Reiseberichte


Neuseeland
 
voriges Tagebuch Neuseeland April 2010 (Weltreise Tagebuch 97) nächstes Tagebuch
Sonntag, 18.04. - Christchurch
Unsere letzten Tage in Neuseeland verrinnen. Wir haben seit drei Tagen keine Motorräder mehr vor der Tür: sie stehen wohl inzwischen im Container und sind dort gut verzurrt für die Reise. Nun gibt es für uns nur noch unser restliches Gepäck zu sortieren, das Zelt australienfein zu machen, sprich: es auf Reste von neuseeländischem Dreck, Saat oder Insekten zu untersuchen und für den Rest der Zeit haben wir "frei".
Da die Sonne fast immer scheint, gehen wir täglich an den Strand, mal mit Jacke (bei antarktischem Wind), mal ohne (bei nördlichem Wind). Diesen Luxus werden wir in Sydney nicht haben, so einen Strandzugang direkt vor der Haustür....
Samstag vormittag begleitete ich Moni und Dan auf ihrer Fahrt zum lokalen Farmers Market in Lyttleton. In Lyttleton befindet sich nicht nur der Hafen von Christchurch, sondern es leben dort auch viele der bessergestellten jungen Familien der Stadt. Solche, die sich gern von organischem Gemüse und Eiern von freilaufenden Hühnern ernähren, ihre Kinder zur Waldorf- oder Montessorischule schicken und am Haus vielleicht ein kleines Atelier für Seidenmalerei oder Töpferkunst haben. Das Städtchen Lyttleton zieht sich steil an der Südseite derselben Hügel empor, an deren Nordseite wir das Para-Gleiten gelernt haben und die die Stadt Christchurch nach Süden hin begrenzen. Viele schöne Häuser mit unverbaubarem Blick auf die "Lyttleton Harbour" genannte Bucht stehen da, mit dem einzigen Nachteil, dass sie im Winter nur noch wenig der tiefstehenden Sonne abkriegen (Südseite klingt für unsere Ohren immer nach viel Sonne, aber hier ist es ja andersherum).
Der samstägliche Wochenmarkt scheint ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Stadt zu sein: man bindet den Familienhund vorübergehend am "Dog-Parking" an, trifft sich am Gemüsestand mit Freunden und Nachbarn, tauscht die letzten Neuigkeiten aus bei einem Becher heißem Kakao (aus organischem Anbau, versteht sich) und genießt den freien Tag bei dahinplätschernder Live Musik.
Ich kaufte, entgegen aller Vernunft, drei Tage vor der Abreise noch ein so appetitanregendes Vollkornbrot mit Kürbis- und Sonnenblumenkernen, machte haufensweise Fotos von blaubeerverschmierten Kindergesichtern und wippte im Takt der Musik mit den Zehen.
Ein Duo aus einem jungen Mann am Kontrabass und einer rastagelockten blonden Frau am Keyboard produzierte zwischen Gemüse und Vollkornbrot jazzige Klänge, die genau in die entspannte Wochenendstimmung passten.
Ach, wie fehlt mir die Musik auf Reisen! Es reicht mir nicht, ab und zu über meinen mp3-Player Konservenmusik zu hören, ich brauche lebendigeren "Stoff".
So war ich froh, dass Moni und Dan anderweitig beschäftigt waren und ich mich ein Weilchen in der schönen Atmosphäre fallenlassen konnte.
Den Ausflug beschlossen wir mit einem Kaffee im kleinen Stadtzentrum. Die Kiwis lieben guten Kaffee, dass muss man wohl so sagen! Und wenn man ihn weiß mag, bekommt man immer aufgeschäumte Milch mit etwas darübergestreutem Kakaopulver oben drauf. Das Ganze heißt dann "Flat White", wobei ich noch nicht herausgefunden habe, warum "Flat" ...
Ab mittags hatten wir dann tatsächlich Besuch: Andrea und Harry, zwei relativ "frische" Einwanderer aus Deutschland, etwa in unserem Alter, die im zwei Stunden entfernten Timaru wohnen und jeden Samstag nach Christchurch fahren, um im Bioladen frisches Gemüse für die Woche einzukaufen, hatten sich angesagt. Wir hatten sie vor unserer Reise um die Südinsel hier zufällig kennen gelernt, waren auf der Straße in ein für beide Parteien interessantes Gespräch geraten und wollten es gern fortsetzen. Nicht nur, aber auch, um mehr über ihre Erfahrungen mit den neuseeländischen Behörden bei der Einwanderung zu hören... Nur so aus rein theoretischem Interesse... Da sich die beiden rein vegan ernähren, hatte ich einen Obstsalat und eine Soße aus Kokosnuss"sahne", mit etwas Erdbeermarmelade verrührt, vorbereitet, dazu frischen Pfefferminztee aus Monis Garten. Das war lecker! Kokossahne habe ich hier kennengelernt. Sie ist weiß und dickflüssig wie "richtige" Sahne und wird aus dem Fleisch der Nüsse herausgepresst, so weit ich weiß. Man kann sie überall im Supermarkt, in Dosen abgefüllt, kaufen und, wenn man auf Milchprodukte verzichten muss oder möchte, für ähnliche Zwecke gut einsetzen. Sollte man in Deutschland auch mal einführen... oder gibt es sie vielleicht schon? Wir schnabulierten gemeinsam, spazierten dann weit den Strand entlang, bis Andrea eine Fahrt in die Stadt und dort einen Kneipenbesuch "auf ein Bierchen" vorschlug.
So kamen wir doch nochmal ins Stadtzentrum und lernten eine gemütliche Szenekneipengegend kennen, wie wir es uns gewünscht hatten!
Eine gemütliche Hinterhofgemeinschaft aus mehreren Kneipen, abseits der Straßen und mit einer künstlerisch gestalteten zentralen Sitzecke, stimmungsvoll beleuchtet und windgeschützt, sehr nett. Harry besorgte am Tresen einer der Kneipen einen großen Krug Bier für uns alle und wir setzten uns draußen, aber in der Nähe eines wärmenden Gasbrenners, an einen Tisch. Nachdem noch ein Zweiter dieser Krüge geleert, viele Worte und geraume Zeit vergangen waren, brachten sie uns mit ihrem Wagen zurück und verabschiedeten sich, denn sie hatten ja noch eine lange Autofahrt vor sich.
Montag, 19.04. - Christchurch
Wir packen. Ein letzter Spaziergang am Strand und durch New Brighton bei herbstlichem Wetter.
Ich bekomme ein großes Geschenk von Moni: die zweite Reiki-Einweihung. Danke, Moni!!
Abends kochen wir zusammen ein Abschiedsessen: Reis, ein leckeres gemischtes Pfannengemüse mit viel Knoblauch und Ingwer, dazu eine köstliche Soße aus Kokosmilch mit grüner Currypaste, hmmm!
Einmal werden wir noch wach...
Dienstag, 20.04. - Flugplatz Christchurch
Nun geht es wieder los: wir verlassen nach drei Monaten Neuseeland.
Moni hat uns freundlicherweise nach einer letzten Runde durch die Stadt und einem kurzen Abschiedsbesuch bei Jonathan,zum Flieger gebracht.
Hier sitzen wir nun, eingecheckt und abgefertigt, am Gate 29 und haben noch eine Stunde Zeit, bevor wir einsteigen dürfen.
Christchurch glänzt heute wieder im strahlenden Sonnenschein, nachdem wir gestern schon dachten, die dunklen Wolken und der kühle Wind seien genau richtig, um uns den Abschied leichter zu machen. Und während in Europa immer noch das Aschenwolken-Chaos auf den Flughäfen herrscht, wird hier in typisch neuseeländischer Ruhe "business as usual" abgefertigt.
Nach zweieinhalb Stunden Flug erwartet uns heute nachmittag die 4-Millionenstadt Sydney. Dagegen ist die "Großstadt" Christchurch mit ihren 500000 Einwohnern ein Dorf!
Wir sind uns einig: Neuseeland ist ein Land, in dem wir uns vorstellen können, zu leben. Sowohl die herrliche Natur als auch die Menschen, so zusammengewürfelt aus vielen Nationen, gefallen uns sehr. Hier kann man sich (noch) freier bewegen, als in Deutschland, wo vieles so überreguliert ist, und es gibt noch Marktlücken für eigene Geschäftsideen.
Überall ist man in kürzester Zeit mitten in der Wildnis, in der man höchstens mal einen anderen outdoorbegeisterten Menschen, aber keine Bären, keine Giftschlangen und auch sonst keine gefährlichen Viecher trifft.
Die Südinsel, nur etwas kleiner als Deutschland, aber nur von etwa 1 Million Menschen bewohnt, bietet genug Platz zum Leben und Spielen, die Nordinsel mit den restlichen 3 Millionen Kiwis ist immer noch deutlich dünner besiedelt als irgendein mitteleuropäisches Land. Zumal 2 Mio davon in und um Auckland leben...
Klimatisch kann man sich von rau und windig bis subtropisch aussuchen, was einem zusagt und in geringer Flugentfernung findet man, z.B. in Australien weitere interessante Ziele oder auf irgendwelchen südpazifischen Inseln einen Platz zum Seele und Füße baumeln lassen. Alles weit entfernt vom hektischen Geschehen an anderen Orten dieser Welt.
Ich schätze, wir kommen wieder...
Nach einem ruhigen Flug landete der Airbus 320 nach einer kleinen Ehrenrunde über der Stadt mit Blick auf Harbour Bridge und City sicher in Sydney.
Die Einreise machte keinerlei Probleme und Mick kam eben vom Parkplatz, als wir durch die Quarantäne durch und aus dem inneren Bereich des Flugplatzes herauskamen. Wir wurden freundlich begrüßt, verstauten das Gepäck in Micks schnellem blauen Auto und rauschten ab. Er führte uns für einen ersten Eindruck einmal durchs Zentrum, über die Harbour Bridge und dann besorgten wir erstmal was zu futtern. Ein einfaches Take away-Futter war schnell besorgt. Dann spazierten wir zum nördlichen Ufer des Harbours und setzten uns zum Essen auf eine Parkbank mit Blick auf die erleuchtete City mit der Silhouette des berühmten Opernhauses. Das war mal ein Anblick!!
Schiffe kreuzten auf dem Wasser, die Luft war angenehm feucht-warm und wir sind nun tatsächlich in Australien!! Ich kann es noch gar nicht fassen!
Mittwoch, 21.4. - Sydney
Morgens war Mick schon aus dem Haus, als wir allmählich zu uns kamen. Wir frühstückten auf dem Balkon unter großen Palmen, es war warm und sonnig. Bald wurde uns allerdings bewusst, dass Mick seinen Balkon wohl lange nicht genutzt hat: an den Stühlen und am Tisch nisten Wespen und denen gefiel es gar nicht, dass wir uns in ihren Lebensbereich einmischen wollten. Solange wir nur ruhig dort saßen und unseren Kaffee schlürften, waren sie nur mittelmäßig beunruhigt, aber als ich mir den Besen schnappte, um die Rückstände einer ehemaligen Possumwohnung zu beseitigen, wurden sie böse. Eine stach mich ins Bein, ich zog mich vorläufig zurück. Mit einer Stadtkarte im Gepäck marschierten wir los, Einkäufe machen und die Umgebung erkunden. Micks Wohnumfeld in der Nord-City ist eine Siedlung aus kleinen Mehrfamilienhäusern, die umgeben sind mit subtropischen Pflanzen, hinter den Häusern ein eingezäunter Gemeinschafts-Poolbereich unter Palmen und Bananenstauden. Unter den Häusern haben alle Bewohner ihre Garagenplätze. Wir spazierten durch Straßen mit schönen älteren Einfamilienhäusern - viele sehen sehr britisch aus - die Gärten wunderschön, blühende Hibiscus- und andere tropische Büsche und Bäume. Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir die Einkaufsgegend, die Mick uns genannt hatte: eine eindeutig asiatisch dominierte Region mit vielen kleinen Geschäften und einer großen modernen Mall. Dort fanden wir alles, was auf unserem Zettel stand und noch viel mehr. Da Micks Küche nach Junggesellenart ziemlich leer war, kauften wir größere Mengen an frischen Lebensmitteln ein und fuhren mit vielen schweren Tüten bepackt, mit dem Bus wieder in unser neues temporäres Zuhause. Der Bus kostete für jeden 3,3 Dollar, vielleicht sollten wir uns doch eine Wochenkarte für 41 Dollar kaufen. Damit kann man alle Busse, Fähren und Züge im Stadtgebiet unbegrenzt nutzen... Die Preise der Lebensmittel sind gewöhnungsbedürftig: Obst und Gemüse ist teilweise doppelt so teuer wie in Neuseeland, Milchprodukte sind dagegen verhältnismäßig günstig: ein Pfund Butter 3 D., 2l Milch 2,5D. Das einzige "echte" Vollkornbrot, das wir fanden, ließen wir liegen: 8D. waren uns für ein kleines Brot dann doch zu viel. Der nette Busfahrer half uns, die richtige Haltestelle zum Aussteigen zu finden, von dort brauchten wir unsere Lasten nur noch etwa 200m weit bis zum Haus tragen. Nun ist der Kühlschrank voll für die nächsten Tage. Mick wird staunen, wenn er nach Hause kommt. Er sagte gestern: "make yourselves at home!" und das machen wir dann auch.
Nachdem alles verstaut war, rein in die Badesachen und ab in den Pool. Was für ein Luxus! Das Wasser wird über eine Solaranlage aufgeheizt, ist daher leicht temperiert. Eine Vogelfamilie nutzte ebenfalls die Bademöglichkeit: vier der wegen ihrer durchdringenden Schreie "Noisy Miner" genannten starengroßen grauen Vögel saßen auf einem Eisengeländer und starteten von dort aus zu kleinen Baderunden. Sie ließen sich aus der Luft ins Wasser fallen und starteten wieder durch, zurück zum Geländer, wo sich dann ausgiebig geschüttelt und geputzt wurde. Die Jungvögel trauten sich erst nicht richtig und brauchten mehrere Anläufe, bis sie endlich nass waren. Ein lustiger Anblick!
voriges Tagebuch Neuseeland April 2010 (Weltreise Tagebuch 97) nächstes Tagebuch
copyright Globusbiker