Südamerika Reiseberichte

Chile
 
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Dienstag, 11.03. - Irgendwo Richtung Ralco
Warum muss nur das Pendel immer so schnell zurückschlagen? Nach der absoluten Entspannung gestern folgte postwendend die absolute Anspannung heute. Wir ließen uns auf das Abenteuer einer unbekannten Piste ein und sitzen nun in unserem Zelt mitten in der Wildnis, nach Aussage eines Paysanos noch 12km von der normalen Schotterstrecke entfernt und haben in der letzten Stunde vor Feierabend nur 6 km abenteuerlicher Bergstrecke mit Wasserdurchfahrten und steilen gerölligen Auf- und Abfahrten geschafft. Total durchgeschwitzt und kurz vorm Verzweifeln bauten wir uns erstmal ein Nachtlager - zum Erholen und Überlegen, wie es weitergeht.
Wir hatten uns in Lonquimay nach der Strecke erkundigt: ja, sie sei fahrbar, man müsse nur ein Stück weit durch ein privates Gelände und sich dort ein verschlossenes Gatter öffnen lassen. Bis kurz vor dem Gatter war auch alles gut - eine schöne Strecke über dem Rio Biobio, gut zu fahren und ruhig. Dann sollten wir abbiegen, hatte man uns gesagt.
Und da fing das Elend an: erstmal ein unbeleuchteter schmaler geschotterter Tunnel, durch den ich fast blind fuhr, weil das schwarze Gestein das Scheinwerferlicht einfach verschluckt (wer mal Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer gelesen hat, kann sich vielleicht an den schwarzen Tunnel erinnern, der ins Drachenland führt...).
Das Tor brauchte für uns nicht aufgeschlossen zu werden, wir passten durch die schmale Seitentür und dann ging es los: schmal und felsig, kurvig rauf und runter, schmale festgetrocknete Spuren, wieder steil rauf, oben dicke Steine, auf der anderen Seite zwischen Felsen hindurch steil wieder runter, unten überquert ein fließender Bach den Weg, jenseits des Baches über weichen Schotter steil wieder hoch - 100m weiter eine Brücke aus sehr grob behauenen Baumstämmen etc. etc. und als wir gerade hofften, nun bald durch diese Achterbahn hindurch zu sein, erzählt uns dieser Mensch, dass es nochmal 12km so weiterginge und wir den schlimmeren Teil noch vor uns hätten! Da kann man doch nur verzweifeln!
Also schlafen wir nun erstmal drüber und nehmen uns für morgen nichts weiter vor als diese 12km, zur Not müssen wir an den schlimmsten Stellen die Moppeds einzeln durchschieben...
Wir hoffen, dass Thomas' Fuß, der von einem kleinen Sturz heute etwas verknackst und angeschwollen ist, morgen wieder belastbar ist. Wir brauchen ihn!

Mittwoch, 12.03. - nahe Chenqueco
Nach einem vollen Arbeitstag knapp 8km Strecke geschafft, heute bin ich zu erschöpft zum Schreiben!

Donnerstag, 13.03. - Termas Avellano
Nun ist alles wieder gut, die Zivilisation hat uns wieder und ich habe wieder Muße genug zum Erzählen. Fange ich erstmal beim gestrigen Tag an: zum Glück wieder blauer Himmel und kein Regen in Sicht - das wäre für unser Vorhaben katastrofal gewesen! Relativ gut ausgeruht schmiedeten wir beim Frühstück unseren Schlachtplan: jedes Stück Strecke wird erstmal zu Fuß erkundet und dann erst gefahren.
Der erste Anstieg sah schlimmer aus, als er war und wir fuhren beide problemlos hoch. Dann Helm ab, Jacke aus (uns war schon gut warm geworden) und die nächsten 100 m angeschaut: wo ist Platz genug zum Fahren, wo müssen wir die Spur wechseln, wo kann man zur Not anhalten? Der Hohlweg war fast durchgehend steil und bestand meist aus zwei sehr unterschiedlich hohen und z.T. sehr schmalen erdigen Spuren. In der Mitte häufig eine nicht zu befahrende geröllige Rinne, durch die das Waser abfließt, wenn es regnet. Die zu befahrenden Spuren wurden oft durch die hohe Böschung verengt, gegen die wir nicht mit unseren ausladenden Koffern stoßen durften, sonst hätte es uns sofort gekippt (diese Erfahrung habe ich in Marokko einmal gemacht, wo ich mich wegen eines scheinbar harmlos am Rand liegenden Felsens plötzlich in einer lehmigen Pfütze wiederfand..).
Da wir Richtung Norden unterwegs waren, blendete die Mittagssonne durch die Bäume und erschwerte zusätzlich die Sicht. Die Planung und das Rauf- und Runterklettern am Berg kostete mehr Zeit und Kraft als die kurzen Fahretappen zwischendurch, aber halfen sehr!
Zur heissesten Tageszeit erreichten wir nach drei (!) Km mühsam erkämpfter Bergauf-Strecke mit zum Glück nur einem harmlosen Ableger meinerseits einen Pass mit tollem Ausblick auf zwei Vulkane und einigen bewaldeten Bergrücken. Dort gönnten wir uns eine Mittagspause und versuchten, mit Karte und Kompass unsere Position zu bestimmen (bloß diese ganze Strecke nicht wieder zurück müssen!), bevor wir uns über ebenso steile, aber zusätzlich noch steinige Wege wieder an den Abstieg machten.
Meist ohne Motor, sondern nur mit Vorderbremse und Kupplung arbeitend, schoben wir uns Meter für Meter zwischen den Steinen bergab. Immer noch wussten wir nicht, ob wir noch auf der richtigen Strecke waren.
Es blieb steil und steinig, einige Strecken mussten wir uns gegenseitig hinunter helfen, dann, bei über 30°C, wieder rauf, das zweite Mopped holen, der Schweiss floss in Strömen.
Erschwerend für den Bergabtransport war Fosters abgefahrener Stollenreifen, der nur noch rutscht und keinen Grip mehr hat. Nachdem Thomas, der ja immer etwas mutiger vorwärts fährt, als ich, sich deswegen einmal abgelegt hatte, kam er auch lieber auf die oben beschriebene Technik zurück.
Am späten Nachmittag kamen wir in eine etwas offenere Gegend mit Wiesen, auf denen uns einige Apfelbäume ihre, wegen der Trockenheit dieses Sommers, kleinen Früchte zur Erfrischung abwarfen. Und nun konnten wir in geringer Entfernung einen Ort sehen, den wir mit unserer Karte nicht in Einklang bringen konnten!
Weiter ging es über eine kleine Baumstammbrücke und an einem Geröllabhang entlang, wo durch einen Erdrutsch die halbe Fahrspur fehlte und man daher recht genau zielen musste, um nicht auf dem kurzen Weg ins Tal zu gelangen. Einige hundert Meter konnten wir dort richtig fahren, sogar den zweiten Gang aus dem Tiefschlaf wecken, dann endete der Weg auf einer Wiese. Alle Autospuren, die uns bis dorthin geleitet hatten, waren zuende, jenseits ging es steil hinunter an einen Seitenfluss des Rio Biobio, auf dessen gegenüberliegendem Ufer der besagte Ort zu sehen war. Es gab keine Straße hinüber!!
Nach dem ersten Schock kletterte ich den Fußweg hinab, der zu einer recht neuen Fußgängerbrücke führt, kümmerte mich nicht um mein leichtes Gruseln bei der Überquerung derselben, viele Meter über dem Fluss, und stieg den Pfad auf der anderen Seite hoch, um jemanden zu suchen, den ich um Rat fragen könnte.
Es gab dort eine Straße zum Fluss, die zu der, im letzten Winter zerstörten, Autobrücke führt. Eine Gruppe von Arbeitern, die diese wieder reparieren, kam mir entgegen. Sie bestätigten mir, dass wir uns nicht etwa verfahren hatten, sondern die Straße tatsächlich nach Ralco weitergehen würde. Ja, die einzige Möglichkeit zur Überquerung des Flusses sei zur Zeit die Brücke, über die ich gerade gegangen war. "Das ist doch das Abenteuer, was ihr sucht!" lachte einer der Männer, dann gingen sie weiter, ihrem Feierabend entgegen, und ließen mich ratlos zurück.
Auf dem Rückweg besah ich mir den schmalen Weg also mit anderen Augen: aus dem "unmöglich" wurde allmählich ein "egal wie, wir müssen da hinüber" und so verschoben wir alles Weitere auf den nächsten Tag und bauten auf der Wiese unser Zelt auf.
Erstaunlicherweise bemerkten wir dort nun noch weitere Zelte mit einigen jungen Männern, die sich scheinbar gut amüsierten: wir hörten ihr Gelächter noch lange. Mir war etwas unwohl, weil ich mir nicht erklären konnte, was sie hierher verschlagen hatte. Nach Urlaubern sahen sie nicht aus mit ihren großen Säcken, die an ihrem Lagerplatz zu sehen waren. Ich legte mir vorsichtshalber das Bärenspray zurecht... Am frühen Morgen, nach einer unruhigen Nacht voller Gedanken über die Machbarkeit des geplanten Transfers, machte Thomas sich auf den Weg, einen eigenen Eindruck von der Aufgabe des Tages zu bekommen. Einigermaßen beeindruckt und nach Luft schnappend kam er nach einer halben Stunde zurück. Während wir versuchten, uns einen Plan zurechtzulegen, kamen drei von den Caballeros aus der Zeltnachbarschaft vorbei. Es zeigte sich, dass sie hier gezeltet haben, um Hagebutten zu sammeln, die sie dann für wenig Geld an Aufkäufer verkaufen. Nun wollten sie weiterziehen, um einen neuen Standort zu suchen. Da sie offensichtlich ins Dorf hinübergehen wollten, fragte ich sie spontan, ob sie uns helfen würden, Foster den Berg hinunter zu bringen. Ohne langes Zögern sagten sie zu und dann ging alles sehr schnell.
Wir waren noch nicht fertig mit Packen, aber nun ließen wir oben alles stehen und liegen und machten uns mit der freundlichen Hilfe zweier der Jungs auf den Abstieg mit unserem schweren Foster. Zu zweit bremsten wir von hinten, einer sorgte dafür, dass das Motorrad nicht zur Talseite vom Weg fallen konnte und Thomas versuchte, recht erfolgreich, mit Handbremse und Kupplung die Kontrolle zu behalten. In den steilen Spitzkehren hatten wir unsere Mühe, das schwere Stück Eisen zu halten, aber wie durch ein Wunder kamen wir nach einer halben Stunde unten bei der Brücke an. Das leichtere Stück war geschafft!
Über die Holzplanken der schmalen Brücke konnte Foster allein blubbern, dann ging es richtig los!
Vorsichtshalber bauten wir die Packtaschen ab, um kein unnötiges Gewicht bewegen zu müssen und lagerten sie vorläufig an einem Baum. Mit steineschleuderndem Hinterrad schoben wir die erste Steigung hoch, dann war Ende. EIn paar hohe Felsen auf einem Weg von knapp 80cm Breite waren so nicht zu überwinden. Das durchdrehende Rad schob sich schnell bis an den Abgrund, zu gefährlich: Thomas wäre unweigerlich mit abgestürzt! Nun brachten wir unser Abschleppseil zum Einsatz: einer unserer Helfer kletterte zu einem Baum und legte das Seil um den Stamm, das andere Ende knotete er gekonnt mit einem Palsteg am Kofferträger fest, damit Foster nicht zur Seite abdriften konnte. Und dann zogen, hoben und zerrten wir ihn über den Felsen. Allesamt waren wir nassgeschwitzt und vollkommen verdreckt von der nach hinten weggeschleuderten Erde, weiter ging's.
Eine vergleichsweise einfache Strecke folgte, wo Foster mit Motorkraft und zusätzlichen 2 Menschenstärken hinten, einer mit dem Seil von vorn, gut vorankam. Und dann standen wir vor der letzten Hürde: ein paar dicke runde Felsen treppenartig und seitlich versetzt liegend. Nach einigen erfolglosen Versuchen mit hilflos wegrutschendem Hinterrad hoben wir das Heck gemeinsam in die beste Position und wuchteten ihn irgendwie, mit aufsetzendem Motorschutz, über die Felsen. Geschafft!
Wir grinsten uns dreckig und japsend an, unsere Helfer verabschiedeten sich ohne Aufsehen, das angebotene Geld lehnten sie verlegen ab. Und vor diesen Leuten hatte ich gestern Angst??
Nun ging es zurück zu Jolly, der allein und wegen des überstürzten Aufbruches mit offenen Koffern drüben stand und wartete. Es war alles noch da. Wir versuchten erst einmal, an dem kleinen kalten Bach in der Nähe unsere Körpertemperatur auf ein normales Maß herunterzukühlen und packten dann das Zelt zusammen, schnürten alles auf Jolly fest und begannen den zweiten Teil der Arbeit. Erstaunlich einfach schob sich das leichtere Motorrad den Berg hinunter: ich brauchte Thomas' Hilfe fast nur für die Sicherheit, nicht zur Talseite zu kippen, und als seelischen Beistand, wenn ich mich nicht weiter traute. Nach nur 20 Minuten waren wir schon bei der Pasarela. Und genau in dem Moment kam einer unserer helfenden Engel mit zwei "frischen" Kollegen hinterher, um wieder mit anzupacken. Freiwillig!! So waren wir nun fünf Leute und ohne Gepäck flog Jolly nahezu den Berg hinauf: zwei hielten vorn das Seil, zwei sicherten hinten, Thomas saß im Sattel, denn ohne Gepäck habe ich auf dem ausgefederten Mopped keinen Kontakt zum Boden. Überhaupt kein Vergleich zu der vorherigen Aktion! Innerhalb einer Viertelstunde stand Jolly oben auf dem breiten Sandweg im Schatten eine Baumes und wir saßen glücklich hechelnd daneben. Die Jungs lehnten das angebotene Wasser ab, sie schwitzten zwar, aber wirkten längst nicht so angestrengt, wie wir uns fühlten...
Wir plauderten noch etwas, dann ließen sie sich zu dem nochmal angebotenen Schein überreden und verabschiedeten sich. Thomas ging hinterher, um schon mal ein Gepäckstück zu holen, während ich noch im Schatten sitzen blieb. Plötzlich tauchte der engagierteste unserer Engel wieder auf: einen meiner schweren Koffer auf der Schulter, den anderen unterm Arm! Grinste mir freundlich ins fassungslose Gesicht und stellte die Koffer neben das Mopped. Und schon tauchten die anderen beiden auf, jeder mit einem von Thomas' Koffern im Arm. Ich konnte kaum "muchisimas gracias" sagen, da waren sie wieder weg. Unglaublich!
Und damit endete dieses Abenteuer, einfacher als erwartet, und wir brauchten nur noch unser Gepäck zu sortieren und uns auf die Socken zu machen. In dem kleinen Ort, wo wir von den recht kleinwüchsigen Pehuenche (dem hier indigenen Volk) angeschaut wurden wie Wesen von einem anderen Stern, kauften wir das Nötigste ein und fuhren über die breite Schotterstraße davon.
Nun, wo das Adrenalin so langsam wieder abgebaut war, merkten wir erst, wie uns die letzten zwei Tage erschöpft haben und alle Glieder schmerzten. Langsamer als sonst folgten wir dem Straßenverlauf, der nun immer am Rio Biobio mit seinen Stauseen entlang geht und stoppten nach 30 km an einer kleinen Thermenanlage, die wir auf der Karte ausfindig gemacht hatten. Dort fand sich ein kleines weißgestrichenes Betonbecken mit heißem Wasser, einige Leute saßen am Rand und badeten ihre Füße darin. Naja.. Ein kleiner Campingplatz gehörte dazu, auf dem wir uns fallen ließen. Kurz vor Sonnenuntergang entdeckte ich unten am Fluss per Zufall ein Wasserbecken aus aufgehäuften Felsen und hielt meine Hand hinein: warm!
Niemand da, also kletterte ich in Unterwäsche hinein. War das herrlich, den verspannten und verdreckten Körper in das warme Wasser zu legen - mit Blick auf die Berge im Abendsonnenschein und dem kalten rauschenden Fluss ein paar Meer neben mir! Das war eine wahre Belohnung für die Anstrengungen und Ängste der letzten Tage!
Zu den Stauseen des Biobio gibt es noch zu erzählen, dass bei der Erbauung scheinbar alle Fehler gemacht wurden, die so häufig bei solchen Projekten vorkommen: die Einwohner des betroffenen Gebietes wurden weder um ihr Einverständis gefragt noch rechtzeitig informiert und 'ins Boot geholt', sie haben sogar bis heute noch keinen Anteil an der gewonnenen Elektrizität, für die sie ihr Land aufgeben mussten. Man ging über ihre Bedürfnisse und natürlichen Rechte einfach hinweg. Heute erinnern nur noch einige Parolen auf den Felsen an diese Zeit, die Kraftwerke laufen längst und schieben ihren Strom durch breite Trassen in die städtischen Regionen mit hohem Energiebedarf. Wenn man diese Erfahrungen bedenkt, kann man den Widerstand der Menschen im Süden gegen die geplanten Staudämme am Rio Baker gut verstehen...

Freitag, 14.03.
Morgens um 8 Uhr, was im Moment regelmäßig meine Uhrzeit zum Aufwachen ist, kletterte ich gleich wieder die Böschung hinab. Es war noch recht kühl, das Thermenbecken dampfte wie eine Bouillon im Teller. Die ersten Sonnenstrahlen zeigten sich auf den gegenüberliegenden Bergen, während ich im, heute ziemlich heissen, Wasser lag und das Leben in vollen Zügen genoss.
Und nun ist es mittags, die frisch gewaschene Wäsche flattert auf der Leine, Thomas kuriert seinen etwas schlappen Kreislauf im Zelt, während ich die Geschehnisse der letzten Tage Revue passieren lasse. Später fahren wir weiter nach Ralco, ein dringender Besuch im Internetcafe drängt uns hier fort.
Nach den letzten Kilometern ätzend wellblechigem Schotter in schöner Gegend beginnt der Teer, wir atmen auf. Ist es herrlich, so mühelos dahinzugleiten!
Die Landschaft veränderte sich, wir verließen die Berge und fühlten uns zwischen grünen Wiesen mit schwarzbuntem Vieh und Pappeln entlang der geraden Straße wie zuhause. Komisch, dass die Straßenschilder immer noch spanisch waren...
Nach dem dringenden Internetbesuch in Sta Barbara, einem wuseligen Städtchen ohne besondere Auffälligkeit, suchten wir einen Schlafplatz, was sich hier im stärker besiedelten Flachland als etwas schwierig erwies. Aber kurz vor Einbruch der Dunkelheit hatten wir eine unbeackerte Wiese gefunden, wo wir niemanden und uns niemand störte. Schon wieder zu spät um Kochen, also gab es "nur" etwas Brot.

Sonnabend, 15.03. - Nationalpark Laguna Laja
Morgens regnete es. Thomas spannte zwischen Zelt und Motorrädern unser gutes Tarp auf, damit wir im Trockenen unsere Frühstücksaktivitäten tun konnten und dann gab es nichts weiter zu tun, als das Ende des Regens abzuwarten, welches glücklicherweise am späten Vormittag eintrat.
Fast trocken konnten wir unsere Sachen wieder einpacken und nach Los Angeles (nein, nicht in Kalifornien!) fahren, einer etwas größeren Stadt. Die Luft roch nach Eukalyptus und Kiefern, als wir an großen Schonungen zur Holzproduktion entlangfuhren. Viele schnellfahrende Holztransportlaster machten uns auf der Straße dorthin das Leben schwer, aber wir kamen doch heil an und fanden im Zentrum der Stadt einen großen Supermarkt, in dem es Erdnussbutter, eine beliebte Schokonusscreme und sogar richtiges Vollkornbrot mit Leinsaat gab! Wir waren mal wieder nach dem Einkauf eine halbe Stunde damit beschäftigt, all die Köstlichkeiten in unser sowieso immer volles Gepäck zu verstauen. Erstaunlicherweise gelang es auch diesmal. Auf dem Parkplatz des Marktes traf Thomas, der bei den Moppeds wartete, ein Weltenbummlerpaar aus Rosenheim im Landrover. Leider kam ich zu spät zurück, da waren sie gerade abgefahren.
Wir beschlossen, nochmal einen Abstecher nach Osten in den Nationalpark Laguna Laja zu unternehmen und dort evtl. den dringend notwendigen Ruhetag einzulegen. Wir fuhren also die 80 km Teer, erst durchs Flachland, dann bei wieder zunehmender Bewölkung in die Berge, bis der Teer wieder endete und wir ein kurzes Stück über den Schotter zum Eingang des Nationalparkes holperten. Der avisierte Campingplatz sei gerade geschlossen, aber man könne auch an der Lagune, 7 km weiter oben, zelten, sagte uns der freundliche Ranger. Das hörte sich gut an und so ging es über sehr unangenehmen Schotter weiter bergauf. Was wir nicht bedacht hatten, war die Tatsache, dass die Lagune durch einen Vulkanausbruch entstanden ist. Dabei wurde ein großer Lavadamm aufgeschüttet, der den Rio Laja zu einem großen See aufgestaut hat. Das bedeutete, dass es zwar einen schönen See gibt, dieser aber in einer gespenstisch anmutenden Abraumhalde von vulkanischem Gestein kahl daliegt. Bei dicken dunklen Wolken und einem recht scharfen Wind keine gemütliche Atmosphäre für unseren Ruhetag! Wir schauten uns daher nur etwas um und wendeten dann unsere Pferdchen wieder dem Tal zu. Da es mit leuchtenden Farben dem Sonnenuntergang entgegen ging, suchten wir uns ausserhalb des Nationalparkes ein Schlafzimmer und fanden beim letzten Tageslicht ein verlassenes Grundstück mit versteckten Ecken unter Bäumen, wo wir ruhig schlafen konnten.

Sonntag, 16.03. - Los Angeles
Wir sitzen unter einer Weinpergola mit dicken Trauben, die uns beinahe in den Mund wachsen und haben uns zur Feier des Sonntages mal wieder zum Mittagessen eingeladen. Für mich findet sich auf den Speisekarten immer etwas, Thomas' ungewöhnliche Menüfolge erstaunte den jungen Kellner sehr und er brachte den Nusskuchen mit Eis vor dem Tomatensalat...
Wir wollen heute Richtung Meer fahren. Die Costa del Carbón, die Kohlenküste, südlich von Concepcion, soll schöne Strände und touristisch zu besichtigende stillgelegte Kohlenminen zu bieten haben. Vielleicht gibt es dort einen schönen Platz für unseren Ruhetag?
Die Strecke war doch zu weit für heute, darum sind wir spontan von der Straße abgebogen, als dort ein Schild auf Bade- und Picknickmöglichkeiten hinwies. Nach 6 km Piste erreichten wir einen kleinen Fluss, der sich durch die trockenen Hügel schlängelt. Dort betreibt jemand eine kleine Badeanstalt, die allerdings Eintritt kostet. EIn paar Meter weiter fanden wir kleine Wege, die auch an den Fluss führen. Wie üblich etwas müllig, aber sonst sehr nett.
Wir schauen jetzt auf einen Hügel mit jungen Kiefern jenseits des Flüsschens und haben unsere Ruhe. Ein leiser Abendwind bläst, Vögel erzählen sich was vor dem Schlafengehen, eine große bräunliche Vogelspinne auf der Zufahrt hat uns freundlich begrüßt und in ihrem Revier willkommen geheißen.

Montag, 17.03. - Ruhetag am Rio Deuco nahe Angol
Nur eine einsame Kuh, die auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses durch das trockene Gehölz brach, störte unsere abendliche Ruhe kurzfristig, ansonsten war es mucksmäuschenstill in der Nacht, die vom verkehrt herum zunehmenden Mond beleuchtet wurde. Wir beschlossen angesichts des netten Platzes und angenehmen Wetters, hier unseren Ruhetag zu zelebrieren und tüddeln nun mit der Organisation einer heissen Dusche aus dem Wassersack und anderen Kleinigkeiten herum, hören Musik und genießen den freien Tag.

Dienstag, 18.03. - auf der Straße nach Los Sauzes
Nach den ersten 11 km Strecke des Tages fing Jolly bei 90km/h plötzlich an zu schaukeln. Ich konnte noch kontrolliert anhalten, um dann einen platten Hinterreifen zu entdecken. Im Schritttempo fuhr ich zu einem breiteren Stück Seitenstreifen und wartete dort, bis Thomas zurückkam, der vor mir gefahren war. Er war von dem Bus, der mich überholte, als ich anhielt, angeblinkt worden und kam daher schnell wieder. Wir bockten das Hinterrad mit den Koffern auf und fanden im Profil erst einen langen Nagel, dann noch einen!?
Da wir bisher noch nie unterwegs einen Platten hatten, nahmen wir's mit Gelassenheit und bauten das Rad zur Reparatur aus. Bald hatten wir zwei Flicken auf den Schlauch geklebt und konnten mit dem Aufpumpen anfangen. Mit der kleinen Reisepumpe dauerte es eine knappe Stunde, bis wir immerhin 0,7 bar im Reifen hatten. Das war uns zu mühsam und so beschlossen wir, mit dem halb gepumpten Reifen langsam zur nächsten Tankstelle zu fahren, die wir in ca 30km vermuteten. Also langsam losgefahren, bis 70km/h konnte ich recht stabil fahren. Nach 17 km das gleiche Spiel: Jolly fing an zu schaukeln, ich hielt an: wieder platt!
Same procedure: aufbocken, ausbauen, Loch suchen, nix finden, vorsichtshalber Flicken wieder runter und neu geklebt, pumpen, pumpen, pumpen. Nach einer halben Stunde immer noch kein vernünftiger Druck.... was tun?
Wir haben ja zum Glück noch ein zweites Motorrad und darum sitze ich jetzt hier allein im Wind beim einbeinigen Mopped und hoffe, dass Thomas im nächsten Dorf irgendwas erreicht und bald mit einem Luft haltenden und aufgepumpten Hinterrad zurückkommt. Immerhin scheint ja die Sonne, wenn der Wind heute auch recht frisch ist.
Jaja, auch auf Teerstraßen kann man Abenteuer erleben...



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