Mittelamerika Reiseberichte


Mexiko
 
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Mi.18.02. Palenque
Wir sind immer noch hier. So gute Infrastruktur finden wir so schnell wohl nicht wieder und so arbeiten wir umschichtig den ganzen Tag am Rechner. Gestern nachmittag belebte sich unser "Privat"-Campingplatz etwas: erst rollte ein Auto mit Wohnanhänger auf den Platz, heraus stieg ein älteres Paar aus Kanada, nette ruhige Leute. Später kamen Andy und Maya aus Schottland und Holland mit ihrem Triumph-Gespann dazu, endlich mal wieder reisende Motorradfahrer in unserer Nähe! Wir verstanden uns gleich prima und verbrachten den Abend mit viel nettem Austausch beim gemeinsamen Spaghetti-Mahl. Wir bleiben nun auch heute noch und schauen, wann es weitergeht. Wir alle sechs wollen heute abend ein Barbeque starten. Wenn wir schon mal so viele sind, muss es doch gefeiert werden!
Noch zwei junge French-Canadians kamen mitags dazu, nun waren wir schon acht Leute, die sich abends zum Grillen trafen. Christian und Carolyn haben ein Auto und nahmen mich mit in die Stadt zum Einkaufen.
Andy grillte die Hühnerbeine, Maya kochte Kartoffeln, Carolyn und ich schnippelten die Tomaten in eine abgeschnittene 5l Wasserflasche als Salatschüssel, dazu gab es Weißbrot und ein Gläschen, nein, Becherchen, denn Gläser haben wir natürlich alle nicht, Rotwein. Wir stießen an auf : the hard life on the road..

Do.19.02. Palenque
So, heute ist nun aber der letzte Tag hier, morgen soll es wirklich weiter gehen. Aber für heute haben wir noch genug zu tun und es ist einfach angenehm hier. Vorhin bekamen wir Besuch von einem jungen Brüllaffen. Normalerweise hören wir sie nur, was schon spannend genug ist, denn das Geräusch, wenn man nicht weiß, was es ist, klingt recht unheimlich.
Nun bekamen wir mal so einen kleinen Gesellen zu sehen, der übrigens kaum Angst hatte. Er saß in einer kleineren Palme und futterte die langen harten Blätter. Ließ sich durch unsere neugierigen Blicke und Kameras nur wenig stören, guckte nur beim Kauen zu uns runter.

Fr.20.02. Agua Azul
Nur 60km Strecke lagen heute vor uns, daher trödelten wir morgens noch lange herum, bis wir uns von unseren neuen Freunden verabschiedeten und abfuhren.
Es war schön, ohne Stress durch die tropische Landschaft zu gleiten. Es war nicht viel Verkehr unterwegs und die Straße wurde nun zunehmend kurviger - es ging die ersten Berge hinauf.
Nach einer Stunde erreichten wir den Abzweiger nach Agua Azul, den schönsten Wasserfällen in ganz Mexiko. Der Ort gehört den hiesigen Tsetal-Indios, die schon an der Zufahrt eine kleine Gebühr kassieren, dann nochmal für den Eintritt zu den Kaskaden. Wir hatten gelesen, dass es vor ein paar Jahren einige Überfälle auf Touristen gegeben hat und waren daher etwas unsicher, ob wir wirklich hier übernachten wollten, doch Bruno, ein Franzose, unterwegs im Landcruiser, hatte hier neulich die Nacht verbracht und uns beruhigt: es gäbe inzwischen einen Nachtwächter und sei wohl sicher genug.
Am Ende der touristischen Anlage fanden wir schnell den zum Campen ausgezeichneten Bereich und durften dort für 20 Pesos pro Nase unter einem großen Palmdach zelten. Außer uns zeltete noch eine Großfamilie aus Mexiko-Stadt, so würden wir nicht ganz allein sein in der Nacht. Thomas spazierte mit der Kamera los den hellblauen Fluss hinauf zu den Kaskaden, ich war ja schon mal hier und konnte erstmal beim Equipment Wache schieben.
Es liefen doch einige zwielichtige Gestalten herum, denen ich nicht über den Weg trauen würde. Darum ließen wir in der Nacht auch lieber das Licht unter unserem Dach brennen...

Sa.21.02.Ocosingo
Während wir in einem familiär geführten Restaurant an der Straße nach San Cristobal auf unsere Quesadillas warten, ergibt sich etwas Zeit zum Schreiben.
Allen Befürchtungen zum Trotz wurden wir in der Nacht nicht überfallen und waren ausgeschlafen, als die Sonne eben die ersten Strahlen durch die Bäume auf das türkisschimmernde Wasser warf. Wie schön es hier ist, bevor die Touristen scharenweise einfallen! Mit dem Blick auf das bei steigender Sonne stärker leuchtendere Wasser genossen wir unseren Kaffee und bevor die ersten Busse kamen, waren wir schon fertig und weg. An der Zahlstelle, wo wir gestern für den Zuweg zu den Wasserfällen 10 Pesos pro Person gezahlt haben, saßen viele Männer am Straßenrand und guckten zweifelnd auf die komische Europäerin mit ihrem motorisierten Packesel. Ich konnte es mir nicht verkneifen, vor dem Teerhuppel, der die Besucher zum Anhalten zwingen soll, ordentlich Gas zu geben, im Stehen darüber hinwegzuhüpfen und recht flott um die nächste Kurve zu verschwinden. Naja, kleine Eitelkeiten müssen auch mal sein, zufrieden grinsend fuhr ich weiter. Im Gegensatz zu gestern, wo der Himmel recht grau mit einzelnen Regentropfen war, ist das Wetter heute fantastisch. Ein paar winzige weiße Wölkchen sind nur dazu da, das Blau zu unterstreichen, die Luft ist warm, aber trotzdem frisch, ideal zum Fahren. In ungezählten Kurven geht es durch den Tropenwald bergauf, die Luft ist erfüllt von Blumenduft, manchmal mischt sich etwas Rauch von den Kochfeuern dazwischen, in größerer Höhe verändert sich die Vegetation fast unbemerkt, aus dem Tropenwald wird Bergwald und es kommt der würzige Geruch von Pinien dazu - wir sind ganz auf Empfang geschaltet und saugen mit allen Sinnen die Landschaft in uns hinein. Für solche Momente sind wir unterwegs - ach, ist das Leben schön! Der Verkehr ist erträglich, die wenigen LKW, die sich mühsam den Berg hinauf quälen, hängen wir an einem der Hunderte von "Topes" ab(Geschwindigkeitsbegrenzer, hier in extremer Häufigkeit als Teer- oder Sandwürste quer über die Straße gelegt), an denen der gesamte Verkehr stoppt. Wir fahren an den Autos vorbei, lassen die Moppeds über die Hindernisse springen - und weg sind wir. Ohne Abgase in der Nase auf freier Straße, bis zum nächsten Laster. Auf unsere Mexikotour vor drei Jahren sind meine Kids und ich (wieso gibt es eigentlich kein Wort für die eigenen erwachsenen Kinder, das sie nicht wieder zu Kindern macht?) diese wunderschöne Bergstrecke mit einem kleinen Tourbus in die entgegengesetzte Richtung gefahren und haben damals unter den vielen Kurven und Abbrems-Gasgeb-Vorgängen so gelitten, dass meine Tochter sich später ihr Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen ließ und wir zwei anderen ebenfalls mittelmäßig durchsichtig aus dem Fahrzeug kletterten, als es endgültig anhielt. Grauenhaft! Ich erinnere mich genau, dass ich damals mich schon darauf gefreut habe, diese Strecke irgendwann mit dem Motorrad zu fahren...
Und nun sitzen wir hier in Ocosingo im Restaurant, die Leute geben sich richtig Mühe und brachten uns eben, inzwischen ist es nach dem Essen, zum Kaffee noch süßes Brot mit Honig und honiggesüßter Ananasmarmelade aus eigener Produktion. Sehr lecker, wir sind pappsatt. Noch 100km bis San Cristobal.
Auf den letzten Höhenmetern wird es richtig frisch, ich ziehe während der Fahrt den Reißverschluss meiner Jacke bis oben zu und hoffe, dass wir die letzten 30km nun bald hinter uns haben. Es geht nun durch Nadelwald mit stark überweideten Grasflächen dazwischen. Kleine Schaf- und Kuhherden weiden am Straßenrand, die kleinen Dörfer fallen durch ihre unterschiedlichen Stammestrachten auf, in denen die Frauen zu sehen sind. Die Menschen sehen hier schon wieder ganz anders aus, als im yukatekischen Tiefland. Dort herrscht der leicht mongolisch wirkende Mayatyp vor, mit fliehender Stirn und schrägstehenden Augen, hier sind die Gesichter der Menschen anders proportioniert: rundere Augen und für unseren europäischen Geschmack irgendwie ansprechender. Wir erreichen San Cristobal, auf 2100m Höhe liegende alte Stadt mit ca 90000 Einwohnern und eins der touristischen Zentren Mexikos mit vielen Hotels, Restaurants und Touranbietern an jeder Ecke, am Nachmittag. Von hier aus werden viel Highlights angesteuert, wie natürlich Agua Azul, Palenque, aber auch der Cañon del Sumidero, eine tausend Meter tiefe Schlucht mit reissendem Fluss am Grund, auf dem man mit schnellen Booten fahrern kann, um an den steilen Wände von unten hoch zu gucken, Ziele in Guatemala werden angeboten oder der Nationalpark Montebello nahe der guatemaltekischen Grenze. Ausserdem gibt es um die Stadt herum einige sehr ursprüngliche Indiodörfer, in denen man noch wesentliche Teile der indigenen Kultur betrachten kann. Ob das Angeschautwerden von Tausenden von Touristen den Menschen außer Geld viel Positives bringt, bezweifele ich. Wir müssen da nicht hin: ursprüngliches Indioleben, ohne Rummel, haben wir auf unserer Reise schon vielfach erleben dürfen.
Das "angesagte" Hostel Posada Mexico, im Reiseführer entdeckt, hatte heute gleich ein Zimmer mit Zugang zu einer schönen Dachterrasse für uns. Das Bett ist sehr wackelig und wir teilen uns das Bad (heiße Dusche!!) mit anderen Leuten, aber wir haben einen schnellen Wlanzugang, ein rudimentäres Frühstück, Billardtisch für unsere Abendunterhaltung und abgeschlossenen Parkplatz für die "Jungs" inklusive. In fünf Minuten zu Fuß sind wir im historischen Zentrum, das wir nun gleich mal aufsuchen wollen. Nicht zuletzt, um den angeblich vorhandenen Vollkornladen zu suchen... Etwas gutes Brot wäre doch was!

So.22.02. San Cristobal
Der morgendlich blaue Himmel hielt nicht, was er versprach: im Laufe des Vormittags zogen immer mehr Wolken auf und bescherten uns einen empfindlich kühlen Tag. Beim spartanischen Frühstück saßen wir trotz Fleecejacken fröstelnd am Tisch. Darum zogen wir bald danach los, die Stadt erkunden: wir brauchten Bewegung zum Warmwerden. Den Vollkornladen fanden wir und konnten dort tatsächlich sehr gutes Roggenbrot kaufen. Das Zentrum der schönen Stadt, die wirklich sehr viele Touristen anzieht - man trifft sie überall und auch ihre Konsequenzen, die vielen Straßenhändler und Bettler - war mangels Sonne nicht so fotogen und bei den niedrigen Temperaturen mochten wir uns auch nirgendwo so recht hinsetzen. Trotzdem schlenderten wir über den großen Kunsthandwerkmarkt, bewunderten die schön renovierte Fassade der Santo Domingo-Kirche an, die vor drei Jahren hinter einem großen Baugerüst versteckt gewesen war und ließen uns dann über Umwege zur Plaza treiben. Davon können ein paar Bilder mehr erzählen als Worte.
Gegen Abend zogen wir noch einmal los und gingen zum Essen in ein gemütliches Restaurant, das ein vegetarisches Menü für 2,5 Euro anbot. Wir waren überrascht über das gute Essen: zuerst bekamen wir frisches vollkörniges Brot mit zwei selbstgemachten Sorten Pesto, was so lecker war, dass ich danach schon fast satt war. Dann konnten wir zwischen vier Suppen wählen - beide Gewählten waren sehr gut: eine Broccolicremesuppe und eine Nudelsuppe mit Tomate und etwas Frischkäse, eine große Schale voll.. Das Hauptgericht bestand für Thomas aus Spinatcanelloni mit Käse überbacken, ich bekam zartes Fischfilet mit Reis und Salat. Im Preis inbegriffen waren außerdem ein Getränk und zum Abschluss stellte uns der Kellner noch ein Stück Käsekuchen vor die Nase.
Wenn ihr dieses Gourmetessen nun mit der Beschreibung unseres Improvisationsessens von neulich vergleicht, habt ihr so ziemlich die ganze Bandbreite unserer Reiseernährung erfasst. :-)

Mo.23.02. San Cristobal
Wir hoffen auf Sonne für ein paar schöne Fotos und haben noch genug am Rechner zu tun, wir bleiben also noch. Doch leider wiederholt sich das Spiel von gestern: morgens etwas Sonne, dann Wolken und kühler Wind. Also sitzen wir in unserem Zimmer am Computer, in Wolldecken gewickelt und trotzdem frierend und machen uns warme Gedanken.
Um warm zu werden, drehen wir nochmals eine Runde durch die Stadt, die wirklich viele schöne Ecken und bunte, fantasievoll gestaltete Fassaden bietet und bleiben schließlich in einem kleinen Eckcafe hängen, wo wir heiße weiße Schokolade trinken, sehr süß und lecker. Jack Johnson singt uns ein Lied, wir beobachten das Treiben auf der Straße - eine angenehme Unterbrechung unserer Homepageveränderungsarbeiten (noch ist es nicht so weit, aber demnächst soll unsere Reiseseite in neuem Glanz erstrahlen...).
Morgen fahren wir weiter Richtung Pazifikküste, in der Hoffnung auf mehr Wärme. Wir fangen schon an zu niesen hier oben!



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