Reiseberichte


Neuseeland
 
voriges Tagebuch Neuseeland März 2010 (Weltreise Tagebuch 94) nächstes Tagebuch
Mittwoch, 17.03. - Maruia Springs
Den Vormittag verbrachten wir damit, unser neues Vehikel mit all unserem "Stuff" zu füllen. Wie kriegen wir das nur sonst alles auf den Motorrädern verstaut? Der relativ geräumige Kofferraum ist randvoll, die hintere Sitzbank incl. Fußraum ebenfalls. Dann verabschiedeten wir uns von Jolly und Foster, die auf dem kleinen Rasenstück vor Monis Haus für die nächsten drei Wochen geparkt sind und trollten uns leise davon.
Nördlich raus aus der Stadt und der Hauptstraße folgen, langweilige Landschaft, viel Verkehr. Nach ca 60km links ab, nun wurde es ruhiger auf der Straße, die vorher platte Landschaft hügelig. Ach,wie öde ist es, in so einem Blechkäfig durch die Gegend zu rollen! Wir können die Luft nicht riechen und nehmen die Landschaft wie im Fernsehen wahr. Die hinter uns fahrenden Wagen überholen hupend, was ist los, wir fahren doch über 80km/h?
Da Thomas heute fährt, versuche ich den Vorteil des Autos zu nutzen und will unterwegs fotografieren - doch bald gebe ich es frustriert auf, denn die Motive rauschen viel zu schnell an uns vorbei. Ich bekomme richtig schlechte Laune, wo ist mein Mopped??
Richtung Maruia werden die Berge höher, die Hänge mit dichtem Beechwood bewachsen, dem typisch neuseeländischen Naturwald. Die Beech-Bäume sind übrigens immergrün, wie ich neulich gelesen habe. Wir suchen vergeblich nach einer kleinen Hot Spring, von der Jonathan uns erzählt hatte und landen schließlich doch in der kommerziell erschlossenen Mariua-Hot Spring, wo wir den Tag gemütlich im warmen Wasser beschließen. Nach der Zahlung von 30NZD pro Person dürfen wir die aus Felsen gemauerten Rock Pools und das japanische Badehaus nutzen, zum Zelten gibt es eine grüne Wiese abseits. Leider zu dicht an der Straße, auf der gegen Abend recht viel LKW-Verkehr vorbeidröhnt. Im Pool treffen wir drei freundliche US-Amerikaner, mit denen ich mich nett unterhalte. Ein Ehepaar um die Vierzig , Kevin und Esther aus Manhattan, anlässlich rezessionsbedingter Arbeitslosigkeit seit einem knappen Jahr auf Reisen, und Kevins Vater David, der die beiden hier auf ihrer Reise besucht.
Es wird jetzt schon deutlich früher dunkel und so bauen wir um halb neun in der Dämmerung unser Zelt neben dem Auto auf. Es wird empfindlich kalt.
Donnerstag, 18.03. - Tapawera
Morgens ist die Wiese raubereift, die Badesachen hängen steifgefroren am Auto. Unter unserer Altiplano-geprüften Wolldecke haben wir nicht gefroren. Kurz nach acht lassen wir uns wieder in das schön warme, schwefelig riechende Wasser gleiten. Dampfschwaden steigen aus den Pools auf, wir genießen den Morgen. Erst gegen Mittag treibt uns der Frühstückshunger aus dem Wasser... Dann fahren wir weiter. Heute fahre ich, da geht es mir besser, dafür ist Thomas abends genervt. Dabei fahren wir durch wunderschöne Gegenden, grüne Wälder bis auf die Höhen, in den Tälern grüne Wiesen, Landwirtschaft, versprengte kleine Höfe, die alle so gemütlich aussehen, dass ich am liebsten sofort dort einziehen möchte. Das Wetter ist nicht so toll, die Sonne fehlt für schöne Bilder. Wir halten oft an, spazieren zum Maruia-Wasserfall oder auf einem Bergsattel entlang. Ein echter Vorteil, dass wir das mal einfach so gemeinsam machen können! Nach nur 170km halten wir an einem großen freien Zeltplatz am Fluss, wo schon ein paar Leute am Zeltaufschlagen sind und stellen uns unter ein paar schon herbstlich kahlen Pappeln auf.
Freitag, 19.03.
In der Nacht kräftiger Wind. Ich schlief unruhig, weil ich an den langen dicken Pappelast direkt über unseren Köpfen denken musste. Er brach nicht ab und wir wachten morgens bei warmem Sonnenwetter wieder auf. Als wir im Schatten des Zeltes frühstückten, schwirrte die Luft von dem Zirpen unzähliger Zikaden in den Bäumen, Vögel zwitscherten, es roch nach Spätsommer. Ein guter Start in den Tag, der uns nun erstmal durch ein Obstanbaugebiet bringt, wo wir an der Straße große Tüten voll Äpfel und Birnen für lächerlich wenig Geld kaufen können - ein grob zusammengezimmerter kleiner Stand, das Geld wirft man in eine kleine Metallkassette. Ein handgeschriebenes Schild weist darauf hin, dass es für Leute ohne Geld möglich ist, sich das Obst zu erarbeiten. Die ganze Gegend wirkt sehr heimelig mit dem kleinen, von hohen Pappeln gesäumten Fluss und den grünen Viehweiden. Hier könnte ich bleiben.. Bald erreichten wir das Städtchen Motueka, tankten dort zum ersten Mal unser Auto auf, das wir übrigens "Mister Hobs" getauft haben und schauten uns zu Fuß um. Motueka scheint der Startpunkt für alles, was zur Golden Bay und zum Abel Tasman-Nationalpark will, zu sein. Außerdem die Versorgungsbasis für die Leute, die hier überall verstreut in den Bergen wohnen. Es gäbe hier sehr viele deutsche Aussteiger, haben wir gehört, die in verschiedenen Gemeinschaften in dieser schönen Ecke von Neuseeland leben, sich künstlerisch betätigen, ökologischen Gartenbau oder auch Physiotherapie betreiben und das sonnige Mikroklima genießen. Motueka hat jedenfalls für all diese Leute eine wichtige Rolle, wie es uns beim gemütlichen Spaziergang durch den sehr lebendigen Ort erscheint. Hinter Motueka schlängelt sich die Straße in engen Kurven über einen Berg, hinter dem die berühmte Golden Bay liegt. Als wir höher hinauf kommen, können wir das blaue Meer in der Sonne schimmern sehen. Sehr schöne Ausblicke bieten sich, wir halten oft an und schauen uns um. Dann sehen wir einen Abzweiger, der nach 3km zu den Pupu-Springs führen soll. Klingt interessant, wir fahren hin. Was wir dort finden, ist die größte und sauberste Frischwasserquelle der Insel (oder stand da nicht, ganz Australasiens?), um die herum ein Spazierweg führt. Der große Quelltopf brodelt von klarstem Wasser, 14 Kubikmeter pro Sekunde quellen aus einem riesigen System von unterirdischen Kavernen hervor. Hellgrüne Wasserpflanzen wiegen sich in der Strömung, helles Gestein am Grund des Sees leuchtet hellblau, am liebsten möchte ich sofort einen Kopfsprung hinein tun! Was aber erstens verboten ist, um die Reinheit der, den Maori heiligen Quelle zu erhalten und zweitens auch viel zu kalt wäre, denn das Wasser hat nur elf Grad. Also schauen wir nur den Wasservögeln und einem großen Fisch beim Schwimmen zu und lassen es dabei bewenden. Noch weiter nach Norden fahren wir, so weit, wie die Straße reicht. Dort, am nördlichsten Punkt, schauen wir weit übers Meer. Nur ein schmaler Streifen Land mit großen Wanderdünen, der als Vogelschutzgebiet von Straßen verschont wurde, führt noch etwas weiter hinaus. Eine Schotterstraße kreuzt die Landzunge, wir folgen ihr bis an ein Gatter, laufen über eine Schafkoppel und stehen nun am nördlichen Ende der Westküste auf einem schwindelerregend hohen Kliff. Tief unter uns sehen wir für kurze Zeit eine schwarze Robbe durchs Wasser gleiten, dann verschwindet sie hinter den nächsten Felsen. Wasser und Wind haben ein großes Tor in die Küstenfelsen gegraben, das so aussieht, als würde es in absehbarer Zeit zusammenstürzen.. Bei dem kräftigen ablandigen Wind müssen wir gut aufpassen, dass wir uns nicht von der Klippe pusten lassen... Die Sonne sinkt, wir begeben uns in den Zeltplatzsuchmodus und stehen bald auf der Ostseite der Landzunge auf einem kleinen Platz direkt am Meer, wo schon ein paar andere Leute ihr Nachtquartier aufgeschlagen haben. Hier weht es nicht so stark. Mister Hobs spendet etwas zusätzlichen Windschatten für das Zelt, wir sind hungrig und lassen uns das Abendbrot schmecken. Neben uns steht ein alter großer Bus, im Eigenbau von irgend jemandem zum Wohnhaus umgebaut. Die Rückfront besteht aus einer Sperrholzfront mit einer hölzernen Zimmertür, aus dem Dach ragt ein Ofenrohr. Offensichtlich haben sich die Bewohner hier häuslich eingerichtet: Feuerholz liegt bereit, Wäsche hängt an der Leine, es sieht sehr wohnlich und nett aus!
Sonnabend, 20.03. - Golden Bay
Für heute mittag haben wir uns bei Josef angekündigt. Wer das nun schon wieder ist? Josef ist ein deutscher Neuseeländer, den wir auf dem Body-Mind-Spirit-Festival kennengelernt haben, wo er ein Gerät zur Wasserionisierung vertrieb. Wir waren dort ins Gespräch gekommen und er hatte erzählt, dass er an der Golden Bay in einer größeren Community lebt. Das hatte uns neugierig gemacht und auf unsere interessierten Fragen hin hatte er uns eingeladen, doch vorbeizuschauen und uns selbst ein Bild zu machen, wenn wir in die Nähe kommen würden. Nun sind wir da und wollen ihn besuchen. Da wir aber heute recht früh unterwegs sind, haben wir noch etwas Zeit und biegen von der Teerstraße ab Richtung Whanganui-Inlet. Auf der Karte sieht man eine große, fast abgeschlossene Bucht, die nach Westen in die Tasmanische See mündet. Eine Schotterstrecke führt an ihrem südlichen Ufer entlang, die fahren wir entlang. Die Straßenbauer haben hier wirklich ganze Arbeit geleistet und über unzählige Ausläufer des Inlets Dämme mit kleinen Brücken gebaut. Heute morgen liegen die Dämme alle trocken, denn es ist gerade Ebbe. Einzelne große Felsen mit windgebeugten Bäumen drauf stehen in der Gezeitenzone, nun also im Schlamm. Die Straße läuft erst durch offenes Weideland, dann in engen Kurven auf und ab durch wundeschönen Regenwald mit riesigen Farnen und großen Bäumen voller Aufsitzerpflanzen. Immer wieder neue Ausblicke auf die große Bucht und das gegenüberliegende bergige Ufer verleiten uns zu häufigen Stopps, wir trödeln genussvoll den Weg entlang, kommen schließlich nach 35km an der Westküste an. Dort geht es zwischen recht hohen Felsen wieder durch Weideland mit Schafen und Kühen, in kleinen Tälern und Mulden wächst auch hier Regenwald. Wir müssen sehr vorsichtig und langsam fahren, denn Mister Hobs hat sehr wenig Bodenfreiheit und setzt schnell auf, wenn es über größere Bodenunebenheiten geht oder auch nur der Kies der Straße zu kleinen Hügeln zusammengefahren wurde. So vergeht der Vormittag, bis wir schließlich an einem flachen Strand anhalten und uns danach auf den Rückweg machen. Josef bekommt eine SMS, damit er weiß, dass wir später kommen (erstaunlicherweise haben wir hier draußen sogar Netz!) und dann halten wir ganz entspannt bei dem kleinen Cafe an, das uns auf dem Hinweg aufgefallen war. Ein netter gemütlicher Ort mitten im Nirgendwo, wo wir sehr leckeren Möhren-Walnuss-Kuchen bekommen. Auf der Terrasse in der Sonne sitzend genießen wir den Moment, bevor wir die Dead End Road zurückfahren. Nun auf zu Josef! An Collingwood vorbei nach Takaka an der Golden Bay, von dort auf einer kurvigen Küstenstraße zum Abel Tasman Nationalpark. Dort rufe ich Josef an, er kommt uns entgegen und führt uns über das Land der Community, auf steilen zugewachsenen Wegen empor zu dem Haus, das er mit seiner Partnerin Brook gebaut hat und nun bewohnt. Der Ausblick von ihrem Wohnzimmer über die Wainui-Bay wirft uns um! Wow! Sogar bei Ebbe, im Augenblick ist die Bucht fast komplett leergelaufen, ist das Panorama fantastisch. Ein Segelboot liegt malerisch auf die Seite geneigt im Sand, die Sonne glitzert in den Tide-Kanälen, in der Ferne die kleinen Wellen des blauen Meeres... So kann man auch wohnen... Auf der mit selbstgemachten Mosaiken verzierten Terrasse kredenzt Josef uns ein Glas ionisierten Wassers und einen Teller voller frischer Früchte aus eigenem Anbau: saftige dunkelrote Pfirsiche und gelbe Aprikosen. Später kommt Brook dazu, die noch in der Gemeinschaftsküche zu tun hatte. Jedes der über 40 Mitglieder der Community hat in der Woche vier Stunden an Arbeitseinsatz in irgendeinem Bereich zu leisten, Brook und Josef sind zur Zeit für den Obstgarten zuständig. Wir fragen den Beiden große Löcher in den Bauch, um Einzelheiten des Communitylebens zu erfahren. Diese Gemeinschaft existiert schon seit 26 Jahren und scheint recht stabil zu funktionieren. Was natürlich nicht heißt, dass es keine Probleme gibt, aber immerhin haben scheinbar alle genug Motivation, um an konstruktiven Lösungen zu arbeiten. Das Land, ein bewaldeter Berghang von 40ha Größe mit einem kleinen Anteil Flachland, auf dem die Gärten angelegt sind und ein paar Pferde grasen, gehört allen. Neue Mitglieder kaufen sich ein, sobald sie eine lange Probezeit überstanden haben und von allen Altmitgliedern akzeptiert worden sind. Alle Entscheidungen werden einstimmig getroffen, wenn ein Mitglied nicht überzeugt ist, muss weiter verhandelt werden. Jede Familie bekommt ein Stück Land zum Bau eines Hauses bzw übernimmt ein Haus, das nicht mehr bewohnt ist. So entstanden individuelle und zum Teil sehr künstlerische Häuser, die meisten versteckt zwischen großen Dschungelpflanzen. Eine schmale Fahrstraße führt hinauf zu den Häusern, kleine Fußpfade schlängeln sich durch den Wald. Ein paar hundet Meter entfernt vom eigentlichen Communitygelände gibt es noch den Events-Park. Dort finden, unter großen alten Bäumen z.B. für junge Männer und Frauen Initiationsfeiern zur Erwachsenwerdung statt oder auch, wie jetzt gerade, kunsthandwerkliche Workshops. Wir sitzen also mit Josef und Brook in der Sonne und erzählen uns was. Später kommt noch Annie dazu, eine deutsche Lehrerin, die ebenfalls auf Neuseland-Rundreise ist und Josef und Brook auf der Nordinsel kennengelernt hat. Am Abend kochen wir gemeinsam ein gutes Essen aus den Früchten des Gartens, lassen uns mehr über das Leben der Community erzählen, spielen Karten und wir zeigen ein paar unserer Reiseclips. Dann ziehen wir uns zurück und spazieren im Schein unserer Taschenlampen bergab. Auf dem Parkplatz des Nationalparkes springt eine dunkle Katze durch den Lichtkegel, die bei genauerem Hinsehen einen zu langen und zu kringeligen Schwanz für eine Katze hat! Wir sehen unser erstes lebendiges Possum! Es hüpft lautlos hin und her, seine großen Nachttieraugen leuchten im Lampenschein, das samtschwarze Fell sieht sehr weich aus. Was für ein Jammer, dass jemand ein paar dieser schönen Tiere gedankenlos aus einer Pelztierfarm entlassen hat und diese nun so erbarmungslos mit allen Mitteln gejagt, überfahren und vergiftet werden müssen!
Sonntag, 21.03. - Aniseed-Valley
Nachts hörten wir die Wellen, die während der Flut ans Land brandeten, morgens wachte ich von leisem rhythmischen Stöhnen auf. Erst hatte ich die Spanier im nächsten Auto im Verdacht, aber dann schaute ich aus dem Zelt und sah eine kleine Gruppe Wekas um unser Zelt spazieren. Diese flügellosen Vögel, graubraun gemustert und etwa entengroß, suchten den Parkplatz nach Futter ab und machten solch lustige Geräusche! Allmählich füllte sich der Platz mit sonntäglich wanderlustigen Menschen, die einen der verschiedenen Tracks durch den Nationalpark laufen wollten. Wir packten unser verbotenerweise aufgestelltes Zelt zusammen. Der Tag war wunderschön, die Sonne schien warm und wir machten ebenfalls eine Wanderung durch die Küstenhügel. Der Weg schlängelte sich durch die Wälder bergauf, an den Biegungen konnten wir immer weiter über das blaue Wasser und die Bucht schauen. Kaum eine Brise wehte, wir schwitzten mal wieder richtig, als wir in der stillen, von Vogelgesang erfüllten, Luft bergauf trabten. Nach 3km erreichten wir einen kleinen Pass, wo wir auf einer hölzernen Bank über die Bucht schauen und unser mitgebrachtes Obst essen konnten. Man könnte dort auch weiterlaufen und bis zu 5 Tagen unterwegs sein, aber so viel Zeit haben wir gerade nicht, wenn wir noch etwas von der Nordinsel sehen wollen. Also drehten wir um und gingen denselben Weg zurück. Mister Hobs wartete geduldig im Schatten, wir fuhren die Passstraße zurück Richtung Motueka und weiter durch flaches Land Richtung Nelson. Als es Abend wurde, suchte ich auf der Straßenkarte nach Merkmalen für einen guten Schlafplatz: abseits der Hauptstraße fand ich eine gewundene weiße Linie, die neben einer ebenso gewundenen blauen Linie verlief und in den Bergen endete: eine schmale Straße ohne Durchgangsverkehr entlang eines Flusses - ideal für uns! Neben ein paar schön gepflegten Picknickplätzen mit Campingverbot fanden wir einen kleinen Weg hinunter zum Fluss und dort ein lauschiges Plätzchen für Zelt und Auto. Dort war es richtig still, der kleine Fluss plätscherte uns in den Schlaf.
Montag, 22.03.
Die Bell-Birds weckten uns mit ihrem wunderschön melodischen Lied. Sonnenschein und ein Bad im frischen Wasser des Flusses waren ein guter Tagesanfang! Zum Frühstück fuhren wir zu einem der Picknickplätze, um den Komfort eines Tisches zu nutzen. Zikaden in den herbstlich gelben Pappeln, warme Sonne und, dank Kühltasche, immer noch frische Milch für unseren Kaffee. Nächster Stopp: die Stadt Nelson, dort die Public Library zur Internetnutzung. Wir buchen die Fähre zur Nordinsel und werden heute spät abends übersetzen. Die zweieinhalbstündige Fahrt soll eine Herausforderung für empfindliche Mägen sein, denn die Cook-Straße ist eine sehr wellenintensive Meeresstraße. Es ist heute außerdem noch besonders windig... Eine Erfolgsmeldung: wir bekommen das zu unrecht abgebuchte Geld zurück! Immerhin gute 600 Eulen, wahrscheinlich hat jemand die Visakartendaten bei einer unserer notwendigen Internetzahlungen abgegriffen und schnell genutzt. Man muss doch seine Umsätze immer zeitnah überprüfen... Mal wieder hat sich gezeigt, dass es sinnlos ist, sich Sorgen zu machen. Die nächtliche Überfahrt nach dem stürmischen Tag war überhaupt nicht schlimm! Es wackelte fast gar nicht und nicht mal Thomas hatte mit Seekrankheit zu kämpfen. Die Fähre (übrigens dänischer Herkunft, genauer gesagt aus Aalborg) brummte ruhig vor sich hin, während wir Musik hörten, Fernsehen guckten und zwischendurch etwas die Augen zumachten. Um halb zwei Uhr morgens fuhren wir durch die leeren Straßen von Wellington, um uns außerhalb irgendwo einen Platz für den Rest der Nacht zu suchen. Gar nicht so einfach im Dunklen in einer völlig fremden Umgebung! Etliche Versuche endeten auf Privatgelände, wo wir uns leise rückwärts wieder davonmachten, doch dann sahen wir einen Hinweis auf einen Wald, der scheinbar wandertechnisch genutzt wird. Dort fanden wir eine geschützte Ecke und bauten schnell das Zelt auf. Inzwischen war es halb vier Uhr morgens und wir schliefen sofort ein.
Dienstag, 23.03. - Waihi-Falls
Als die Sonne durch die Zeltwand schien, schauten wir uns draußen um und stellten fest, dass wir es wirklich recht gut getroffen hatten: neben dem Zelt ging es einen Hügel hinab in ein grünes Tal, ein Erdwall hatte uns vor dem kräftigen Wind geschützt. Nun waren wir gespannt, was uns die Nordinsel zu bieten hat und wollten bald abfahren. Doch, wo war der Autoschlüssel? Aufgeschlossen hatte ich den Wagen, aber nun war der Schlüssel nicht mehr da! Nach langem Suchen zerrten wir das schon verpackte Zelt wieder aus seinem Sack und fanden den Vermissten in der Zeltinnentasche. So ein Schelm, sich so zu verstecken! Auf der "2" fuhren wir nun Richtung Nordosten: grüne Berge, erst mit Wald, dann ohne, viele Schafe, kleine kuschelige Täler, Flachland mit Obst und Olivenanbau, von allem etwas. Deutlich dichter besiedelt als im Süden, aber auf den Nebenstraßen ebenso wenig Verkehr. Statt Autos begegnete uns eine riesige Schafherde, unterwegs von einer Weide zur nächsten. Ein alter Bauer auf seinem Quad trieb die Herde, unterstützt von fünf mageren Hütehunden, die genau wussten, was sie zu tun hatten. Ein jüngerer Bordercollie umlauerte die hintere Linie der Schafe, sobald eines zur Seite ausscherte, scheuchte er es zurück zu den anderen, zwei weitere blieben rechts und links hinter dem Quad und schossen nur auf Pfiff los, um besonders renitente Ausreisser zur Räson zu bringen. Wir hatten genug Zeit, den Hunden bei der Arbeit zuzuschauen,denn die Herde bewegte sich langsam voran und verstopfte sicher für einen Kilometer die schmale Teerstraße. Wir hatten keine Eile. Was uns hier nicht so gut gefiel, war die durchgängige Versiegelung der Landschaft mit Zäunen. Als wir anfingen, nach einem passenden Schlafzimmer zu suchen, fuhren wir fast zwei Stunden herum. Alle Wege waren mit Toren verschlossen, alle Flüsse innerhalb der Zäune. Als wir endlich einen Hinweis auf einen Wasserfall sahen, schöpften wir Hoffnung. Nach 13km gab es dort tatsächlich auf den patagonisch windigen Hügeln einen kleinen Rastplatz mit überdachten Tischen, ohne rechten Windschatten, aber dafür haben wir ja Mister Hobs. Hinter einem dichten Gebüsch rauschte es: ein recht ansehnlicher Wasserfall, den man hier in den grasbewachsenen Hügeln gar nicht erwarten würde. Über eine Felskante von ca 25 Metern Höhe stürzt ein kleiner Fluß ins Tal, wo sich das Wasser in einem ziemlich tiefen Pool sammelt. Ein kleiner Spaziergang über einen schmalen Weg und 50 Stufen führte mich in ein kleines Wäldchen und ans untere Ende des Wasserfalles. Sehr schön windgeschützt ist es dort! Da muss ich morgen früh, wenn die Sonne scheint, nochmal runter!
Mittwoch, 24.03.
Mister Hobs war heute nacht seiner Rolle als Windschatten eindeutig nicht gewachsen! Nachdem es erst so schien, als ginge der Wind schlafen, frischte er später in starken Böen wieder auf und zerrte am Zelt herum. So heftig, dass wir uns ernsthafte Sorgen um unser Häuschen machten. Abgesehen davon, dass bei dem immer wieder plötzlich einsetzenden lauten Geflatter des Zeltes an Schlaf nicht zu denken war. In mehreren Aktionen versuchten wir, das Zelt möglichst gut abzusichern, dann verstöpselte ich meine Ohren, empfahl die Unversehrtheit des Zeltes den höheren Mächten an und schlief tatsächlich ein. Thomas war morgens wie gerädert, denn er hatte kaum Schlaf bekommen. Normalerweise ist er derjenige, der in unruhigen Nächten besser schläft... Der böige Wind blieb uns auch am Morgen erhalten, darum bauten wir das Zelt vorsichtig ab und versuchten, mit dem Tarp, um das Picknickhüttchen gespannt, eine gewisse Gemütlichkeit fürs Frühstück zu zaubern. Es gelang nicht so gut, weil der Wind sich nicht entscheiden konnte, aus welcher Richtung er pusten wollte. Nachdem dann alles verpackt war, gingen wir zusammen zum Wassefall hinab, wo es zwar nicht windstill, aber doch viel wärmer und angenehmer war als oben auf dem Hügel. So ein schönes Badezimmer! Im morgendlichen Sonnenschein rauschte das Wasser die stufigen Felsen hinab, an denen sich über die Zeit dicke Moos- und Algenschichten angesiedelt haben. Zum Schwimmen war uns das Wasser im Pool eindeutig zu kühl, aber zum Waschen war es ok. Unter einem kleinen Bäumchen ein geschützter Platz, wo wir sicher auch hätten zelten können... So verging der Vormittag mit Plantschen, Fotografieren und in der Sonne Liegen sehr angenehm. Wasser hat so eine starke Anziehungskraft auf mich - hier ein Häuschen haben und jeden Tag auf diese grün bepelzte, lebendige Wand schauen... Im Winter sieht es hier sicher nochmal ganz anders aus, wenn der Regen den Fluss anschwellen lässt und eine geschlossene Wasserwand den Felsen hinunterstürzt! An den angeschwemmten Hölzern kann man sich in etwa vorstellen, wie groß der Pool dann ist. Na gut, weiter geht´s! Auf der Karte hatte ich ein Städtchen gesehen, das den mir vertraut vorkommenden Namen Dannevirke trägt. Das war heute unser erstes Ziel - ich wollte herausfinden, was es damit auf sich hat! Im kleinen Stadtzentrum parkten wir Mister Hobs in der Denmark Road (aha..) und schlenderten die Straßen entlang. In der Tourist Info überfiel ich die diensthabende Dame mit der Information, wir kämen aus Schleswig in Germany. Das sagte ihr was, sie zeigte uns auf einer historischen Landkarte (Schleswig-Holstein und Dänemark) stolz den Namen Slesvig. Dann erzählte sie, dass im Jahre 1872 ein Schiff aus Oslo mit 298 Immigranten aus Norwegen, Schweden und Dänemark in Napier gelandet sei, nachdem die neuseeländische Regierung die Gegend zur Besiedelung beworben hatte. Damals gab es nur einen Horsetrack zwischen Wellington und Napier und es sollte die Aufgabe der Immigranten sein, eine feste Staße und eine Eisenbahnlinie zu bauen. Jede Familie bekam ein 16 Hektar großes Stück Land zugewiesen auf dem mit dichtem Farn und Busch bestandenen Land. Die Arbeit am Bau der Straße und Eisenbahnlinie war hart, die Löhne niedrig und einige wanderten ab, um anderswo ihr Glück zu versuchen, doch die meisten der Pioniere blieben. Ihre Nachkommen leben größtenteils noch immer in Dannevirke. Mit einigem Infomaterial versorgt, setzten wir uns in ein gemütliches Cafe, das einem ausgewanderten Holländer gehört. Wir kamen mit ihm ins Gespräch - und er hatte viel zu erzählen! Als junger Mann und gelernter Architekt ging er im Namen der holländischen Entwicklungshilfe als Lehrer nach Bolivien, lebte dort einige Jahre in Cochabamba (er holte einen Atlas aus dem Jahr 1962, um uns die Stationen seines Lebens zu zeigen und uns Reisetipps für die Nordinsel zu geben..). Als er danach wieder nach Hause kam, wollte niemand seine Geschichten hören und er fühlte sich nicht mehr in die Gesellschaft seiner Heimat passend. Darum wanderte er vor 32 Jahren nach Neuseeland aus, wo ihn jetzt eine Rinderfarm und dieses nette Restaurant in Dannevirke ernähren. Er fühlt sich hier wohl, weil, wie er sagt, etwas mehr persönliche Freiheit möglich ist, trotzdem aber eine gute Infrastruktur vorhanden ist und ein gewisser Wohlstand. Eine nette Begegnung! Wir fuhren weiter durch den stürmischen Tag und nahmen uns fest vor, abends auf genügend Windschatten zu achten bei der Platzsuche. Die Landschaft war inzwischen wieder mal flach, es wird hier viel Wein angebaut, aber auch Obst und Oliven. Hier WIndschatten zu finden, ist nicht einfach...Wir landeten schließlich unter hohen Pappeln an einem Fluss, der hinter den Weinfeldern über einen kleinen Weg zugänglich war. Der Wind legte sich, dafür kam Regen auf, macht nichts, wir sitzen im Trockenen. Was wir nicht bedacht hatten, waren die zahlreichen Schreckschussanlagen gegen Beeren klauende Vögel, die zwischen den Reben aufgestellt waren. Selbst spät abends knallte es noch ab und zu und natürlich ab Sonnenaufgang wieder regelmäßig. So richtig erholsam schlafen konnten wir dabei wieder nicht!
Donnerstag, 25.03. - Lake Waikaremoana
Die Stadt Napier am Pazifik lag heute an unserem Weg. Wir fuhren ins Zentrum und machten einen Spaziergang durch die Fußgängerzone (ein seltener Anblick in Neuseeland). Viele teure Klamottenläden, Schmuck, Designermöbel - es scheint hier wohlhabende Menschen zu geben, die all diese Dinge kaufen. Die Ladenstraße endet an einem schön angelegten Park am Meer, mit einer festen Bühne für Konzerte und gepflegten Grünanlagen. Die Vegetation ist hier schon deutlich subtropischer als auf der Südinsel: große Palmen, dicke Gummibäume, Oleanderbüsche... Auch die Bevölkerung sieht anders aus: ein großer Anteil an dunklerhäutigen Menschen, viele mit Maorigesichtszügen, aber auch viele indisch oder pakistanisch anmutende Leute sind zu sehen. Nach dem Stadtbesuch folgen wir der "2" , die jetzt allmählich schmaler und weniger befahren mehr oder weniger der Küstenlinie folgt. Von hier aus gibt es keine großen Städte mehr zu beliefern, denn der Verkehr Richtung Auckland geht wohl eher inlands. Die Landschaft hat hier nicht viel Spannendes zu bieten: abgegraste Hügel, Zäune, Schafe, Kühe, ab und zu ein Hof... In Wairoa biegen wir nach links ab und folgen dem "Rainforest-Highway", der zuerst noch geteert, dann als gewundenes Schottersträßchen in die Berge und zum Te Urewera-Nationalpark führt. Auf einer, am Temperaturunterschied deutlich zu spürenden Höhe von immerhin über 500m liegt dort der schöne Waikaremoana-See, inmitten von jahrhundertealtem Urwald. Der Weg führt östlich am See entlang, meist einspurig und an beachtlichen Steilhängen entlang. Hier und dort schaut man über den dunklen See, über dem große Felsen trohnen. Wir fühlen uns an den Camino de la Muerte in Bolivien erinnert (nur wärmer müsste es dafür sein..). Die Sonne steht schon tief, wir suchen mal wieder... Im Nationalpark sollte es doch Campingplätze geben? Uns tatsächlich finden wir, am Fuß einer recht steilen Abfahrt auf einer grünen Halbinsel gelegenen, einen offiziellen Platz, wo schon einige Zelte und Wohnmobile stehen. Die Sonne scheint noch ein Weilchen dorthin, wo wir nun unser Hüttchen bauen. Es ist still hier, der Wind hat sich gelegt, nur das Trompeten der zahlreichen schwarzen Schwäne, die in der Nähe über das Wasser gleiten, hallt über den glatten See. Die großen Urwaldbäume stehen wie eine schützende Mauer, aus dem Wald kann man die typischen abendlichen Vogelstimmen hören. Hier mögen wir sein!
Freitag, 26.03. - Rotorua
Weitere 60km durften wir morgens noch durch den Urwald fahren, auf der schmalen Piste, die nie länger als 50m geradeaus lief. Urwaldriesen, Farne, Vogelstimmen, Feuchtigkeit in der Luft, aber Sonnenschein. Wie schön wäre es hier mit den Moppeds!! Dann wären wir auch schmaler und würden uns nicht jedesmal so erschrecken, wenn ein Auto (die Kiwis kacheln hier entlang, als wäre es eine Autobahn!!) um die Kurve auf uns zu geschossen kommt. Na gut, wir fahren Auto und haben ja auch eindeutig Vorteile dadurch, ich weiß, ich weiß... Nach 30km ein kleines Maoridorf in einem gerodeten Tal. Pferde, Schweine und Kühe grasen frei am Straßenrand, ein paar kleine Häuser unter Farnbäumen, ein Stück Teerstraße, dann schlägt der Regenwald wieder über unseren Köpfen zusammen. Nach drei Stunden öffnet sich der Wald und entlässt uns in eine langweilige flache Agrarwüste. Am Horizont ein Vulkan mit "abber" Spitze. Die Hauptverbindungsstrecke zwischen den Tourismus-Highlights Lake Taupo und Rotorua ist voller zu schnell fahrender Autos, die uns fast in den Auspuff kriechen. Ein Schild weist auf ein vulkanisches Tal in 6km Entfernung hin, wir schauen mal! Aber hier ist wohl nichts umsonst: um sich das laut Infotafeln "jüngste vulkanische Gebiet der Erde" hier anschauen zu dürfen, sollen wir 32 NZD pro Person zahlen. Das wollen wir nicht, wir fahren weiter und nach Rotorua hinein. Hier ist richtig was los! Vom Ortseingang an nur Hotels, Hotels und noch mehr Hotels. Wir fragen bei der Touristinfo, die hier eine Extra-Parkspur bekommen hat, um die Mengen an Touris abzufertigen, nach Campgrounds und werden schnell und professionell zu einem Multi-Backpackers mit Campground, Cabins und Hot Pool gelotst. Dort gibt es einen kleinen Platz für Zelte und Womos, Kostenpunkt 9 NZD pro Nase. Dafür freien Zugang zum Pool, es gibt eine große Gemeinschaftsküche, einen Billardtisch, heiße Duschen, einen Fernsehraum und einen Stromanschluss für unseren Rechner, den wir z.Zt. nur am Netz laden können. Thomas hatte einen Adapter fürs Auto gebastelt, aber der ist uns neulich durchgebrannt, weil sich irgendein kleines Teil gelöst hatte. So sind wir also etwas eingeschränkt in unserer technischen Flexibilität, bis das Teil repariert ist. Und so sitze ich nun also in der Gemeinschaftsküche, wo immer wieder irgendjemand zum Kochen kommt und mich mit leckeren Essensgerüchen quält und mache meinen Text fertig, damit ihr mal wieder Lesestoff bekommt. Morgen schauen wir uns die Stadt an und davon erzähle ich euch im nächsten Newsletter.
voriges Tagebuch Neuseeland März 2010 (Weltreise Tagebuch 94) nächstes Tagebuch
copyright Globusbiker