Südamerika Reiseberichte

Chile
 
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immer noch Freitag, 11.04. - Santiago
Durch fällige Internetarbeit wurde es zu spät zum Losfahren und wir blieben noch eine Nacht in der Stadt. Dadurch hätten wir theoretisch die Möglichkeit gehabt, in der Stadt zu einer Jazz-Fusion zu gehen, was uns beiden sehr verlockend erschien. Wir hatten ein diesbezügliches Plakat gesehen, das auf diese Veranstaltung hingewiesen hatte. Sogar ohne Eintritt! Leider fühlte ich mich aber so klapperig, dass ich mir die ganze Aktion mit 15 Minuten Fußmarsch zur Metro und spät abends wieder zurück durchs düstere Santiago, nicht so recht zutraute. So verzichteten wir bedauernd auf dieses kulturelle Highlight und saßen stattdessen noch einen Abend lang mit Gabi zusammen und tranken Malzbier mit gesüßter Kondensmilch, was sie uns unbedingt testen lassen wollte. Klingt schauderhaft, aber schmeckt gar nicht so übel.

Sonnabend, 12.04. - Nationalpark La Campana
Die letzte Nacht in der Poblacion "Justicia social" war so richtig zum Abgewöhnen: gegen ein Uhr spielten einige Kids laut schreiend und lachend vor dem Haus (morgen ist ja keine Schule), um drei fingen ein paar Jugendliche an, Fußball zu spielen. Gabis Interventionsversuch führte zu keinem Erfolg und so fühlten wir uns morgens wie gerädert. Bloß weg hier!
Wir verabschiedeten uns von der lieben Gabi und von allen Nachbarn, die uns hier freundlich aufgenommen hatten und fuhren dann, in alle Richtungen winkend, durch die Poblacion davon.
Von Recoleta aus waren wir schnell und problemlos auf der Autobahn Richtung Norden, wo auch der Verkehr bald abnahm und die Luft besser wurde. Die Autobahn verließen wir nach kurzer Zeit in Richtung Küste - endlich wieder unterwegs!
Aus der zentralen Tiefebene schraubten wir uns über einen Pass der Küstenkordillere mittels einer nagelneuen Serpentinenstrecke mit Kriechspur für die Trucks, sehr angenehmes Fahren.
Da ich mich krank und unsicher fühlte, bogen wir nach nur 100 Tageskilometern ab und suchten den Nationalpark La Campana auf als Übernachtungsplatz. Dort zahlten wir zwar Eintritt und Campgebühren, aber mir war nicht nach langem Suchen zumute und wir nahmen die Kosten in Kauf. Im Wald am Hang stehen hier einzelne Tisch/Grillkombinationen, weit genug voneinander entfernt, aber um diese Jahreszeit sowieso wenig besucht.
Endlich Ruhe!
Fiebrig fröstelnd verzog ich mich schon um sechs Uhr in den Schlafsack, während Thomas noch ein bisschen auf Entdeckungstour ging. Da es hier jetzt schon um halb sieben dunkel wird, konnten wir lange und ruhig schlafen. Die einzigen Geräusche kamen von den vielen Hunden in der näheren und weiteren Umgebung, die sich immer mal wieder zum gemeinsamen Gesang zusammentaten. In der bergigen Umgebung hallte das Gebell und Geheule schaurig durch die Nacht. Ich bellte mit, so gut ich konnte.

Sonntag, 13.04. - Von La Campana bis Salinas de Cullally
Es ist doch schon recht kalt morgens! Beim Frühstück wickelten wir uns in alle verfügbaren Textilien, denn unser Tisch steht im Schatten, während es in der Sonne langsam wärmer wird. Als Entschädigung für die Kälte hatten wir das Glück, dass ein Fuchs locker vorbeigetrabt kam.
Ich fühle mich heute etwas besser, weiter geht's an die Küste. Auf kleinen Straßen durch unspektakuläre, leicht hügelige Gegend mit vielen Gewächshäusern und kleinen Obst- und Weinpflanzungen kamen wir an die Küstenstraße. Hier, etwas nördlich von Valparaiso und Viña del Mar, ist die felsige Steilküste bepflastert mit Ferienhäusern vom Feinsten. Es wird gebaut an neuen Feriensiedlungen, überall werden Wohnungen zum Kauf angeboten, die Straße ist neu und mit kleinen Palmen bepflanzt. Kurz, hierher fährt der wohlhabende Chilene in den Urlaub. Inzwischen ist es leider zu kühl, um dieses Ambiente in seinem eigentlichen SInne genießen zu können. Ein kalter herbstlicher Wind bläst heute und bereitet mir unter dem Helm Kopfschmerzen.
Wir finden kurz vor der Dämmerung eine ruhige kieskuhlenartige Gegend zum Übernachten, wo uns niemand stört und ich meinen Schädel auskurieren kann.

Montag, 14.04. - nördlich von Combarbalá
Nach einer sehr kühlen Brummschädel-Nacht wurde es morgens bald warm und wir konnten in der Sonne bei fröhlichem Vogelgezwitscher frühstücken. Weiter ging es die erfreulich wenig befahrene Küstenautobahn entlang bis Los Vilos, dann auf einer gut ausgebauten Straße (D-85) ins Landesinnere. Die trockenen Berge wurden höher, unsere neuen Reifen ermöglichten uns ein lustvolles Fahren der Serpentinen über einen Pass. Oben schauten wir ein Weilchen über das Land und bedauerten die Fahrer der vielen Treibstofftrucks, die sich im Schneckentempo den Berg hinauf quälten.
In Illapel schauten wir uns kurz auf der Plaza um und versuchten vergeblich, ein Telefonat mit unserem Servicio Tecnico Sony zu führen (das nächste Kapitel der Daily Soap erscheint demnächst hier...) und nahmen dann das nächste Stück Strecke unter die Räder: über die D-71 nach Combarbalá. Vorbei an der Reserva Nacional Las Chinchillas, wo es scheinbar viele der kleinen Pelztiere in ihrer angestammten Umgebung gibt und nicht im Käfig. Auf den Bergen sahen wir nun immer mehr große Kakteen, an der Straße standen ein paar Esel im Schatten - Chile ist wirklich ein abwechslungsreiches Land!
In dem kleinen, verschlafen wirkenden Städtchen Combarbalá schrieb ich eine Mail zu Sony, weil das Telefon dort heute scheinbar nicht bedient wurde. Währenddessen erfuhr Thomas von einem freundlichen Mann auf der Straße, dass es in der Nähe der Stadt einige Funde von Steinmalereien gäbe. Als ich dazukam, führte er mich in sein Haus und zeigte mir dort auf großen Fotos die Steine, die mit allerlei Motiven aus dem täglichen und rituellen Leben bemalt sind. Man sagt, dass einige Motive von extraterrestrischen Besuchern erzählen, aber darüber streiten sich auch hier die Geister. Wir verabschiedeten uns schnell, weil die Schatten schon bedenkliche Längen zeigten und wir noch nicht wussten, wo wir schlafen würden.
Also raus aus der Stadt bis zu dem kleinen Ort Cogoti. Dort fanden wir einen Weg, der an einer großen Hazienda vorbei in die Berge führte. Noch während wir suchend umherirrten, wurde es dämmerig und wir nahmen zu Füssen des nächstbesten Kaktushügels ein Stück flachen Bodens für die Nacht in Beschlag. Kaum stand das Zelt, war es auch schon dunkel, wobei dunkel in diesem Fall nicht der richtige Ausdruck ist: der etwas über halbvolle Mond strahlte so hell in der klaren Wüstenluft, dass man eigentlich gar keine Lampe mehr brauchte.
Durch unser kleines Fernglas konnten wir ihn so deutlich sehen mit allen Kratern und Bergen, als sei er zum Greifen nah. Ein Koyote bellte in der Nähe und umkreiste unseren Lagerplatz, wahrscheinlich hat er hier nachts nicht so oft Besuch. Später spazierte ich im Mondenschein zwischen den großen Kakteen hindurch zur Spitze des Hügels. Von dort konnte ich die Lichter des kleinen Ortes sehen, die hohen Berge im Osten und die flacheren im Westen - es war ganz still und wunderschön...

Dienstag, 15.04. - Peñaflor zwischen Ovalle und Samo Alto
Heute morgen folgten wir als erstes der Piste, an der unser Schlafplatz lag, denn sie war zu einer der archäologischen Stätten ausgeschildert, von denen uns gestern in Combarbalá erzählt worden war. 3000 Jahre alte Steinmalereien sollten dort zu finden sein. Der Weg führte durch pastellfarbene Hügel, die scheinbar sehr erzhaltig sind: wir fanden den Eingang zu einer kleinen Kupfermine, deren Stollen ca 20 Meter weit in den Berg geschlagen wurde. Überall lagen grünschimmernde Gesteinsbrocken herum. 5 km weiter war der Eingang zu der archäologischen Stätte, bloß leider war dort niemand anzutreffen und allein fanden wir die Steine nicht.
Na ja, der Weg dorthin war trotzdem der Mühe wert und ich hatte ja schon von den Fotos eine Vorstellung. Die bunten Farben der Erde unter dem blauen Himmel, die vielen meterhohen Kakteen, einige von ihnen knallrot blühend, der angenehm zu fahrende Weg - ein guter Tagesanfang.
Zurück im Ort Cogoti nahmen wir einen weiteren kleinen Weg quer durch die Berge, der uns wieder auf die Teerstraße bringen sollte und auch dort war es so wunderschön, dass ich jeden Meter bedauerte, der schon hinter uns lag. Kleine Dörfer mit Ziegen auf der Straße und kleinen Kirchlein, mit alten Männern auf Pferden oder Eseln, wie aus dem Bilderbuch!
Wie schön wäre es, wenn ich einfach meine Augen mit denen meiner mitreisenden Leser kurzschließen könnte, sodass ihr jeden Meter mit verfolgen könntet! Jeder Blick hier ist ein Genuss, wie gern würde ich euch daran mehr teilhaben lassen, als es durch ein paar armselige Worte und Fotos möglich ist!
Nach 14 km waren wir plangemäß wieder auf dem Teer und folgten ihm nordwärts, Richtung Ovalle. Die Straße schlängelte sich in genüßlichen Kurven am Berg entlang, Über viele Kilometer waren wir ganz allein auf der Straße und konnten die gut übersichtlichen Kurven nach Herzenslust schneiden - Fahrspaß pur! Dabei hatten wir einen tollen Ausblick über die flacheren Pastellberge im Westen, bis wir in ein großes Tal mit dem armseligen Rest eines Flusses kamen. An beiden Seiten des Tales Weinberge - saftig-grüne Vierecke auf den trockenen Hängen. Der trockene Sommer hat im ganzen Land seine Spuren hinterlassen, hier sieht man fast nur trockene Flussbetten und welke Pflanzen. Nur dort, wo mit dem restlichen Wasser (und der größeren wirtschaftlichen Macht der großen Wein- und Obstgüter) bewässert werden kann, stehen noch richtig sattgrüne Pflanzen.
Am Fluss eine Mittagspause und weiter. Am späten Nachmittag suchten wir in Ovalle ein Internetcafe zum Mailcheck auf und mussten uns dann schon wieder sehr sputen, um noch vor Einbruch der Dunkelheit aus der Stadt hinaus und zu einem brauchbaren Zeltplatz zu gelangen.
In der Nähe der Stadt sahen wir ein großes Obstanbaugebiet. Die Plantagen waren hoch eingezäunt, an allen Ecken standen bemannte Wachtürme, wie im Gefängnis. Was will uns das sagen?
Wie gestern schon, fanden wir erst im letzten Tageslicht ein nettes Zuhause für eine Nacht, sozusagen einen one-night-stand, am Berghang ein paar Meter über einer kleinen Nebenstraße. Der frühe Sonnenuntergang schränkt unsere Fahrzeit ganz erheblich ein: da wir selten vor elf Uhr fahrbereit sind, haben wir eigentlich nur sechs Stunden Zeit zum Fahren, Einkaufen, Mittagessen, Internetarbeit und alles Weitere. Vielleicht sollten wir morgens noch früher aufstehen...
Und nun(!): seid ihr bereit für die nächste Folge der Daily soap "Die abenteuerliche Reparatur einer Videokamera in Südamerika"?
Der letzte Stand der Dinge war der, dass die Kamera tatsächlich in der Sonyzentrale angekommen und auch als zu reparierendes Gerät erkannt worden war.
Nach einer weiteren Woche hatten die Techniker dort die Fehleranalyse beendet und wir bekamen, über die sprachliche Unterstützung von Martina, einen sehr genauen Kostenvoranschlag über 93146 chilenische Pesos. Daraufhin gaben wir den offiziellen Reparaturauftrag, 10 Arbeitstage später sollte die Kamera dann fertig sein. So einfach geht das!
So lange wollten wir nicht in Valpo bleiben, also planten wir ein, in Santiago selbst zu Sony zu gehen, dort schon zu bezahlen und den Versand nach La Serena, der nächsten größeren Stadt auf unserer Streckenplanung, zu organisieren.
Wir fanden das moderne Sonyzentrum in einem teuren Stadtviertel Santiagos, die freundliche Dame von der Kundenbetreuung forschte nach unserem Gerät und setzte uns dann davon in Kenntnis, dass man noch auf Ersatzteile warte, die wohl in ein paar Tagen kämen. Wir sollten doch wieder anrufen. Bezahlen könnten wir nun auch noch nicht, da man ja den Endpreis noch nicht wisse. Das ließe sich dann später aber problemlos über Kreditkarte telefonisch regeln...
Am Montag dieser Woche versuchte ich, in Ermangelung einer Übersetzungshilfe, selbst bei Sony anzurufen. Das erste Telefon war kaputt. Das zweite funktionierte, allerdings nur mit den alten 100-Pesomünzen. Das bemerkte ich erst, als ich über die kostenpflichtige Telefonnummer (die kostenfreie Servicenummer wurde vom Telefon nicht akzeptiert) in der Sony-Warteschleife hing und nur neue Münzen zum Nachwerfen hatte. So flog ich aus der Warteschleife wieder raus. Nächster Versuch, anderes Telefon: dieses erkannte die kostenfreie Nummer, doch leider ertönte nun eine freundliche Frauenstimme, die mir bedauernd mitteilte, der Anschluss stehe momentan leider nicht zur Verfügung. Ich versuchte also nochmal die teure Nummer, doch auch hier hörte ich die gleiche freundliche Dame - lässt man sich nun schon verleugnen, um nicht mehr mit uns sprechen zu müssen?
Stunden später, in Combarbalá immer noch kein Anschluss, also schrieb ich eine Mail, damit wir in La Serena nicht noch lange auf die Kamera warten müssten. Und schon am nächsten Tag, oh Wunder, kam eine Antwort: vielen Dank für Ihr Schreiben. Wegen vorübergehender Nichtverfügbarkeit der nötigen Ersatzteile gibt es nun ein neues Datum für die Fertigstellung Ihres Gerätes. Es lautet auf den 27.04. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich....blabla....
Am 27.04.??? Heute ist der 15., das sind ja nochmal fast zwei Wochen!! Dann wollten wir schon längst in Argentinien bzw Bolivien sein!! Also müssen wir wieder ganz neu planen, wie wir weiterfahren und wie wir dann eines Tages den Transport des Gerätes regeln. Nach Argentinien schicken lassen, geht gar nicht. Also müssen wir im Norden nochmal nach Chile fahren. Wenn wir dort einen Ort finden, der per Bus direkt von Santiago beschickt wird... Viele neue Fragen...
Also, die nächste Folge dieser Serie ist gesichert.
Erfahren Sie mehr, wenn es wieder heißt:
Die abenteuerliche Reparatur einer Videokamera in Südamerika! (Tusch- Abspann)

Mittwoch, 16.04. - Andacollo
Morgens erwachte ich von einem unbekannten Brummgeräusch in der Nähe des Zeltes. Als ich hinausschaute, sah ich einen kleinen schwarzen Kolibri neugierig um das Zelt schwirren: seine Flügel erzeugten das Geräusch.
Wir machte uns auf den Weg nach Andacollo, wo eins der fünf oder sechs Observatorien dieser Gegend steht. Dorthin nahmen wir eine 37 km lange Erdstraße, die durch die Berge verläuft. Hier sind die Pisten meist gut befahrbar, da sie trocken und fest sind und nicht geschottert werden. Ab und zu mal ein paar kleine Schikanen, wie zerfahrene löcherige Spitzkehren oder holperige Felsen in der Fahrbahn, aber sonst nichts Gemeines. So hat man Zeit zum Schauen und Genießen. WIeder wechselten die Farben der Berge und auch des Weges laufend von weiß über gelb und rosa zu grün, ziegelrot und violett - immer wieder neue Farbtöne! Der Himmel beständig blau, die Temperaturen nachts frisch, am Tage angenehm: nicht zu heiss, nicht zu kalt. Im Sommer muss hier eine Gluthölle sein, jetzt ist es genau richtig für uns. Nach 15km auf und ab am Berghang mit recht steilen, unbefestigten Abgründen und ohne jede weitere Spur menschlichen Lebens fanden wir auf einmal einen nagelneuen schattenspendenden Unterstand mit Infotafel über diese Strecke. Wir erfuhren, dass schon die Molle-Indianer und die Inkas, später auch die Spanier, diesen Weg genutzt haben, um vom Elquital im Norden zu den Kupferminen in den Bergen zu gelangen. Damals hat man wohl länger für die Strecke gebraucht, als wir mit den Motorrädern! Und was uns nun begeistert, war für die früheren Benutzer des Weges wohl eher bedrohlich: die Einsamkeit und Trockenheit der farbigen Berge mit den vielen Kakteen ist für uns ein Reiz, dem wir auf unseren Stahlrossen schnell entfliehen können, wenn wir genug davon haben. Diese Möglichkeit hatte man früher nicht. Ohne Fahrzeug oder Reittier wäre man hier doch sehr verloren...
Wir privilegierten Menschen der Neuzeit also genossen an dem besagten Platz (auf ca 1000m Höhe) einen grandiosen Fast-Rundumblick auf die langsam im Dunst verschwindenden entfernteren Bergketten und tanzten vor lauter Übermut einen Salsa.
Als wir etwas später nach Andacollo hereinkamen, fiel uns als erstes eine riesige grünliche Abraumhalde auf. Fein säuberlich in Stufen wird dort abgelagert, was beim Kupferbergbau übrigbleibt. Auf den ehemaligen Halden stehen inzwischen schon Wohnhäuser, ein merkwürdiges Ambiente. WIr machten uns auf die Suche nach dem Observatorium und fanden ein Hinweisschild, was uns 7 km aus dem Ort auf einen Berg brachte. Dort glänzte die silbrige Kuppel wie ein Märchenschloss, ein ziemlich steiler Fahrweg führte hinauf. Oben angekommen, sahen wir in der Ferne auf anderen Bergen drei weitere Kuppeln anderer Observatorien leuchten. Ich musste unwillkürlich an die Leuchtfeuer von Gondor denken (wer den Herrn der Ringe kennt, weiß, wovon ich spreche).
Wir standen noch staunend herum, da öffnete sich die Tür des Observatoriums und ein Mann mit fragendem Blick trat uns entgegen. Wir wussten ja, dass die Observatorien nur einmal pro Woche zu besichtigen sind und dass diese Besichtigungen wegen der großen Nachfrage auf Monate vorgebucht werden müssen. Daher wollten wir ja nur mal von aussen schauen, aber, oh Wunder, der Mann erlaubte uns, hineinzutreten und uns umzuschauen. Bereitwillig öffnete er alle Türen, wir sahen den Videovorführraum, den Geräteraum mit ein paar kleineren Teleskopen und dann durften wir sogar das Allerheiligste betreten, wo ein 14 Zoll-Teleskop Nacht für Nacht ins Weltall schaut. Er öffnete die Kuppel ein Stück weit, zeigte uns den Mechanismus zum Drehen derselbigen und hatte auch nichts gegen Fotos einzuwenden. Leider konnte ich seinen Erklärungen nur sehr unvollkommen folgen, denn er sprach sehr schnell.
Auf meine Frage nach der Möglichkeit, kurzfristig Platz in einer der offiziellen Führungen zu finden, ermutigte er uns, doch im Ort in der zuständigen Oficina nachzufragen.
Zurück im Ort staunten wir zuerst einmal über eine sehr große Basilika, die bei genauerem Hinschauen aus Holz mit Blechverkleidung gebaut war. Die dicken Marmorsäulen waren aus bemaltem dünnen Holz und klangen sehr hohl, ein kleines Örgelchen quetschte sich unter die hohe Decke. Draußen fand ich eine Tafel, die das Alter der Kirche verriet: sie wurde von 1993-98 erbaut und von Papst Johannes Paul II geweiht.
Auf dem Platz vor der Kirche trafen wir viele verkleidete Kinder, die eben aus einem großen Schulgebäude strömten. Auf meine Frage erklärte mir ein kleiner Harlekin, dass es sich dabei um einen Wettbewerb handelte (genauer konnte ich es nicht verstehen). Wunderschöne kleine Zorros, Prinzessinnen etc. ließen sich willig von uns fotografieren und bestaunten ihrerseits unsere Motorräder.
In der Oficina konnte ich dann tatsächlich zwei Plätze für die Führung des kommenden Samstages buchen. Scheinbar ist der Andrang hier noch nicht so groß, weil das Observatorium erst seit vier Jahren existiert und in den Reiseführern älteren Datums noch nicht auftaucht? Etwas ungünstig ist natürlich, dass wir nochmal hierher zurückfahren müssen, aber das sehen wir dann. Absagen können wir immer noch. Wir verabschiedeten uns für heute von den vielen staunenden Kindern und verließen die Stadt, um endlich mal in Ruhe einen Schlafplatz zu finden.
Auf der Landkarte schon wurde die hier beginnende Teerstraße nördlich der Stadt in interessanten Schlangenlinien dargestellt, das hatte uns neugierig gemacht. Nun sahen wir im Original, dass es auf einer Länge von 13km in zahlreichen Haarnadelkurven in das Tal des ausgetrockneten Flusses "Quebrada Maitencillo" bergab ging. Als wir uns hinabgeschraubt hatten, fanden wir abseits der Straße einen angenehmen Zeltplatz und bauten das Zelt endlich mal eine Stunde vor Sonnnuntergang auf. Das gab Thomas die Möglichkeit, dem hier vorbeiführenden Pilgerpfad durch das trockene Flussbett ein Stück weit zu folgen, während ich endlich mal wieder Zeit und Lust fand, uns ein warmes Essen zu kochen. Es gab Kartoffeln und frischen Broccoli in Gemüsebrühe, sehr lecker!

Donnerstag, 17.04. - Straßencafe zwischen Serena und Vicuña
Die Nähe der Serpentinenstraße störte in der Nacht doch ewas, denn es fuhren große Wassertankwagen, die anscheinend die Stadt Andacollo versorgen, auch spät abends noch den Berg rauf und runter, vor jeder Kurve laut und ausdauernd mit ihren Presslufthörnern den Gegenverkehr warnend...
Trotzdem wachten wir morgens gut ausgeschlafen auf, frühstückten gemütlich in der Sonne und machten uns dann auf den kurzen Weg, den wir uns für heute vorgenommen haben. Bis La Serena waren es noch 37 km, auf einer Hauptverkehrsstraße durch eine langweilige Ebene kein besonders interessantes Erlebnis.
Im Aussenbereich der Stadt fanden wir einen Supermarkt der einzigen Vollkornbrot führenden chilenischen Ladenkette für unseren Einkauf, dann ging es gleich weiter in das vielgepriesene Tal des Flusses Elqui mit seinem speziellen Mikroklima. Hier wachsen Papayas und andere Früchte, die sonst in dieser Gegend nicht gedeihen. Ausserdem gäbe es hier eine starke esoterische Bewegung, stand im Reiseführer - naja, schauen wir mal...

Und damit setzen wir euch für heute wieder zuhause ab.
Wir sammeln hier nun neuen "Stoff" und laden euch bald wieder ein zur nächsten Etappe.

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