Südamerika Reiseberichte

Argentinien
 
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Sonntag, 16.12. - Comandante Luis Piedra Buena
So heißt der Ort, in dem wir heute unser Zelt aufgeschlagen haben, tatsächlich! Die Argentinier benennen ihre Städte mit Vorliebe nach ihren Kriegshelden und dieser hat sich scheinbar in mir nicht weiter bekannten Streitigkeiten im Jahre 1921 hervorgetan. Wir sind nur 120km von San Julián entfernt, wo wir gestern unseren wohlverdienten Ruhetag genossen haben. Wie von der Wettervorhersage angekündigt, regnet es heute. Frühstück und Packritual konnten wir noch trocken erledigen, es fing an zu regnen, als wir losfuhren, wurde trocken, kurz bevor wir hier ankamen und blieb lange genug trocken zum Aufbauen. Sehr praktisch! Dieser Campingplatz wurde uns wärmstens empfohlen von Fernando von der Touristinfo in Fitz Roy und er hatte recht: schön am Fluss Rio Chico gelegen mit viel Grün, hohen Pappeln und gemütlich zwischen Pappelhecken angelegten Parzellen, wo wir sogar das Tarp über dem Tisch aufspannen konnten. Nun regnet es seit einer halben Stunde wieder und das sogar recht kräftig - ich sitze unter dem Tarp trocken am Tisch, richtig gemütlich! Noch 240km bis Rio Gallegos für morgen und dann noch ca 80km bis zur chilenischen Grenze.

Montag, 17.12. - Rio Gallegos
Vom schönen grünen Campingplatz am Fluss zum nicht so schönen Platz im Industriegebiet von Rio Gallegos... Es gibt hier scheinbar nur diesen unfreundlichen kleinen Platz am Stadtrand, mit Verkehrslärm und Unsicherheitsfaktor umsonst dazu. Naja, morgen früh sind wir wieder weg von hier... Der Regen hatte sich bis morgens genügend entladen und wir konnten tatsächlich fast trocken wieder einpacken. Die heutigen Tour war gut zu schaffen: wenig Wind, angenehme Temperatur, kein Regen. Und die Landschaft ist hier unten auch interessanter: die Hochebene wird immer wieder von weiten Cañons unterbrochen. Diese Täler sind manchmal richtig grün und schön, bis es dann wieder hochgeht. Oben wird die Vegetation immer karger, nun gibt es nur noch trockenes Gras, kaum noch Büsche. Am Straßenrand blüht es nach dem Regen leuchtend gelb und weiß, es duftet süß. Der weite Himmel ist locker bewölkt, das dadurch entstehende Spiel mit Licht und Schatten macht die Landschaft lebendiger. Wenig Tiere sehen wir hier, nur ab und zu ein Guanaco, das hektisch von der Straße flüchtet und mühelos über den allgegenwärtigen, ca 1.2m hohen Zaun springt oder einzelne Straußenvögel, die uns eher gelangweilt nachschauen.
Rio Gallegos ist eine erstaunlich große Stadt mit vierspuriger Einfallstraße und viel Industrie. Wenn man ausgefallenere Dinge braucht, kann man sie hier bestimmt am ehesten bekommen. Wir brauchen im Moment nichts Dringendes und können hier sowieso die Moppeds nicht allein lassen.
Also morgen früh auf Richtung Feuerland! Zur Gesellschaft kamen gegen Abend noch Klaus und Petra mit ihrem VW-Bus auf den Platz gefahren und es gab wieder eine Menge Gesprächsstoff. Sie haben inzwischen allerhand erlebt und warten jetzt hier auf eine neue Wasserpumpe für ihr Auto, da es zunehmend Wasser verliert. Zum Glück können sie noch fahren!

Dienstag, 18.12. - San Sebastian, Tierra del Fuego
Es ist abends um halb zehn, wir sitzen nach 290 Regenkilometern müde und frischgeduscht im Hotel des argentinischen Autoclubs und warten auf ein paar Pommes mit Salat, die wir uns redlich verdient haben.
Leider hat sich die Wettervorhersage fur heute total geirrt, eigentlich war Sonne angesagt, aber die ließ sich den ganzen Tag nicht blicken. Naja, kann nicht immer klappen.
Von Rio Gallegos sind es noch ca 70km bis zur chilenischen Grenze, flaches Land im Regen. Die wohl sehr schöne Laguna Azul kurz davor besuchten wir wegen des Wetters nicht, stattdessen aßen wir unsere letzten Früchte im argentinischen Grenzgebäude. Man darf nach Chile kein Obst oder Gemüse, keine Molkereiprodukte in angebrochenen Gefäßen und kein Fleisch einführen, darum haben wir vor dem Losfahren nicht mehr eingekauft und sind nun essenstechnisch ziemlich abgebrannt.
Nach den unproblmatisch verlaufenen Grenzformalitäten fuhren wir die 42km zur Fähre nach Feuerland. Am Anleger warteten wir einige Zeit - es regnete immer noch - bis das Boot kam und wir für 48 argentinische Pesos über das graugrüne Wasser fahren durften. Die Fahrt über die Magellanstraße dauert eine knappe halbe Stunde, bei schönem Wetter sicher ein netter Ausflug. Heute war das einzige Highlight der Schiffsfahrt die Begleitung durch einige der kleinen schwarzweißen Delfine, die fröhlich auf unserer Bugwelle surften.
Weitere 40km folgten, bis wir zum Beginn der Piste Y79 kamen.Man hatte uns diese als Alternative zur Hauptstraße, die auch aus Schotter besteht, genannt, weil sie weniger befahren sein sollte und in besserem Zustand. 120km bis zur anderen Grenze in San Sebastian standen nun an - es regnete weiter. Mit der Option, gegenenfalls das Zelt irgendwo zwischendrin aufzuschlagen, fuhren wir los. Die Piste war wirklich recht gut zu befahren. Das Wellblech glättete sich ab 60km/h, die wassergefüllten Schlaglöcher ebenso. Ab und zu begegnete uns ein Auto oder ein Truck, ansonsten waren wir ganz unter uns. Die Strecke führt auf den ersten 60km durch schottisch anmutendes Hügelland. Die bis zum Boden reichenden Wolken verstärkten den Eindruck noch, ebenso die einzelnen Schafe.
Ein kolumbianischer Motorradfahrer mit guten Deutschkenntnissen hielt zum Smalltalk an, als wir einen Moment Pause machten. Woher er so gut deutsch sprach, vergaß ich leider zu fragen. Da es sich so gut fuhr, beschlossen wir, doch bis zur Grenze weiterzufahren, was ich bald fast bereute, weil seit der Abzweigung nach Onaisin der Regen von vorne kam und mir recht schmerzhaft ins Gesicht peitschte. Mit geschlossenem Visier konnte ich die Piste nicht richtig sehen, also musste es offen bleiben. Als wir schließlich an der Grenze abstiegen, war mir richtig schwindelig von der Anstrengung und schweinekalt. Handschuhe und Helm waren durchgeweicht, ansonsten hatten die Regensachen gut durchgehalten, aber kalt war's trotzdem.
Auch hier gingen die Formalitäten flott vonstatten, danach wieder in die nasskalten Handschuhe - huaahhh!
Auf argentinischer Seite der Grenze konnten wir dann der Versuchung nicht widerstehen und ließen uns in ein Hotel fallen. Die Alternative, Rio Grande, wäre nochmal 80km entfernt gewesen, dafür hatten wir beide keine Energie mehr. Hoffentlich hat es sich bis morgen früh ausgeregnet, bis Ushuaia sind es jetzt noch knapp 300km...

Mittwoch, 19.12. - Tolhuin
Um halb sieben Uhr morgens war der Himmel blau, als wir um 10 Uhr auf der Straße waren, zogen die ersten Wolken auf, ab 12 Uhr regnete es in kurzen heftigen Schauern mit Hagel und leisem Donner. Man sagt, es gibt in Feuerland vier Jahreszeiten an einem Tag - das bestätigt sich für uns gleich am ersten Tag. Ab Rio Grande veränderte sich die karge Landschaft: es wurde zunehmen bergiger. Richtige Bäume, erst vereinzelt, dann in kleinen Grüppchen, schließlich als Wald versammelt, rissen uns zu Begeisterungsstürmen hin. Bis nach Tolhuin, wo wir heute bleiben, hatte sich das Landschaftsbild komplett verändert. So hatte ich es mir hier vorgestellt: wolkenverhangene, schneebedeckte Berge hinter einem großen, hellgrün leuchtenden See, das Sonnenlicht zaubert immer wieder andere Effekte, sehr schön und sehr wechselhaft. Ein Weilchen schien die Sonne auf die Schneeberge, jetzt regnet es wieder. Auf dem Campingplatz "Hain" am See gibt es ein Hüttchen mit Ofen, wo man sitzen und auch kochen kann. Das werde ich gleich tun, es gibt heute Reis mit Brokkoli.

Donnerstag, 20.12. - Ushuaia, Camping Rio Pipo
Wir sind am südlichsten Punkt unserer Reise angekommen! Nach einer regnerischen Fahrt durch die fantastische Berglandschaft des südlichen Abschnittes der Anden erreichten wir das so genannte 'Ende der Welt' am frühen Nachmittag und nisteten uns hier auf dem Campingplatz ein. Dieser Platz ist sehr schön am schnell fließenden Fluss gleichen Namens gelegen, das Zelt mit darüber gespanntm Tarp steht unter großen Bäumen in Sichtweite des "Salons". Zum hiesigen Service gehört dieser große, geheizte Raum, in dem wir uns aufhalten können. Es gibt eine große, komplett eingerichtete Küche zum allgemeinen Gebrauch, außerdem zwei schnelle Internetrechner ( für 6P/h), superheisses Wasser rund um die Uhr im gut gepflegten Bad, TV, DV-Player, nette Leute... Hier lassen wir uns nun erstmal fallen und machen Urlaub. Bis Weihnachten werden so ziemlich alle Biker und Wohnmobilisten, die wir auf dem Weg getroffen haben, irgendwo in Ushuaia einfallen und sich gegenseitig eventuell auftretendes Heimweh vertreiben.

Freitag, 21.12. - Sonnenwende in Ushuaia
Bei hauptsächlich schönem Wetter und sommerlichen 12°C geniessen wir unseren ersten Urlaubstag. Zu zweit auf Jolly (erster Versuch - ging gut) machten wir einen größeren Weihnachtseinkauf im ca 5km entfernten Zentrum der Stadt, wo ordentlich Touristenrummel herrscht. Bis abends hatte ich auf dem ganzen Platz Holz gesammelt und zu unserem Feuerplatz getragen. Zu meinem traditionellen Sonnwendfeuer kamen Peter und Carol aus Kanada aus ihrem Hostel zu Besuch und zwei andere Biker, die wir hier kennengelernt haben. Es war ein schöner Abend mit milder Temperatur ohne Wind, es wurde mal wieder spät..

Sonnabend, 22.12.
Heute habe ich in der großen Küche des Platzes Weihnachtskekse und Vollkornbrot gebacken! Das gibt ein Festessen heute abend! Ein paar neue Leute sind angekommen, so langsam füllt sich der Salon. Das Wetter wechselt schnell, jetzt regnet es mal wieder. Für abends nach dem Essen (ich kochte uns allen einen leckeren Gemüsemix mit viel Knoblauch und Ingwer) hat uns die Wohnmobilfraktion zum Glühwein eingeladen. Sie hausen auf dem anderen großen Campingplatz der Stadt mit kleinen bis hin zu irre großen und mit allem Luxus ausgestatteten Vierradfahrzeugen. Da es ja Glühwein gibt, gehen wir zu Fuß hin, die halbe Stunde Fußmarsch tut gut. Wir treffen Klaus und Petra sowie Peter und Uli dort mal wieder und einige andere schon Bekannte. Ein sehr merkwürdiges Erlebnis beim Zurückkommen: wir standen vor dem schon für die Nacht geschlossenen Gemeinschaftshaus und überlegten, ob es schon Bettgehzeit sei, da gesellte sich ein unbekannter Argentinier zu uns und fragte, woher wir seien. Das ist ja nun nicht ungewöhnlich hier und wir starteten einen lockeren Smalltalk. Dieser Mensch allerdings reagierte völlig anders als alle anderen Argentinier und fing an, uns als Gringos und separatistische Europäer zu beschimpfen. Es ging soweit, dass er mir androhte, mich einzusperren - wir wussten nicht, was für ein Problem er mit uns hatte und zerstreuten uns. Ich schlief nicht gut in dieser Nacht.

Sonntag, 23.12.
Mein Erlebnis von gestern aben erzählte ich morgens unseren Campingplatzbesitzern, die sehr besorgt reagierten und dann herausfanden, wer der Typ war. Sie versprachen mir, ihn des Platzes zu verweisen (außer mir hatten noch andere Leute Stress mit ihm). Leider hatte er mit seiner Frau, die sicher sehr unter dieem Mann leidet, morgens schon den Platz für einen Ausflug verlassen, man wartete also den ganzen Tag darauf, wann er wohl wieder auftauchen würde. Aber das sollte uns den Tag nicht vermiesen! Mehr Leute kamen an im Laufe des Tages, es war warm und gemütlich im Salon. Ich flickte meine täglich getragene Hose, die allmählich aus dem Leim geht, buk mehr Kekse, ging spazieren. Den ganzen Tag über wurden englische, deutsche und spanische Gespräche geführt, viel Input! Darum tat der Spaziergang richtig gut, um mal etwas Verarbeitungszeit für all die Worte zu finden.
Am Rio Pipo, der am Campingplatz vorbeifließt, kann man auf einem kleinen Trampelpfad entlang laufen. Vorbei an Stromschnellen und engen Kurven, quer durch den Wald, sehr schön! Da Gerven aus Holland schon da ist und er leidenchaftlich gern kocht, gab es wieder was Gutes für alle. Spät abends tauchte der Troublemaker wieder auf und bekam gleich seine Kündigung für morgen früh. Er legte sich gleich wieder mit einigen Leuten an, drohte Prügel und Schlimmeres an...

Montag, 24.12. - Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, lieber David!
Heute morgen bin ich früh aufgestanden, um mit meinem großen Geburtstagssohn zu telefonieren. Wie schön, dass es diese Möglichkeit gibt. Hier wird nun allmählich alles für den Weihnachtsabend vorbereitet. Einige von uns sind Einkaufen gefahren, wir werden uns ein schönes Essen zubereiten mit voraussichtlich ca 15 Personen. Es wird eine nette Runde sein. Der Psychopath hat den Platz heute morgen verlassen, nicht ohne vorher noch einige Camper mit seinen Beschimpfungen zu belästigen. Wir können heute Nacht wieder ruhig schlafen. Liebe Leute in D-Land und anderswo, wir wünschen euch allen ein schönes Weihnachtsfest, jedem nach seiner Fasson, Friede auf Erden und allen Wesen ein Wohlgefallen!

Vielen Dank an meine lieben Kollegen für das gesponsorte Weihnachtsessen!!


Eure Globusbiker in Ushuaia



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