Südamerika Reiseberichte

Argentinien
 
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Montag, 05.11.   -   Leandro N. Alem
Wieder nur wenige Km "geschafft" heute, dafür aber in Obera ausführlich Mails geschrieben und gelesen. Obera scheint die Hauptstadt der internationalen Herkunften hier in Misiones zu sein: Es gibt einen "Park der Nationen" mit typischen Häusern aller Länder, die in Bezug zur hiesigen Bevölkerung stehen. Leider war dort heute nichts los, so konnten wir nicht so viel darüber in Erfahrung bringen. Allerdings macht die ganze Stadt einen sehr reichen Eindruck, vielleicht lässt sich ja noch herausfinden, warum das so ist. Wir sind allerdings bald weitergefahren, um etwas Strecke zu machen, da wir gestern nur knapp 40 km gefahren sind bis zu den Wasserfällen. Heute haben wir auch zum ersten Mal erlebt, dass zwei Tankstellen hintereinander kein Superbenzin (95 Oktan) hatten. Wir haben es daher mal mit dem Normalbenzin (85 Oktan) versucht. Im Mix kann es wohl gehen, schauen wir mal, was die 'Jungs' dazu sagen...

Dienstag, 06.11.    -   Yapuyé am Rio Uruguay
In der letzten Nacht war es sehr unruhig: Als sich der Schwerlastverkehr beruhigte, wurden die vielen Hunde der Nachbarschaft aktiv und bellten fast pausenlos, bis sie im Morgengrauen von ebensovielen Hähnen abgelöst wurden, die wiederum irgendwann vom erwachenden Verkehr übertönt wurden. Wir waren also recht früh wach, brauchten auch wegen nicht vorhandener Sanitäranlagen nur wenig Zeit für die Morgentoilette und kamen daher für unsere Verhältnisse zeitig auf die Straße. Die aufgezogenen Regenwolken ließen wir hinter uns und fuhren bald unter strahlend blauem Himmel auf der kleinen und kaum befahrenen R.2 dicht an der brasilianischen Grenze gen Süden. Am Straßenrand stand dort mal wieder ein richtig armes, halbverhungertes Hundetier mit herausstehenden Rippen und Beckenknochen müde und hechelnd herum. So viele Hunde, die so klein und spindeldürr sind, als hätten schon ihre Vorfahren bis zur 10. Generation nie genug zu essen gehabt! Keiner kümmert sich drum, sie verhungern einfach so vor sich hin - es fällt mir schwer, das mit anzusehen. Hinter Concepcion de la Sierra bogen wir auf eine gut zu fahrende roten Erdpiste ab bis zur R.94, die uns durch langsam auslaufende Hügel mit herrlich duftenden Pinienwäldern Richtung Santo Tomé brachte. Wir waren fast allein auf dieser Straße, wahrscheinlich wegen der vielen Schlaglöcher, die uns ja nicht so stören. Das Fahren machte so richtig Spaß, wir fuhren zügig und ohne große Pausen. Der schlechtere Sprit lässt Jolly nur etwas schwerfälliger werden, ansonsten läuft er gut. Foster stört sich überhaupt nicht an den 85 Oktan. Er hat in Afrika schon Schlimmeres zu schlucken bekommen! Neben der Straße waren breite Gräben, denen man ansehen konnte, dass dort manchmal sehr viel Wasser mit richtig Strömung fließt. In Santo Tomé war dann leider Schluss mit dem gemütlichen Fahren, denn wir mussten nun wieder auf die R.14 mit den vielen LKW, Das heisst Gas geben, die LKW fahren ca 85 km/h, mit 90 ist man fast vor ihnen sicher und kann recht stressfrei fahren. Nach 315 km Tagesleistung fanden wir in dem kleinen Ort Yapuyé einen Campingplatz, direkt am Grenzfluss Rio Uruguay, der hier sicher 2-3 km breit, träge und gefärbt von der roten Erde, vorbeifließt. Er schleppt allerhand Gestrüpp mit und Baumstämme, die wie Krokodile aussehen - oder sind es Krokodile, die sich als Baumstämme tarnen?
Der Platz liegt sehr schön unter alten Bäumen und war sicher einmal sehr nett angelegt worden - leider ist jetzt alles sehr heruntergekommen, also gibt es mal wieder keine ordentlichen Sanitäranlagen... Dafür jede Menge hochaktiver Mücken, die uns bei Einbruch der Dunkelheit schleunigst im Zelt verschwinden ließen. Hier im Ort gibt es ein Museum für Juan de San Martin, den großen Befreier Südamerikas von der spanischen Herrschaft. Er wurde hier geboren und sein Andenken wird hier sehr hoch gehalten. In den Jahren 1817-1818 hat er erfolgreiche Feldzüge gegen die Spanier angeführt und gilt darum als Nationalheld. Die Siedlung wurde im 17,Jh. von Jesuiten, die hier viele Orte gegründet haben, aufgebaut. Schon Mitte des 18.Jh. wohnten hier über 6000 Menschen, die, wenn ich es richtig verstanden habe, hauptsächlich vom Baumwollanbau lebten. Mit dem großen Fluss hatten sie einen guten Transportweg und waren scheinbar recht wohlhabend: Sie hatten bald eine eigene Kirche mit fünf Altären und sogar einer Orgel. >

Mittwoch, 07.11.   -  San Jaime de la Frontera
Wenn es keinen Campingplatz gibt, dann kann man imer noch auf dem öffentlichen Sportplatz zelten. das ist praktisch! So sind wir, dem Rat eines freundlichen Polizisten an der R.127, die nach Paraná führt, folgend, nun hier gelandet. Es gibt auch hier die, inzwischen beinahe gewohnten, Sanitäranlagen ohne alles, aber immerhin gibt es Wasser. Warum man das nicht ab und zu mal zum Reinigen der Örtlichkeiten nutzt, habe ich noch nicht herausgefunden. Aber ansonsten ist der Platz sehr nett gepflegt, der Rasen wurde gerade gemäht und es gibt nette runde Strohdächer mit den obligatrischen Parillas überall, eine Horde Jugendlicher spielt Volleyball, eine andere spielt Fußball. Über allem heute wieder ein blauer Himmel ohne Wolken, es ist heiss, aber nicht zu sehr.
Durch die nun wieder flache Landschaft haben wir heute ca 230 km abgespult. Nachdem wir uns aus Yapeyú davongemacht hatten, mussten wir noch einige Zeit der R.14 folgen, bis wir den Umweg über eine kleinere Straße nach Curuzu Cuatia wählten. Dort, wieder fast allein auf weiter Flur, hatten wir Muße, uns die Gegend anzuschauen. Die Erde ist hier nicht mehr rot, sondern sandgelb, die Vegetation besteht meistens aus halbhohen Büschen, gerade hoch genug, dass sich die Kühe darunter im Schatten ausruhen können. Außer vielen Kühen sahen wir einige Straußenvögel, sowohl auf den eingezäunten Weiden als auch außerhalb. Muss ich mal in Erfahrung bringen, ob die hier auch wild leben.. In Curuzu Cuatia, wo wir zur Mittagstunde einliefen, wenn die Städte wie ausgestorben sind, setzten wir uns für unsere Mittagsmahlzeit in den zentralen Park. Dort, im Schatten der großen Bäume, packten wir unser Picknick aus und ließen uns von den immer interessierten Blicken vorläufig nicht stören. Als der körperliche Hunger gestillt war, ließ ich mir den Weg zum Internetcafe zeigen und freute mich über ein gut klimatisiertes und gut ausgerüstetes Cyber, wie sie hier sagen. Sogar skypen konnte ich dort, das ist immer eine besondere Freude für mich. Und dann kostet eine Stunde Internet zwischen 1-3 Pesos... Thomas musste also mal wieder lange auf mich warten, was für ihn immer langweiliger ist, als für mich: Wenn ich irgendwo warte, habe ich immer schnell jemand zum Klönen dabei, das kann er ja leider noch nicht. Ich find es immer bemerkenswert, wie offen interessiert die Leute hier sind und wie wenig Scheu sie haben, uns anzusprechen! Davon könnten sich viele Europäer ein paar Scheiben abschneiden. Zwar ist es mir manchmal auch etwas viel, immer wieder dieselben Grundinfos mitzuteilen, aber die dann folgenden Gespräche sind doch sehr unterschiedlich. Heute trafen wir z.B. in Yapeyú beim Einkaufen einen Mann, der uns offensichtlich für komplett verrückt hielt, weil wir uns diese Unbequemlichkeiten freiwillig aufladen und so lange von zu Hause weg sein können. Dazu muss man wissen, dass für die Argentinier die Familie ein sehr hohes Gut ist und man eigentlich die gesamte freie Zeit an den Wochenenden miteinander verbringt, auch mit den erwachsenen Kindern. Andere Gespräche drehen sich um gut gemeinte Ratschläge bzgl. unserer Streckenplanung. Manche sind wirklich brauchbar und hilfreich, andere weniger.

Donnerstag, 08.11.    -   Nogoya
Fahren, fahren, fahren... wieder über 300 km heute und immer noch nur geradeaus durchs Flachland. Wenig Verkehr auf den kleinen Straßen, manchmal fliegen kleine Tauben oder andere kleine Vögel vom Straßenrand auf, wenn wir kommen. Ab und zu steht in den feuchten Wiesen ein weißer Reiher, Sonst passiert nicht viel, die Motorräder laufen rund, alles ist in Ordnung. Der Himmel ist dicht bewölkt, aber es blieb den Tag über trocken. So fuhr es sich recht angenehm und wir sind jetzt nur noch ca 100 km von Rosario entfernt, wo wir morgen schauen wollen, ob wir meine mexikanische Kusine Adriana antreffen, die dort wohnt. Und dann geht es möglichst schnell durch das dichtbesiedelte Gebiet der Hauptstadt weiter nach Süden.
Der nächste Punkt in unserer Planung ist ein Besuch bei Pollo in Azul. Wer im letzten Jahr beim MRT in Gieboldehausen war, kennt ihn schon. Wir wollen seine "Posta" kennenlernen und ein paar kleine Bastelarbeiten an den Moppeds tun. Z.B. muss mein Kettenöler besser plaziert werden, er schmiert im Moment nur die eine Seite der Kette und das bedeutet zu viel Verschleiss. Darum öle ich z.Zt immer per Hand nach, was etwas mühsam ist.

Freitag, 09.11.   -  Nogoyá
Es regnet... Wir warten... Abends: Pergamino,eine etwas hektische Stadt, in der es heute nur noch wenige Hotelzimmer gab, warum auch immer. Wir brauchten aber mal wieder eine warme Dusche und eine Möglichkeit, unsere regennassen Klamotten zu trocknen und suchten daher so lange, bis wir ein bezahlbares Zmmer gefunden hatten. Man kann die Rolläden nicht hochziehen, weil das Gurtband gerissen ist, aber es hat ein Bett und einen Fernseher und auch ein eigenes Bad ist dabei für 95 Pesos. Teures Pflaster hier! Der Reisearbeitstag war heute aber auch recht har: Von Nogoyá fuhren wir im Nieselregen los Richtung Virginia, wo der Damm durch das Delta des Paraná beginnt. Im Delta wurde der Regen dann kräftiger und es blies ein starker Seitenwind von links, der uns die Bugwellen sämtlicher entgegenkommender LKW bescherte. Es war extrem anstrengend, die Spur zu halten! Nach 60km Schwerarbeit erreichten wir Rosario über eine große Brücke, die den Paraná kreuzt. Wäre bei schönem Wetter sicher spektakulär gewesen... Wir wolten nur weg und fuhren so schnell wie möglich hindurch und raus aus dem Getümmel. Während einer Verschnaufpause mit teurem Essen an einer Tankstelle klarte der Himmel auf, und wir beschlossen, noch weitere 100 km bis Pergamino zu fahren. Flaches Land, Seitenwind, jetzt von rechts - können sich die Nackenmuskeln mal in die andere Richtung spannen, schneller Verkehr... Pergamino entpuppte sich als eine recht wohlsituierte Stadt, die fast kein bezahlbares freies Hotelzimmer für uns gehabt hätte. Nach längerem Suchen landeten wir in einem etwas düsteren Hotel, wo die Leute sehr freundlich waren und das Zimmer, abgesehen von einem nicht zu öffnenden Rolladen vor dem Fenster, auch in Ordnung war. Wir erfuhren, dass die Stadt hauptsächlich von der Landwirtschaft und der Zucht von Polopferden ihren Wohlstand bezieht. Das Land ist sehr fruchtbar hier, angeblich das beste Land in ganz Argentinien. Viele italienische Namen finden sich hier. Den Abend können wir in einer Stadt ja immer gut im Internetcafe verbringen und im Zimmer gab es hinterher noch deutsche Nachrichten auf dem Fernsehkanal der Deutschen Welle: Merkel bei Bush auf der Ranch, Sturmflut in Norddeutschland...

Sonnabend, 10.11.   -   25. de Mayo
220 km durch das flache Land bei Sonnenschein und heftigem kaltem Wind von rechts: Die rechte Halsseite konnte sich nur beim Vorbeifahren an den wenigen Waldstücken etwas erholen, sonst müssen wir den Kopf immer kräftig gegen den Wind halten. Das strengt am meisten an, das Gegensteuern wird schnell zur Gewohnheit. Man muss nur wach sein, um das Mopped bei kurzen Böen schnell genug aus der Hüfte schräg zu legen, um nicht auf die Gegenfahrbahn gedrückt zu werden. Am späten Nchmittag fragten wir in 25. de Mayo ( so heißen hier mehrere Orte, in jedem Bundesland scheinbar einer...) nach Campmöglichkeiten. Ein hilfsbereiter Taxifahrer fuhr vor uns her und zeigte uns den öffentlichen Park, sehr schön an einem See gelegen. Nur leider so öffentlich, dass wir die ganze Nacht über kaum zum Schlafen kamen, weil die gesamte motorisierte Bevölkerung des Ortes dort ihre Runden zog: Es war Samstag abend und es gab dort die Verrückten mit ihren Motorrädern zu sehen... Eine unruhige Nacht also, für uns und für unseren Freund, den Hund, der uns schon beim Zeltaufbau begrüßt hatte und wohl beschlossen hatte, uns zu bewachen. Er lief die ganze Nacht lang jedem vorbeifahrenden Auto laut bellend hinterher, obwohl ihm deutlich sichtbar ein Vorderbein sehr wehtat.. Dafür bekam er von uns zum Frühstück ein Brötchen: Ein guter Job muss ja belohnt werden. Etwas traurig schaute er uns dann beim Packen zu und verkrümelte sich, als wir losfuhren. Ach, all diese armen Hunde!

Sonntag, 11.11.
Nach einem weiteren Tag Fahrt durch windiges Flachland sind wir bei "Pollo" Jorge in Azul angekommen und herzlich aufgenommen worden. Er hat vor 14 Jahren hier einen Anlaufpunkt für reisende Motorradfahrer errichtet und wir haben ihn im letzten Jahr beim MRT in Gieboldehausen kennen gelernt. Nun haben wir das Zelt in seinem Garten aufgestellt und mit ihm und seiner Frau Monica einen netten Abend mit Asado verbracht. Die Landschaft bei diesem Wetter lässt mich fast glauben, ich wäre irgendwo in Nordfriesland oder Dithmarschen unterwegs. Rundherum Horizont über Grasland mit schwarzbunten Kühen, es bläst ein steifer Wind, die Temperatur bewegt sich um die 18 Grad... Wenn da nicht eben der Waran über die Straße gehuscht wäre und diese kleinen Waldstücke nicht aus Eukalyptusbäumen bestünden, könnte ich mir vorstellen, Richtung Nordseeküste unterwegs zu sein - und das schon seit 500 km!

Montag,12.11.   -   Azul
Ach, wie nett kann es sein, mal wieder einen Tag zu vertrödeln und mit Dingen wie Besuch im Internetcafe, Bad putzen und Gitarre spielen zu verbringen! Bei allmählich wieder steigenden Temperaturen und blauem Himmel genehmigen wir uns diesen Luxus. Am Nachmittag ein Spaziergang in die Stadt, der es auch recht gut zu gehen scheint: Die Leute wirken entspannt, es gibt viele gepflegte Wohnhäuser und Grundstücke und eine reichhaltige und gut besuchte Einkaufsgegend, obwohl dies keine besonders touristische Region ist. Hier kann man es gut aushalten. Beim Zurückkommen zur Posta stellten wir Zuwachs fest: Ein junger Japaner ist mit einer kleinen Yamaha, die er in Buenos Aires gekauft hat, für zwei Monate unterwegs gewesen und ist nun auf dem Weg zurück zum Studium in Japan.
Wir haben in der Stadt für ein vegetarisches Abendessen eingekauft, nun steht auf dem kleinen Gasherd eine fertige Mahlzeit in der Art einer marokkanischen Tajine. Mal schauen, wie es den argentinischen Zungen schmeckt.

Dienstag, 13.11.   -   Projektarbeitstag in Azul
Nach einem weiteren netten Abend in der Posta mit Pollo, Monica und Tetsuye aus Japan mussten wir heute morgen recht früh hoch, um rechtzeitig in einer Schule zu sein, in der wir unser Projekt vorstellen durften. Danach hatten wir gleich noch einen Termin mit einem Vertreter einer anderen Schule, der uns auch gleich noch eine Rundfahrt durch die Stadt mit ausführlicher Besichtigung der Universität spendierte. Sehr interessant, als wir zurückkamen, war mein Kopf sehr voll von Informationen und etwas angestrengt vom vielen Spanisch hören und sprechen. Ich werde die Infos demnächst schriftlich aufarbeiten, für heute reicht es mir erstmal...
Zum Ausgleich nahm ich mir in der Posta Pinsel und Farbe und malte einen Gruß an die Wand. Die Wände sind hier sowas wie ein Gästebuch, jeder kann sich verewigen. Man hat lange damit zu tun, alle die originellen Bilder und Sprüche anzuschauen, die andere Reisende hinterlassen haben.

Bis zum nächsten Mal wünschen wir euch alles Gute und bleibt uns treu ;-)

Eure Globusbiker Thomas und Katharina


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