Reiseberichte


Neuseeland
 
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Ostermontag, 05.04. - "Magic Mountain"
Wir wollten uns morgens von unseren Gastgebern verabschieden und fuhren darum die geschotterte Auffahrt zum Haus hinauf. Doch da kam Mister Hobs mal wieder an seine Grenzen und blieb mit durchdrehenden Rädern am Hang stehen. Wir ließen ihn stehen und stiegen zu Fuß weiter.
In der warmen Morgensonne ein freundlicher Plausch mit Peter und Dorothy, dann verließen wir den ruhigen Ort, mit einer geschenkten Packung frischer Eier im Gepäck. Sehr nette Leute!
Nun wollten wir nach Hamilton, wo Roger, ein Bekannter vom Bikertreffen in Te Anau, Thomas seine Firma zeigen wollte. Er hat vor etlichen Jahren einen Betrieb gekauft, der sich mit Umwelt-Meßtechniken beschäftigt und war darüber mit Thomas ins Gespräch gekommen. Nun zeigte er uns die kleinen Meisterstücke, an denen seine Firma arbeitet: Strömungsmessgeräte für Flüsse, Regenmesser, Zählgeräte für Wandertracks und noch vieles mehr (bestimmt findet sich in Thomas` Fahrtenbuch später noch einiges Genaueres darüber).
Sein Betrieb ist mit ca 25 Angestellten für neuseeländische Verhältnisse recht groß, aber die Konkurrenz schläft nicht und sie müssen alle hart arbeiten, um am wirtschaftlichen Ball zu bleiben. Thomas nutzte, während Roger uns aus seinem Leben erzählte, die betriebliche Infrastruktur zum Reparieren unseres Laptop-Ladegerätes, mit dem wir den Rechner am Auto laden können, ich konnte unsere Mails abrufen, dann verabschiedeten wir uns bald, denn es wird nun abends recht früh dunkel und wir mussten sehen, wo wir die Nacht verbringen würden.
Auf gut Glück fuhren Richtung Westküste, wo es laut Karte recht gut aussah für unsere Bedürfnisse (gut heißt in diesem Zusammenhang: wenig Ortschaften, viele kleine Wege, Waldgebiete). Wie meistens folgten wir dann einfach unserer Eingebung in eine kleinere Straße hinein, die sich als schmaler werdender Schotterweg zwischen den Hügeln emporschraubte und dann auf dem höchsten der Berge an einem kleinen Hof endete.
Dort kam Marcus heraus, der das Auto gehört hatte. Marcus, ca 45 Jahre alt und mit einem freundlichen, etwas nach gewohnheitsmäßigem Alkoholgenuss aussehendem, geröteten Gesicht, führt hier einen Reitbetrieb und bietet Horse-Trecks an. Seine 12-köpfige Herde weidet auf der Hügelspitze, er lebt allein hier oben mit einer freundlichen schwarzen Hündin als Gesellschaft. Er meinte, es sei Regen angesagt, aber wenn uns das nicht stören würde, könnten wir gern hier oben zelten.
Hinter seinem Blechschuppen, an dem "Magic Mountain" stand, war es recht windgeschützt, außerdem hatten wir einen bombastischen Ausblick über die tief unter uns liegende Hügellandschaft und bis zur Westküste. Dramatisch dunkle Wolken verstärkten den Eindruck: die Sonne ging eben unter und warf scharfe Schlaglichter auf die Landschaft. Ein königlicher Platz, wenn auch sehr den Elementen ausgesetzt. Vorsichtshalber versteckten wir das Zelt unter dem Tarp und genossen, als es dunkel war, den Luxus unseres funktionierenden Ladegerätes für einen Kinoabend im Schlafsack. Ich hatte danach Probleme mit dem Einschlafen, denn der Wind jaulte in einem alten Regenfallrohr neben dem Zelt und das klang richtig schauerlich...
Dienstag, 06.04. - am Forgotten-World-Highway
In der Morgendämmerung kroch ich leise aus dem Zelt, um den Sonnenaufgang zu sehen. Unter mir zwischen den Hügeln hingen noch die Nebelwolken, die Stille wurde nur von den typischen Gesängen der Australian Magpies und Tuis durchbrochen, der Himmel war bedeckt. Leider kein toller Sonnenaufgang heute, doch eine sehr schöne Stimmung... bis auf dem nächsten Hügel ein Düngerflieger mit der Arbeit begann und es vorbei war mit der Stille. Von oben konnte ich gut beobachten, wie er angeflogen kam, auf einer kurzen grünen Piste landete und von einem speziellen Truck mit Dünger beladen wurde. Dann startete er durch, war nach knapp 10 Sekunden wieder in der Luft, warf seine Ladung auf dem vorgesehenen Stück Land ab und kehrte zurück für den nächsten Durchgang. Auf meiner morgendlichen Runde traf ich auch die Pferde, lauter kräftige braune Tiere, leider fast alle mit verschleimten Nüstern.
Zum Abschied und zum Dankeschön teilten wir mit Marcus die 12 Eier, die wir von Peter und Dorothy bekommen hatten und machten uns davon.
Einige Kilometer weiter mal wieder ein schöner Wasserfall abseits der Straße: mitten in einem kleinen Regenwaldgebiet, das man in der überweideten Gegend nicht erwarten würde, ein kleiner Pfad und am Ende ein 55m hoher schmaler Wasserfall, an dem man herunterschaut zu dem, laut Anschlag 5m tiefen, Pool. Diese Landschaft birgt doch immer wieder Überraschungen! Bis Stratford wollten wir heute, am Fuße des Mt Egmont, eigentlich nicht sehr weit, doch die gewundenen Straßen fressen Stunden wie nichts und wir kamen nur langsam voran. Mt Egmont gehört zu den regelmäßigsten Kegelvulkanen der Welt, zusammen mit Japans heiligem Berg, dem Fujijama, das klingt doch interessant, oder? Das Wetter war allerdings nicht so zum Berganschauen geeignet, der Himmel zog sich zu. Schließlich hatten wir eine schwarze Wand direkt vor uns, die ich solange für einen Berg hielt, bis er anfing zu blitzen. Als dann ein heftiger Wolkenbruch einsetzte und es um uns herum gewitterte, konnte ich dem Autofahren doch mal wieder etwas abgewinnen... Längere Zeit fuhren wir im strömenden Regen und sahen nicht viel um uns herum, doch irgendwann hatte es sich ausgeregnet und wir fanden uns auf einer kleinen Straße wieder, die uns durch so richtig vergessene Landschaften brachte. Am skurrilsten war ein kleines Dorf namens Ohura. Am Ortseingang das Provinz-Gefängnis, dann eine breite Straße mit baumbestandenen Grünstreifen in der Mitte, wie in Lateinamerika. Und an dieser Prachtstraße fast nur baufällige Häuser, verlassene Geschäfte und keine Menschenseele weit und breit - gespenstisch, bloß weg hier! Bald fuhren wir wieder mal, auf dem "Forgotten World-Highway" durch richtigen Regenwald. Der Name ist gut gewählt, wir malten uns aus, dass wir uns kaum wundern würden, wenn uns hinter der nächsten Kurve ein Tyrannosaurus entgegenkommen würde, so urweltlich wirkt der undurchdringliche Wald... Teer wurde zu Schotter, die Schlucht enger, eine tolle Strecke! Ein einspuriger Tunnel, hoch und schmal in den Berg gehauen, mit einem hölzernen Dachstuhl unter dem Fels, hieß laut hölzernem Schild "Hobbit`s Hole". "Eingang nach Moria" schien mir passender.. Bis Stratford waren es immer noch 80km und es wurde schon dämmerig! Da kam uns ein rostiges Schild recht, das in 6km Entfernung, über einen Seitenweg erreichbar, einen Campground anzeigte. Wir bogen ab und lernten am Ende eines weiteren Seitentales Bruce kennen, einen älteren Rinderfarmer, im Nebenberuf Camphost und Vater einer nach Dänemark, genauer gesagt, nach Kolding verheirateten Tochter. Er war so freundlich, uns auf seinem, heute nach dem Osterwochenende verwaisten, Campground eine kleine Cabin zum Sonderpreis von 20 NZD zu überlassen. Wow, wieder mal sorgt das Universum gut für uns! Ich kochte uns ein warmes Essen in der Gemeinschaftsküche und lauschte dem wieder einsetzenden Regen mit Vergnügen! Außer dem anhaltenden Regen polterten später, nach dem Genuss einer heißen Dusche, noch schwere Pfoten auf unserem Blechdach herum: ein paar Possums tobten über unseren Köpfen, dass das ganze Hüttchen wackelte.
Mittwoch, 07.04. - 70km vor Wellington
Nachts war es richtig kalt, morgens roch die taufeuchte kühle Luft nach Herbst. Dieses abseitige Tal in der Morgensonne, so schön, hier könnte ich bleiben. Die kleine Hühnerbande, die Bruce hält, gockelte um uns herum beim Packen - wie zuhause. Ein kurzer Schnack mit Bruce, der meinte, wir würden uns ja vielleicht in Dänemark mal auf der Straße treffen, und weiter. Mt Egmont war, als wir ihm näher kamen, vorläufig nur bis zur halben Höhe zu sehen, die angeblich so schöne regelmäßige Spitze versteckte sich in weißen Wolken. Der Ort Stratford, ein typisches neuseeländisches Städtchen mit Ladenzeilen beidseits der Hauptstraße, hielt uns nicht lange fest. Auf der Karte fanden wir eine Straße hinauf auf den Berg bis zu einem kleinen Plateau auf halber Höhe. Dort angekommen, mussten wir feststellen, dass auch von dort kein Gipfel zu sehen war. Schnellziehende Wolken zeigten mal hier ein Stück Fels, mal dort einen Abhang mit schwarzem Geröll, aber der volle Anblick war für uns nicht vorgesehen. Und kalt war es: 13 Grad zeigte das Thermometer, nicht nur hier oben, sondern in der ganzen Gegend war es so frisch! Morgen abend sollen wir auf der vorgebuchten Fähre zur Südinsel sein, darum drückten wir nun auf die Tube und folgten der Hauptstraße nach Süden. Landschatlich verpassten wir hier nicht viel beim Durchrauschen, die Gegend ist meist flach und eintönig. 70km vor Wellington verbrachten wir die letzte Nacht auf der Nordinsel in einem Forest Park, wo es mir endlich gelang, einen Tui, diesen typisch neuseeländischen Vogel, vor die Linse zu bekommen.
Donnerstag, 08.04. -
Das letzte Stück bis Wellington war schnell geschafft und wir hatten den Tag frei für das berühmte Te Papa-Museum, das uns von vielen Seiten wärmstens ans Herz gelegt worden war. Mitten in der Hauptstadt liegt der große moderne Bau, der Eintritt ist frei und es gibt mehr als genug für einen Tagesbesuch zu sehen. Die Ausstellungen handeln von der erdgeschichtlichen Entwicklung des Landes, von der Tier- und Pflanzenwelt, der Geschichte der menschlichen Kultur und der Veränderung der Landschaft, die sie mit sich brachte. Ein ganzes Stockwerk ist der Geschichte, Kunst und Kultur der Maori gewidmet. Dort sind Stammeshütten mit den bekannten Schnitzereien an den Balken, alte Boote, Werkzeuge und jede Menge "Greenstone" (Jade) in allen erdenklichen Funktionen und Formen ausgestellt. Wir blieben bis zum späten Nachmittag, dann konnten wir nichts mehr aufnehmen. Zum Sonnenuntergang fuhren wir auf den Hausberg Wellingtons, den Mt Victoria, von dem man einen sehr guten Blick auf die Stadt und die Bucht hat. Für eine Hauptstadt ist Wellington eher gemütlich klein und überschaubar, dagegen ist Auckland eine echte Großstadt, die einzige in Neuseeland. Trotzdem gibt es ein Skyscraper-Zentrum mit viel Beton und Glas und einen großen Stadthafen, von oben konnten wir dies alles gut überblicken. Es wurde uns bald zu kalt auf dem windigen Berg, also auf zum Fährterminal. Das Schiff fuhr um 20 Uhr und brachte uns mit leichtem Geschaukel innerhalb von drei Stunden zur Südinsel zurück. Fazit: wir haben einen generellen Eindruck von der Nordinsel gewonnen, aber in der kurzen Zeit längst nicht alles Sehenswertes gesehen. An landschaftlichen Highlights kann sie der Südinsel das Wasser nicht reichen, dafür ist das Klima eindeutig milder. Das Meer hat Badetemperatur, schöne Strände gibt es zahlreich, also für Badeferien perfekt! Dafür ist die Landschaft, bis auf die Nationalparks, fast komplett kultiviert, es gibt wenig unbewirtschaftete Flächen und wesentlich mehr Menschen (und vor allem Kühe und Schafe) pro Fläche. Die sozialen Probleme fallen auf der Nordinsel stärker auf, es gibt mehr Armut und eine höhere Kriminalität als im Süden. Wir sind uns einig darüber, dass wir nochmal wieder herkommen wollen, die Zeit war einfach zu kurz...
Freitag, 09.04. - Christchurch
Der neue Morgen empfing uns mit wolkenlosem Himmel und herbstlich-kühler Temperatur. Wir sind wieder auf der Südinsel und das ist, wie nach Hause zu kommen. Noch 330km bis Christchurch, da müssen wir morgen das Auto abgeben, also gibt es kein Vertun: wir müssen heute hin. Also früh raus und auf die Straße! Die Landschaft rund um Blenheim ist Weinanbaugebiet, grün bewässerte Rebenfelder am Fuß von knochentrockenen Hügeln. Gestern im Museum haben wir gelernt, dass ganz Neuseeland noch vor etlichen hundert Jahren mit dichtem Urwald bedeckt war... Wenn man darüber nachdenkt, sehen diese Hügel ganz schön traurig aus. Um Kaikoura herum verläuft der Highway direkt an der Küste und windet sich dort zwischen Küstenhügeln und schäumenden Wellen hindurch. Eine sehr schöne Strecke und, für eine Hauptverbindungsstrecke, nicht sehr busy. Ein ungewöhnliches Straßenschild machte uns aufmerksam auf eine Robbenkolonie direkt unterhalb der Straße am felsigen Strand. Wir stoppten und sahen in etwa 20m Entfernung eine ganze Herde Pelzrobben auf den großen Felsen in der Sonne liegen. Man roch sie auch ziemlich deutlich! Ein paar Jungtiere trugen mit ihren groben Kampfspielen zur allgemeinen Unterhaltung bei und ließen sich durch die menschlichen Zuschauer überhaupt nicht stören. Man hätte direkt zu ihnen an den Strand gehen können, aber sie haben doch recht eindrucksvolle Zähne im Gesicht und mögen es vielleicht gar nicht, wenn ihnen die Menschen so dicht auf die Pelle rücken.. So schauten wir nur aus sicherer, aber doch recht intimer Entfernung ein Weilchen zu und zogen uns dann wieder zurück. Etwas müde von der Reise kamen wir abends in Christchurch an, fanden dort in "unserem" Zimmer ein Stück Käsekuchen für jeden und einen Zettel von Moni, die uns einen guten Appetit wünschte. Das war fast wie nach Hause kommen! Danke, Moni! Kurz nach Einbruch der frühen Dunkelheit war unser Tag zuende, das bequeme Bett war zu einladend.
Sonnabend, 10.04. - Christchurch
Auto ausräumen, saubermachen und zur Mietstation zurückbringen kostete den größten Teil des Tages. Wir kamen noch etwas in Stress, weil Jolly nach drei Wochen Pause mal wieder nicht anspringen wollte. Batterie fast leergestanden und Sprit nicht mehr gut - kennen wir schon. Doch dann, mit Überbrückung und Geduld, konnten wir ihn zum Leben erwecken. Ich musste Thomas ja beim Flugplatz wieder abholen! Und es tat dann so gut, mal wieder auf dem Mopped zu sitzen, wenn auch nur auf einer Stadtfahrt. Auf einmal roch die Luft wieder, durch die ich fuhr! Und dann kam die große Enttäuschung des Tages: der Ersatzvergaser, den Thomas aus Deutschland bestellt hatte und der planmäßig hier angekommen ist, brachte nicht die Lösung von Fosters Problemen mit sich! Thomas hatte ihn schnell und hoffnungsvoll eingebaut und kam enttäuscht von einer kurzen Probefahrt zurück: keine Verbesserung... Was nun? Was kann es noch sein? Nun muss er wieder anfangen, nach dem Fehler zu suchen. Frustriert versteckten wir uns hinter einer Portion "Lord of the Rings" vom Laptop im Bett.
Sonntag, 11.04. - Christchurch
Blauer Himmel, lauwarme Sonne und keine Problemlösung in Sicht. Der Tag verging für Thomas wieder einmal mit Schraubereien und erfolglosen Testfahrten, während ich mit Moni und ihrem kleinen Sohn am Strand Sandburgen baute und am Rechner Bilder sortierte. In vier Tagen wird verschifft und wenn wir bis dahin nicht schlauer sind, geht die Fehlersuche in Australien weiter... Bis dahin gibt es genug zu tun: die Motorräder müssen wieder mal gereinigt werden, das ganze Camping-Equipment ebenfalls, denn die australische Quarantäne-Behörde ist ebenso streng wie die neuseeländische. Also: same procedure as last year, Miss Sophie! Der nächste Newsletter kommt dann aus Sydney, wohin wir am 20.4. fliegen. Wir trennen uns nur schwer von diesem schönen Land, aber dass es nun deutlich Herbst wird und es uns wärmehungrige Wesen schon manchmal friert, macht uns den Abschied etwas leichter. In Australien soll es ja wohl wärmer sein...
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