Südamerika Reiseberichte

Bolivien
 
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Um das richtige Tropenfeeling mitzufühlen, empfehle ich dazu ein sonniges Plätzchen und ein Glas frisch gepressten Orangensaft, wie wir es hier auch genießen dürfen. Wir wünschen euch viel Spaß!

Fortsetzung 10.06. - La Paz
Um unsere ganze Horde auf den Berg zu bringen, organisierte Guido einen Microbus, den er einfach auf der Straße anhielt und fragte, ob er uns fahren würde. Für einen Preis, der uns nicht weh tat, aber für den Fahrer einen sehr guten Verdienst bedeutete, wurden wir handelseinig, Guido zahlte 100 Bolis an, damit er tanken konnte, und los ging es. Da diese Strecke nicht beschildert und eher holperig ist, brauchten wir über zwei Stunden für die Fahrt, obwohl es nicht sehr weit war. Der Fahrer war selbst noch nie dort gewesen und musste sich durchfragen, aber schließlich waren wir doch auf dem richtigen Weg. Auf den letzten Kilometern ging es sehr steil über eine einspurige Holperpiste am Steilhang. Der Blick war atemberaubend, leider konnte ich ihn nicht so recht genießen, weil mir so mulmig war - einmal zu dicht an die Kante, dann wären wir unweigerlich abgestürzt, ohne jede Zukunftsperspektive... Aber der Fahrer fuhr wirklich sehr langsam und vorsichtig hinauf, er wollte wohl selbst auch wieder zuhause ankommen. Höher und höher schraubten wir uns, bis wir weit über den Club Andino sehen konnten. Es handelt sich dabei um ein altes Refugio aus der Zeit, in der dort oben das höchste Skigebiet der Welt existierte, mit Lift und allem, was des Skifahrers Herz begehrt. Der Lift ist schon lange außer Betrieb, aber das Refugio (auf 5300m) steht noch und von dort geht ein schmaler Pfad über den Bergkamm zum Gipfel auf 5430m. Oben blies ein kräftiger eiskalter Wind, außerdem war mir der Grat, auf dem der Weg hoch führte, entschieden zu schmal, darum beschloss ich, den nicht minder fantastischen Ausblick beim Refugio zu genießen und ließ die anderen ohne mich den Gipfel stürmen.
Nach einiger Zeit kam Renate mit ihrem Hund wieder herab und schlug vor, ein Stück bergab zu Fuß zu laufen und dann unterwegs wieder ins Auto zu steigen. Da die anderen sich viel Zeit auf dem Gipfel nahmen und auch noch einen Kaffee tranken, hatten wir genügend Zeit, die ganze steile Strecke zurück zu gehen und dabei Gigabytes an Fotos zu verschießen.
So eine fantastische Landschaft, mit kleinen Lagunen und halbverfallenen Häuschen tief unter uns, leuchtend in der Abendsonne, gegenüber die majestätische Breitseite des Illimani, mit ein paar Wölkchen um den Schneegipfel - einfach unbeschreiblich! Nach einer Stunde holte uns der Microbus ein und wir schaukelten zurück nach La Paz. Da es Feierabendzeit war, dauerte die Fahrt durch die Stadt mal wieder reichlich lange und es passierten mehrere Beinahe-Unfälle mit anderen Microbussen unterwegs, aber schließlich lieferte uns der Fahrer heil vorm Oberland wieder ab.
Den Geburtstagsabend verbrachten wir im Restaurant des Hotels und ließen es uns mal wieder schmecken.

Donnerstag, 12.06. - La Paz
Ein Teil unserer Campingplatzgruppe hat heute den "Camino de la muerte" mit dem Fahrrad befahren. "Downhill" nennt sich dieses Vergnügen und hier kann man tatsächlich über 70km fast nur bergab rollen. Sie kamen abends erschöpft und mit leuchtenden Augen zurück und erzählten begeistert von der schönen Fahrt. Auf zum Teil einspuriger Schotterpiste am 500m tiefen Steilhang in den Dschungel, das ist schon ein Erlebnis der besonderen Art.
Wir "Zurückgebliebenen" kümmerten uns den Tag über um die Hunde und erledigten kleine Dinge auf unserem sonnigen Hof. Das Wetter hat sich nach einem unangenehm kühlen Regentag gestern wieder erholt. Wir planen unsere Abfahrt in die Yungas, ebenfalls über den "Camino de la muerte" (es gibt nur eine andere Straße dort hinunter und die wird von dem gesamten LKW-Verkehr genutzt) für das kommende Wochenende.

Sonnabend, 14.06. - La Paz
Es regnet in den Yungas, wir warten noch ein Weilchen ab. Langeweile kommt noch nicht auf, es gibt genug zu tun. Z.B. hat ein Reißverschluss unseres neuen Zeltes schon wieder aufgegeben und lässt sich nicht mehr schließen. Zum Glück hat VauDe einen guten Service und hat uns ein paar Ersatzzipper nach La Paz geschickt. Einen davon müssen wir nun noch einbauen.
Viel Zeit geht natürlich auch immer damit drauf, mit den anderen in der Sonne zu sitzen und Geschichten auszutauschen, mit den Hunden spazieren zu gehen oder die Gegend weiter zu erkunden:
Heute waren wir endlich richtig im Valle de la Luna, einem besonders gut erhaltenen Abschnitt des verwitterten und von tiefen Spalten durchzogenen Lehmgebietes. Hohe Türme, viele kleine Spitzen und andere skurrile Formationen sind im Laufe der Jahrhunderte durch den Regen ausgebildet worden. Durch ein großes Areal steigt man auf schmalen Pfaden und Treppchen hinauf und hinab, schaut in die tiefen dunklen Spalten und Höhlen hinein und hofft dabei, dass die überhängenden Teile des Weges aus getrocknetem Lehm nicht gerade heute abbrechen und hinabstürzen. Leider hatte sich am Nachmittag der Himmel bezogen und es fehlte die Sonne für gute Fotos. Außerdem wurden wir nach nur einer knappen Stunde aus dem Gelände hinauskomplimentiert, weil Feierabend war. Ich konnte mit der Kartenverkäuferin heraushandeln, dass wir morgen mit unseren Tickets nochmal eingelassen werden, um weitere Fotos zu machen. Hoffen wir also für morgen auf Sonne!

Sonntag, 15.06. - La Paz
Außer einem zweiten Besuch im Valle de la Luna bei besserem Fotolicht und einer großen Ausbeute an Bildern verlief auch dieser Sonntag ohne besondere Ereignisse. Wir haben beschlossen, uns unabhängig von den anderen, die in die gleiche Richtung fahren wollen, morgen auf den Weg zu machen. Um in den Dschungel zu gelangen, muss man erstmal über einen 4600m hohen Pass, bevor es dann über den besagten Camino de la muerte hinab in die feuchtwarme Tropengegend geht.
Es wird Zeit, mal wieder was Neues zu sehen!

Montag, 16.06. - von La Paz in die Yungas
Endlich wieder unterwegs! Gegen Mittag verabschiedeten wir uns vom Oberland und den anderen Reisenden auf dem inzwischen eindeutig zu vollen Platz und kämpften uns, heute mal in eine andere Richtung, aus der Stadt hinaus. Im Außenbereich gab es einen Stau, ob es sich dabei mal wieder um eine Blockade handelte oder nur um eine Warteschlange zu einer Tankstelle, konnten wir nicht herausfinden, aber wir konnten uns ziemlich gut zwischen den Bussen und LKW durchschlängeln und ließen den Dieselgestank bald hinter uns.
Rauf, rauf, rauf ging es auf guter Teerstraße, es wurde kalt und kälter, am Straßenrand lag etwas Schnee. Der wenige Verkehr störte nicht und so waren wir bald auf dem Pass.
Auf der anderen Seite öffnete sich ein kahles, aber schönes Tal, durch das von unten Wolken gekrochen kamen. In diese tauchten wir bald ein und fuhren für viele Kilometer mit einer Sichtweite von unter 20 Metern bergab, auf der Suche nach dem Eingang zum Camino de la Muerte.
In den ersten Schotterweg fuhren wir hinein, doch dort erfuhren wir von einem Mann, der repariernderweise unter einem liegengebliebenen Bus lag, dass dies nicht der gesuchte Weg sei. Wir fuhren also weiter und fragten am Straßenrand ein paar Jungs, die dort einen Kiosk bewachten, nach dem richtigen Weg. Sie konnten uns weiterhelfen und wir fuhren in den berüchtigten Weg hinein. Große Schottersteine machten die Fahrt recht holperig, der Weg schlängelte sich schmal und nass am Berg entlang abwärts. Da der Nebel immer noch sehr dicht war, konnten wir auf den ersten 20km den Schwindel erregenden Abgrund zwei Meter neben unseren Rädern nur erahnen.
Schade einerseits, dass wir die Landschaft nur sehr schemenhaft erkennen konnten, erfreulich andererseits, dass ich so keinerlei Höhenprobleme verspürte! Ich fuhr einfach auf einer holperigen und zugegebenermaßen sehr schmalen Schotterstraße, die sich durch den Nebel schlängelte...
An einigen Stellen hatten die paraguayanischen Kriegsgefangenen, die in den 1930er Jahren hier zum Straßenbau verdonnert waren, den Weg in den Fels hinein sprengen müssen. Dort fährt man durch den von tropischen Pflanzen überwucherten Überhang, von dem es ständig herabtropft. Der Nebelsee kam an diesen Stellen besonders dicht an die Räder heran (der Weg ist dort höchstens 2,5 Meter breit, unterhalb geht es über 500m senkrecht abwärts, wie wir wussten). Mein Hinterrad rutschte über die nassen Steine, genau hier war der Weg natürlich besonders holperig.
Nach 17km fanden wir am Straßenrand einen überdachten Tisch zum Rasten. Da es allerdings schon 16 Uhr war, verweilten wir dort nur kurz, denn es wird ja schon um 18 Uhr dunkel.
Ein Stückchen weiter auf der matschigen Piste hatten wir endlich die Wolkendecke durchquert und konnten im Trockenen und mit Aussicht auf die dicht bewaldeten Berghänge weiterfahren. Der Straßenzustand besserte sich allmählich, die Hänge waren nicht mehr ganz so steil, weiter schraubte sich der Weg bergab. In der Ferne konnten wir nun schon eine größere Ortschaft erkennen. Coroico?
Noch zwei Wasserdurchfahrten waren zu bewältigen, kein Problem, und nun gaben wir etwas mehr Gas, um einen Schlafplatz zu finden. Dies erwies sich am Hang als schwierig. Einige breitere Stellen am Weg waren uns zu öffentlich. Eine Seitenstraße verhieß da mehr Glück. Dummerweise war die Seitenstraße gerade in Reparatur und ziemlich lehmig aufgewühlt. Wir drehten irgendwann um und fanden doch noch, kurz vor der Dämmerung, einen schmalen, fast zugewucherten Kopfsteinpflasterweg zum Fluss hinab. Am Ende stand ein verlassenes Haus, der Weg wirkte unbenutzt, wir fuhren hinunter und bauten unser Zelt zum ersten Mal im Dschungel auf. Bei lautem Grillenzirpen und Wasserrauschen aßen wir zu Abend, der Mücken wegen lieber im Zelt. Ab jetzt werden wir wohl unsere Wolldecke nicht mehr brauchen, denn es ist auch jetzt, am Abend, noch sehr warm: 22°C. Endlich!

Dienstag, 17.06. - kurz vor Caranavi am Wasserfall
53km Tagesleistung klingt nach einem faulen Tag? Stimmt!
Morgens fuhren wir den frisch geschabten Weg wieder zurück bis zu dem Örtchen Yolosa, von wo aus sich eine schmale Kopfsteinpflasterstraßedurch den Urwald den Berg hinauf schlängelte. Kurz vor Coroico zweigte die Straße nach Caranavi, dem nächsten Ort auf unserer Route ab. In Schotterserpentinen ging es den Berg wieder hinab, unten sah man die neue Teerstraße, auf der wir gestern fuhren, bevor wir zum Camino de la Muerte abbogen. Hier wären wir also angekommen.
Ein Weilchen durften wir noch auf dem Teer fahren, dann war Schluss damit, es ging auf Schotter weiter. Immer entlang eines Flusstales lief die Straße mal rauf, mal runter. Aus einem praktischen Grund (der LKW-Fahrer kann beim Ausweichen besser sehen, wie viel Platz noch zum Abgrund bleibt...) ist hier, wie schon gestern auf dem Camino, Linksverkehr ausgeschildert. Darum fuhren wir auf der einspurigen Trasse an der Talseite und mussten bei Gegenverkehr ausweichen. Zum Glück fuhren die LKW recht langsam und staubten so heftig, dass man sie immer rechtzeitig sehen konnte. Ausweichstellen fanden sich an jeder Kurve, es entstanden keinerlei gefährliche Situationen.
Bei dem herrlichen Sommerwetter mitten im südlichen Winter - es wurde mit weiter abnehmender Höhe immer wärmer und sonniger - hatten wir einen fantastischen Ausblick auf die tropische Vegetation an den Berghängen: Bananenstauden, Palmen, riesige Farne, Lianen und bunte Blumen, die man bei uns nur in kleinen Blumentöpfen findet, säumten unseren Weg. Der Schotter war zwar holperig, aber fest und leicht zu fahren, wir hatten jede Menge Zeit, das viele üppige Grün zu genießen.
Nach der langen Zeit in den kahlen Wüsten- und Altiplanogegenden ist es eine wahre Wohltat für unsere Sinne, hier herumzufahren. Die warme Luft ist gesättigt mit den Düften von feuchter Erde, verrottendem Laub und Blumen und natürlich ist für uns, die wir die letzte Zeit immer auf über 3000m Höhe verbracht haben, endlich mal wieder satt Sauerstoff vorhanden. Man kann die Luft beinahe essen!
Weiter ging es durch eine tiefe Schlucht, immer noch am Fluss entlang. Ein dunkler Tunnel war zu durchfahren und dann kamen wir über eine Brücke, unter der ein kleiner Fluss von einem hohen Wasserfall abseits der Straße hindurch floss, in den größeren hinein. Ein alter Weg, der durch die relativ neue Brücke und dadurch geänderte Steckenführung nicht mehr genutzt wird, passte uns sehr gut für die Mittagspause und, wie wir dann überlegten, eigentlich auch für die Übernachtung. Zu schön, um einfach weiterzufahren!
Im tief eingeschnittenen Seitental braust der Wasserfall ca. 30m tief hinab. Man kann ihn nur durchs Wasser erreichen, das eine recht angenehme Temperatur hat. Wir wechselten uns ab, ihn zu erkunden und nahmen dabei ein erfrischendes Bad im klaren Wasser. Direkt unter dem Wasserfall hat sich ein großes Becken gebildet, über dem in der Sonne bunte Regenbögen leuchten. Viele bunte Schmetterlinge sitzen im feuchten Uferbereich und trinken, weiße, gelbe, rot gemusterte und als besonderes Highlight flog ein handtellergroßer leuchtend blauer langsam an uns vorbei. Ein kräftiger kühler Wind entsteht durch das fallende Wasser - ein paradiesischer Ort!
Um nicht zu sehr aufzufallen, warteten wir, bis die Sonne hinter den Bergen verschwunden war und bauten dann das Zelt auf. Es fügt sich mit der Farbe so gut in die Vegetation, dass man es von der ca. 50m weit entfernten Straße kaum sieht.

Mittwoch, 18.06. - Kurz vor Sapecho
Wir sitzen bei 25°C abends im Zelt in einer Bananenplantage, draußen zirpt es fleißig, einige Leuchtkäfer blinken im Dunklen. Nach einem wunderschön sonnigen Tag hat sich der Himmel gegen Abend bezogen, aber es ist noch trocken.
Leider haben wir heute keinen Fluss zum Baden in der Nähe, darum müssen wir staubig und verschwitzt schlafen gehen. Na ja, es gibt Schlimmeres! Wir haben heute 90km "geschafft", weiter durch die Berge immer rauf und runter. Ein paar Mal wechselten wir von einer Hangseite zur anderen, aber immer wechselte auch die Fahrseite von links nach rechts und wieder zurück, so mussten wir immer am Abhang fahren, irgendwie ungerecht, finde ich... Die Straße war sehr staubig und ziemlich befahren, uns brannten die Augen von dem Staub, Moppeds und Klamotten, alles graubraun eingefärbt. Aber wenn man dann mal gucken konnte, war die Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Diese üppige Pflanzenwelt und all die Vögel und Schmetterlinge, das hat uns gefehlt!
Hinter Caranavi, der einzigen richtigen Stadt in der Nähe, wo wir im Trubel des Busterminals ein Mittagessen bekamen und einen Abstecher ins world wide web unternahmen, schraubten wir uns hoch auf einen Pass. Von dort aus konnte man rückwärts noch einmal die verschneiten Andengipfel sehen, sie wirkten in der Ferne wie zu einer anderen Welt gehörend.

Donnerstag, 19.06. - ca 90km vor Rurrenabaque
Die Nacht war warm und ruhig, wir schliefen gut und wachten erholt auf. Morgens lauschten wir auf all die exotischen Vogelstimmen, die durch den Morgennebel zu uns kamen. Ein schönes Konzert noch vor dem Aufstehen.
Beim Frühstück bekamen wir Besuch von ein paar neugierigen Schmetterlingen, bald danach fuhren wir weiter.
Die Piste war anfangs etwas anstrengend, weil mit großen Flusskieseln lose bestreut, wurde dann aber wieder fest und gut zu fahren. Am Straßenrand standen kleine Häuser mit spitzen Palmblattdächern, sehr malerisch zwischen den Bananenstauden und anderen tropischen Pflanzen. Hühner, Hunde und Kinder liefen dort herum und staunten, wenn wir winkend vorbeifuhren. Hinter einer Kurve lauerte ein Fluss, der über groben Kies zu durchqueren war. Nach kurzem Schlucken fuhren wir beide ohne Probleme hindurch. Der Verkehr wurde immer weniger, je weiter wir kamen, die Straße staubte auch nur noch manchmal so stark wie gestern, auf weiten Strecken war sie so gut festgefahren, dass es sich fast wie auf Teer fuhr, nur etwas holperiger. Und dann fuhren wir für 10km tatsächlich auf (löcherigem) Teer - warum man dieses Stück inmitten des Dschungels wohl asphaltiert hat?
Ein paar Kinder kamen uns hier auf Fahrrädern entgegen. An einem Fahrrad hing etwas hinten dran und wurde mitgezogen. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich eine ca. 2-3m lange Schlange mit bläulichem Rücken, die sie wohl erlegt hatten...
Immer mal wieder war ein Fluss zu überqueren, nun meist über Brücken und dann ging es wieder hinauf zu einem Pass, von dem wir einen grandiosen Blick über den Dschungel Richtung Osten hatten. Die Berge werden hier langsam niedriger, es geht ins flache Amazonasgebiet. Wald, soweit das Auge blicken kann. Und darüber ein teils wolkiger Himmel, der die Landschaft im schnellen Wechsel in sonnige und schattige Abschnitte aufteilt. Es sah etwas nach Regen aus und darum schauten wir uns nach einem Zeltplatz um. Bald fanden wir neben der Straße einen Steinbruch mit Blick auf die Ebene unter uns, auf ca. 800m.ü.M. Da gefiel es uns und wir bauten unser Häuschen auf.
Da es noch recht früh war, blieb heute genug Zeit für die Dinge des täglichen Lebens: in der Nähe hatte sich in einer Senke eine große Pfütze vom letzten Regen gehalten. Ich schöpfte das klare Wasser von der Oberfläche in unsere Faltschüssel und konnte mir endlich den Schweiß und Staub der letzten zwei Tage abwaschen. Da saß ich nun, mitten im bolivianischen Urwald, mit den Füßen im lauwarmen Wasser und schaute über das weite Land - unglaublich!
Thomas reparierte derweil mal wieder einen unserer elektronischen Helferlein, die immer mal etwas Support brauchen.
Zur Feier des Tages kochte ich uns ein einfaches, aber leckeres Abendessen - die Menschen auf den vorbeifahrenden LKW, die mich beim Kochen sahen, winkten und lachten freundlich.
Und als es dann dunkel wurde über dem Dschungel, stieg vor uns ein wunderschöner orangefarbener Vollmond aus dem Dunst und durch die letzten schwarzen Wolken empor. Er war dabei so schnell, dass Thomas ihn kaum fotografieren konnte. Wir sind nun wirklich bald am Äquator, es wird abends sehr schnell dunkel und auch der Mond ist halt sehr fix unterwegs.
Was für ein schöner Tag!

Freitag, 20.06. - abends in Piedra Blanca
Der Tag fing so schön an, wie der gestrige aufgehört hat: um den Sonnenaufgang über dem Dschungel nicht zu verpassen, hatte ich meine innere Uhr auf früh Aufwachen gestellt. Ich schaute dann auch pünktlich ca. 5 Minuten vor dem Auftauchen der Sonne aus dem Zelt und konnte mich gerade noch anziehen und mit der Videokamera bewaffnen, dann ging das Schauspiel auch schon los. Ein paar Wolken am Himmel verstärkten den Effekt des sich wandelnden Lichtes - der rote Ball tauchte hinter der graublauen Landschaft auf und färbte die Nebelwolken, die noch in den Niederungen des Waldes hingen, orange ein. Thomas war kurz nach mir aus dem Zelt geklettert und machte, noch bevor die Augen richtig offen waren, ein Bild nach dem anderen von der Szenerie.
Wir frühstückten auf dem Plateau vor dem Zelt in der rasch steigenden Sonne und machten uns dann bald auf den Weg nach Rurrenabaque. Die letzten 100km sollten wohl heute zu schaffen sein. Wir kamen nun aus den Bergen auf die Ebene. Dort wurde es noch wärmer, das Thermometer stand bei ca. 30°C. Die Straße geht jetzt fast nur noch geradeaus durch teils kultivierte und stärker bewohnte Landschaft und ist sehr wellig und löcherig, dabei meist aus festgefahrenem Sand mit Steinen durchsetzt. Wenige LKW und Busse suchen sich langsam den besten Weg und nutzen dafür die gesamte Breite der Strecke, Fußgänger, Radfahrer, Kühe und Hunde sind überall anzutreffen. Es kommt uns hier sehr afrikanisch vor, nur sind die Menschen nicht schwarz.
In Yucuma, scheinbar dem Hauptumschlagsplatz der Gegend, kaufte ich ein paar Flaschen Wasser und ein paar Kekse, während sich um unsere Motorräder eine lachende und schwatzende Traube von neugierigen Männern bildete. Sie wollten alles Mögliche wissen und kletterten ungehemmt auf die Moppeds, sehr freundlich und ohne irgendeinen Gedanken an "habenwollen". Thomas machte Fotos, ich beantwortete Fragen und scherzte mit den freundlichen Leuten herum. Dann ging es weiter.
Leider kommt es meistens anders als man denkt: nach 40km war mein Hinterreifen mal wieder platt (zum 5. Mal auf dieser Reise..) und unser Tagesplan löste sich in Luft auf. Thomas, der in seinem Gepäck das Werkzeug und den Kompressor aufbewahrt, bemerkte erst nach einer halben Stunde, dass ich im Staub der Straße nicht nachkam und so saß ich einige Zeit bei meinem platten Reifen in der Sonne und lenkte mich mit einem Sudoku ab. Glücklicherweise hatten wir in Yucuma Wasser gekauft, so musste ich jedenfalls nicht verdursten.
Als Thomas dann gekommen war und wir den kaputten Schlauch - an einer sehr untypischen Stelle kaputt, ohne erkennbare Ursache - ausgetauscht hatten, war es inzwischen halb drei geworden und HEISS!
Dreckig und klitschnass geschwitzt fuhren wir nur noch 15km weiter und blieben für den Rest des Tages an einem kleinen Fluss in dem Örtchen Piedra Blanca.
Kaum stand das Zelt, setzte ich mich zur Abkühlung in den flachen Fluss. Dort stach mich ein unerkanntes Viech ins Bein und ich verlor die Lust am Baden...
Bald fing es kräftig an zu regnen, allerdings nur für ca. 10 Minuten, ein echter Tropenregen sozusagen. Wir lagen hechelnd auf der Matte und bewegten uns vorläufig nur noch wenig. Erst kurz vor Sonnenuntergang, als der Himmel wieder blau war und ein kleiner Wind etwas Abkühlung brachte, ging ich noch mal hinaus und fragte in den paar Häusern des Ortes nach Getränken (gab's nicht) und Obst (gab's). Der Besitzer des Fleckchens Erde, auf dem nun unser Zelt steht, verkaufte mir freundlich eine ganze Tüte Apfelsinen aus seinem Garten für 3 Bolivianos (knapp 30 Eurocent). Das war dann unser Abendbrot für heute.
Um das Zelt herum war die ganze Zeit über ein lautes Vogelstimmenkonzert vom Feinsten. Nun, inzwischen ist es dunkel, hört man außer dem eifrigen Glucksen des Flusses ein paar laute Froschstimmen und jede Menge Grillen - schöne Geräuschkulisse!

Sonnabend, 21.06. - Sonnenwende in Rurrenabaque
Bei bedecktem Himmel und angenehmen 25°C brachten wir in gemütlichem Tempo die letzten 65km hinter uns. Die Straße ließ höhere Geschwindigkeiten nicht zu, denn unvermutet tauchten immer wieder tiefe Querrillen und einzelne Weichsandstellen auf. Die Landschaft wirkte bei dem grauen Himmel nur noch grüner und die kleinen Häuschen unter Palmen und Bananenstauden noch kuscheliger.
Ab Eingang des Ortes Rurrenabaque ist die Straße mit Kopfsteinpflaster bedeckt, der Tourismus hat hier Einzug gehalten. Internet, Restaurants, Touranbieterläden, Hotels überall. Trotzdem macht der Ort einen sehr netten Eindruck. Viel Grün überall, am Fluß, auf dem kleine schmale Boote fahren, kann man auf Gras spazieren gehen. Rund um Rurrenabaque sind kleine bewaldete Berge zu sehen, ein richtiges Tropenparadies! Ein freundlicher Amerikaner, Ronny, der hier seit 6 Jahren lebt und eine Bananenkuchenbäckerei betreibt, zeigte uns den Weg zum Hotel Rurrenabaque, wo wir für 15 Bolis pro Kopf im schönen grünen Garten zelten dürfen. Hier kann man es bestimmt ein Weilchen aushalten!
Und nun gibt es erstmal was zu essen: an der nächsten Straßenecke begrüßte uns ein freundlicher Mann auf deutsch in seinem Restaurant: Er hat vor vielen Jahren in Deutschland eine KFZ-Mechanikerausbildung gemacht und freut sich, seine Sprachkenntnisse nutzen zu können. Unter einem Palmenvordach sitzen wir jetzt vor seiner Tür und warten auf ein leckeres Essen. Auf der Straße fahren fast nur Moppeds, Autos gibt es nur wenige. Da könnte es hier ja vielleicht sogar klappen mit einem neuen Ersatzschlauch für Jolly.
Nun kommt unser Essen und darum verabschieden wir uns für heute von euch und sagen "hasta luego" aus Rurrenabaque.

Die Globusbiker
"Survivors of the Death Road" ;-)

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