Donnerstag, 20.09.07 - just arrived in Buenos Aires
Nach
langem ruhigem Flug sind wir in der 3-Millionenstadt (plus ca. 10 Mio.
im Umland) gelandet,
wo wir am Flugplatz abgeholt wurden, d.h. abgeholt werden
sollten.Abholung
kam nicht, Zettel mit Telefonnummer liegt zuhause im Bus, alles wird gut! Im
Internetcafe suchte ich die Telefonnummer der Schule heraus und Katja, Chefin
dort und aus der Schweiz hierher gezogen, versprach mir, sich um unsere
Abholung zu kümmern. Kurze Zeit später fing uns jemand ein, der uns mit einem
Adresszettel in ein offizielles und darum sicheres Taxi setzte. Nach Zahlung
von 79 Pesos wurden wir von einem freundlichen Fahrer sicher ins Getümmel der
Stadt und zu unserem neuen Heim gefahren.
Hier
haben wir jetzt ein nettes Zimmer ohne Fenster bezogen, der Kontakt zur
Sprachschule steht und wir werden nachher zur Planung unseres Unterrichtes mal
dorthin laufen, Entfernung ca. 10 Straßenblocks (hier Manzana=Apfel genannt).
Am Ende
des ersten Tages haben wir eine gefühlte Fußgröße von ca einem Quadratmeter und
haben die speziellen Herausforderungen der Stadt ganz gut gemeistert: wir sind
in keinen der millionenfach herumliegenden Hundehaufen getreten und haben trotz
verkehrt laufender Sonne letztendlich unser Quartier wieder gefunden.
Morgen
früh um 10 Uhr fängt die Schule an und wir sind für heute mit neuen Eindrücken
abgefüllt.
Freitag, 21.09. - Frühlingsanfang in Buenos Aires
Morgens
um 7:30 weckte uns das beharrliche Piepsen des Weckers unseres Zimmernachbarn
Marco aus Brasilien.
Auf dem Weg zur Schule waren wir wieder in der falschen Richtung unterwegs. Diesmal
bemerkten wir unseren Irrtum schon an der dritten Querstraße.
Inzwischen wissen wir auch, dass wir gestern beim
Einzeichnen unseres Basislagers um eine Querstraße verrutscht und darum jedes
Mal in die falsche Richtung losgelaufen sind. So lernten wir schon vor dem
Unterricht wieder etwas mehr von Buenos Aires kennen, als wir zeitlich
eingeplant hatten und kamen etwas spät und außer Atem in der Schule an. Aber da
wir hier in Lateinamerika sind, hatte noch niemand bemerkt, dass wir zu spät
dran waren und wir begannen unsere Spanischlektionen in Ruhe nach einer Tasse
Kaffee.
Dann ging es allerdings zur Sache. Als man dort für heute mit uns fertig war, stolperten
wir, abgefüllt mit spanischer Grammatik, ohne weitere Umwege zurück in unser
Domizil.
Im kleinen Supermarkt in der Nachbarschaft besorgten wir uns für ziemlich kleines
Geld einige Grundnahrungsmittel und brutzelten uns in der sehr spärlich eingerichteten
Küche der Wohnung ein Bauernfrühstück zusammen.Der Rest des Tages ging mit der Aufarbeitung des Gelernten und der
Erholung von derselben dahin.
Über diese Stadt erfuhren wir heute, dass es hier tatsächlich den Beruf des
Hundespaziergängers gibt. Man sieht häufig Menschen mit zehn oder mehr
angeleinten Hunden die schmutzigen Bürgersteige entlanggehen. Einer der Hunde
macht garantiert gerade den Rücken rund..
Die
unwahrscheinlichen Mengen von Hundekot scheinen allerdings außer uns niemanden
so richtig zu stören, was wohl daran liegt, dass es angeblich Glück bringt, in
anderer Wesen Hinterlassenschaften zu treten. Diese Stadt muss voller
Lottogewinner sein!
Sonnabend, 22.09.
Heute
scheint zum ersten Mal richtig die Sonne, es beginnt tatsächlich der Frühling.
Nach einem ausgedehnten Frühstücks- und Mittagsausflug zu einem sehr
reichhaltigen und vielfältigen "Tenedor libre"- Bufett (all you can
eat, für 19 Pesos = ca. 4 Eur pro Person) mit der gesamten Wohnungscrew
überlegen wir nun, was wir mit dem schönen Tag weiter anfangen wollen. Die Welt
steht uns offen!
Abends
sind wir mit runden Füßen von einer Tour in die Erholungsgebiete der Stadt
zurück: der alte Hafen wurde - und wird noch - zu einer teuren Flaniermeile
ausgebaut mit riesigen Glas- und Stahlpalästen, Hotels und Restaurants. Ein
Großsegler liegt dort, einige große Yachten, es gibt eine Ausstellung alter
Rennwagen - man spaziert und schaut, die Sonne scheint.
Plötzlich
gab es einen großen Auflauf: ein Hund war in das Hafenbecken gefallen und
konnte an den hohen Kaimauern nicht aus dem Wasser kommen. Er wurde mit Hilfe
eines schnellen Bootes der Hafenpolizei aus dem Wasser gefischt und seinen
Besitzern zurück gegeben. Die Menschen hier lieben ihre Hunde sehr!
Ich
fühlte mich in dieser Gegend etwas an die Kieler Woche erinnert, wenn auch das
Angebot an lukullischer und kultureller Unterhaltung etwas schmaler war.
Immerhin durften wir eine kleine Sambaband erleben, die fantastisch trommelte
und es roch überall sehr nach Gegrilltem. Die Menschen waren sehr entspannt und
genossen ihr Frühlingswochenende.
Was mir den Genuss etwas schmälerte, war das
große Müllaufkommen: In der Lagune, um die herum alles lagert und spaziert,
schwimmen haufenweise leere Flaschen und andere Abfälle, es stinkt stellenweise
bestialisch nach Urin. Die Priorität liegt hier eindeutig noch nicht auf der
Reinhaltung der Landschaft. Immerhin sahen wir einige Container für die
Trennung der Abfälle stehen - sie wirkten allerdings recht unbenutzt.
Weiter
in Richtung Meer folgt ein großes Naturschutzgebiet mit Spazierwegen rund um
einige Lagunen. Da war heute viel los: Man joggt, fährt Fahrrad, spaziert oder
liegt zu zweit verknotet auf den Rasenflächen - es ist schließlich Frühling!
Papageien,
Tauben, Kormorane und kleinere, mir unbekannte Vögel finden das auch und sind
sehr aktiv. Auf
diesen Wegen kamen wir bis ans Meer, das hier noch nicht wirklich Meer ist,
sondern noch zum Rio de la Plata gehört. Dementsprechend riecht es auch nicht
nach Meer - der Gestank von gammeligem Fisch und Exkrementen lag
bedauerlicherweise sehr penetrant in der Luft und trieb uns vom steinigen
Strand fort. Nach einem Rundgang von ca 5km kamen wir wieder in das feudale
Hafenviertel, wo die Reichen und Schönen in den Cafes saßen und gut gestylte Inlinefahrer
ihre Runden auf dem glatten Pflaster drehten.
Sonntag, 23.09.
Unsere
Wohnungsgenossen erzählten uns gestern Abend vom großen Touristenmarkt in San
Telmo, einem Altstadtviertel hier in der Nähe. Da sie sehr angetan waren,
wollten wir uns das Spektakel auch anschauen und spazierten bei sonnigem, aber
etwas kühlerem Wetter dorthin. Etliche Straßenzüge und eine große Markthalle
waren voller Verkaufsstände für Schmuck, Kleidung, Antiquitäten und jede Menge
Ramsch (unter anderem eine etwas vergilbte Ausgabe eines deutschen
Propagandablattes namens “Der Freiwillige” von 1962).
Es fiel
mir allerdings nicht schwer, ohne großartige Ausgaben hindurch zu kommen: Es
gab kaum Dinge, die ich unbedingt hätte haben wollen. Interessanter fand ich
die verschiedenen Schausteller: Einige fantasievolle lebende Standbilder wie
auf der Rambla in Barcelona standen auf der Straße herum, ein
Marionettenspieler ließ eine scheinbar stark betrunkene Figur sehr gekonnt
herumstolpern und dann gab es - hier in der Hauptstadt des Tango - natürlich
auch Tangovorführungen zu sehen.
An
einigen Straßenecken saßen sehr gute Musiker: Ein sehr virtuoses Gitarrenduo
spielte spanische Musik, verschiedene Trommelbands brachten das Blut in
Wallung, Klezmermusik und wieder Tango waren da zu hören und zu beklatschen -
fantastisch!
Mitten
im Trubel fanden wir ein sonniges Plätzchen zum Schauen und Capuccinoschlürfen
(sehr teuren Cappuccino für hiesige Verhältnisse!). Gegen Abend war unser
Bedarf an Menschen und Bewegung vorläufig gedeckt. Auf dem
Heimweg wurde eine kleine Pizza eingeworfen und der erste Sonntag in der neuen
Welt gemütlich beendet. Morgen früh geht es wieder zur Schule.
Montag, 24.09.
Um 8 Uhr
aufstehen, Frühstück, eine halbe Stunde Fußweg zur Schule, vier Stunden konzentrierter
Spanischunterricht, eine halbe Stunde Weg zurück, Essen kochen, Schularbeiten
bis abends um halb zehn, ab zu Bett - morgen geht's schon um 9 Uhr weiter mit
der Schule... Das war unser Montag... :-)
Mittwoch, 26.09.
Die
erste Woche unseres Aufenthaltes in Buenos Aires ist noch nicht vorüber und
doch kommt es uns vor, als wären wir schon viel länger hier. Die Mitbewohner
unserer WG sind uns schon so vertraut mit ihren Eigenarten und auch der Weg
durch die Stadt zur Schule klappt schon ganz selbstverständlich ohne Stadtplan.
Die Köpfe qualmen jedes Mal nach der Schule, dann hilft es, erstmal essen zu
gehen, um wieder auf der Erde anzukommen. Heute haben wir ein vegetarisches
Restaurant erfolgreich getestet. Das dortige Mittagsbuffet war sehr reichhaltig
und ausgesprochen lecker, für ca. 2,50 Euro pro Person!
Zufällig
(in einer Millionenstadt!) kam noch Katja, die Betreiberin unserer Sprachenschule, mit
zwei anderen Mädels herein: So konnten wir selbst die Mittagspause noch zum
Spanischlernen nutzen.
Der
übrige Teil unserer Tage vergeht mit Schularbeiten und etwas hauseigener
Konversation: Gestern sind wieder ein paar junge Frauen aus London angekommen,
die mit einem Around-The-World-Ticket unterwegs sind und nach drei Wochen
Buenos Aires und zwei Wochen Cusco nach Neuseeland und Australien weiterjetten
werden.
Für
Freitag haben wir einen Termin mit Mirko aus Hamburg, der hier lebt, ein
Reisebüro betreibt und uns evtl. mit der Zollabwicklung der Fahrzeuge helfen
kann.
Freitag, 28.09. - Wochenende!
Nachdem ich mir heute noch weitere 5 -10 Anwendungsmöglichkeiten des
Subjunktivs und zwei Formen des Futurs in den Kopf gefüllt habe, kommen nun
zwei Tage Pause zum Verarbeiten des ganzen Lernstoffes und zur weiteren
Erkundung der Stadt.
Wir
kommen nun gerade von einem ausgiebigen Treffen mit Mirko ( www.argentina.go ) zurück,
der hier nicht nur eine Reiseagentur betreibt, sondern selbst auch begeisterter
Motorradfahrer mit hiesiger Reiseerfahrung ist. Es gab viele Geschichten
auszutauschen und einige Tassen Kaffee und Bier zu bearbeiten, bevor er zu
seiner Familie nach Hause fuhr. Wir spazierten weiter durch die Stadt, die
Freitag abends gegen 9 Uhr allmählich zu ihrem nächtlichen Leben erwacht und
dann einen ganz anderen Eindruck macht als am Tage. Dazu kommt natürlich, dass
es heute Abend zum ersten Mal richtig angenehm warm ist und man ganz gemütlich
draußen sitzen kann.
Sonntag, 30.09.
Wir
hatten ein erholsames Wochenende, an dem wir unsere Einweihung in die Nutzung
des hiesigen Busverkehrs erleben durften und außerdem feststellen konnten, dass
es in dieser Stadt doch ein paar grüne Flächen gibt. Die Bosques de Palermo
sind ein Haupterholungsgebiet der Stadtbevölkerung und, wie auch das
Ökoreservat in der Nähe des Hafens, an den Wochenenden ziemlich gut besucht bis
völlig überlaufen. Trotzdem tat es gut, ein Weilchen im grünen Gras des botanischen Gartens in der Sonne zu
liegen, bis uns die lauernde Anwesenheit einiger Interessenten an unseren
Taschen die Gemütlichkeit vermieste und wir weiterzogen. Es handelte sich dabei
um insgesamt vier Männer, die sich fast unbemerkt Zeichen gaben und von
verschiedenen Richtungen versuchten, sich uns zu nähern. Dabei schlenderte
einer von ihnen mehrfach in unserer Nähe vorbei und zwei andere kamen von
hinten durch die Büsche geschlichen, vor denen wir saßen. Ganz schön dreist,
aber nicht erfolgreich diesmal. Als sie bemerkten, dass wir sie unsererseits
beobachteten, zogen sie weiter…
In den hohen Palmen der Parks tobten einige gelbgrüne Papageien herum, auf einer Wiese
trommelte man und tanzte Samba. Viele Nachwuchsweltmeister spielten mit vollem
Einsatz Fußball und überall lagerten Familien mit Kindern und genossen den
schönen Tag.
Nach dem schönen Ausflug blieben wir im Haus und widmeten uns unseren Hausaufgaben.
Montag, 01.10. bis Freitag, 05.10.
Spanisch
bis zum Anschlag, nachmittags Schularbeiten, dann und wann ein Spazier- oder
Behördengang. Mehr gibt es von dieser zweiten Woche in Buenos Aires nicht zu
berichten. Anstrengend ist es und unsere Stimmung schwankt zwischen:
"klappt doch schon viel besser" und "das lerne ich nie" hin
und her. Ebenso schwankend ist das Wetter: Am Montag früh fing es an zu
donnern, im heftigen Gewitter ging ich mit eingezogenem Kopf zur Schule und als
wir abends zu Bett gingen, donnerte es immer noch.
In Deutschland habe ich noch nie erlebt, dass es einfach nicht wieder aufhört zu
Gewittern!
Am Dienstag war es wieder halbwegs trocken und die letzten beiden Tage waren
relativ freundlich und warm. Wir sind als Flachlandbewohner nicht daran
gewöhnt, morgens erst ein Stück Himmel in der Stadt zu suchen, um das aktuelle
Wetter herauszufinden...
Montag, 15.10.
Wir
vertreiben uns die Zeit recht relaxed am verlängerten Wochenende. Die Stadt ist
ruhig, für hiesige Verhältnisse steht der Verkehr fast still. Bei
erfreulicherweise wieder steigenden Temperaturen haben wir die letzten beiden
Tage so ähnlich verbracht wie die "echten" Porteños, wir haben im
Park in der Sonne gesessen, beim Cumbiatanzen zugeschaut und das Nichtstun
genossen.
Donnerstag, 18.10. - die erste Nacht im Zelt...
Jetzt
geht es endlich richtig los! Am Dienstagabend durften wir endlich, nach einem
weiteren Tag Rennerei durch die diversen Büros rund um den Hafen, mit unseren
Fahrzeugen auf die Straße. Die Nacht verbrachten wir noch in der Stadt, da es
schon zu spät zum Losfahren war. Etwas unruhig war ich, weil die Motorräder auf
einem unüberdachten, wenn auch bewachten Parkplatz standen - war aber alles
okay am nächsten Morgen.
Als wir
alle unsere Sachen in den Koffern verstaut hatten, war es schon 14 Uhr und wir
verabschiedeten uns von den lieben Leuten unseres "Südamerikateams",
die noch einen Tag länger in der Stadt bleiben würden. Man trifft sich sicher
„on the road“.
Im
heftigen Verkehrsgetümmel fuhren wir ein Stück aus der Stadt hinaus und fragten
uns zu Dakar Motos durch, um dort bei Javier und Sandra noch ein paar kleine
Dinge an den Moppeds zu regeln. Wir wurden freundlich aufgenommen und durften
unser Zelt hinter dem Haus auf dem frisch gemähten kleinen Rasen aufbauen.
Einige andere Leute aus verschiedenen Ländern waren gerade im Aufbruch, so
entstand in der Garage genug Platz für unsere Bikes und wir konnten schrauben.
Nach Feierabend saßen wir noch lange mit Daniel aus Deutschland, der hier seit
einiger Zeit "hängen geblieben" ist, in der Küche zum Quatschen.
Freitag, 19.10. - irgendwo im Delta
Am
frühen Nachmittag verabschiedeten wir uns von Javier und Daniel und liefen
zuerst einen Supermarkt an, um uns mit Proviant zu versorgen. Als wir auf den
Parkplatz abbiegen wollten, übersah ein junger Rollerfahrer Thomas' Blinker und
rauschte ihm von hinten gegen die linke Packtasche. Ich hörte nur ein
Quietschen, dann den Aufprall und sah im Rückspiegel zwei leicht bekleidete
Menschen über die Straße purzeln. bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus,
dass beide unverletzt waren und der Roller ein kaputtes Schutzblech hatte. Bei
Foster ist leider der Falz an der Rückseite des Alukoffers aufgebogen,
scheinbar hat die Schweißnaht jedoch gehalten. So kamen alle noch mal mit dem
Schrecken davon, aber uns wurde mal wieder deutlich, wie schnell es gehen
kann...
Sonnabend, 20.10. - La Paz
Drei
Tage sind wir nun gefahren, Richtung Nordwesten. Nach ein paar Stunden auf der
berüchtigten Ruta 14 fanden wir am Donnerstag einen verlassenen Campingplatz,
sehr nett an einem See gelegen und von einigen Rindern und vielen bunten Vögeln
bewohnt. Bei so viel Wasser gab es dort allerdings auch extrem viele hungrige
Mücken, die uns abends schnell ins Zelt trieben. In der Nacht rollte der
Schwerlastverkehr unvermindert weiter, es war sehr laut, obwohl wir uns sehr
weit von der Straße entfernt hatten. Morgens, als wir bei schönem Sonnenschein
an einem der tatsächlich vorhandenen Tische frühstückten, kam ein Knabe auf einem
Pferd vorbei und kassierte 10 Pesos für die Übernachtung. Weiter ging es die
Ruta 14 bis nach Gualeguaychu. Man hatte uns mehrfach vor den korrupten
Polizisten auf dieser Straße gewarnt und so waren wir vorbereitet, als wir
wegen angeblich überhöhter Geschwindigkeit angehalten wurden. Da wir plötzlich
beide kaum noch ein Wort Spanisch verstanden, wurde das Geschäft für die
Uniformierten zu schwierig und sie schickten uns weiter.
An der
Strecke fielen mir Schilder auf, auf denen stand: "No a las papeleras, si
a la vida!" Als ich dann in der Stadt ein Auto mit selbiger Aufschrift im
Heckfenster sah, fragte ich die Fahrerin, was das zu bedeuten hat. Sie erklärte
mir, dass in der Region viele Eukalyptuswälder seien, die von einer finnischen
Firma abgeholzt und vor Ort in einer großen Fabrik zu Papier verarbeitet
würden. Die dadurch entstehende Wasserbelastung des Rio Uruguay ist es, wogegen
sich eine Bürgerbewegung gebildet hat. Scheinbar gibt es aber in dieser
Bewegung selbst wenig Hoffnung, dass die Proteste etwas bewirken, da die Fabrik
ja nun mal schon da ist.
Nach
Einkauf und einer Runde durch die Stadt suchten und fanden wir die Ruta 20,
eine kleine geteerte Straße, die uns von dem Schwerlastverkehr und weiteren auf
zu verhängende Bußgelder ausgerichteten Polizeikontrollen wegbringen sollte.
Das war tatsächlich schon viel angenehmer! Die Landschaft ist hier in
Entrerios, der Gegend zwischen den Flüssen, nicht sehr spannend, weil sehr
flach, aber dafür ist es sehr grün durch das viele Wasser. Auf der Karte suchten
wir nach den wenigen Möglichkeiten, ohne Benutzung der zwei Hauptrouten bis
nach Iguaçu zu den berühmten Wasserfällen zu gelangen und fanden eine 60 km
lange Schotterpiste, die zu einem kleinen Ort namens Villaguay führte. Sehr
staubig und holperig war die Strecke, entgegenkommende LKW überzogen uns mit
dicken Sandwolken, aber wir konnten recht gut fahren. Scheinbar hatte ich eine
Schraube am Kettenschutz nicht ordentlich festgezogen, denn plötzlich hing das
Teil quer und wir mussten nach den ersten 20 km an einem landwirtschaftlichen
Silo anhalten. Zwei dort arbeitende nette Männer kamen uns zur Hilfe und
schauten besorgt auf mein kleines Mopped mit dem schweren Gepäck. Sie rieten
uns, doch lieber Teerstraßen zu fahren, damit nichts kaputt geht. Tatsächlich
wackelt der doch recht stabil gebaute Heckrahmen mehr als erwartet.
Nach
weiteren 40 km waren wir froh, nach dem Geschüttel wieder Teer zu erreichen!
Wir fanden ca. 200 m entfernt der Straße einen Platz fürs Zelt auf dem
Randstreifen eines bestellten Feldes. Ein angenehmer Fahrtag bei schönem
Wetter!
Der
Samstagmorgen begrüßte uns mit dicken Wolken. Während des Zusammenpackens fing
es an zu regnen und das so heftig, dass wir schleunigst wieder ins Zelt
krochen. Es prasselte dermaßen, dass wir uns Sorgen darüber machten, ob der
Boden unter den Seitenständern der Moppeds standhalten würde. Thomas ging also
wieder raus, sicherte das Zelt vor den heftigen Windböen und die Moppeds mit
breiteren Auflagen. Um nicht die gesamte Kleidung durchzunässen, warf er mir
erst die Stiefel, dann die Lederhose ins Zelt und lief in Unterhose in dem
warmen Regen herum. Sicher eine halbe Stunde dauerte der Wolkenbruch, während
dem man nur ca. 10 m weit über das Feld gucken konnte. Es donnerte
ununterbrochen, mir war ziemlich ungemütlich zumute. Als der Regen nachließ,
stand das Feld komplett unter Wasser - nur unser Zeltplatz lag scheinbar ein
paar Zentimeter höher und war relativ trocken. Das Zelt hat somit seine erste
Starkregenprobe erfolgreich gemeistert: Drinnen blieb alles trocken.
Nach
diesem ersten Guss regnete es immer wieder, eine Gewitterfront folgte der
anderen und für uns gab es nichts zu tun als abzuwarten. Am frühen Nachmittag
hörte der Regen auf und wir beschlossen, doch noch ein Stück zu fahren und packten
zusammen. Leider musste ich feststellen, dass die feste Piste durch die
inzwischen durchgefahrenen Trecker total aufgeweicht und matschig verspurt war,
die Koppeleinfahrt selbst war zu einem nett strömenden Bach geworden - Hilfe!
Und als
ob das nicht unsere Nerven genug beansprucht hätte, wollte Foster nicht
anspringen. Gab einfach keinen Ton von sich außer einem kurzen Klacken des
Magnetschalters! Glücklicherweise war es scheinbar nur die Batterie, die durch
die lange Tour ohne Licht auf dem Schotter überfordert war und so konnte Jolly
mit Startstrom aushelfen, bevor wir uns, erstaunlicherweise ohne Bodenkontakt,
durch den Matsch wühlten bis zum Teer. Die darauf folgenden 130 km geradeaus
durch die Pampa mit halbhohem Buschwerk und einzelnen Rinder- Estancias waren
danach eine wahre Wohltat. Am späten Nachmittag erreichten wir La Paz, eine
kleine touristische Stadt am Rio Paraná, der hier in voller Breite von mehreren
hundert Metern vorbeifließt und viele Argentinier zum Baden, Fischen und zu 42
Grad warmen Thermalquellen anlockt.
Wir
nahmen uns ein Zimmer im scheinbar ersten Hotel am Platz, das über einen
verschlossenen Parkplatz verfügt und tauchten mit einer heißen Dusche und einem
leckeren Essen im Restaurant wieder in eine andere Welt ein.
Sonntag, 21.10. - Faulenzertag in La Paz
Nach dem
Frühstück im Hotel spazierten wir durch die Stadt und promenierten bei
herrlichem Sonnenschein am Fluss entlang. Ein wirklich schöner Ort: Jenseits
des Flusses sieht man Wald und Buschland, weißer Strand und viele bunt blühende
Büsche säumen das diesseitige Ufer. Auf einer Terrasse am Fluss kehrten wir ein
und beschäftigten uns in diesem schönen Ambiente mit der überfälligen
Dokumentation.
Ob wir wohl noch einen Tag bleiben??
Montag, 22.10. - Esquina
Hier ist
es ja noch schöner! Wir haben ein kleines Paradies gefunden: eine
"Cabaña" direkt am Fluss mit Palmen und Orchideen drum herum, mit
eigenem Pool mit frischem Wasser und sehr netten Leuten dabei. Sie waren gleich
sehr bemüht, uns glücklich zu machen und so durften wir die Moppeds mit in den
kleinen Innenhof nehmen. Dort stehen sie jetzt unter Dach zwischen den
Orchideenkübeln und dürfen sich ausruhen, während wir unser gemütliches Zimmer
in Beschlag nehmen und es draußen wieder mal regnet und donnert. Die Strecke
von La Paz hierher war kurz, nur 96 km, während der sich der Himmel von Westen
her zuzog und es ein wenig zu tröpfeln anfing.
Wir sind
von vorgestern noch etwas wolkenbruchgeschädigt und wollten so etwas nicht
unbedingt auf der Straße haben. Aber wir hatten Glück und kamen fast trocken
hier an.
Der Ort
selbst scheint etwas kleiner als La Paz und wirkte beim Durchfahren fast
ausgestorben. Alle Geschäfte waren geschlossen und es waren nur wenig Menschen
auf der Straße. Es scheint aber nur an der Mittagszeit gelegen zu haben, ab 17
Uhr machen die Läden wieder auf, erfuhren wir von unseren Hauswirten.Unser
Zimmer ist recht groß, liegt eine Treppe rauf unter dem Dach und erinnert mich
vom Stil sehr an Onkel Walters Haus (Insider-Info...), mit einer hohen
Holzdecke, dunkelrot bemalten Böden und geweißten Wänden. Aus dem Fenster
schauen wir durch die Palmen direkt auf den Rio Corrientes, der hier eine Kurve
macht und sich um einige Inseln herum verzweigt, bevor er sich in den Parana ergießt.
Wir haben ein eigenes schönes Bad und zahlen mit Frühstück nur 80 Pesos. Thomas
wird seine liebe Mühe haben, mich hier wieder loszueisen.
Bevor
wir aus La Paz abgefahren sind, haben wir noch einen Besuch bei einer
Mittelstufenschule unter Führung einer katholischen Schwesternschaft gemacht.
Dort haben wir von unserem Projekt erzählt und einen Flyer abgegeben. Die
Rektorin und ihre Stellvertreterin waren sehr angetan von unserer Idee und
wollen den Kontakt zum Bernstorff-Gymnasium aufnehmen. Sie überlegten, mit
ihren Erdkundelehrern über Möglichkeiten der Zusammenarbeit zum
Informationsaustausch zu sprechen. Ich bin gespannt, ob sich daraus etwas
entwickelt.
Inzwischen
ist es nach Mitternacht, es blitzt seit den frühen Abendstunden überall am
Horizont und quer über den Himmel, dann und wann regnet es. Rund ums Haus
blinken Glühwürmchen in der Luft. Ein Schauspiel der Extraklasse! Während
unseres Abendessens in einem Restaurant im Zentrum fiel mehrmals für einige
Zeit der Strom aus - kein Wunder bei soviel Elektrizität in der Luft. Trotzdem
schmeckte mein Pollo con crema de palmitos sehr lecker und für Thomas findet
sich auch immer irgendetwas ohne totes Tier.
Mit
unseren Hauswirten haben wir mal wieder richtig Glück: Edit ist Laborantin im
hiesigen Krankenhaus und ihr Mann Carlos regelt die Vermietung der
Ferienwohnungen. Von den beiden Einkommen bezahlen sie ihren drei Kindern das
Studium, denn so was wie Bafög gibt es hier nicht. Beide sind sehr nett und
haben mir viel über den Ort und seine Belange erzählt. Für morgen hat Edit uns
einen Termin mit einer hiesigen Schule organisiert: sie arbeitet in einem
Elternrat mit und kennt daher die Lehrer gut. Den deutschen Namen hat sie von
ihren Schweizer Vorfahren, sie spricht aber selbst kein Deutsch. Als sie gegen
Abend ihre Haushaltshilfe nach Hause fahren wollte, steckte sie mich kurzerhand
mit ins Auto und zeigte mir mit viel Zeit den ganzen Ort. Ich war begeistert
von soviel Interesse!
Dienstag, 23.10.
Bis
morgens hatte sich das Gewitter verzogen, es war warm und der Himmel leicht
verschleiert. Nach dem liebevoll angerichteten Frühstück mit hausgemachter
Marmelade im Familienesszimmer durften wir im Haus den Internetrechner
benutzen, um unsere Mails zu checken, bevor wir den Ort bei Tageslicht und mit
der Kamera begucken gingen. Die Leute grüßten freundlich und ließen sich durch
die Kamera nicht stören.
Ein
kleiner barfüßiger Junge kam zu uns und fragte nach Geld für neue Schuhe. Ich
erzählte ihm von unserem geplanten Treffen mit der Schule und dass ich dort
erfragen würde, ob es hier viele Kinder ohne Schuhe gibt. Vielleicht, wenn da
Hilfe nötig ist, lässt sich ja was organisieren?
Er war
etwas irritiert durch meine Reaktion, aber erzählte mir doch immerhin, dass er
zehn Geschwister hat. Ist natürlich problematisch für die Eltern, so viele Kids
mit Schuhen zu versorgen.
Wir
hingegen sitzen jetzt am hauseigenen Pool, in dem ich auch schon, gemeinsam mit
einem kleinen Frosch, gebadet habe. Die Palmen rascheln im leichten Wind, der
Blick schweift über den Fluss mit seinen Inseln - welch ein Luxus!
Mittwoch, 24.10.
Das
Treffen mit der Schule gestern war ein voller Erfolg! Die Rektorin begrüßte uns
freundlich und fragte, mit welchen und wie vielen Schülern wir sprechen
wollten. Da ich diese Frage nicht so recht beantworten konnte, sammelte sie aus
verschiedenen Klassen ca. 20 Kids im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zusammen
und holte den Informatiklehrer dazu, der uns im Computerraum einen Rechner
startete für die Präsentations-CD. Als alle vollzählig waren, erzählte Edit
freundlicherweise eine Einführung über uns und unser Projekt, während der die
Kids interessiert zuhörten und auch schon nachfragten. Ich beantwortete die
Fragen, so gut ich konnte und wir zeigten ihnen die CD. Es zeigte sich, dass
das Hauptinteresse der Kids im sozialen Bereich lag. Es gibt in dieser Schule
scheinbar ein ausgeprägtes soziales Engagement: Z.B. arbeiten etliche von ihnen
an den Wochenenden an dem Wiederaufbau eines abgebrannten Hauses. Ich erzählte
von unserem Treffen mit zwei barfüßigen Kids am Morgen, die uns um Geld für
Schuhe angebettelt hatten, und sie bestätigten, dass es hier viele arme,
vielköpfige Familien gibt, in denen es nicht genug zu Essen gibt. Ca. eine
Stunde lang dauerte unser Austausch, dann entließen wir sie in ihren
Unterricht. Nun liegt es an ihnen, den Kontakt nach Satrup aufzubauen.
Vielleicht entsteht eine Solidargemeinschaft für die bedürftigen Kids der
Stadt?
Auf dem
Rückweg in unser luxuriöses Heim waren wir sehr beeindruckt von allem, was wir
gehört und gesehen hatten.
Gleich
heute morgen ging es weiter: Als wir noch im Bett lagen, kamen zwei Lehrerinnen
einer anderen Schule, einer kleinen Grundschule, die besucht wird von eben
diesen armen Kindern, und fragten an, ob wir nicht eine Patenschaft für sie
übernehmen könnten. So schnell spricht sich unsere Anwesenheit herum.
Es fehlt
an Geld für das Essen (und Gas zum Kochen), das die Kinder dort bekommen, an
Schuhen und Kleidung, eigentlich an allem. Viele Kinder sind unterernährt und
gehen schon vor der Schulpflicht dorthin, weniger zum Lernen als wegen der
Mahlzeiten.
Viele
Familien haben 10 -15 Kinder, keinen aktiven Vater, die Mütter können wegen der
vielen Kids nicht arbeiten. Die Aufklärung über die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung
hängt hinter der Notwendigkeit her, es fehlt am Geld für die Pillen und am
geistigen Horizont für die Einsicht. Das Bewusstsein dafür entwickelt sich nur
langsam, während die aus Versehen gezeugten Kinder hungern.
Nun
haben wir also morgen früh noch einen Termin in dieser Grundschule, wo ein
Projekttag zum Thema Naturkatastrophen stattfinden soll. Ich kann dort
natürlich keine Hilfe zusagen, da wir ja nur das Verbindungsmedium sind, aber
vielleicht lässt sich ja mit der Satruper Schule eine Sachspendenaktion
realisieren. Es gibt bei uns so viele Kids, die die Turnschuhe oder die Hose
vom letzten Jahr nicht mehr anziehen mögen.
Eine
weitere nette Aktion fand heute Nachmittag statt: Eine Party, die alle hiesigen
Schulen für uns ausgerichtet hatten für die Integration der Sonderschüler. Auf
einer Wiese vor der Sonderschule waren viele Stände aufgebaut, wo einfache
Wettspiele stattfanden. Dazu gab es eine Band, die zum gemeinsamen Tanz
aufspielte. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel, alle waren fröhlich und
wir wurden von den Kids, die wir gestern kennen gelernt haben, herzlich
begrüßt. Wir fühlen uns hier schon recht heimisch.
Donnerstag, 25.10. - Bella Vista
Heute
Mittag haben wir uns aus Esquina verabschiedet und sind 200 km weiter nach
Norden gefahren. Die Landschaft ist nach wie vor flach und grün, ab und zu wird
das Grasland von kleinen Eukalyptuswäldern oder Palmenhainen unterbrochen.
Viele gelbe und violette Blumen blühen am Straßenrand und auf den Wiesen,
manchmal komme ich mir vor wie in Dithmarschen. Die Straße führt meist
schnurgerade Richtung Norden, wir fahren eigentlich nur auf den mittleren
Stollen. Das Wetter meinte es heute immer noch gut mit uns, es ist wolkenlos
und heiß, ein kräftiger Westwind zerrt an den Moppeds, das Fahren ist angenehm
nach drei Tagen in Esquina. Doch
bevor wir losgefahren sind, hatten wir ja noch diesen besagten Schultermin, der
den ganzen Vormittag in Anspruch nahm. Wir wurden dem gesamten Kollegium, das
aus ca. 10 Lehrerinnen besteht, vorgestellt, überall gab es die üblichen
Wangenküsschen. Dann zeigte man uns die ärmlichen Räumlichkeiten: die Küche, in
der ein Schrank mit zusammengewürfeltem Geschirr und einem zweiflammigen
Gaskocher für große Töpfe steht, den Kindergartenraum, fast gänzlich ohne
Spielzeug, alles sehr einfach eingerichtet und renovierungsbedürftig.
Erstaunlicherweise gibt es aber einen gut bestückten Computerraum, ein
Internetanschluss soll bald installiert werden. Die Kids haben
Computerunterricht ziemlich von Anfang an.
Die
Präsentation fand auf dem Schulhof statt, die kleineren Kinder in ihren weißen
Schulkitteln sagten ihre auswendig gelernten Texte auf und die größeren
erklärten uns die Zusammenhänge der handelsüblichen Naturkatastrophen. Sehr
nett!
Doch
bevor es richtig losging, fand sich ein Reporter der hiesigen Radiostation ein
und wollte mich kurz ein paar Dinge zum Projekt fragen - eh ich es mich versah,
hatte ich einen Knopf im Ohr und war live im Radio! Hilfe!
Bestimmt
eine Viertelstunde lang durfte ich über unser Projekt, die Hintergründe unserer
Reise und meinen Eindruck von Land und Leuten erzählen. Wenn mir die Vokabeln
fehlten, half mir Martin, der Reporter, weiter - es war sehr aufregend! Nun
sind wir wohl berühmt...
Freitag, 26.10. - Bella Vista
Unterbrochen
von einer Müslipause im Schatten eines Eukawäldchens erreichten wir Bella Vista
gestern am späten Nachmittag und fanden einen kleinen Campingplatz oberhalb des
Rio Parana.
Der Name
"Schöne Aussicht" hat seine Berechtigung! Rund um
diesen nicht eingezäunten Platz wohnen scheinbar ziemlich arme Leute, es
herrschte ein reger Fußgängerverkehr bis in den späten Abend. An einigen der
aufgemauerten Parillas wurde gegrillt, der Spielplatz war gut besucht, obwohl
wir offensichtlich die einzigen Übernachtunggäste waren.Der
Platzmeister schloss uns das überraschend saubere und gut ausgestattete Bad
auf, wir konnten duschen, sollten dann hinterher den Schlüssel wieder abgeben,
damit niemand Unberechtigtes hinein gehen könne. Er erzählte, es sei nur so zu
regeln, dass es sauber und heil bleibe.
Die
Übernachtung berechnete er uns mit 7 Pesos pro Person.
Während
ich hier im Schatten eines Baumes sitze und schreibe, haben wir stille
Gesellschaft eines kleinen Jungen, der scheinbar nichts anderes zu tun weiß,
als uns zuzugucken. Ich hab ihm ein Papier mit einer Skizze der Weltkarte
gemalt, um ihm zu zeigen, wo wir herkommen und hab mit ihm geübt, seinen Namen
zu schreiben, was er in seinem Alter eigentlich schon können müsste. Er heißt
Ramon Antonio Blanco, hat vier Geschwister und keinen Vater und geht
offensichtlich noch nicht zur Schule.
Eine ca.
70 cm große Echse huschte eben vorbei, Ramon lief hinterher, kam aber gleich
wieder zurück. Ob er sich noch etwas von uns erhofft? Eine Apfelsine hat er
bekommen und schnell verdrückt, vielleicht denkt er, dass da noch mehr kommt.
Nun wird
gepackt und weitergefahren, es ist schon sehr warm! Beim Zeltabbau hilft Ramon
kräftig mit, also bekommt er noch etwas Kleingeld als Lohn.
Wir
fahren weiter nach Norden, Richtung Posadas. Es ist immer noch flach, viele
große und kleinere Termitenhügel aus goldbrauner Erde wachsen aus dem grünen
Land, Störche und verschiedene große Greifvögel ziehen Kreise über uns. Die
Eukalyptuswälder werden größer, einer zieht sich schon über mehrere Kilometer
hin, hier sind die Bäume sicher schon 20 Meter hoch, die Luft ist beim
Vorbeifahren angenehm frisch. Etwas abseits der Straße sehen wir einen
Straußenvogel durchs hohe Gras laufen.
Nach 220
Kilometern Tagesleistung finden wir nahe dem Dorf Loreto (ca. 30 km vor der
Abzweigung von der Ruta118 wieder auf die Ruta 12) eine öffentliche Badestelle
an einem kleinen See. Wieder gibt man sich jede erdenkliche Mühe, uns zufrieden
zu stellen und so steht nachher das Zelt auf einer Betonfläche unter dem
Vordach des neu gebauten Hauses, in dem sich hinten die sauberen Duschen und
vorne ein kleiner Raum für den Ausschank befinden, in dem die Moppeds die Nacht
verbringen dürfen.
Die
freundlichen Leute fegen den Beton, bringen Klopapier und lesen uns jeden
Wunsch von den Augen ab. Leider können sie auch nichts gegen die Millionen von
Mücken unternehmen, die heute besonders aufdringlich sind. Einige fast taubengroße Kröten laufen zwar um das Zelt
herum und schießen mit ihren langen Klebzungen viele Mücken und Leuchtkäfer ab,
aber sie kommen gegen die Mengen nicht an und so flüchten wir nach einer
erfrischenden kühlen Dusche ins mückensichere Zelt.
Sonnabend, 27.10.
In der
Nacht war es sehr warm. Selbst die Haut am Körper war noch zuviel Kleidung.
Heute Morgen entlud sich dann die aufgestaute Wärme und es schüttete kräftig.
Die Kids, die schon vor acht Uhr zu Fuß gekommen waren, um hier einen schönen
Tag am See zu verbringen, suchten schnell Schutz im Waschraum. Nach dem ersten
Schauer wurde die Luft schon sehr viel angenehmer, aber nun will es scheinbar
erstmal nicht wieder aufhören zu regnen und zu donnern. Zum Glück können wir
bei den Moppeds im Raum sitzen und hier unseren Beschäftigungen nachgehen.
Leider fiel der Strom aus und so ist es relativ dunkel hier.
Inzwischen
ist es wieder abends und die Sonne ging in einem fantastisch bewegten
Wolkenhimmel unter, während wir bequem wie Oma und Opa auf der Terrasse saßen
und die Kekse futterten, die wir im Ort Loreto anstatt Brot eingekauft haben.
In den Ort ist es von hier nicht weit. Man geht dem Trampelpfad über drei
Koppeln nach und dann ist man schon am ersten Haus. Dann folgt man der
Sandstraße zwei Querwege weit und nach zwei weiteren Abschnitten nach rechts
kommt man schon zu dem größten Laden hier, was so in etwa einem der alten Tante
Emma Läden entspricht. Immerhin mit Kühlschrank! Dort erregten wir großes
Aufsehen, so oft verirren sich wohl keine Europäer hierher. Also, wie gesagt,
Brot gab es heute keins, aber Milch und Joghurt, kalte Cola, Wasser und eben
die Kekse. Unsere Habseligkeiten ließen wir ohne Sorgen in der Obhut der netten
Familie zurück. Diese Leute machen auf uns einen sehr entspannten und
zufriedenen Eindruck. Sie wohnen mit sechs Personen und zwei freundlichen
Hunden in einem kleinen Häuschen mitten auf dem Platz unter ein paar großen
Bäumen und haben viel Spaß miteinander. Der Familienvater arbeitet scheinbar
tagsüber irgendwo anders, aber jetzt am Wochenende sitzt er viel draußen und
spielt Gitarre, während die Kinder nett miteinander spielen und toben. Dabei
wird in der ganzen Familie viel gelacht. Die Mutter, eine kleine freundliche
Frau, die uns zum Abendbrot mit ein paar leckeren Empanadas versorgt hat,
scheint mit ihrem Leben rundum zufrieden zu sein. Zwischen
den Schauern hatten wir vorhin Besuch vom Bürgermeister des Ortes, der sich
erkundigte, ob hier alles gut für uns sei und der nun auch über unser Projekt
und unsere Reisepläne informiert ist.
Sonntag, 28.10. - Posadas
Nächtliche
Unterhaltung bis morgens um drei durch ein paar junge Leute des Dorfes, die mit
lauter Musik und noch lauterem Gelächter dafür sorgten, dass wir nicht schlafen
konnten. Um sieben waren sie schon wieder da, noch betrunkener und noch
lustiger. Erst als sie uns endgültig aus dem Schlafsack gescheucht hatten und
sie endlich fragen konnten, ob sie die Moppeds mal sehen dürften, waren sie
zufrieden und zogen ab. Der Bürgermeister hatte geplaudert und sein Sohn war
einer der nächtlichen Besucher, der mit diesem Besäufnis sein Examen als
Rechtsanwalt (mit 22Jahren) feiern wollte.
Nach ein
paar kleinen Wartungsarbeiten an den Bikes und herzlicher Verabschiedung von
den Hütern des Badeplatzes ging es bei heißem Sonnenschein weiter. Auf dem Weg
nach Posadas schauten wir am Sperrwerk des Parana vorbei, wo ausgerechnet heute
keine Führungen stattfanden, die heutige Wahl legte das ganze Land lahm. Die
freundlichen Grenzer am Staudamm machten es aber doch möglich, dass wir mit
einem Wachmann eine Runde über den Damm drehen konnten. Er zeigte uns alle
wichtigen Stationen, vom Schiffshebewerk bis zum Fahrstuhl für Fische,
natürlich nur von außen, aber immerhin! Hinterher ein kleiner freundlicher
Smalltalk mit den Grenzern, wir bekamen eiskaltes Wasser zu trinken und fuhren dann
weiter Richtung Posadas. Auf dem Weg änderte sich endlich auch ein wenig die
Landschaft, wir kamen über die ersten seichten Hügel, bevor wir vom
Großstadtmoloch verschlungen wurden.
Wegen
der heutigen Wahl war auch am Sonntag sehr viel Verkehr, dazu gibt es hier
wenig Straßenschilder und so kurvten wir bei mehr als 35°C einige Zeit durch
die Stadt, bis wir ein Hotel (ziemlich teuer) und die ersehnte kalte Dusche
gefunden hatten. Aus dem siebten Stock sehen wir in einiger Entfernung den Rio
Parana und auf der anderen Seite Paraguay. Man hatte uns gesagt, Posadas wäre
eine schöne Stadt - bisher haben wir davon nichts gesehen. Dafür mal wieder ein
starker Kontrast zwischen arm und reich: Auf der Plaza vor dem Hotel wohnen
Leute in Plastikplanenzelten, auf der Straße wird viel gebettelt vor großen
Bankengebäuden und Hochglanz-Schickimicki- Läden. Wenn wir unsere
Internetbedürfnisse erledigt haben, fahren wir so schnell wie möglich hier
wieder raus. Ich hoffe, den Weg aus der Stadt ohne Hitzschlag zu überleben.
Macht’s gut bis zum nächsten Mal und schreibt uns mal!
Eure Globusbiker