Reiseberichte


Neuseeland
 
voriges Tagebuch Neuseeland Februar 2010 (Weltreise Tagebuch 89) nächstes Tagebuch
Donnerstag, 04.02. - Christchurch
Nach einem besonders aktiven Tag folgt bei uns meistens ein ruhigerer, so auch heute. Der Rechner arbeitete den ganzen Tag: Bilder auswerten, Tagebuch schreiben, Newsletter editieren und abschicken... So lassen wir den gestrigen Tag noch einmal Revue passieren. Nachmittags haben wir eine Verabredung in Sumner, dem Nachbarort, wo es eine Paragliding-Schule gibt. Wir wollen uns das mal anschauen, ganz unverbindlich. Dave, der Besitzer der Schule, hat ein paar Tandemflüge verabredet und wir dürfen zuschauen. Um vier treffen wir ihn beim Kino in Sumner und fahren in Kolonne die Hügel hinauf zum Flughang. Eine junge Belgierin, Alexandra, will mit Dave in die Luft gehen - sozusagen als krönenden Abschluss ihres Urlaubes. Vom Startplatz aus haben wir einen weiten Blick aufs blaue Meer, fast meint man, die Erdkrümmung sehen zu können. Dave macht den Schirm startklar, weist Alexandra ein und schon sind die beiden in der Luft. Von unten hört man sie leise sprechen, Alexandra strahlt und winkt zu uns herab. Sieht so leicht aus! Ein paar weitere Paraglider starten, die bunten Schirme schaukeln im frischen Wind davon, dann kommen sie wieder zurück und landen mühelos im hohen Gras. Wir schauen uns an und nicken uns zu: das wollen wir auch, aber selbst, nicht im Tandem! Als Dave wieder am Boden ist, verabreden wir mit ihm einen Anfänger-Kurs, gleich morgen früh um acht. Ist das aufregend!!
Freitag, 05.02. - Christchurch
Heute gehen wir in die Luft!! Um sechs klingelt der Wecker. Der erste Blick aus dem Fenster zeigt dicke Wolken - ob wir heute überhaupt starten können? Der verabredete Anruf bei Dave beruhigt uns: kein Problem, das Wetter ist gut zum Fliegen lernen, so steigen wir auf die Bikes und treffen Dave bei seinem Haus. Unsere Moppeds dürfen in seiner Garage warten, wir steigen zu ihm ins Auto und fahren zum "Idiotenhügel" am anderen Ende des Ortes. Genauso hatte ich es mir vorgestellt: ein sanft ansteigender Hügel mit hohem Gras, wir schleppen die Flieger-Ausrüstung auf halbe Höhe und werden in die Handhabung der Schirme eingewiesen. Bei fast Flaute rennen wir dann zum ersten, zweiten und dritten Mal bergab, die Schirme heben sich, aber noch nicht uns vom Boden. Schirm zusammenraffen, wieder bergauf. Dies ist der anstrengende Teil des Spaßes! Stück für Stück arbeiten wir uns den Hang empor, bald erleben wir die ersten Meter ohne Bodenkontakt, wow, ist das toll!! So habe ich es mir immer in meinen Träumen vorgestellt, ich renne und renne und plötzlich schwebe ich über dem Boden.. Bei den nächsten Versuchen lernen wir das Lenken. Dave ruft uns über Funk zu, was wir tun sollen, wir versuchen, ihm zu folgen. Gar nicht so einfach, gleichzeitig an so viele Dinge zu denken: Dave schreit sich die Stimme aus dem Hals, um uns zu dirigieren. Die Landungen werden allmählich sicherer, dazu müssen wir die Bremsseile nach unten ziehen. Nicht zu früh, dann stürzt man zu Boden, aber auch nicht zu spät, sonst schleift derSchirm uns mit. Als wir so weit sind, dass wir den gesamten Übungshügel herunterfliegen können, packen wir zusammen und fahren zu dem großen Abhang, an dem auch die gestrigen Flüge stattfanden. Zum Abschluss des Unterrichtes dürfen wir einen "high flight" ausprobieren. Nun geht´s zur Sache!! Ein steiler Abhang an der Seite eines schmalen Tals, das zum Meer hin offen ist: dort sollen wir jetzt richtig fliegen. Ohne lange zu fackeln, schickt Dave erst Thomas den Hügel runter. Der Wind ist hier deutlich stärker und Thomas hebt fast von allein ab. Schon schwebt er über dem Tal, bekommt von Dave genaue Anweisungen, wann zu wenden ist. Er segelt gemächlich abwärts, bald kann ich ihn kaum noch erkennen, sehe nur seinen bunten Schirm. Und dann landet er unten und ich bin dran. Bevor ich meine weichen Knie weiter bemerken kann, bin auch ich schon in der Luft! Der Wind treibt mich höher, Dave ruft mir seine Kommandos zu, ich wende. Etwa 200m über dem Boden schwebe ich im Sonnenschein dahin, der Seewind rüttelt an meinem Schirm, mein Magen meldet eine gewisse Irritation... Nun schwebe ich auf den gegenüberliegenden Hang zu, wieder eine Wendung. Tief unten sehe ich Thomas im Gras sitzen und hochschauen, langsam entspanne ich mich in meinem Geschirr, die nächste Wendung. Mir ist übel. Toll ist es trotzdem, ich schaue über das Meer und zu meinem Schirm hoch und schwebe immer noch hoch über der Erde. Allmählich gleite ich tiefer ins Tal, der Boden kommt auf mich zu, eine letzte Wendung, dann lande ich. Mir ist so schlecht, dass ich erst einmal für ein paar Minuten hocken bleibe, bevor ich meinen Schirm einsammele und zu Thomas rüberwanke, der mich mit einem breiten Grinsen begrüßt: alles okay? Wow, das waren glatte acht Minuten Flug! Fantastisch! Ich brauche noch einen Moment zur Erholung, dann packen wir die Schirme ein, wie wir es gelernt haben und warten auf Dave, der uns mit dem Auto hier wieder abholt. Unser Strahlen sagt ihm genug, wir laden alles ins Auto und fahren zurück in die Stadt, wo wir einen Kaffee zusammen trinken. Es tut mir gut, etwas in den Magen zu bekommen, allmählich bekommen meine Gummiknochen wieder mehr Konsistenz, der Schwindel lässt nach. Was für ein Erlebnis!! Nachdem wir Dave für seine Dienste 480 NZ-Dollar in die Hand gedrückt haben (NZ-Dollar/2 = Euro), verabschieden wir uns und fahren nach Hause. Ich bin noch so duselig, dass ich beim Abbiegen beinahe einem Auto die Vorfahrt nehme. Der Fahrer hupt empört - jaja, ist ja gut... Für heute haben wir genug Abenteuer erlebt.
Sonntag, 07.02. - Unterwegs nach Süden
Mittags waren wir so weit und verließen die Stadt. Der Himmel war bewölkt, es wehte ein kräftiger Wind, ca 20 Grad. Auf dem Weg, vorläufig in westlicher Richtung, kreuzten wir durch landwirtschaftlich genutzte Gegend. Könnte auch in Deutschland irgendwo sein, nur die sehr typischen 4-6m hohen Hecken aus dunkelgrünen Nadelhölzern zwischen den Feldern sind dort nicht zu finden. Am Straßenrand blüht es vielfarbig: große stahlblau blühende Borretschstauden, violette Lupinen, leuchtendgelbes Johanniskraut, Fingerhut, Königskerzen, Disteln... Es tut gut, unterwegs zu sein. Selbst wenn es dann irgendwann anfängt zu regnen. Wir stoppen und pellen uns in die Regenklamotten. Vielen Dank, lieber Weihnachtsmann, für die schönen neuen Regensachen, die mich nun trocken halten! Es bleibt beim stetigen Nieselregen, von der Landschaft sehen wir nicht viel. Am späten Nachmittag biegen wir, ca 50km hinter dem Städtchen Geraldine, von der Straße ab und folgen einem Schotterweg zu einem kleinen Fluss. Genug Platz für das Zelt, Tarp drüber gespannt, fertig. Wir sitzen im Trockenen und schauen in den grauen Abend hinaus. Gemütlich!
Montag, 08.02. - Mount Cook
Die ganze Nacht über hat es genieselt, doch, welch ein Glück, es hörte auf, als wir im Zelt beim Frühstück saßen. Allmählich wurden die Wolken löcheriger, schließlich kam die Sonne durch und wir konnten all unsere Regensachen trocknen und wieder verstauen, bevor wir weiterfuhren. Und nun konnten wir auch die Berge sehen, die sich bisher in den Wolken versteckt gehalten hatten. Schön war es dort am Fluss! Besonders exotisch sind die vielen unbekannten Vogelstimmen, die wir noch nicht identifizieren konnten. Die Rolle der Elstern wird hier von den Australian Magpie gespielt, die schwarz-weiß und ähnlich groß sind wie unsere Elstern. Sie krächzen sehr interessant.. Ein anderes Vögelchen zwitschert in den Büschen lebhaft vor sich hin, als wolle es atemlos etwas erzählen. Ein winziges Zaunkönig-artiges Tierchen hopst um das Zelt herum und piepst in sehr hohen Frequenzen. Das interessanteste Geräusch allerdings ist ein gleichzeitig mehrstimmiges unmelodisches Flöten, das wir hauptsächlich morgens hören. Scheinbar ein Gemeinschaftsgesang, wir wissen aber noch nicht, wer da singt. Gut motiviert ging die Reise weiter, bald erreichten wir Lake Tekapo, himmelblau und traumhaft schön zwischen baumlosen Bergen. Um den Touristenkolonnen zu entkommen, folgten wir einer kleinen Piste, die über die Hügel zum nächsten See, dem Lake Pukaki führt. Gut gepflegter Schotter, für uns etwas zu gut, denn es liegt viel loses Geröll auf dem Weg, der beim Fahren nervt. Trotzdem sehr schön und wenig Verkehr. Zu beiden Seiten Weideland mit Schafen und schwarzen Rindern, Sonnenschein, leichter Wind. Beim See angekommen eine Mittagspause mit einem ersten Blick auf Mt Cook und die ganze Reihe der schneebedeckten Südalpen, dann über den Schotter wieder zur Teerstraße, die jenseits des Sees zum Mt Cook hinführt. Die karge Landschaft erinnert uns sehr an die argentinische Seite der Anden, nur dass es hier zum Glück nicht so stürmt. Knapp 50km geht es am See entlang zum Berg, der hinter jeder Kurve wieder etwas größer erscheint. Viele Viewpoints laden zum Anhalten und Fotografieren ein, es ist recht belebt hier. Am Ende der Straße ein Parkplatz, ein netter kleiner Campingplatz und scheinbar endlose Wandermöglichkeiten. In dem großen Gletscher am nahen Berghang kracht es. Wir bleiben eine Weile dort, quatschen mit einer deutschen Urlauberin, die mit ihrer jungen Familie ein paar Monate Elternzeit hier verbringt, genießen die schöne Aussicht, dann fahren wir die Straße am See entlang wieder zurück. Und jetzt steht unser Zelt am türkisfarbenen Lake Pukaki, am gegenüberliegenden Ufer des Sees, im Abendsonnenschein, trohnt der höchste Berg Neuseelands (ca 3700m). Wir haben einen Spitzenplatz für den Sonnenuntergang und schauen über das glatte Wasser auf die sich rosa färbenden Schneefelder des Berges. Das Einzige, was gerade etwas nervt, sind die mistigen kleinen Sandfliegen, die mich begeistert umschwärmen. Lasst mich doch in Ruhe! Ein Schwarm großer schwarzer Schwäne fliegt trompetend über den See, gleich ist die Sonne weg, es wird still um uns herum.
Dienstag, 09.02. - Twizel
Die zweite Nacht im Zelt war schon angenehmer: wir müssen uns erstmal wieder an die dünnen Matten gewöhnen... Die Sonne weckte uns zu einem neuen Reisetag. Die morgendlichen Routinen sind schnell wieder da und mir fällt mal wieder auf, wie schön es ist, den ganzen Tag in der freien Natur zu sein. Selbst der Toilettengang ist draußen jeden Tag ein schönes Erlebnis. Ihr lacht? Stellt euch mal vor: ihr geht vom Zelt ein Stück in den Wald oder in die Büsche, findet dort ein Fleckchen Erde, wo man mit einem Stock ein Loch graben kann und dort hockt ihr euch hin. Während ihr euer Geschäft verrichtet, was übrigens im Freien überhaupt nicht stinkt, schaut ihr euch um, seht den kleinen Käfern zu, wie sie auf den Blüten um euch herumkrabbeln oder genießt den Ausblick auf Berge oder einen plätschernden Fluss. Diese Zeit gehört nur euch allein, ist das nicht schön? Am Ende schaufelt ihr mit dem Stock das Loch wieder zu, es bleibt nichts zu sehen, doch die Pflanzen drum herum freuen sich über die zusätzlichen Nährstoffe. Die Einzigen, die etwas enttäuscht gucken, wenn ihr das Loch wieder schließt, sind die großen schillernden Fliegen, die euch aufgeregt umschwärmen und die sich schon darauf gefreut hatten, sich auf den schönen Misthaufen zu setzen. Nun könnt ihr euch noch in dem kleinen Fluss die Finger waschen und zur Tagesordnung übergehen. Na, klingt das nicht angenehmer, als jeden Tag auf das selbe Klo zu gehen, das mühsam saubergehalten werden muss und trotzdem immer etwas mieft und wo man immer dieselbe Tür anschaut? Aber nun genug von der Stuhlgangsphilosophie und zurück zum heutigen Tag. Weiter folgen wir der Straße Nr 8 nach Süden. In Twizel, einem kleinen Zentralort, füllen wir alle Vorräte auf (teuer ist es hier!) und und sitzen ohne Eile im Cafe. Die Entfernungen sind hier nicht so groß, da brauchen wir uns überhaupt nicht zu beeilen. Wieder werden wir von deutschen Urlaubern angesprochen, von denen es hier sehr viele gibt. Da wir als Einzige mit deutschen Nummernschildern unterwegs sind, sind wir leicht zu erkennen. Bisher haben wir noch nicht ein Fahrzeug mit ausländischen Kennzeichen gesehen. So vertrödeln wir den angenehm warmen Tag im Straßencafe und fahren erst am frühen Nachmittag weiter. Über Omarama weiter zum Lindis Pass. Herrliche Gegend! Die Straße folgt einem kleinen Fluss, der sich unter großen Weiden zwischen zwei Bergketten entlangschlängelt. Hinter jeder Kurve sieht es anders aus: die Berge sind teils trocken-gelb, teils saftig grün mit Buschbestand, manchmal schauen würfelartige Felsen hervor, ein Wanderfalke schießt durch die blaue Luft. An einem der zahlreichen kleinen Rastplätze halten wir an, um das Loch in unseren Mägen zu stopfen, da treffen wir auf Ewan, einem Schotten, unterwegs auf einer geliehenen BMW. Lange stehen wir mit ihm in der warmen Sonne und unterhalten uns übers Reisen. Er erzählte uns, er habe sich schon lange gewünscht, mal solche Leute wie uns zu treffen und hatte viele Fragen über das Langzeitreisen per Motorrad. Sein schottischer Akzent war nett anzuhören. Und dann kaufte er uns ein Globusbiker-T-shirt ab, das er seiner Frau mitbringen will. Danke, Ewan! Da er aus Schottland kommt, kennt er natürlich auch den anderen Ewan und dessen Vater, der, wie er sagt,ein ganz normaler Mensch sei. Er verstehe nicht, warum manche Leute so einen Personenkult betrieben, nur, weil jemand als Schauspieler erfolgreich sei... Als er weitergefahren war, fuhren auch wir weiter. Am Dunston Lake fanden wir einen versteckten Zeltplatz am Seeufer. Über den gegenüberliegenden Bergen der Pisa-Range zogen dunkle Wolken auf, wir rechneten mit Regen und spannten vorsichtshalber das Tarp auf.
Mittwoch, 10.02. - Diamond Lake
Das Gewitter kam nicht, es blieb heiß und schwül bis spät in die Nacht, was das Einschlafen erschwerte. Ein paar sanfte Regenschauer kühlten dann aber doch bis zum Morgen die Luft etwas ab. Bei noch tiefhängender Bewölkung starteten wir in den Tag und entschieden uns spontan, heute erstmal nach Queenstown zu fahren. Diese Stadt gilt als das Outdoor-Mekka und ist besonders für diverse Bungy-Jumping-Locations bekannt. An einer kamen wir vorbei. An einer historischen Brücke über den Kawarau-Fluss hängt eine hölzerne Sprung-Plattform, vor der sich die Adrenalin-Junkies hinabstürzen. Je nach Belieben wird das Gummiseil so eingestellt, dass es den Springer vor der Wasseroberfläche bremst oder erst etwas später... . Wir holten uns das wohlige Schaudern, dass wir uns das nicht antun müssen und schauten neidlos zu. Viele junge und auch ältere Menschen beiderlei Geschlechtes standen zappelig vor Aufregung auf der Brücke und warteten auf ihren Törn. Dann wurden sie zusammengeschnürt, bekamen eine kurze Einweisung und dann: three-two-one-jump stürzten sie sich in die Tiefe. Ihre Schreie hört man schon aus einiger Entfernung.. Nach dem Auspendeln werden die hilflos am Band pendelnden Leute in ein wartendes Schlauchboot abgesenkt und dort von ihren Fesseln befreit. Ich habe niemanden gesehen, der vor dem Abgrund kehrt gemacht hätte. Die Kulisse der schönen alten Brücke zwischen den Felswänden über dem blaugrünen Fluss ist schon was Besonderes, auch wenn man nicht springt. Noch 20km, dann erreichten wir Queenstown am Wakatipu-See. Touristenrummel sondergleichen: Hotels, Touranbieter, Fahrradverleiher und eine Einkaufsmeile mit teuren Boutiquen, Outdoorläden, Restaurants.Ein einfacher Supermarkt war nicht zu finden, wir flüchteten aus dem Rummel und fuhren weiter nach Glenorchyd, wozu uns Ewan gestern geraten hatte. 40km Kurvenstrecke am See entlang mit herrlichen Bergpanorama-Ausblicken machten den Ausflug schon lohnend, wenn uns auch der Ort Glenorchyd selbst nichts sagte. Von dort sollten wir weiter nach Paradise fahren, hatte Ewan gesagt. Der Name klingt jedenfalls nicht schlecht, fanden wir und nahmen die entsprechende Schotterstraße unter die Räder. Hier wurden u.a. einige Teile der "Lord of the Rings"- Filme gedreht, hieß es. Wiedererkennen konnten wir die Landschaft nicht im Speziellen, aber sie ließ ohne Weiteres eine märchenhafte Stimmung aufkommen und schön war sie allemal. Große alte Wälder mit flechtenbehangenen Bäumen, grüne Wiesen vor hohen Bergen, kleine blaue Seen, wirklich sehr schön! Da nahmen wir auch die vielen Wasserdurchfahrten gern in Kauf... Am Ende der befahrbaren Straße starten Wanderer auf verschiedene Trails, einige Autos standen deutlich sichtbar schon seit Tagen still. Drei junge Deutsche, die in Australien studieren und arbeiten, trafen wir dort und gemeinsam suchten wir zur Feierabendzeit einen Zeltplatz am stillen blauen Diamond Lake. Lagerfeuer unter dem glitzernden südlichen Sternenhimmel, eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank des kleinen Wohnmobils, Reisegeschichten von verschiedenen Seiten - ein netter Abend. Martin hat in China ein Auslandssemester verbracht und hatte allerhand Spannendes über das tägliche chinesische Leben zu erzählen.
Donnerstag, 11.02. - Dunston Lake
Die Sonne lockte uns morgens wieder heraus. Es war herrlich still, ich wollte mich eben im spiegelglatten Diamond Lake waschen, da setzte der Touristenverkehr ein. Lauter gut ausgeschlafene Menschen kamen in ihren Mietautos an den See gefahren und schauten uns bei der Morgentoilette zu. So kann ich das nicht! Na gut, also Wasser in der Schüssel zum Zelt holen und dort waschen, geht ja auch. Über die Schotterpiste zurück zum Teer. Mit vielen Fotostopps schauten wir uns in dem schönen weiten Tal noch etwas um, dann ging es die herrliche Strecke am See entlang zurück nach Queenstown. Hinter jeder Kurve ein anderes Panorama hinter großen Solitärkiefern, blühenden Schmetterlingsfliederbüschen oder dekorativen Jucca-Palmen, einfach zu schön! In Queenstown eine Pause im Park am See, wo wir den Urlaubern bei ihren verschiedenen Aktivitäten zuschauen: ein gelber Fallschirm mit zwei Menschen dran wird von einem Boot über den See gezogen, große Ausflugsdampfer fahren vorbei, Paddler und Segler ziehen ihre Bahnen, im Park liegt man in der Sonne, joggt oder lustwandelt. Wir fahren weiter, hier ist es uns zum Bleiben zu voll. Auch die nächsten 50km bis Cromwell kennen wir von gestern schon, aber auch hier gilt, dass jede Strecke zwei Ansichten hat und uns wird beim Fahren durch die Schlucht des Kawarau-Flusses auch heute nicht langweilig. Da wir hier in der Nähe ja schon einen schönen Platz zum Übernachten kennen, greifen wir darauf zurück und stellen das Zelt wieder an den See. Es ist noch früh am Abend und wir haben Zeit zum Lesen. Thomas hängt seine Hängematte in die Abendsonne, ich mache es mir im offenen Zelt gemütlich. Zum Glück gibt es an diesem Platz keine der lästigen Stechfliegen, die uns heute morgen am Diamond Lake wieder etwas genervt haben.
Freitag, 12.02. - Paerau
Wieder Sonnenschein am Morgen. In diesem Land ist alles so dicht beieinander, im Vergleich zu Amerika, dass wir uns gar nicht beeilen müssen, um irgendwo anzukommen. So trödeln wir morgens genussvoll herum und fahren erst mittags los. Heute war es schon nach eins, als wir erstmal nach Cromwell zum Einkaufen fuhren und fast halb drei, ehe wir "richtig" auf der Straße waren. 30km bis Alexandra, dort links ab und im übernächsten Dorf runter von der Hauptstraße und in die Berge. Am Beginn der Dirtroad ein handgemaltes Schild, auf dem stand, dass wir nun in das Land von Rohan kämen. LOTR-Fans wissen nun natürlich gleich bescheid: die Pferdeleute wohnen hier. Nicht wirklich, aber im Film. Und diese bergige Graslandschaft mit den unzähligen, wie hingeworfenen großen verwitterten Felsen kommt uns tatsächlich bekannt vor. Wir stellen uns vor, wie das Volk Rohans auf dem Weg nach Helms Klamm hier von den Wölfen und ihren Ork-Reitern angegriffen wurden... oder wie die Gefährten auf dem Weg zur Wetterspitze hier entlang trotteten... Doch das ist alles Fantasie, während wir tatsächlich hier sind und die als 4-Wheel-Track ausgezeichnete felsige Naturpiste entlangfahren. Herrliche Landschaft, der Weg läuft steil auf und ab, manchmal durch kleine Bäche hindurch, immer gut befahrbar. Es macht Spaß! Ein kräftiger Wind weht, der Himmel zieht sich allmählich zu, doch es bleibt trocken. Da überall Schafe weiden, fahren wir durch viele Gatter, die auf und zu gemacht werden müssen. So bleiben wir in Bewegung. Ab und zu halten wir an und genießen den Ausblick über die Hügel und auf die fernen Bergketten. Die Moppeds schwitzen bei den steilen Bergauffahrten, wir hören, dass die Lüfter häufig laufen. Nach 35km Piste erreichen wir ein bewirtschaftetes Tal, dort geht es für ein Weilchen auf breiterer Schotterstraße schneller voran. Es ist Abendbrotzeit, wir suchen nach einem Platz zum Bleiben und finden ihn an einem kleinen Fluss, dem Styx-River. Keine Ahnung, warum dieser gemütlich dahinfließende Fluss mit seinen grünen Wiesen und großen Weiden am Ufer nach dem Unterweltfluss benannt ist! Hinter einer kleinen Brücke führt ein schmaler Weg ans Ufer, sehr schön! Sogar Feuerstellen sind schon da! Wir erklären den Ort zu unserem Schlafzimmer. Als wir noch beim Abendessen sitzen, kommen noch ein paar Leute in alten Austin-Geländewagen und stellen sich ebenfalls zum Übernachten auf. Sie sprechen einen so grausligen Kiwi-Slang, dass wir wenig verstehen und uns höflich lächelnd bald zurückziehen. Bei Einbruch der Dunkelheit kommt der Wind zur Ruhe, dafür fängt es dann doch noch an zu regnen. Wir sitzen trocken im Zelt und haben es gut. In den Weiden singt der unbekannte vielstimmige Vogel sein Gutenachtlied, ich kann ihn wieder nicht sehen!
Sonnabend, 13.02. - Portobello auf der Otago-Peninsula
Nachts Regen, morgens Sturm. Unser schon angedachter Ruhetag an diesem schönen Ort mit Hängematte in der Sonne etc fiel aus, denn draußen war es richtig ungemütlich. Also konnten wir auch ebensogut weiterfahren. Der zweite Teil des Dunstan-Trails war nun dran, weiter ging es durch die grasbewachsenen Hügel auf Höhen zwischen 500 und 1000m. Der Wind fegte mit patagonischer Stärke über das Land... hatte ich vor ein paar Tagen geschwärmt, sowas gäbe es hier nicht? Das wird sofort zurückgenommen! Dunkle graue Wolken hingen dicht über unseren Köpfen und drohten mit Regen, der jedoch nicht kam. Die Piste war, wie gestern auch, felsig, an manchen Stellen nach dem nächtlichen Regen etwas matschig, aber nie gemein, also eigentlich unproblematisch, nur war halt das Wetter heute nicht so überzeugend... Schneller als erwartet kamen wir nach 37km Piste wieder auf Teer, genehmigten uns dann, durchgepustet, wie wir waren, im Clarks Junction Hotel eine warme Mahlzeit. Eine richtig urige Kneipe, die scheinbar fast ausschließlich von den Locals besucht wird. Zwei lustige Männer in Arbeitsklamotten und Gummistiefeln saßen am Tresen in dem schmucklosen Raum, der im Winter durch einen großen Kanonenofen warm gehalten wird und fragten uns amüsiert über unsere Reise aus. Wir waren nur froh, ein Weilchen aus dem Wind zu sein und schlürften unseren Kaffee. Als wir weiterfuhren Richtung Dunedin an der Ostküste, schien wieder die Sonne, aber kalt und stürmisch blieb es. Auch, als wir auf die Otago-Peninsula fuhren, bekannt für ihre Kolonien von Pinguinen, Seelöwen und sogar Albatrossen. Die Letzteren wollten wir uns anschauen und fuhren darum bis zur nördlichen Spitze der Halbinsel. Dort mussten wir leider feststellen, dass um diese Vögel zu besichtigen, eine geführte Tour gebucht und auch recht teuer bezahlt werden muss. Das hatten wir uns anders vorgestellt. Von dem Tag etwas geschafft, überlegten wir nun, wo wir uns mit unserem Zelt vor dem Wind und allem anderen verstecken könnten, da kam Philipp. Ein alter Toyota-Landcruiser stoppte neben uns und ein freundlicher junger Mann fragte auf deutsch, ob wir mit unseren Motorrädern den ganzen Weg von Deutschland hierhergefahren seien. Im Gegenzug fragte ich ihn, ob er hier wohne, was er bejahte, und ob er wisse, wo wir in der Nähe frei campen könnten. Ohne zu zögern sagte er, wir könnten in seinem Garten zelten, oder besser noch, in seinem Haus übernachten, wo er im Moment ein Zimmer frei hätte. Na, das passt ja mal wieder wie Faust auf Auge! Wir folgten seinem Auto nach Portobello, wo er seit drei Wochen wohnt, sozusagen gerade aus Deutschland hierher ausgewandert. Sein Haus, das er für sich und seine Freundin samt Tochter gemietet hat, ist noch recht leer, er gab uns zwei Matratzen und schon waren wir einquartiert. Schluss mit Wind für heute, toll! Danke, Philipp!! Und nun sind Thomas und Philipp beide schlafen gegangen, während ich den Strom- und Internetanschluss nutze, um euch mal wieder ein paar neue Geschichten zukommen zu lassen. Morgen geht es weiter, mal schauen, wohin...
voriges Tagebuch Neuseeland Februar 2010 (Weltreise Tagebuch 89) nächstes Tagebuch
copyright Globusbiker