Südamerika Reiseberichte

Bolivien
 
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Sonntag, 22.06. - Rurre
Kühl und grau zeigt sich der gestern offiziell begonnene Winter von seiner besten Seite. Laut Wetterbericht wird sich daran in den nächsten Tagen wohl auch nichts ändern. Also haben wir die Wahl zwischen frustriert abziehen oder warten, bis sich die Sonne wieder zeigt. Ich bin für letztere Möglichkeit, mal sehen, wer länger kann, das kalte Wetter oder wir!
In der Nacht wurde in unserer direkten Nachbarschaft Geburtstag gefeiert, was wir daran merkten, dass eine mehr laute als begabte Blechblaskappelle vor dem Haus Musik machte und das fast bis zum frühen Morgen. Dagegen kam nicht mal die ebenfalls direkt benachbarte "Jungle-Bar" mit ihren Rock- und Salsaklängen an. Die Mischung der Klänge war allerdings besonders interessant, die Ohrstöpsel kapitulierten. Daher schliefen wir morgens länger als gewohnt und standen erst sehr spät bei unserem Deutsch sprechenden Freund Carlos zum reichhaltigen Frühstück auf der Matte.
Erstmal haben wir genug Internetarbeit zu tun, dafür kann das Wetter ruhig so sein.
Und um hier in den Bergen herumzulaufen, ist es auch okay, wenn es nicht so warm ist. Es werden viele verschiedene Touren angeboten, von einem halben bis zu 5 Tagen ist alles dabei. Dabei kostet ein Tag zwischen 20-40 USD - all inclusive.
Nach einem geruhsamen Tag besuchten wir am Abend besagte Jungle-Bar, die mit einer langen Liste von Cocktails, guter Musik und einigen Billardtischen anscheinend recht gut verdient: viele junge Touristen füllten den mit kleinen Dächern aus Palmblättern, Tischen aus großen Baumscheiben und Lampen aus Kokosschalen passend zum tropischen Umfeld gestalteten Schuppen. Auf einem katastrophalen Tisch schoben wir seit langer Zeit zum ersten Mal wieder ein paar Billardkugeln (hab ich Kugeln gesagt?) und verfolgten nebenbei auf dem großen Fernsehschirm das Europameisterschaftsspiel zwischen Spanien und Italien.
Die Musik aus der Bar begleitete uns danach wieder durch die halbe Nacht, heute allerdings ohne blechgeblasene Konkurrenz. Ich glaube, wir suchen uns mal einen ruhigeren Schlafplatz...
Bis abends haben wir herausgefunden, dass es in Rurrenabaque scheinbar unmöglich ist, einigermaßen billig an Bargeld zu kommen. Wir sind so verwöhnt von der modernen Technik des Geld-aus-Wand-ziehens, dass wir gar nicht auf die Idee gekommen waren, dass es irgendwo keine Geldautomaten geben könnte. Okay, hier gibt es keine! Auch in Reyes, der nahegelegenen etwas größeren Stadt, nicht. Das sollten Reisende, die hierher fahren wollen, bedenken und sich in La Paz mit ausreichend Cash versorgen! Statt eines Geldautomaten gibt es hier ein Büro der Prodem, die die lokale Bevölkerung mit Bargeld versorgt. Dort kann man über Visa- oder mastercard Bargeld bekommen. Dafür kassiert Prodem 5,3% Provision. Dazu kommt dann noch die Gebühr des Karteninstitutes, so kommen wir auf ca. 10% Kosten für das Geld, was wir hier einkaufen. Puh, das ist viel!!
Wenn wir hier eine Tour buchen, können wir das evtl. über Visa abrechnen, aber auch das ist kompliziert: der Touranbieter hat hier kein Visa-Lesegerät, nur seine Organisation in La Paz hat eins. Also muss die Karte mit dem Flugzeug dorthin geschickt werden, dort wird sie belastet und wieder zurückgeflogen. Und wenn wir von der Tour zurückkommen, haben wir mit Glück die Karte wieder hier. Vorsintflutliche Zustände!

Montag, 23.06. - Rurre
Da wir heute noch neue Radlager für Foster gekauft haben (ja, so was gibt es hier zu kaufen, weil fast der gesamte Verkehr hier über Motorradtaxen abgewickelt wird und es darum einen ganzen Laden für Moppedersatzteile gibt), sind wir nun so pleite, dass wir nicht mehr genug Cash für ein Abendessen übrig hatten. So gab es mal wieder ein selbstgekochtes Einfachsüppchen, war auch lecker. Morgen müssen wir dann in den sauren Apfel beißen und die Prodem füttern.
Gegen Abend begann es überall in der Stadt zu knallen und zu pfeifen und wir erfuhren von unserer Hotelwirtin: heute ist "el dia de San Juan", der Johannestag, der hier gefeiert wird wie bei uns Silvester. Na, so ein Glück, da brauchen wir uns ja um die Nachtruhe keine Gedanken zu machen!
Auf einem Spaziergang fanden wir außer fleißig herumballernden Kids einige schöne Lagerfeuer - so kam ich doch noch zu meinem geliebten Sonnwendfeuer. Interessant war zu sehen, dass heute Abend kaum Touristen unterwegs waren, fast ausschließlich fröhlich feiernde Einheimische trafen wir in den Straßen.

Dienstag, 24.06. - Rurre
Dank Ohrstöpseln schliefen wir unerwarteterweise recht gut.... Nun werden wir mal unser Finanzproblem lösen und dann unsere Dschungeltouren weiter planen. Das Wetter hält sich an die Vorhersage, es ist weiterhin bedeckt mit einzelnen Sonnenstrahlen und kühl, was hier so ca. 20°C bedeutet.
Nach einigem Vergleichen und Herumfragen buchten wir heute Nachmittag eine Pampastour für 450 Bs pro Person (plus 150 Bs Eintritt für den Nationalpark). Für drei Tage und zwei Übernachtungen mit voller Verpflegung, Guide, Bootstouren und Jeeptransport ist das wirklich nicht zu teuer! Motorräder und Gepäck dürfen beim Hotel bleiben, morgen um 8:45 Uhr geht's los. Hoffentlich spielt das Wetter mit!

Mittwoch, 25.06. - zum Campamento am Rio Yacuma
Um sechs Uhr klingelte heute Morgen der Wecker, es war noch ganz dunkel. Etwas unwillig schälten wir uns aus dem warmen Schlafsack, frühstückten im Dämmerlicht und packten unser Tourgepäck. Die Moppeds wurden unter dem Tarp versteckt und in die Nähe der meist offenen Hintertür des Hotels unter Aufsicht gestellt.
Pünktlich standen wir beim Touranbieter vor der Tür. In allen Straßen war Geschäftigkeit angesagt, überall fuhren Tourguides mit leeren Benzinkanistern herum, auf der Suche nach dem knappen Stoff. Es scheint mit dem Nachschub nicht zu funktionieren, vielleicht aufgrund der häufigen Blockaden? Das Wenige, was hier ankommt, gerät leicht in die falschen Hände, wie mir Donato, der Touranbieter, erzählte: einige Leute kaufen gleich 200 oder mehr Liter und verscherbeln es weiter zum dreifachen Preis, der Schwarzhandel blüht... Darum ist die Abgabe limitiert, die Touranbieter haben Berechtigungsscheine, mit denen sie theoretisch Benzin kaufen können, wenn da nicht die Praxis anders wäre.
Uns betraf dieses Problem heute glücklicherweise nicht, wir stiegen in unseren Landcruiser, in dem schon sechs junge englischsprachige Leute saßen und fuhren ab. Ein Mädel und fünf Jungs aus England und Irland begleiteten uns, alle so Anfang/Mitte zwanzig und ganz nett. Einige von ihnen haben innerhalb eines halben Jahres China, Thailand, Australien, Neuseeland und Südamerika abgeklappert! Die Welt als Crashkurs, sozusagen..
Drei Stunden dauert die Tour mit dem Auto bis nach Santa Rosa, die Piste ist eher nicht so toll: holperig, mit dicken Flusskieseln unregelmäßig bestreut und sehr staubig. Die Steine knallten ständig beängstigend laut von unten gegen das Auto, aber da der Fahrer, ein sehr vorsichtiger und konzentrierter Mann mittleren Alters, sich davon nicht beeindrucken ließ, taten wir es auch nicht. Spannend waren nur die wenigen Überholmanöver, die beim Auftauchen der langsam fahrenden LKW fällig waren. Deren Staubfahnen waren so groß und dicht, dass man weder sehen konnte, ob Gegenverkehr kam, noch überhaupt die Straße direkt vor uns. Erst beim Vorbeifahren klärte sich die Sicht wieder. Zur Unfallvermeidung schaltete der Fahrer in den Staubwolken das Licht am Auto ein. Viel hilft das im Zweifelsfall wohl nicht.
In Santa Rosa bezahlten wir unsere 150 Bs Eintritt zum Nationalpark und wurden an einem Restaurant zum Mittagessen abgeladen. Im Garten, den eine Menge interessanter Tiere bevölkerte, war für uns ein Tisch gedeckt und wir bekamen eine brauchbare warme Mahlzeit. Für Thomas gab es anstatt einiger zäher Stückchen Rindfleisch etwas Rührei mit Tomate, guter Service!
Drei große Aras liefen dort krächzend in der Gegend herum, ein hirschartiges neugieriges Wesen mit einem verkehrt herum wachsenden Gehörn wollte mit uns rangeln, eine Menge kleiner dünner Kätzchen maunzte hungrig, als es nach unserem Essen roch.
Noch zehn Minuten weiter mit dem Jeep kamen wir an die Verschiffungsstelle am Rio Yacuma, wo wir alles Gepäck ausluden und auf unser Boot warteten. Um die Mittagszeit ist dort anscheinend großer Touristenumschlag: die einen kommen von ihrer Tour, die anderen übernehmen dieselben Boote, um ihre Tour zu starten. Die langen, schmalen Holzboote scheinen den Touranbietern zu gehören, jeder Guide bringt seinen Außenbordmotor mit. Rechtzeitig zum Start des eigentlichen Unternehmens ließ sich auch die Sonne blicken, es wurde angenehm warm.
Als wir an der Reihe waren, luden wir unser Gepäck und die Lebensmittelvorräte ins Boot und brausten los. Gleich auf den ersten Metern sahen wir Alligatoren (3-5 Meter lang, hell gemusterte Färbung, wenig gefährlich für Menschen), Kaimane (fast schwarz, stärker geschuppt, 5-8 Meter lang, greifen Menschen an) Capybaras (größtes Nagetier der Welt, verwirrenderweise auch Wasserschwein genannt) und sich sonnende Wasserschildkröten am Ufer des schmalen braunen Flusses. Unser Guide kannte sich sehr gut aus mit all den Vogelarten und Reptilien, die hier zuhause sind. Er rief von seinem Platz am Außenborder, wenn es wieder etwas zu sehen gab, die englischen Namen der Tiere. Einige junge Flussdelfine, erkennbar an der noch nicht rosa, sondern grau gefärbten Haut, spielten in der Nähe des Bootes herum und verschwanden wieder in der braunen Suppe.
Weiter und weiter fuhren wir über die Windungen des Flusses, konnten hier und da mal in Nebenarme hineinschauen. Verschiedene Reiherarten, Kormorane, Adler, Störche, Pampacondore, Königsfischer und viele andere Vögel wurden bewundert und fotografiert. Schließlich erreichten wir das Campamento, in dem wir die nächsten zwei Nächte verbringen werden, luden alles Gepäck wieder aus und wurden mit einer Tasse Kaffee und Keksen empfangen.
Das Campamento besteht aus einigen Holzhäuschen, die untereinander mit hochgelegten Holzstegen verbunden sind. Einfache Zimmerchen mit jeweils zwei Betten, über jedem Bett ein Moskitonetz, sind in den Häuschen optisch voneinander abgetrennt, die Türen sind mit drehbaren Holzklötzchen zu schließen. Also alles richtig einfach, aber sauber und zweckmäßig. Die Sanitarios bestehen aus zwei Duschmöglichkeiten und zwei Spülklosetts, die über große Wasserspeicher auf dem Dach versorgt werden. Das ganze befindet sich unter großen Bäumen in einer Außenkurve des Flusses. Auf dem größten Baum befindet sich das Nest eines Storches, des größten Vogels der Pampa. Entsprechend groß sind auch die Mengen an Kot, die diese Vögel, lässig den Schwanz über den Nestrand haltend, von sich geben. Direkt unter dieser prädestinierten Stelle steht hinterhältigerweise eine Bank. Auf dieser saßen Thomas und ich, als es plötzlich anfing, weiß gefärbt zu regnen.
Als die Sonne schon tief stand, setzten wir uns wieder ins Boot und fuhren zu einer "Sunset-Bar", wo sich einige Gruppen zum Bier trafen. Von einer auf Stelzen gebauten Plattform konnten wir dort über der Pampa den Sonnenuntergang bewundern. Erst als es komplett dunkel war, fuhren wir langsam wieder zurück.
Im Schein der Taschenlampen sahen wir am Ufer und im Gestrüpp die Augen der Kaimane und Alligatoren rötlich leuchten. Ohne Motorgeräusch glitten wir langsam stromabwärts unter dem klaren Sternenhimmel, viele Leuchtkäfer blinkten um uns herum. Ein unvergessliches Erlebnis!
Zurück im Campamento trafen wir mit einer anderen Gruppe zusammen, die auch dort untergebracht war und saßen nach dem Abendessen noch ein Weilchen am Lagerfeuer zusammen, bevor sich alle unter ihre Moskitonetze verkrochen und Ruhe im Lager einkehrte.

Donnerstag, 26.06. - im Campamento
Gut ausgeschlafen erwachten wir kurz vor dem Frühstück. Es gab frische Früchte, Käse-Empanandas, kleine Pfannkuchen mit Marmelade, Kaffee, Tee, sehr lecker.
Für heute Vormittag stand ein Gummistiefelspaziergang durch die Sümpfe, auf der Suche nach Schlangen, auf dem Programm. Gummistiefel standen in großen Mengen zur Auswahl, leider hatten viele kleine oder größere Löcher. Nachdem ich lange nach zwei, in der Größe zusammenpassenden heilen Stiefeln gesucht hatte, erschien es mir, als sei ich gut versorgt. Ich hatte allerdings, wie sich später herausstellte, in kleines Löchlein übersehen, durch das sehr bald das lauwarme Sumpfwasser hereindrückte.
Wir fuhren ein Stück mit dem Boot flussaufwärts und gingen dann querfeldein in den Sumpf hinein. Mit langen Stöcken ausgerüstet teilten wir uns auf und suchten im hohen Gras nach Schlangen. Als erstes fand ich eine ca. 1,5m lange Kobra, die sich allerdings schnell zurückzog, als sie sich entdeckt fühlte. Ich war so begeistert, dass ich gar nicht auf die Idee kam, sie zu fotografieren. Lange Zeit passierte dann gar nichts, wir stakten schmatzend durch den Matsch und suchten erfolglos nach Kriechtieren, mit uns in einiger Entfernung noch andere Gruppen. Auf einmal verbreitete sich die Nachricht, eine andere Gruppe weiter vorn habe eine Anaconda gefunden. Alles lief zu der Stelle, wo 20 Touristen um eine ca. 2,5m lange Anaconda herumstanden, von denen jeder ein Foto von sich, die arme Schlange am hinteren Ende haltend, haben wollte. Sie bemühte sich, so verzweifelt wie erfolglos, von den Menschen wegzukommen. Erst als die Guides dem Treiben ein Ende bereiteten, wurde sie einmal kurz abgewaschen, um Rückstände von Mückenmitteln zu entfernen und durfte wieder in Freiheit weiter kriechen. Auf dem Rückweg zum Boot fanden einige unserer Jungs noch eine zweite Kobra, die allerdings nur einmal kurz drohte, dann aber lieber schnell verschwand. Besser für sie!
Nass und verdreckt kamen wir zum sehr leckeren Mittagessen ins Lager zurück. Ein kleiner Alligator lag dort an der Bootsanlegestelle im ufernahen Wasser und ließ sich mit Essensresten füttern. Pasta fand er besonders interessant. Was er nicht erwischte, nahmen kleine Fische, die um ihn herum im Wasser wimmelten. Ein Kuhreiher saß in sicherem Abstand zum Alligator auf einem bodennahen Baumast und zog ebenfalls seinen Nutzen aus der Fütterung: ein Fischchen fiel seiner Gier nach Reiskörnern zum Opfer und wurde stattdessen selbst gefressen. Pech gehabt!
Nach dem guten Essen: Siesta in der Hängematte mit Blick über den Fluss, wo immer wieder Delfine zum Luftholen auftauchten und verschiedene Vögel vorbeischauten. Ein großer Schwarm Kardinalsvögel mit ihren roten Kappen war besonders auffällig.
Für den Nachmittag stand auf dem Tagesplan: Schwimmen mit den Delfinen. Dazu fuhren wir eine halbe Stunde mit dem Boot flussaufwärts, mit etlichen kurzen Zwischenstopps bei einer Gruppe Capybaras, einem recht großen Kaiman oder ähnlichem. Dann erreichten wir einen Nebenfluss mit recht ruhigem Wasser, wo sich außer drei Touristenbooten auch eine Gruppe Delfine aufhielt. Unser Guide erzählte, dass sie gern hierher kommen, weil sie an diesem Ort besonders gut fischen können. Sie treiben dabei kleine Schwärme zusammen, was wegen der örtlichen Gegebenheiten hier gut funktioniert. Während das Schwimmen im Fluss ansonsten wegen der vielen Kaimane nicht empfehlenswert ist, kann man im Revier der Delfine unbesorgt baden: wo sie herrschen, trauen sich die Kaimane nicht hin. Also sprangen einige von uns ins flache braune Wasser und warteten gespannt, was passieren würde. Es fanden auch tatsächlich einige Kontaktaufnahmen seitens der Delfine statt: einer der Jungs juchzte plötzlich etwas erschrocken, weil ein Delfin seine Hand im Wasser ins Maul genommen hatte. Er hatte die Zähne fühlen können, aber nur sehr sanft... Ein anderer wurde am Bein angestubst, alle waren hellauf begeistert. Ich hatte mich darauf beschränkt, die Videokamera zu schwingen und versuchte relativ erfolglos, die kurzen Momente des Auftauchens aufs Band zu bekommen. Die Tiere waren so schnell wieder weggetaucht, dass man meist nur das Atemgeräusch hörte. Wenn man dann den Kopf drehte, sah man oft nur noch eine kleine Welle. Im Gegensatz zu Salzwasserdelfinen ist die Rückenfinne der kleinen Flussdelfine (max. 2,8m Länge) weniger ausgeprägt und der Schnabel ist sehr schmal. An der Stirn haben sie eine ausgeprägte Wulst. Bismark, der Guide, warf als Spielangebot eine Plastikflasche aufs Wasser, sofort kam ein neugieriger rosafarbener Schnabel an und versuchte, die Flasche zu greifen.
Lange beschäftigten wir uns mit den Tieren, die sich gern von dem Boot zu kleinen Rennspielchen einladen ließen. Das laute Motorengeräusch schien sie dabei nicht zu stören.
Erst kurz vor Sonnenuntergang rissen wir uns von dem schönen Spiel los und suchten einen zweiten Sunset-Treffpunkt auf. Dort gab es einen kleinen Sportplatz, auf dem von anderen Gruppen und deren Guides schon fleißig Fußball und Volleyball gespielt wurde. Ein Bierchen am Rand des Spielfeldes als Absacker tat gut, dann ging es über den dunklen Fluss im schnellen Tempo "nach Hause", wo die abendlichen Nudeln schon warteten. Erstaunlich, wie sicher Bismark den Weg ohne Licht durch die vielen Kurven des Flusses fand!
Als wir dann nach dem Essen am Lagerfeuer saßen, kam die 5-jährige Araceli, die Tochter der Köchin, dazu und fing an, mit den Fingern im Staub neben der Feuerstelle zu zeichnen. Erst ein kleines Haus, dann ein größeres, mit Betten drin für ihre ganze Familie, inklusive der noch zu organisierenden kleinen Geschwister, dann die entsprechenden Menschen in den Betten, mit fünf Fingern an jeder Hand und Haaren auf dem Kopf. Dazu kam noch ein kleiner Anbau für die Katzen und eine Küche, sie malte und malte. Wenn das Feuer nicht mehr genug Schein warf, ging sie Holz nachlegen und malte dann an der Stelle weiter, wo sie aufgehört hatte. Wir bekamen auch noch ein Haus mit zwei Betten, wurden bildnerisch dargestellt, Thomas sogar mit seinem "Pauz" auf der Schulter. Da fiel ihr plötzlich was ein - sie lief los und kam mit einem kleinen Stoffhund wieder, den sie mir "als Erinnerung" schenkte. Wir nannten ihn "Ancielito" und er wurde mit einem schnell herbeigeschafften Stück Gummiband an meinem Hemd festgeknotet, damit auch er auf der Schulter zu sitzen käme.
So eine nette Geste von diesem Kind, das selbst nur so wenig hat! Ich war sehr gerührt...

Freitag, 27.06. - zurück in Rurre
Von eineinhalb Stunden Boots- und drei Stunden Jeeptour geschafft und verdreckt, aber glücklich über drei schöne Tage, sind wir wieder bei unserem Zelt angekommen.
Unser Tag begann gegen 6 Uhr morgens, als Bismark leise an die Türen klopfte, um uns zur Sonnenaufgangstour einzuladen. Mit noch halbgeschlossenen Augen saßen wir fünf Minuten später im Boot und fuhren ein kurzes Stück durch den Morgennebel. An einer Wiese stiegen wir aus, schon zwei andere Boote lagen dort vertäut. Hmmm, wieder nicht ungestört... Der Sonnenaufgang war wenig spektakulär und die anderen Gäste quatschten die ganzen morgendlichen Vogelstimmen über den Haufen, aber auf dem Rückweg warf die Morgensonne ein sehr schönes Licht auf die Pflanzen am Fluss. Immerhin etwas...
Nach dem guten Frühstück fütterte Araceli die kleinen Äffchen, die immer in der Nähe des Campamentos in den Bäumen herumtoben, mit Bananenstückchen. Sie stellte sich unter einen Baum und hielt ein Stück Banane in die Höhe. Nach einem kurzen Moment des Taxierens kam erst einer, dann ein zweiter Affe zu ihr und sie rissen ihr die Bananenstücke aus der Hand. Schnell brachten sie sich mit ihrer Beute in Sicherheit vor ihren Kumpels, die alle versuchten, dem Mutigen das Futter abzujagen. Großes Gezeter war die Folge. Araceli lachte laut vor Freude über die kleinen Gesellen.
Kurz danach stiegen wir wieder ins Boot, auf zum Piraña-Angeln! Bismark lenkte das Boot in einen seichten Nebenarm und teilte Haken mit auf Hölzern aufgewickelter Angelschnur und kleine Fleischstückchen aus. Sobald wir die Haken ins Wasser warfen, merkten wir, dass kleine Fischchen an dem Fleisch herumrissen. Der Trick sollte nun sein, dann schnell am Band zu ziehen, um dem Piraña den Haken in den Kiefer zu jagen. Bei Bismark klappte es auch einige Male, er zog insgesamt fünf ca. 10 - 15cm lange Pirañas aus dem Wasser. Die anderen hoffnungsvollen Angler fingen nur ein paar kleine Sardinen, die gleich wieder freigelassen wurden. Bei mir beschränkte sich die Aktion darauf, dass ich eine Menge kleiner Fische glücklich machen konnte: sie fraßen mir mit Begeisterung immer wieder den Köder vom Haken. War auch in Ordnung.
Die von Bismark gefangenen Pirañas wurden als zusätzlicher Leckerbissen zum Mittagessen gebraten - sie schmeckten wirklich gut, besser als das zähe Rindfleisch, das außer den Fischchen auf unseren Tellern lag, nur war natürlich nicht viel dran. Und nun mussten wir auch schon unser Gepäck ins Boot laden und Abschied nehmen von dem schönen Ort und den netten Leuten, die nächste Gruppe wartet pünktlich an der Verladestelle. Bismark verabschiedete sich schon dort: für ihn geht die Arbeit sofort weiter. Wir werden nun einen oder zwei Tage Pause machen und unsere Drecksklamotten waschen lassen. Dann geht es auf die zweite Tour: in den Dschungel wollen wir wandern mit einem Guide, der uns die Pflanzenwelt erklären wird. Davon später mehr!



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