Südamerika Reiseberichte

Kolumbien
 
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Alohahe! Dieser Bericht kommt aus der kolumbianischen Karibik! Das paradiesische Ambiente entschädigt uns für alles, was vielleicht in den letzten Tagen nicht so an-genehm war. Aber lest selbst:

Fortsetzung Donnerstag, 09.10. - von Cali nach Pereira
Carola bleibt noch bis morgen in Cali. Wir fahren gegen Mittag los, als es gerade an-fängt zu regnen - na, toll! Nach zehn Minuten bin ich trotz Goretex durchnässt. Glück-licherweise hört der Regen bald wieder auf und im warmen Fahrtwind trocknen die Klamotten schnell wieder. Die sehr volle Straße ist anstrengend zu fahren, besonders bei nasser Fahrbahn mit noch nicht eingefahrenen Reifen. Sehr rutschig. Zwischen all den großen Trucks kommen uns einige Male welche mit vier riesigen Anhängern entgegen. Gigantisch! Was haben die wohl für einen Bremsweg...?
Bald wird die Straße zu unserer Freude zeitweise vierspurig, die Cluster lösen sich auf, wir kommen nun gut voran und haben endlich die Muße, uns etwas umzuschau-en. Wir erreichen in dem viele Kilometer breiten Tal allmählich die Kaffeeanbauge-gend. Sieht erstmal nicht so besonders aus, spektakulär sind eher die dunklen, von der bald untergehenden Sonne beleuchteten Regenwolken, die sich wieder vor uns aufhäufen. Ab Cartago suchen wir nach einem billigen Hotel mit Garage, werden aber erst in Pereira, einer recht großen Stadt, und auch da erst nach erfolgreicher Stadtdurchquerung im chaotischen Feierabendverkehr, bei Regen und Dunkelheit, fündig. Dort erbarmt sich ein freundlicher Autofahrer den suchenden Blicken und führt uns dorthin, wo wir jetzt für 40000 KoP (3000 sind 1Euro) ein zwar fensterloses, aber sehr sauberes Zimmer mit Kabel-TV und heißem Wasser im eigenen Bad für eine Nacht unser Eigen nennen können. Das Bargeld ist damit auch wieder zu Ende, morgen führt also der erste Weg zum Geldautomaten. Wie praktisch, dass es die gibt.

Freitag, 10.10. - von Pereira nach Pintada
Und weiter durch den anstrengenden Verkehr auf der Hauptroute nach Norden. Wir wissen nichts Genaues über die Sicherheitslage auf den kleinen Nebenstrecken, darum bleiben wir vorläufig trotz der Unannehmlichkeiten auf der Panamericana. Zeitweise haben wir es heute relativ ruhig, so haben wir mehr Zeit, die Landschaft zu genießen. Da wir ohne Frühstück losgefahren sind, suchen wir auf den ersten 40km nach einem schönen Platz, um das Versäumte nachzuholen. Schwierig, aber dann gibt es doch einen kleinen Schotterweg auf eine schöne Wiese am Fluss. Sehr scha-de, dass wir hier nicht zelten können bzw. uns nicht trauen: das wäre ein wirklich schöner Zeltplatz gewesen! Wir sind beide etwas lustlos, diese unruhige Art des Rei-sens strengt uns sehr an und von den Abgasen haben wir Kopfschmerzen. Darum beschließen wir, heute rechtzeitig nach einem Übernachtungsplatz zu suchen und früher Feierabend zu machen. Die abendliche Sucherei in dunklen Städten brauchen wir heute nicht auch noch.
Schwierig ist es dennoch, wie wir später feststellen, denn diese Gegend ist teuer! Wir fragen in einem schön gelegenen Hotel: das billigste Zimmer kostet 11Euro pro Per-son. Es gäbe einen Campingplatz in einiger Entfernung, rät uns der Hotelboy, wir also weiter. Den Campingplatz finden wir, leider dürfen wir da die Motorräder nicht mit zum Zelt nehmen. Wir wollen sie nicht allein an der Straße stehen lassen, also fragen wir weiter herum, bis wir schließlich eine andere, schön bepflanzte und gut gepflegte Anlage finden. Dort dürfen wir für 5 Euro pro Person zelten, die Motorräder stehen in Sichtweite und einen Pool gibt es auch. Nicht ganz so früh, wie gewünscht, aber immerhin eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit steht das Zelt und ich hüpfe ins angenehm temperierte Wasser.

Sonnabend, 11.10. - von Pintada nach Santa Rosa de Osos
Als die ersten Tagesgäste für den Pool eintrafen, waren wir mit Frühstück und Pa-cken fertig - kurz vor zehn begann unser Arbeitstag auf den Motorrädern. Durch ungezählte enge Kurven gebremst konnten wir die langsamen, stinkenden Busse nicht überholen, wurden aber von hinten ständig von ungeduldigen PKW überholt. Sicherheitsabstand, nein danke! Man gewöhnt sich dran und rechnet mit allem... Nach den ersten 60km durch die herrlich grüne Berglandschaft mit vielen gut genährten schwarzbunten Kühen auf den Weiden kamen wir in den Sog der Großstadt Medellin, die Straße füllte sich. Anlässlich einer Kaffee- und Tankpause (Normalbenzin mit 86 Oktan kostet hier 0,69 Euro/l, Super mit 93 Oktan liegt bei 0,88 Euro/l) fragten wir nach einer Möglichkeit, die Stadt zu umgehen. Ja ja, die Straße nach Norden gehe nicht durch die Stadt, hieß es. Immer geradeaus sollten wir fahren. Taten wir auch... und steckten irgendwann mitten in der Stadt im Stau. Die kolumbianische Version einer Stadtumgehung führt also mitten durch sie hindurch!
Von allen Seiten wurden wir überholt und freundlich gegrüßt, hunderte Male mussten wir erzählen, woher wir kommen, während wir uns im Schneckentempo die mehrspu-rige Straße entlang quälten. Waren wir froh, als wir endlich wieder aus dem Gewim-mel raus kamen! Von der Stadt, die übrigens sehr schön sein soll, sahen wir beim Hineinfahren nur große Wolkenkratzer unter einer grauen Dunstglocke. Ein andermal schauen wir uns hier genauer um, jetzt wollen wir nach Norden!
Da Medellin wie die meisten südamerikanischen Großstädte in einem Talkessel liegt, kurbelten wir uns danach wieder in die Berge hoch. Der Verkehr ließ allmählich nach und wir hatten heute auch Glück mit dem Wetter: nicht ein Schauer machte uns nass, meist schien sogar die Sonne.
Um unsere Lernfähigkeit unter Beweis zu stellen, begannen wir mit der Hotelsuche heute schon um drei Uhr nachmittags. In Santa Rosa de Osos, einem recht hüb-schen kleinen Städtchen auf einem Hügel mit einer großen Kirche fragten wir uns durch. Es gab nur teuer ohne Garage oder noch teurer mit Garage. Vor dem Ort ein weiteres Hotel, rumpelig und mit zu vielen zwielichtig aussehenden Kerlen vor der Tür. Ein paar Minuten weiter fand sich ein großes sauberes Fernfahrerhotel an einer Tankstelle: billiger, mit Möglichkeit, die Moppeds in eine abgeschlossene Garage, die als Reifenlager dient, zu stellen - perfekt.
Die Regenwolken, die sich inzwischen im Norden angehäuft haben, können jemand anderes nass machen, wir bleiben heute trocken!
Bei unserer momentanen Geschwindigkeit bekommen wir natürlich nicht ganz so viel mit von diesem Land, vor dem so viel gewarnt wird. Aber einen kleinen Überblick gibt es doch: bis vor kurzem gab es auf den Straßen des Landes große Überfallgefahr, es gab auf der einen Seite die Drogenmafia, auf der anderen die Farc, die Guerilla. Der jetzige Präsident, Uribe, hat es sich zum Ziel gesetzt, Kolumbien zu befrieden und hat ein großes Entwaffnungsprogramm ins Leben gerufen. Jeder Farc-Kämpfer, der seine Waffen abgibt, kann mit Unterstützung des Staates ein neues Leben mit einer neuen Identität beginnen. Diesem Aufruf sind bislang in den letzten Jahren über 10000 Farc-Mitglieder gefolgt, man rechnet mit einer verbliebenen Zahl von ca. 7000-8000 Guerillas, die aber so stark bejagt werden, dass sie es wirklich schwer haben. Sie haben sich hauptsächlich in die Grenzgebiete zu Ecuador und Venezuela zurückgezogen, erzählte man uns. Dort muss man sich als Tourist nach wie vor nicht unbedingt viel herumtreiben. Die Hauptstrecken werden massiv militärisch kontrolliert und gelten inzwischen als unproblematisch. Dazu wurden allem Anschein nach auch sehr junge Männer herangezogen: viele der Jungs, die mit ihren MPs in Tarnkleidung an den Straßen Dienst tun, wirken nicht älter als 16 Jahre. Wie die wohl in ernsthaften Stresssituationen reagieren?
Uns sind bisher alle sehr freundlich entgegen gekommen. Sie grüßen lächelnd zurück und belästigen uns nicht.
Angenehm ist für uns das hiesige Mautsystem: es gibt an jeder Zahlstelle eine schmale Spur für Motor- und Fahrräder. Zahlen müssen wir nicht, können aber bei diesen Gelegenheiten die Busse und LKW hinter uns lassen.

Sonntag, 12.10. - von Santa Rosa de Osos nach Planeta Rica
Hier regnet es zur Zeit meistens nachts recht heftig, morgens nicht und nachmittags wieder mehr. Heute war es mal anders herum und es regnete vormittags ausgiebig, während wir durch die letzten Berge fuhren, dafür danach nicht mehr. Santa Rosa liegt wohl auf ca. 2000m Höhe, es war jedenfalls mit 16 Grad recht frisch dort. Wir fuhren in Regenklamotten und das war auch nötig! Nach einiger Zeit in der Höhe schraubte sich die Straße bergab, der Regen wurde deutlich wärmer und hörte ir-gendwann ganz auf. Durch die Regenschleier sah man auf grüne Berghänge, die schon in der Sonne lagen, sehr schön! Am Straßenrand im Nebel viele kleine Hütten, die meisten mit schwarzer Plastikplane eingepackt gegen den vielen Regen.
Richtig arme Leute wohnen hier! Kinder fahren mit kleinen Rollwagen die Berge hin-unter und lassen sich von den vielen Trucks wieder hochziehen. Das hatte ich vor Jahren mal im Fernsehen gesehen, jetzt sahen wir es live!
Wegen des starken Verkehrs hielten wir selten an - die mühsam überholten Brummis saßen uns sonst gleich wieder vor der Nase. Darum gibt es von der Strecke kaum Bilder. Ihr müsst euch die Gegend halt vorstellen: Eine kleine Teerstraße, gesäumt von Bäumen, blühenden Büschen und Palmen, dazwischen kleine Häuser, unterhalb der Wolkengrenze meist bunt angemalt, Kinder spielen am Straßenrand, die Mütter sitzen auf den Schwellen ihrer Häuser oder beschäftigen sich, Hunde kontrollieren ihr Revier, Hühner scharren, Packpferde mit großen Säcken auf dem Rücken trotten, von den LKW unbeeindruckt, an der Straße entlang. Über der Szenerie ein üppig bewachsener Berghang mit tropischen Pflanzen und vielen kleinen Wasserfällen, ganz oben ein bewegter Himmel. Zwischen den Wolken guckt die Sonne hervor. Wo sie hinscheint, ist es ziemlich heiß.
Die meisten hier wohnenden Menschen leben von dem, was die Straße mitbringt. So gibt es an jedem Wasserfall oder Bach Leute, die ihren Lebensunterhalt mit dem Waschen der LKW verdienen. Überall sieht man lange Schläuche, aus denen im hohen Bogen Wasser spritzt. Hab ich da jemand fragen hören, ob sie denn auch Ölabscheider haben für das Schmutzwasser?? Ich denke, das findet sich wohl im Fluss alles wieder...
In einem der vielen Restaurants stoppten wir zum Mittagessen. Viele Menschen saßen hier beim Sonntagsmahl, die meisten waren in recht teuren Autos unterwegs. Erst waren sie noch zurückhaltend, wollten uns wohl nicht beim Essen stören. Doch als erst einer anfing zu fragen, lauschten alle mit und informierten sich schließlich gegenseitig, damit ich nicht alles zehnmal sagen musste. Es bildete sich ein großer Kreis interessierter Menschen, die uns herzlich in ihrem Land willkommen hießen und wissen wollten, wie es uns hier gefällt.
Nach der Mittagspause ging es zügig weiter, denn nun hatten wir die Ebene erreicht und die Straße ging mehr geradeaus. Man kann also schneller fahren und muss nicht ständig abbremsen. Die Landschaft wurde nun etwas hügelig. Rechter Hand ein breiter hellbrauner Fluss, zu dieser Jahreszeit sehr gut gefüllt. An vielen Orten waren die flussnahen Wiesen überschwemmt, einmal sogar ein ganzes Dorf: die Häuser stan-den ca. einen Meter tief im Wasser. Viele größere und kleinere Haciendas bewirtschaften das Weideland, Zebus und wieder schwarzbuntes Holsteiner Vieh überall. Wir fühlten uns zeitweise in die Holsteinische Schweiz versetzt, wären nicht die Palmen dort fehl am Platz (na ja, im Zuge des Klimawandels kann das ja auch noch kommen...).
Wir beschlossen, heute kein Hotel zu suchen, sondern einfach bei einer Hacienda nach einem Zeltplätzchen anzufragen. Und siehe da, gleich die erste angesprochene Frau hatte nichts gegen unseren Wunsch einzuwenden und wir konnten uns zwischen den Zebukühen einrichten. Ein freundlicher Smalltalk und ein schöner Abendhimmel in freier Natur, zirpende Grillen und brüllendes Vieh - so gefällt es uns besser als in lauten Hotels an der Straße!

Montag, 13.10. - von Planeta Rica nach Coveñas
Morgens um vier ein Gewitter mit viel Regen - danach hatten wir eine Pfütze im und unterm Zelt, Thomas' Schlafsack war nass. Später stapfte es gewichtig um uns herum: eine Herde Wasserbüffelkühe beim Morgenmahl. Der eindrucksvolle Bulle schaute zur Zelttür herein...
Bis zur Abfahrt, nach improvisiertem Frühstück auf der matschigen Wiese und einem ausführlichen Gespräch über die hiesige Landwirtschaft mit dem "Dueño" der Farm, hatte die Sonne unsere Sachen wieder getrocknet - die Temperatur stieg auf 35°C. Während wir am Packen waren, kam immer mal einer der Arbeiter vorbei zum Gucken - sehr gesprächig waren sie nicht, aber freundlich und neugierig. Diese Gegend, die Provinz Cordoba, ist eine reine Viehzüchterenklave, viele recht reiche Farmen prägen das Landschaftsbild. Teure Allradautos auf der Straße, weiß gestrichene Zäune, gut genährtes Vieh. Es geht ihnen gut hier und man schätzt die Gegend als sehr sicher ein. Nach ca. 80km erreichten wir eine etwas größere Stadt, Montería. Dort trafen wir beim Einkauf im Supermarkt Juan-Carlos, einen relativ gut Englisch sprechenden und sehr herzlichen Kolumbianer, der uns spontan zu sich nach Hause zum Mittagessen einlud!
Wir fuhren hinter ihm her zu einer Siedlung mit Eigentumswohnungen in einem großen Haus. Dort wohnt er mit seiner hübschen argentinischen Frau und zwei ca. 7-8-jährigen, ebenfalls sehr hübschen Jungs. Alle sehr nett. Das Schönste für mich war, dass wir dort kühl duschen durften und die verschwitzte Kleidung wechseln konnten. Juan-Carlos zauberte uns beiden schnell was zu essen und dann saßen wir bei ihnen bis nachmittags um vier und unterhielten uns auf Spanisch und Englisch, bis die Zeit drängte und wir uns verabschiedeten. So eine unerwartete und uneigennützige Gastfreundschaft!
Da morgen hier nach einer Ferienwoche die Schule wieder beginnt, kamen uns auf unserer weiteren Fahrt Richtung Küste viele Heimfahrer entgegen. 20km vor unse-rem Tagesziel Coveñas, von unseren Gastgebern wärmstens empfohlener Karibikbadeort, knallte es auf einmal heftig unter mir und dann ging nichts mehr - das Kettenschloss hatte sich gelöst, die Kette war aufgerissen und hatte sich vorne hinter dem Ritzel verkeilt! Oh nein! Mit vereinten Kräften schoben wir Jolly ein paar Meter weiter auf den Vorplatz einer kleinen Reifenwerkstatt und begannen mit Diagnose und Reparatur. Beunruhigend war die Öllache unter dem Ritzel... Unterstützt von einem der vielen interessierten Zuschauer, der einen Hammer holte, wortlos und mitdenkend Thomas Dinge anreichte, später, als es dunkel wurde, die Lampe hielt und uns zum Schluss noch Seife und Wasser zum Händewaschen brachte, improvisierten wir mit einem alten Kettenschloss, das ich vorsichtshalber aufgehoben hatte, und bekamen alles wieder zusammen. Ein Halteblech für den Simmerring der Abtriebswelle war ziemlich verbogen, ließ sich aber halbwegs wieder zurechtdengeln. Eine kurze Proberunde: trotz leichter Torsion des letzten Kettengliedes kann ich so erstmal fahren - Glück gehabt!
Im Dunklen fuhren wir die letzten Kilometer und mussten dabei feststellen, dass viele Autos hier auch bei Gegenverkehr mit aufgeblendeten Scheinwerfern fahren.
Beim Ortseingang von Coveñas fragten wir den Militärposten nach einem Camping und fanden 1km weiter eine kleine Einfahrt runter zum Meer. Unter Kokospalmen ein kleines Stück Wiese am weißen Sandstrand, eine ältere Frau erlaubte uns, gegen Zahlung von 10000KoP hier zu zelten. Leises Plätschern des friedlichen Wassers und der Vollmond über uns, leicht verschleiert und mit einer riesigen Aureole - wir sind tatsachlich in der Karibik, wow!!!

Dienstag, 14.10. - Coveñas
Der erste Blick morgens aus dem Zelt bestätigte alle Klischees, die sich mit der Kari-bik verbinden: kleine Fischerboote auf dem glatten blauen Meer, Delfine springen neben einem Motorschiff her, die Sonne scheint auf Kokospalmen und dunkelhäutige schlanke Menschen, die Kokosnüsse sammeln, Fische harpunieren oder spazieren gehen. Was macht man da? Man springt aus dem Zelt und geht schwimmen! Das Wasser hat schätzungsweise 30°C, an der Oberfläche ist es durch den leichten Wind der Nacht etwas kühler als am Boden, kleine Fischchen flüchten vor unserer Begeisterung. Am Horizont ein paar größere Schiffe.
Ein Jogger kommt vorbei und lädt uns mal eben zum Mittagessen ein. Wir sollen doch nachher mit Sack und Pack ins Nachbardorf kommen, wo er, Carlos, in Kanada lebender Kolumbianer, bei seinem Onkel Urlaub macht. Dort könnten wir noch mehr Kolumbianer kennen lernen, sagt er.
Wir haben nicht viel Lust zum Packen, aber sind doch neugierig und sagen zu. Schauen wir mal!
Gegen Mittag lassen uns von der Tochter des Hauses den Weg zeigen. Über einen schmalen Sandweg mit großen Wasserlöchern fährt sie vor uns her bis zu einem schönen Haus in einem großen Garten. Dort werden wir von der vielköpfigen Familie Toro herzlich willkommen geheißen. Geschwister, Kusinen, ein alter Onkel, ein noch älterer Vater, alle sehr nett und lustig, sitzen auf einer überdachten Terrasse, spielen Domino, schwatzen oder schaukeln in Hängematten. Rundherum ein kleiner Bambuszaun, dahinter der Strand. Barfußlaufen im Sand führt schnell zu Brandblasen.
Wir bekommen ein Zimmer mit eigenem Bad, wahlweise Klimaanlage oder Ventilator und fünf einzelnen Betten zugewiesen und schon bald gibt es ein reichhaltiges regio-naltypisches Mittagessen aus braunen Bohnen in Sauce, frittierten Yucas und Bananen, Schweinefleisch, Salat und Reis, dazu trinkt man Zuckerrohrsaft mit Limone oder Zapotesaft mit Milch. Zum Nachtisch gibt es Kokosnuss - wir sind total abgefüllt!
Der Hauseigentümer sagt, wir können gerne die ganze Woche hier bleiben, alle sind sehr freundlich und ungezwungen. Die Familie lebt seit dem 18.Jh. in Kolumbien, stammt aber aus Europa. Carlos, unser Englisch sprechender Freund, erklärt uns die Familiengeschichte, während wir essen.
Nach dem Essen findet eine ärztliche Konsultation statt: der Arzt der Familie, der ebenfalls hier seine Ferien verbringt, nutzt seine Zeit hier und untersucht die Kinder der armen Leute des Ortes umsonst. Ein kleines Mädchen mit Asthma kommt mit ihrer Mutter (22 Jahre alt, drei Kinder) zur Sprechstunde und bekommt eine Medizin zur Inhalation verschrieben. Der Doktor schreibt ein Rezept, fragt die Mutter, ob sie lesen und schreiben kann - más o menos, mehr oder weniger, antwortet sie. Man sagte uns, Kolumbien habe eine Analphabetenrate von 20%...
Als die beiden gegangen sind, erzählt er mir aus seinem Leben und liest mir schließ-lich zwei nette Kurzgeschichten aus einem Buch vor, das er veröffentlicht hat. Ich verstehe nicht alles, aber das Wesentliche bleibt schon hängen.
Später gehen wir alle baden. Das Meer hat nahezu Körpertemperatur - stundenlang kann man sich von den sanften Wellen schaukeln lassen, ohne kalt zu werden. Während wir dort plaudern, ziehen dicke schwarze Wolken über dem Land auf. Wie eine gewaltige Walze rollen sie vom Land aufs Meer hinaus. Es bleibt aber trocken. Nach dem Abendimbiss, einer gebackenen Banane mit Frischkäse, ziehen wir uns in unser Zimmer zurück und lassen die Familie ein Weilchen unter sich sein.

Mittwoch, 15.10. - Porvenir
Wie üblich regnete es nachts mit etwas Donner, was uns im Haus nicht weiter störte. Mit einigen Mückenstichen, aber sonst gut erholt, mischten wir uns am Morgen wie-der unters Volk. Ein kurzes Bad im Meer, dann bekamen wir ein kleines leckeres Frühstück. Carlos fragte, ob wir Lust hätten, einen Ausflug im Paddelboot zu machen. Das Wasser sei heute so schön ruhig, die Gelegenheit sollten wir nutzen. Es gibt zwei Plastikzweierboote hier, mit einem davon machten wir uns auf den Weg entlang der Küste. Vorbei an schönen Ferienhäusern und Palmenhainen paddelten wir durch die Bucht und um eine Landzunge herum in die nächste Bucht hinein. An einem der kleinen Strände gingen wir an Land und planschten ein Weilchen im warmen Wasser herum. Auf dem Rückweg hatten wir das Glück, eine Gruppe von sechs Delfinen zu treffen, die scheinbar auf der Jagd nach kleinen Fischen in weitem Bogen um uns herum schwamm. Über ihnen vier große schlanke Vögel (Fregattvögel?), die ebenfalls an etwas Fisch interessiert waren.
Zurück im Hause Toro gab es leckere Wassermelone zur Erfrischung. Am Nachmittag wollen wir uns hier los reißen und irgendwo die dringende Internetarbeit tun. Die Schiffstour muss bezahlt werden etc. Und dann machen wir uns allmählich weiter nach Norden.

Und damit überlassen wir euch nach dem kleinen Ausflug in die Karibik wieder dem herbstlichen Schmuddelwetter in Deutschland ('tschuldigung für diese kleine Gemeinheit), bzw. dem wie auch immer gearteten Wetter irgendwo in der Welt und grüßen euch herzlich!



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