Mittelamerika Reiseberichte


Mexiko
 
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Di.11.11.von Flores nach Belize
Die letzten hundert Kilometer Guatemala waren am Vormittag schnell abgespult, d.h. bis auf die letzten 20km, die noch ungeteert und sehr staubig waren. Auch vorher schon war die Straße stellenweise in katastrofalem Zustand: man musste sehr aufpassen, dass man nicht in den plötzlich unangekündigt auftauchenden Schlaglöchern verschwand.. Wir kamen unbehelligt an die Grenze und checkten problemlos in Guatemala aus (10 Quetzales Gebühr pro Person bei der Migration, keine Kosten beim Zoll).
Auf Belize-Seite erstmal das übliche Reifenabsprühen (3USD pro Motorrad), dann ein unkomplizierter Vorgang der Einreise und Zollabfertigung. In Belize läuft alles auf Englisch, das macht es für Thomas einfacher, mir ist es inzwischen egal. Für die zwei Tage Aufenthalt hier mussten wir eine Versicherung kaufen, die für einen Tag 18 Belizedollar (1 USD gleich 2 Belizedollar), für eine Woche 29 BD kostet, ganz schön teuer!
Der Zöllner meinte, wir könnten ja auch heute bis Mexiko fahren, es seien nur 3-4 Stunden, aber wir haben keine Lust zum Hetzen und haben uns lieber auf zwei Tage eingestellt. Kurz vor der offiziellen Hauptstadt des Landes, Belmoran, bogen wir spontan bei einem Camping-Schild auf ein Grundstück mit viel Grün ab und fragten nach Preis und Möglichkeiten. Der Besitzer, ein freundlicher Rasta namens Graham, zeigte mir eine überdachte Terrasse, meinte, dort wäre es auf jeden Fall trocken, falls es regnen würde, aber wir könnten auch irgendwo auf der Wiese zelten. Kosten würde es nix, wenn wir keinen Strom bräuchten. Na sowas? Belize soll so teuer sein und hier dürfen wir umsonst zelten? Das ist ja eine nette Überraschung!
Wir bauten auf und bekamen bald Besuch von Graham, seiner Frau Linda, ihren beiden kleinen Kiddys und einem jungen schlaksigen schwarzen Arzt aus Miami, der hier anscheinend Urlaub macht. Richtig nette Leute! Graham besorgte uns eine große Flasche Trinkwasser und ein paar Limonen, so waren wir auch mit Getränk versorgt, was brauchen wir mehr? Auf Lindas Empfehlung ging ich über das Nachbargrundstück zu einem kleinen schnell dahinfließenden Fluss. Im kühlen Wasser wurde ich schnell wieder frisch. Ein dicker Vollmond am klaren Abendhimmel, Leuchtkäfer über der Pferdekoppel - wenn jetzt noch die Musik aus der Bar und der Straßenverkehr zur Ruhe kommen, bin ich für heute wunschlos glücklich.

Mi.12.11. durch Belize bis Chetumal/Mexico
Alle sagen, Belize sei so dreckig und unorganisiert - das können wir nicht bestätigen!
Wir fuhren heute durch flache grüne Landschaft mit einigen rumpeligen, aber vielen gemütlich und gepflegt scheinenden Grundstücken mit gemähten Rasenflächen und farbig gestrichenen Holzhäusern. Viele, meist dunkelhäutige Menschen, winkten freundlich, als wir vorbeifuhren. Die Häuser stehen meistens auf hohen Stelzen, denn es gibt hier häufig Hochwasser. Gerade vor zwei Wochen war es ganz schlimm: es hatte soviel geregnet, dass die Flüsse, die aus den Bergen kommen, das Land großräumig überschwemmt haben. Noch jetzt stehen viele Häuser im Wasser, die ohne Stelzen haben große Probleme. Linda erzählte uns, dass die Fluten u.a. die inoffiziellen Aborte der armen Dörfer in den Bergen mit weggespült haben. Dadurch ist das Wasser stark kontaminiert. Weite Flächen des Landes sind deswegen im Moment nicht bewohnbar, viele Menschen wohnen in Notunterkünften und haben alles verloren... Also darum die Stelzen.
Da wir die Abzweigung an Belize-City vorbei verpasst hatten, mussten wir leider doch durch die Stadt fahren. Wir hatten so schlimme Dinge über die größte Stadt des Landes gehört, dass wir da nun überhaupt nicht hin wollten. Dann sahen wir aber am Ortsschild, dass es hier nur 70000 Menschen gibt, was ja nicht soo viele sind und fuhren einfach hindurch. War nicht schlimm, nach einer Viertelstunde waren wir wieder draussen und düsten weiter Richtung Mexiko. An der Grenze dann ging es schnell durch die Ausreise-Abteilung und unproblematisch durch die EInreise Mexiko. Ohne Diskussion gab mir der Beamte ein 180-Tage-Visum, damit sind wir auf jeden Fall auf der sicheren Seite, wenn wir uns hier Zeit lassen wollen. Die EInreise der Motorräder gestaltete sich dagegen schwieriger: die Zollbeamtin wollte von mir eine Sicherheitsleistung von 300USD, die ich natürlich nicht hatte. Ausserdem war es kurz vor ihrem Feierabend und sie hatte eindeutig keine Lust mehr. Nun dürfen wir im Bundesstaat Quitana Roo frei herumfahren und müssen dann in Cancún das Prozedere erledigen mit Papieren und Sicherheitshinterlegung. Naja, heute sind wir erstmal hier und können morgen richtig ins Land hinein. EIn relativ günstiges Hotel am Stadtrand von Chetumal ist unser Nachtquartier und Startpunkt morgen früh.

Do.13.11 Chetumal bis Tulúm
Bis um 4:30 hörten wir laute Musik vom benachbarten Nightclub, erst danach wurde es vorübergehend still draussen, bis der morgendliche Straßenverkehr aufkam.. Nicht so erholsam, diese Nächte... In strahlendem mexikanischen Sonnenwetter auf vorläufig vierspuriger, gut beschilderter Straße ging es zügig an der Küste Richtung Nordost. Manchmal sahen wir zur Rechten ein Stückchen Meer, sonst fuhren wir durchs platte Land mit Aussicht auf grünes Busch- und Waldland. Die meisten Autos fuhren recht rücksichtsvoll an uns vorbei, viel los war sowieso nicht - entspanntes Vorwärtskommen. Angelegentlich einer Kaffeepause an der Straße unterhielt ich mich mit der freundlich fragenden Wirtin. Toll, hier in Mexiko verstehe ich fast alles, die Leute sprechen meist recht klar und deutlich - ich fühle mich fast wie zuhause! Kein Wunder, denn dies ist mein fünfter Besuch in diesem schönen Land (für die Insider nix Neues: wir haben hier Verwandtschaft und die habe ich früher schon einige Male besucht, lang ist's her...). In der Stadt Felipe Carrillo Puerto füllten wir im Supermarkt unsere geplünderte Küche wieder auf und sprachen auf dem Parkplatz mit dem örtlichen Tierarzt, der uns für unser heutiges Nahziel Tulúm ein paar nützliche Tipps mit auf den Weg gab. So brauchten wir uns nicht lange zu orientieren, sondern fanden schnell den Weg zu den wenigen Campinggelegenheiten, die es abseits der teuren Touriunterkünfte noch gibt. Ein kleines Schild wies uns den Eingang zu einem schmalen Strandgrundstück unter Kokospalmen, mit rudimentärer, aber brauchbarer Infrastruktur und einem freundlich um unser Wohl bemühten Muchacho. Die Preise sind schon etwas höher als anderswo (70 Pesos pro Person sind immerhin knapp 5 Euro), aber Tulúm ist eben auch sehr "angesagt" bei den Touristen - und schön ist es schon!
Ganz bis zum Meer kamen wir wegen des weichen Sandes nicht mit den Moppeds, aber so bauten wir das Zelt eben dort auf, wo unsere Jungs gut hinfahren konnten.
Schnell aus den verschwitzten Fahrklamotten, die inzwischen mal wieder recht intensiv duften, und ab ins klare blaue Meer. War das herrlich!
Ein leichter frischer Wind ging und brachte uns wieder auf normale Temperatur. Ein ausgiebiges Abendbrot aus der wieder aufgefüllten eigenen Küche mit leckerem Obst, Brot und einem Tässchen Tee schont die, durch all die teuren Grenzen sehr gebeutelte, Reisekasse.

Fr.14.11.Tulúm
Ein Tag Pause am Meer. Vor dem Frühstück schon baden gehen zu können, ist für mich ein toller Luxus! Thomas liebt das Wasser nicht so sehr wie ich und bleibt lieber noch ein paar Minuten liegen. Da die Dusche nicht einsatzbereit ist, hat unser Muchacho hier eine große Wassertonne ins Bad geschafft, die er aus dem Brunnen, unterirdisch mit einem der vielen Cenote genannten Wasserlöcher verbunden, immer wieder füllt. Damit kann man ebensogut duschen. Beim Frühstück vor dem Zelt schauen uns die helläugigen Elster- oder eher Staren(?)-vögel zu, die hier in Scharen herumfliegen und sehr lustige Geräusche machen. Mir scheint, die meisten sind gerade flügge geworden. Sie sind noch bräunlich anstatt pechschwarz wie die erwachsenen Vögel und spielen die ganze Zeit herum. Dann gibt es noch einen kleineren leuchtend gelbschwarzen Vogel, der sich an den Kokosblütenständen zu schaffen macht. Durch die blauen Lüfte segeln schlanke Fregattvögel und einige behäbige Pelikane.
Wir vertrödeln genüsslich den Tag.

Sa.1
5.11.von Tulúm nach Xpu-Ha (Schpu-Ha gesprochen)
Thomas wurde heute morgen brutal aus dem Schlaf gerissen und zum Baden im Meer gezwungen. Nachdem ich mein erstes Bad kurz nach Sonnenaufgang genossen hatte und danach ein Stück den Strand entlang gejoggt war, musste er dran glauben und mit mir schwimmen gehen, was er sich auch gutmütig gefallen ließ. Das Meer war heute ziemlich ruhig, der WInd schlief.
Nach einem vertrödelten Vormittag mit halbherziger Packaktion und einigen Badepausen fuhren wir ein Stück weiter die Küste hinauf bis nach Playa del Carmen (ca70km). Da gibt es allerdings scheinbar keinen Campingplatz, nur für uns zu teure Hotels, drum gingen wir nur einkaufen (was man dort sehr gut kann) und fuhren den gleichen Weg halb wieder zurück bis zu einem Campingschild an der Straße, das ich schon auf dem Hinweg bemerkt hatte. Für 50Pesos (ca3Euro) darf jede Nase hier im Zelt übernachten, sanitäre Anlagen sind vorhanden und ein schöner Strand ebenfalls. Ein paar Wohnmobilisten aus dem deutschsprachigen Raum, seit Jahren unterwegs durch Lateinamerika, begrüßten uns dort. Was soll ich sagen? Raus aus den Klamotten, rein ins Wasser! Euch wird's vielleicht langweilig, davon zu lesen, mir wird's nicht langweilig, es zu tun! Gegen Abend kam ein kleiner Regenschauer auf (soweit ich mich erinnern kann, der erste Regen, den ich jemals in Mexiko erlebt habe!). Unter unserem Baum kam allerdings kaum was davon an, so gut geschützt sind wir hier. Den morgigen Sonntag werden wir wohl hier karibisch träge verbringen und dann am Montag nach Cancún zum Zoll fahren für die Einreisepapiere der Motorräder.

So.16.11. Xpu-Ha
Ein kühler grauer Tag - ich wusste gar nicht, dass es hier solche Tage gibt!
Also nicht baden und sonnen, sondern spazierengehen und Buchführung updaten. Auch nicht schlecht. Da wir hier auf dem Platz unsere österreichischen Nachbarn haben, konnten wir beide sogar zusammen losspazieren und unser Lager in guter Aufsicht lassen. Am Ende der Bucht fanden wir eine große Klippe aus einem ehemaligen Korallenriff. Dort brechen sich die Wellen an dem zerklüfteten und sehr scharfkantigen Material. In kleinen Gezeitentümpeln ein vielgestaltiges Leben: kleine Fischlein, winzige Einsiedlerkrebschen in bunten Schneckenhäusern, tausende von Schnecken und dergleichen mehr. Das Wasser strömt bei jeder Welle durch die Spalten und Lunker aus und ein, es gluckert, rauscht und zischt. Die gesamte Klippe ist durchsetzt mit abgestorbenen Korallen unterschiedlicher Art, ein sehr spannender Ort! Wir verbrachten viel Zeit dort mit Beobachtung, schauten dem Wasser beim Ein- und Ausatmen zu und dem kleinen Viehzeug in den Tümpeln, wie es seinen Geschäften nachgeht. Bei all dem mussten wir sehr auf unsere Schritte achten, denn wenn man hier hinfällt, tut es richtig weh, so spitzig und messerscharf ist die löcherige Oberfläche. Das schlechte Gewissen gegenüber unseren Nachbarn, die so lange unser Equipment hüten mussten, trieb uns irgendwann zurück, vorbei an einer großen verlassenen Hotelanlage, die vom letzten großen Hurrikan teilweise zerstört wurde und anscheinend nicht wiederhergestellt werden soll. Schade drum, ein Hotel hier an der Küste ist sicher eine Goldgrube! Der graue Himmel bildete einen schönen Kontrast zum türkisblauen Meer, das heute fast noch leuchtender erschien als an Sonnentagen.
Wolfgang und Anni luden uns zu einem Tässchen Cappuccino ein, wir saßen ein Weilchen zusammen und erzählten uns Reisegeschichten (die beiden reisen schon seit zehn Jahren mit ihrem Wohnmobil durch die Welt, davon seit 4 Jahren durch Lateinamerika).

Mo.17.11. von Xpu-Ha nach Valladolid
Noch immer kühl und tendenziell grau, dazu kräftiger Wind - zum Fahren ganz angenehm. Zuerst nach Cancún, ungefähr noch 100km entfernt. Auf der vierspurigen Straße, die an der sogenannten Riviera Maya ein paar hundert Meter hinter dem Strand entlangläuft, wurde uns das ganze Ausmaß der Urlaubsindustrie hier deutlich: riesige Golf- und Spa-Resorts sind an der Küste aufgereiht wie Perlen auf einer Kette, eins luxuriöser und teurer als das andere. Unterhaltung ist garantiert in diversen teuren Freizeitparks, alles nach US-amerikanischen Vorbild und für Amerikaner gebaut. Die mexikanische Regierung verdient jedes Jahr viele Millionen, wenn nicht Milliarden, Dollar an den amerikanischen Pauschaltouristen, allein in Cancún gibt es über 25000 Hotelbetten, die in der Hauptsaison von Mitte Dezember bis nach Ostern und im Sommer nochmal, fast ständig ausgebucht sind! Generalstabsmäßig wurde dieses Geschäft in den 70er Jahren aufgebaut: aus dem kleinen Fischerdorf Cancún wurde die Hauptstadt des mexikanisch-karibischen Urlaubstraums gestampft. Heute ist fast die gesamte mexikanische Karibikküste fest in der Hand der verhasst-bewunderten Gringo-Urlauber. Wer nicht im Hotelturm wohnen mag, stellt sein Mobile Home auf einen Trailerparkplatz am Strand, wo es sich auch das ganze Jahr über bequem, wenn auch nicht günstig leben lässt. Alles hochglanzpoliert und um Vielfaches teurer als im "richtigen" Mexiko.
In Cancún also sollten wir beim Zoll unsere Motorräder in Mexiko legalisieren lassen, wir fuhren darum erstmal auf gut Glück zum Flugplatz (über 100 Urlaubsflieger täglich!). Dort schickte man uns zum Zoll des Cargo-Terminals. Der zum Scherzen aufgelegte Zöllner fragte, ob ich Cancún kennenlernen wolle und zeichnete mir dann den Weg quer durch die Stadt zum Hafen auf. Dort sollten wir unser Papier bekommen. Das beschriebene Gebäude fanden wir problemlos. Es war geschlossen. Heute arbeitet hier keiner, erzählte mir der Hafenmeister, erst morgen wieder. Wir wollen aber nicht bis morgen in dieser Retorten-Hotelstadt bleiben! Wir beschlossen, uns ein andermal um das Papier zu kümmern und verschwanden aus der Stadt Richtung Valladolid, ca 160km entfernt.
Eine kleine alte Stadt, nichts Besonderes, aber echt und lebendig. Auch hier gibt es natürlich Touristen, aber auch Mexikaner und ein normales Leben. Im Zentrum ist Baustelle: alle Straßen rund um die Plaza werden gerade aufgerissen und neu gemacht. Wir fanden ein recht günstiges Hotel in der Nähe, wo wir die Moppeds mit in den Hinterhof nehmen konnten. Der Kantstein vor dem Haus war recht hoch, darum gab ich etwas mehr Gas, um hoch zu kommen. Etwas zuviel Schwung, im Hauseingang kam ich darum auf den glatten Fliesen ins Rutschen und kippte zur Seite. Dabei stieß ich mit dem Plastikprotektor des Scheinwerfers gegen eine Steinsäule. Mit einem lauten Knacks brach der Protektor in viele Stücke, Mist! Zum Glück tat er aber in seinem letzten Augenblick noch seinen Job und schützte das Scheinwerferglas, das heil blieb.
Ein Spaziergang durch die Plaza-Baustelle, ein einfaches Essen irgendwo, Internetcheck, damit ist unser Tagwerk getan und wir hängen uns vor die Glotze im Zimmer, auf der wir überraschenderweise Deutsche Welle - TV fanden.

Di.18.11.Valladolid
Stadtbesichtigungstag. Stundenlang streunten wir ziellos durch das unverfälscht mexikanische Stadtzentrum, saßen auf den kleinen Plazas im Schatten (ja, die Sonne scheint wieder) und schauten in kleine Hinterhöfe. Nicht erfolgreich waren wir auf der Suche nach Mexiko-Aufklebern für unsere Sammlung auf den Koffern, aber das eilt ja nicht. Ebenfalls noch nicht erfolgreich war unser guter Wille, die Gebühr für das Visum auf der Bank einzuzahlen: die Schlange der Menschen vor allen Bankschaltern schreckte uns ab. Vielleicht morgen...
Eine Besonderheit der Stadt ist ein kleines Cenote nahe dem Zentrum. Für Yucatán-Neulinge sei erklärt, dass ein Cenote eine spezielle Art Wasserloch ist: wie auch in Florida besteht der Untergrund hier aus wassergefülltem höhlenreichem Kalkgestein. Dort, wo die Decke einer oberflächennahen Höhle einstürzt, bleibt ein häufig rundes, tiefes Waserbecken übrig. Diese nennt man Cenote. Die Maya der früheren Zeiten haben ihre Siedlungen und Tempel häufig in der Nähe solcher Wasserreservoirs gebaut, die als heilig galten. Man fand und findet immer noch viele geopferte Gegenstände in der Tiefe.
Dieses Cenote also liegt mitten in der Stadt. Die nur teilweise eingestürzte Höhlendecke liegt auf dem Niveau der Straßen, die tiefblaue Wasseroberfläche befindet sich schätzungsweise 10-15 Meter tiefer. An dem noch intakten Teil der stalaktitenbesetzten Deckenwölbung nisten unzählige Schwalben, die in großen Schwärmen über dem im Schatten liegenden Wasser Kreise ziehen. Viele Fische und auch Schildkröten leben in dem kühlen klaren See, man kann sie gut beobachten. Den Grund kann man nicht sehen, ich muss mal jemanden fragen, wie tief das Cenote ist. Im Reiseführer war von einigen zu lesen, die z.B. nur 10m Durchmesser haben, aber über 40m tief sind. Teilweise kann man durch ganze Höhlensysteme hindurchtauchen, wenn man den dafür nötigen Höhlentauchschein und den Mut besitzt. Ich habe beides nicht dabei, aber spannend ist es sicher!

Mi.19.11. Valladolid
Wir genießen die unaufgeregte Stadt und schauen uns weiter um. Ab und zu spuckt ein Bus eine Ladung Touristen aus. Die meisten laufen ein Weilchen auf der Plaza herum, wo wir heute schon wie alte Hasen auf einer Bank im Schatten sitzen - es fehlen eigentlich nur noch der Panamahut auf dem Kopf, eine Havanna zwischen den Zähnen und ein silberbeschlagener Spazierstock zum lässigen Abstützen.
Wir also sitzen dort und belächeln sie leise (und etwas überheblich) ,wie sie in den Souvenirläden stöbern und wieder in ihren Bus steigen, der sie zum nächsten Highlight schaukelt.
Einige Backpacker bleiben über Nacht im Hostal, aber im Allgemeinen wird das Straßenbild nicht touristisch beherrscht. Vielmehr sieht man Mestizen und Mayafrauen in traditioneller Kleidung: weißen halblangen Kleidern, die teilweise sehr aufwändig mit bunten Blumenmotiven bestickt sind. Die Menschen sind meist sehr freundlich zu uns, grüßen höflich auf der Straße und versuchen all unsere Fragen erschöpfend zu beantworten. An der "Riviera Maya",wo der Tourismus überhand genommen hat, sind die Menschen neutral bis genervt, hier ist es noch nicht so weit gekommen. Zum Glück! Heute haben wir es geschafft, dem mexikanischen Staat unser Einreisegeld aufzudrängen. Die dritte aufgesuchte Bank konnte mit unseren Zetteln etwas anfangen und hatte in einem günstigen Augenblick auch nur 10 Kunden, die vor uns in der Warteschleife kreisten. Unpraktisches System, anstatt das Geld direkt an der Grenze einzuziehen... vielleicht soll diese Maßnahme dabei helfen, der Selbstbedienung der Grenzbeamten entgegenzuwirken? Früher hörte man ja schlimme Dinge über die Korruption in Mexiko. Und dann fiel uns auf, dass an der Plaza eine Bühne aufgebaut wurde! Da wir daraus messerscharf schlossen, dass es wohl ein musikalisches Event am Abend geben würde, schlenderten wir zu späterer Stunde nochmals dorthin. Auf meine neugierigen Fragen erfuhren wir, dass morgen, am 20.November, der 98.Jahrestag der mexikanischen Sozialrevolution gefeiert wird. Damals wurden die reichen Großgrundbesitzer nach einem Aufstand der Landbevölkerung, aus dem Emiliano Zapata als Nationalheld hervorging, enteignet, die Bauern bekamen endlich ein Stück eigenen Landes. Das muss natürlich auch fast 100 Jahre später noch gebührend gefeiert werden. Als wir zum Ort des Geschehens kamen, fand gerade ein Sängerwettstreit statt: etliche junge Frauen und Männer sangen meist sehr gefühlvolle spanische Lieder, manche mit Gitarrenbegleitung, andere wurden aus der Konserve mit Begleitmusik versorgt. Es waren dort einige recht schöne kräftige Stimmen zu hören, anderen konnte man jedenfalls zugestehen, dass sie sich sehr bemüht hatten. Nach der Sangesfreude gab es einige Ehrungen und dann bot eine lokale Tanztruppe eine farbenfrohe Darstellung des Revolutionsgeschehens, wie es überliefert ist.
Leider war es ausgerechnet heute abend recht frisch und darum hielten wir nicht das gesamte Programm durch. Bald nach unserem Abmarsch ins wärmere Hotelzimmer holten uns die Bässe der folgenden Livemusik, wohl des Höhepunktes der Veranstaltung, ein. Bis spät in der Nacht dröhnte es durch das ganze Stadtzentrum, wobei wir zu weit weg waren, um den Musikstil erkennen zu können.

Do.20.11.Valladolid
Am Morgen ging die Party weiter mit großen Festumzügen. Während wir völlig unpatriotisch noch gemütlch im Bett lagen, hörten wir die Trommeln und Trompeten rund ums Zentrum marschieren. Später bemühten wir uns ebenfalls auf die Straße und erlebten noch einen kleinen Teil des Umzuges. Alle Gruppierungen der Stadt nahmen daran teil und boten irgend eine kleine Performance dar. Bunt gekleidete Mädels stolzierten lächelnd dahin, Sportgruppen zeigten Ansätze ihrer Arbeit, dazwischen kostümierte Reiter mit großen Sombreros und militärisch gekleidete junge Männer mit Sonnenbrillen, unbewegten Gesichtern und Trommeln vor dem Bauch. Eine bunte Mischung, wenn auch die Darbietungen nicht soo besonders waren. Aber sie waren handgemacht und nicht für Touristen, sondern für die hiesige Bevölkerung, die auch begeistert am Straßenrand stand und ihren Töchtern, Nichten oder anderen Liebsten zuwinkte.
Ich hatte gestern einen alten Goldschmied gefunden, dem ich nun heute meine zerrissene Goldkette zur Reparatur brachte. In seinem Lädchen war er nicht: ich fand ihn auf der Straße, wo er mich bat, einen Moment zu warten, da er erst seine Nichte vorbeiziehen sehen wolle. Kein Problem für mich, ich habe ja Zeit. Dafür reparierte er mir danach die Kette, die nach der dummen Geschichte neulich in Kolumbien an zwei Stellen gerissen war, für knapp 2 Euro und reinigte sie auch noch ungefragt. Sehr nett!



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