns und den Moppeds etwas Treibstoff zu, schauten uns in dem netten kleinen Ort um und saßen in der Sonne. Ein Auto hielt an. Auf Deutsch, naja, Österreichisch, fragte jemand, wie lange wir denn wohl schon unterwegs seien. Thomas und Petra sind seit 20 Jahren begeisterte Australienurlauber, haben hier ein Auto, das immer auf den nächsten Urlaub wartet und freuen sich, wenn sie Menschen treffen, die, wie sie mir sinngemäß sagten, auch gerne über ihren Tellerrand gucken. Außer ihnen trafen wir in Omeo auch noch drei Biker auf alten BMWs, die ebenfalls über die Schotterstrecke gefahren waren. Allerdings ohne Stollenreifen und, wie man an der Staubschicht auf ihren Gesichtern und Moppeds sehen konnte, im Pulk gefahren. Da hatten wir eindeutig mehr Freude! Die nächste Etappe war für uns jetzt die "Great Alpine Road". Der Name ist Programm, dachten wir uns und freuten uns auf weitere schöne Berglandschaften. Wir wurden nicht enttäuscht! Auf den ersten 30 km ging es nur bergauf, bis wir schließlich über die Baumgrenze hinauf kamen und uns in den besten Skigebieten des Landes befanden. Mt. Hotham war der höchste Berg der Gegend, mit 1750 Metern. Auf der Bergkuppe ein großer Ferienort, übrigens der am zweit höchsten gelegene seiner Art in Australien, um diese Jahreszeit verlassen. Appartmenthäuser und Skilifte - ausgestorben bis zum nächsten Winter. Die Straße führte um die baumlose Kuppe herum und auf der anderen Seite wieder hinunter. Hier war ein kleiner Parkplatz, wir stoppten, weil man bei diesem Ausblick überhaupt nicht anders konnte und hatten dort das Gefühl, wirklich "on top of the world" zu sein! Unsere Blicke schweiften über etliche Bergketten, die sich unter dem blauen Himmelszelt in der Ferne im Dunst verloren. Unglaublich schön! Mit uns staunten zwei junge Frauen, die sich bald als Deutsche zu erkennen gaben (sie hatten unsere Nummernschilder gesehen). Da muss wohl irgendwo ein Nest sein ;-) Von diesem höchsten Punkt mussten wir nun auch wieder herunter und so schlängelten wir uns durch Hunderte von engen Kurven auf den nächsten 20 km wieder in die Täler hinab. Eigentlich macht diese Strecke sicher sehr viel Spaß, aber ich hab ja im Moment dieses Stromproblem und muss darauf achten, so wenig wie möglich zu verbrauchen. Ergo versuche ich, nur selten zu bremsen, um das Bremslicht nicht zu benutzen. Das bedeutet aber auch, dass ich sehr vorausschauend fahren muss und nicht hundert Meter vor der nächsten Kurve nochmal Gas geben kann. Und so tuckerte ich in niedrigem Gang langsam den Berg hinunter, was etwas langweilig und anstrengend war. Unten in Harrietville war es wieder richtig warm, will heißen: etwa 35 Grad, die Kurven wurden weiter, wir blieben im Tal. Ein Hinweisschild auf einen Angelplatz stoppte unseren Vorwärtsdrang: da es für Jolly Zeit für die nächste Infusion wurde und sich die Sonne dem Horizont näherte, bogen wir ab und fanden einen schönen kuscheligen Zeltplatz, wieder an einem rauschenden Bach.
Sonnabend, 29.01. - Eildon NP
Hier sieht es aus wie in einem deutschen Mittelgebirge! Liebliche grüne Täler, in denen Obst, Hopfen und Wein angebaut werden, neben der Straße hohe Pappeln und kleine gemütliche Häuser. Heute beginnt schon wieder ein Wochenende, die Straßen sind belebt von Freizeithungrigen. In Myrtleford biegen wir darum auf eine noch kleinere Straße ab, die bald in Schotter übergeht und uns weiter durch die Berge bringt. Drei Biker auf großen BMWs, ohne Gepäck, überholen uns und hinterlassen eine dicke Staubwolke. Die Straße ist gut in Schuss, das Fahren macht Spaß. Bald sind wir in Whitfield, einem Bauerndorf. Ein kleines Restaurant hat einen Tisch und Stühle draußen auf dem Rasen stehen, gut für eine Kaffeepause. Die warme Luft riecht nach gemähtem Gras und Pappellaub. Nun wieder auf Teer Richtung Mansfield, immer noch kurvig durch die Berge. An der Straße stehen viele Schilder: "High Risk Area" steht dort unter dem stilisierten Bild eines Motorradfahrers... Also auf jeden Fall eine interessante Strecke! Wieder geht es hinauf, der Ausblick von oben ist schön, aber nicht mehr so berauschend wie der Gestrige vom Mt. Hotham. Wir halten nur selten an, weil Jolly's Batterie schon wieder so schwach ist. Bei jedem Stopp laden wir etwas nach, aber trotzdem ist sie bald wieder leer. Bei Carola in Melbourne haben wir uns für morgen angekündigt, heute wollen wir noch in der Natur schlafen. Im Eildon NP finden wir eine Camping Area an einem breiteren, schnell fließenden Fluss. Viele große Pferdebremsen gibt es hier und verleiden uns das Draußensein etwas. Wir freuen uns über unser ungezieferdichtes Zelt.
Sonntag, 30.01. - Melbourne
War das eine Nacht! Wir sollten im Umkreis von 200 km zu einer Großstadt nicht am Wochenende auf öffentliche Campgrounds gehen! Unser Platz diente nämlich einer Horde testosteronstrotzender Jungs zum Abreagieren ihrer überschüssigen Kraft, was sich äußerst störend auf unsere Nachtruhe auswirkte. Noch bei Tageslicht fingen sie an, mit lauten Feuerwerkskörpern durch den Wald zu knallen ("...sicher hören sie damit auf, wenn es dunkel ist!"). Dann schallte laute Metal-Music durch die Bäume, zum Glück so weit von uns weg, dass wir sie geflissentlich ignorieren konnten. Was wir nicht ignorieren konnten, war, als sie spät abends johlend mit einem Allradauto hin und her fuhren. Mit jaulendem Motor und durchdrehenden Rädern gruben sie die mit Schotter bestreuten Waldwege um und schepperten mit gequälter Maschine oberhalb unseres Schlafplatzes hin und her. Ich hatte nun doch Bedenken, ob sie uns in ihrem Spaßwahn überhaupt wahrnehmen würden und kletterte schnell aus dem Zelt, um mit der Taschenlampe deutlich zu machen, dass hier jemand wohnte. Das wurde glücklicherweise wahrgenommen, sie fuhren nun etwas ruhiger bei uns vorbei. Half uns nicht zum Schlafen, aber wir blieben jedenfalls am Leben. Wieder und wieder zündeten sie ihre Chinaböller, um ein Uhr schliefen wir immer noch nicht. Dann wurde es allmählich ruhiger, ich schlief unruhig und träumte von Krieg und Bomben. Müde erhoben wir uns, als das Geballer am Morgen wieder anfing. Muss das weh tun, so von Hormonen geschüttelt zu werden! Nur dumm, dass es immer auch anderen weh tut! Beim ersten Blick aus dem Zelt sah ich einen gelben Hund davonlaufen. Kein echter Dingo, aber es gibt in Australien sehr viele Wildhunde, die sich mit den vor etwa 6000 Jahren eingewanderten Dingos vermischen und in manchen Gegenden ein echtes Problem darstellen. Dementsprechend wird mit Flinte und Gift gearbeitet, um die Hunde zu dezimieren... Bis Eildon hatten wir auf 40 km schöner Bergwaldstrecke die schlimme Nacht abgeschüttelt. Hier öffnete sich die Landschaft wieder zu weiten Tälern, es wurde richtig warm. Der Sonntagsverkehr zurück in die Großstadt wurde nun allmählich dichter. Große schnelle Autos mit nervösen Städtern überholten uns mit wenig Abstand. Noch 80 km bis Melbourne. Nördlich der Stadt Healesville dann eine sehr schöne Kurvenstrecke durch den Yarra Ranges NP. Eine gut ausgebaute Straße mit harmonischen Kurven schlängelt sich dort durch einen ganz speziellen Wald: das Untergeschoss wird von saftig grünen Farnbäumen bewohnt, aus denen sicher 20 Meter hohe astfreie Eukalyptusstämme emporragen, die in schwindelnder Höhe ein schattenspendendes Blätterdach bilden. Hier hätten wir gerne etwas länger verweilt, aber nun fuhren wir in einer fast durchgehenden Autokolonne und mussten im Tempo mithalten. Schade eigentlich... Als der Wald uns ausspuckte, kamen wir nach Healesville, wo wir uns, im Schatten nach Kühlung hechelnd, bei einem Käffchen gegenseitig bestätigten, wie schön dieser Wald ist. Bei jedem Stopp schlossen wir Jolly an Fosters Batterie an, allmählich nervt es, dass ich so abhängig bin. Nach einer Stunde Fahrt springt Jolly nicht mehr von alleine an, Thomas muss jedes Mal an meine Seite fahren und mir etwas von seiner Energie abgeben. Hoffentlich bekomme ich meine neue Lichtmaschine bald! Bald nun kamen wir in den Sog der Großstadt und gerieten zweimal in die falsche Richtung, aber schließlich erwischten wir die richtige Ausfahrt vom Stadtumgehungsring und fanden die Sydney Road in den Stadtteil Brunswick, wo Carola wohnt. Sofort bemerkten wir, dass Melbourne irgendwie anders ist, als die anderen australischen Großstädte. So zuckelte der gesamte Sonntagnachmittagverkehr hinter der Straßenbahn her, die an jeder zweiten Kreuzung stehen blieb und Leute aus- und einsteigen ließ. Vorbei kommt man nicht, also fährt man hinterher. Es war heiß, wir waren gestresst vom Suchen in der Stadt und ich rechnete, da ich ständig bremsen musste, jeden Moment damit, dass Jolly mir aus Strommangel den Dienst versagen würde. Sonst hätten wir sicher mehr Freude an dem internationalen Flair der kleinen Läden beidseits der Straße gehabt. So freuten wir uns mehr darüber, als endlich der richtige Straßenname zum Abbiegen auftauchte. Von der Hauptverkehrsstraße runter, waren wir sofort in einem ruhigen Wohngebiet mit kleinen, nicht sehr luxuriösen Häusern. Viele Libanesen und Italiener leben hier, manche Häuser wirken etwas rummelig, aber gemütlich. Minuten später lagen wir uns mit Carola in den Armen (vielleicht erinnern sich einige unserer „Stammkunden“ daran, dass wir mit ihr vor zwei Jahren durch Peru und Ecuador gefahren sind?). Sie verbringt ihr Jahr Australien mit Arbeit und fühlt sich hier auch recht wohl, wenn ihr auch das Moppedreisen fehlt, wie sie sagt. Und sie hatte eine schöne Überraschung für mich: mein Päckchen mit der Ersatzlichtmaschine lag bei der Post für mich bereit zum Abholen!! Noch zwei weitere Reisende aus Deutschland, Gerd und Elke, unterwegs im Landcruiser, hatten ihren Besuch für heute angekündigt - ein gemeinsamer Grillabend, fand Carola, wäre doch dem Anlass angemessen. Super Idee! Wir stellten unser grünes Stoffhaus ins kleine Gärtchen, das nicht viel breiter ist als unser Zelt und genossen den Abend mit gutem Essen, einigem Bier und vielen Worten zwischen Deutsch und Englisch unter netten Leuten.
Montag, 31.01. - Melbourne
Schon vor dem Frühstück spazierte ich durch die Straßen, kaufte bei einem netten älteren Mann billiges Obst und Gemüse ein und holte bei der Post mein Ersatzteil ab. Als Thomas die Augen aufschlug, hielt ich ihm freudestrahlend die neue Lichtmaschine unter die Nase. Als die pralle Sonne vom Hof verschwunden war, machte ich mich an die Arbeit und tauschte das kaputte Teil aus. Nach einigen Irritationen durch einen verschmorten Kabelstecker, den Thomas durch zwei Lüsterklemmen ersetzte, konnten wir schließlich Erfolg verbuchen. Nun habe ich wieder ein vollwertig funktionierendes Motorrad und wir können uns mit den anderen Aufgaben, die wir in dieser Stadt zu erledigen haben und natürlich auch mit Sightseeing beschäftigen!! Ich bin wirklich sehr erleichtert!
Australien Januar 2011 (Weltreise Tagebuch 125) nächstes Tagebuch
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